Protocol of the Session on July 20, 2011

Wenn Sie jetzt die Gewährträgerversammlung nicht einrich ten – bei der Gewährträgerversammlung geht es ja gerade um die Frage, was wir tun können, um auch eine übergeordnete strategische Planung und Steuerung für die Kliniken des Lan des im universitären Bereich vorzunehmen –, frage ich Sie, was Sie anstelle der Gewährträgerversammlung als Ersatzin strument einrichten wollen. Dies haben Sie bislang noch nicht eindeutig beantwortet.

Dritte Frage: Es geht hier auch um hohe Kreditsummen, es geht um Beträge in dreistelliger Millionenhöhe. Es war die wichtigste Zuständigkeit der Gewährträgerversammlung, da rüber zu entscheiden. Wer wird denn in Zukunft über diese Frage befinden und Entscheidungen herbeiführen? Macht das nur das Ministerium? Wie wird das Parlament in diese Fragen eingebunden sein?

Wir wünschen von Ihnen nicht nur, dass Sie das Ausstiegsge setz, das Sie jetzt auf den Weg gebracht haben, hier ins Parla ment einbringen, sondern wir wünschen von Ihnen vor allem auch Antworten darauf, wie Sie die bisherigen Regelungen dann umsetzen wollen und auch eine wirksame parlamentari sche Kontrolle ermöglichen möchten.

Dies zum ersten Themenkomplex.

Zum zweiten Themenkomplex, den Sie angesprochen haben, nämlich dem Thema „Hochschule 2012“, den entsprechenden Ausbauplanungen: Zunächst einmal begrüßen wir dieses vom Grundsatz her. Wenn es neue Zahlen gibt, dann muss man auch die Ausbauplanung anpassen. Wir haben allerdings schon Sorge, dass Sie sehr kurzfristig – Sie haben gesagt: nachfra georientiert – reagieren möchten. Gibt es denn in Ihrem Haus schon erste Berechnungen und Planungen, wie sich diese zu sätzliche Nachfrage auf einzelne Hochschularten verteilt?

Zweitens: Möchten Sie nicht auch andere Gruppen, die die bisherige Landesregierung auf diesem Gebiet entsprechend beraten haben – Wirtschaftsverbände, Industrie- und Handels

kammern, Handwerkskammern, Sozialverbände –, adäquat einbeziehen? Ich denke, die bisherige Dialogorientierung der früheren Landesregierung war dafür wirklich mustergültig

(Unruhe bei der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist so!)

in einem Prozess, der auch von den Hochschulen und von den entsprechenden Wirtschaftsverbänden positiv aufgenommen wurde. Mir scheint, Sie entfernen sich von dieser Dialogfä higkeit.

(Unruhe bei der SPD)

Deshalb möchte ich Sie fragen, was Sie anstelle dessen anset zen, um hier eine möglichst nachfrageorientierte Steuerung auch entlang der Bedürfnisse des Arbeitsmarkts zu ermögli chen.

Vielen Dank. – Bitte, Frau Ministerin Bauer.

Vielen Dank, Herr Dr. Birk.

Zum Thema Gewährträgerversammlung: Wir haben die Ge währträgerversammlung deshalb nicht eingerichtet, weil ich glaube, dass niemandem damit gedient ist, wenn man eine Versammlung einberuft, die man sofort wieder abschafft. Es war unser erklärter Wille – der Wille der neuen Landesregie rung –, dieses Gesetz umgehend zurückzunehmen,

(Abg. Volker Schebesta CDU: Umgehend!)

und das haben wir hiermit auf den Weg gebracht. Wir sind noch keine 100 Tage im Amt. Der Anhörungsentwurf ist fer tig.

(Abg. Volker Schebesta CDU: 100 Tage gilt das Ge setz schon!)

Ich glaube, es gibt in allen Universitätsklinika volles Verständ nis dafür, und wir haben das auch in Abstimmung mit den Uni versitätsklinika so gehandhabt, nicht ein Gremium in die Welt zu setzen, um es einmal tagen zu lassen und dann wieder ab zuschaffen. Das macht beim besten Willen einfach keinen Sinn.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

Das kann man auch niemandem zumuten.

Ich habe nie verstanden – das möchte ich hier noch einmal ausführen –, warum Sie glauben, dass die Gewährträgerver sammlung eine Konstruktion sein soll, die parlamentarische Kontrolle ermöglicht. Meines Erachtens wäre das Gegenteil der Fall gewesen. Wer ist denn jetzt für planerische Fragen, für die Gesamtsteuerung und für den Überblick zuständig, wo hin die Zukunft unserer Universitätsklinika gehen soll? Zu ständig ist im Moment im parlamentarischen Verfahren der Wissenschaftsausschuss. Da ist das Parlament vertreten. Da wird darüber diskutiert, da wird geplant, da werden die ent sprechenden Anhörungen durchgeführt.

Die Gewährträgerversammlung wäre ein Gremium, in dem ein paar wenige parlamentarische Vertreter in der Minderheit

gewesen wären – in der Minderheit! –, weil es überwiegend mit Vertretern der Exekutive besetzt gewesen wäre. Dafür wä re dann der Wissenschaftsausschuss aus diesen Fragen her ausgehalten worden. Das ist der Rückschritt, den Sie da ge plant hatten.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau!)

Zur Stärkung des Parlaments muss man die wesentlichen par lamentsrelevanten Fragen im Parlament und im Wissenschafts ausschuss behalten und darf sie nicht in ein anderes Gremium verlagern.

Zum Thema Kredite und Kreditgewährung.

(Abg. Peter Hauk CDU meldet sich.)

Gestatten Sie eine Zwi schenfrage?

Nein. Sie können nachher gern noch eine Frage stellen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Immer!)

Jetzt also zum Thema Kreditgewährung: In der Tat haben Uni versitätsklinika Kredite aufgenommen. Wir sind froh darüber, dass sie sich an der Finanzierung von notwendigen Investiti onen beteiligt haben. Alle diese Kredite sind von Aufsichts räten beschlossen worden, und in diesen Aufsichtsräten sitzen Vertreter des früheren Finanzministeriums, jetzt des Ministe riums für Finanzen und Wirtschaft, und des Wissenschaftsmi nisteriums. Diese Vertreter haben dort mit zu entscheiden. Die Vorbereitung und Aufnahme dieser Kredite, die bislang be schlossen wurden, ist immer in enger Rück- und Absprache mit dem Finanzministerium erfolgt, weil auch sämtliche Bau fragen, die daran hängen, immer nur in Abstimmung mit dem Finanzministerium geklärt worden sind. Somit können wir mit dieser Praxis gut weiterarbeiten. Aber wir können für die Zu kunft gern darüber reden, ob sich der Wissenschaftsausschuss noch vertiefter auch mit finanziellen Fragen beschäftigen will. Da sehe ich kein Problem. Ich bin offen für gute Vorschläge, wie man ein solches Verfahren etablieren kann.

Zum Thema „Hochschule 2012“ und wie der Ausbau gelingt: Ich freue mich über jede Anregung, wie wir unsere Dialog orientierung, den Dialog mit der Wirtschaft weiter intensivie ren können. Wir sind dazu entschlossen, auch dieses Pro gramm im Dialog mit allen, die es betrifft, voranzubringen und dabei gleichzeitig die nötige Flexibilität und Schnellig keit, die wir im Hinblick auf das nächste Jahr brauchen, wal ten zu lassen.

Wir werden selbstverständlich im Dialog mit der Wirtschaft auch diese letzte Ausbaustufe besprechen und mit der Wirt schaft verabreden, dass wir da, wo die Last, die Not am größ ten ist, in den Studiengängen, die in Kooperation mit der Wirt schaft entstanden sind – soweit ich weiß, ist die letzte Aus bautranche auch von der IHK in Gänze genau so, zu 100 %, übernommen worden, wie die Universitäten und die Hoch schulen sie beantragt haben –, Abhilfe schaffen.

Wir werden uns also einfach die vorhandenen Überlasten in den Hochschulen anschauen. Wir können schon jetzt erken

nen, dass die Überlast in den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und in einzelnen Bereichen der Universitäten besonders stark ist. Da wird die Not am größten sein, und da hin wird das Geld am vordringlichsten gehen. Wir werden das selbstverständlich im Dialog und mit der Wirtschaft machen, wie es auch bislang oft passiert ist, und den Studierenden jetzt helfen, ihren Studienplatz dort zu bekommen, wo sie ihn brau chen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Eine weitere Frage von der Fraktion GRÜNE. Frau Kollegin Häffner, bitte.

Frau Ministerin Bauer, trifft es zu, dass Kliniken bislang Investitionen über ungenehmigte Kredite tätigen konnten und dass das Land für die Schulden tilgung finanziell in Anspruch genommen worden ist?

Frau Abg. Häffner, vielen Dank für diese Nach frage. In der Tat wird dies immer wieder erzählt. Ich habe es auch noch einmal recherchiert.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: In weiser Voraus sicht! – Abg. Georg Wacker CDU: Welch ein Zufall! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Schönes Drehbuch! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber das kennen wir auch! – Vereinzelt Heiterkeit)

Der Überblick, den ich mir bislang verschaffen konnte, zeigt, dass es keine ungenehmigten Kredite gibt. Es wäre auch gut, wenn man im Land nicht weiterhin solche Geschichten über unsere Universitätsklinika verbreiten würde. Die Kredite, die aufgenommen wurden, wurden in den Aufsichtsräten, in de nen Vertreter des Landes tätig waren, abgestimmt und geneh migt. Daher ist bislang auch keiner dieser Kredite so kritisch geworden, dass das Land für die Schuldentilgung hätte in An spruch genommen werden müssen.

Es gibt eine weitere Frage vonseiten der CDU-Fraktion. Herr Abg. Hauk, bitte.

Frau Ministerin, wie wollen Sie denn nun tatsächlich die Mitwirkung des Parlaments bei der Ge währung von Krediten für die hundertprozentigen Töchter des Landes garantieren, die dem Parlament verfassungsrechtlich zusteht?

Zum Zweiten: Wie wollen Sie die Mitwirkung des Parlaments bei der zentralen Frage der Gesamtsteuerung der Universitäts klinika, übrigens auch im Verbund und im Zusammenhang mit den kommunalen Kliniken, sicherstellen?

Bitte, Frau Ministerin.

Die Mitwirkung des Parlaments bei Steuerungs fragen und bei der Strukturentwicklungsplanung erfolgt über den Wissenschaftsausschuss. Man könnte sicherlich darüber nachdenken, ob man beispielsweise die Einrichtung eines neu en Ausschusses oder eine veränderte Ausschussstruktur in Er wägung ziehen möchte, um Fragen bezüglich Krankenhäu sern und Universitätsklinika enger miteinander verzahnt be raten zu können. Das ist Ihre Angelegenheit als Parlamenta rier; es liegt in Ihrer Hoheit, dazu Überlegungen anzustellen.

Sie können darüber befinden, ob Sie zur Diskussion über die se Frage den Wissenschaftsausschuss für den richtigen Ort halten oder ob Sie dafür eine andere Ausschusskonstellation wählen wollen. Ich werde sehr offen und interessiert verfol gen, welche Vorschläge Sie hier möglicherweise entwickeln. Es ist Ihre Hoheit, darüber zu reden, und es ist auch Ihre Ho heit als Parlamentarier, darüber zu reden, ob Sie beim Thema Kredite umfangreicher informiert werden und mehr wissen wollen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein! Es gibt eine verfas sungsrechtliche Hoheit des Parlaments zur Gewäh rung von Krediten!)

Sie haben Möglichkeiten, hierfür Instrumente zu schaffen, wenn Sie dies wünschen. Dafür gibt es Möglichkeiten. Es gibt aber keinen Grund, dies ausgerechnet in die Zuständigkeit ei ner Gewährträgerversammlung zu legen. Denn dort hat das Parlament eben nicht die Hoheit. Die Gewährträgerversamm lung war eine Konstruktion, die das Parlament an diesem Punkt entmündigt hätte, weil die Parlamentarier in diesem Gremium nicht die Mehrheit gehabt hätten.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

Genau deshalb ist es verfassungsrechtlich bedenklich, was Sie da vorhatten. Die Exekutive hätte in diesem Gremium die Mehrheit, und die Parlamentarier wären in der Minderheit. Sie haben als Parlament hiermit nun wieder das Recht, zu über legen, wie Sie die Sache handhaben wollen. Die Gewährträ gerversammlung wäre eine Schwächung des Parlaments ge wesen.