Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe meiner Vor rednerin und meinen Vorrednern aufmerksam zugehört.
Ich hatte damit die Hoffnung verbunden, eine ganzheitliche Sichtweise über die Ursachen der Problematik dargestellt zu bekommen, hinsichtlich der die SPD für heute die Aktuelle Debatte beantragt hat. Aber der Sozialromantik und Verbots politik, um die es gerade ging, werde ich gern noch einige an dere Punkte hinzufügen, die, glaube ich, bei dieser Debatte auch wichtig sind.
Grün-Rot steht offenbar in einem Verdrängungswettbewerb: Sie verdrängen die Ursachen der aktuellen Problematik.
Der soziale Wohnungsbau ist in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen. Man ist immer wieder erstaunt, was für Aktivitä
ten kommunale Wohnungsbauunternehmen, teilweise auch überregional, entfalten; aber die eigentliche Aufgabe der Ver sorgung mit Wohnungen vor Ort, in der eigenen Region, kommt oft zu kurz. Man hat das stark vernachlässigt.
Wenn man sich die entsprechenden Zahlen für 2006 bis 2010 anschaut, erkennt man, dass in Baden-Württemberg in erster Linie Bestandssanierungen vorgenommen wurden. Es gab ei nen immensen Rückgang der Zahl der Wohnungsrealisierun gen. In den Neunzigerjahren – 1993, 1994, 1995; Herr Kolle ge Stober hat es angesprochen – sind 83 000 bis 93 000 Ge nehmigungen für den Bau von Wohnungen bzw. Wohneinhei ten erteilt worden.
Im Jahr 2008 waren es weniger als 23 000 Genehmigungen. Daraus resultiert dieser Druck, den wir inzwischen verspüren.
Die Ursachen hierfür liegen natürlich tiefer. Schauen Sie sich einmal an, wie sich die Baupreise entwickelt haben: Seit 2000 gab es Kostensteigerungen um nahezu 30 %. In erster Linie gilt dies für den Bereich der energetischen Sanierungen. Ein wesentlicher Grund, weshalb sich viele private Investoren zu rückgezogen haben, sind die fehlenden steuerlichen Anreize. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb es sich für viele Pri vatpersonen nicht mehr lohnt, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. In diesem Punkt muss dringend etwas verändert wer den; wir müssen steuerliche Anreize schaffen.
Wenn Sie mit Menschen sprechen, die Wohnraum zu Verfü gung stellen könnten, dann erfahren Sie, dass diese Menschen aus Sorge mit Blick auf das Mietrecht nicht mehr vermieten wollen, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Hier wurde eine Bürokratie aufgebaut, die heute dazu führt, dass viele Wohnungen, die dem Markt potenziell zur Verfügung stehen, nicht mehr vermietet werden.
In den letzten Jahren hatten wir eine positive Entwicklung. In den letzten Jahren wurden knapp 32 000 Wohneinheiten ge nehmigt. Jetzt gilt es, dieses zarte Pflänzchen nicht im Keim zu ersticken.
Ich will hierzu drei Punkte ansprechen: Sie haben das Lan deswohnraumförderungsprogramm angesprochen. Zunächst gab es einen ganz miserablen Start. Geschäftsführer von Woh nungsbaugesellschaften haben in Gesprächen schon 2012 pro gnostiziert, dass das nichts werden könne.
Wir brauchen die Kommunen mit an Bord, die in Aktion tre ten, die selbst aktiv werden. Das hat unlängst auch die Stadt Stuttgart erkannt; mit dem Stuttgarter Innenentwicklungsmo dell wurden die ersten Schritte gemacht, um auch hier Wohn raum zu schaffen.
Ich will drei Stichworte nennen: Kleinere Wohnungen sollen realisiert werden. Städtische Grundstücke sollen verbilligt ab gegeben werden. Zudem soll eine schnelle Genehmigung ge währleistet werden. Ich glaube, dabei hatte die Stadt Stuttgart Nachholbedarf.
Lediglich 8 % aller Baugenehmigungen werden im Kenntnis gabeverfahren oder im vereinfachten Verfahren von der Stadt Stuttgart bewilligt. Im Rhein-Neckar-Kreis hingegen liegt die ser Anteil bei 73 %. Allein deshalb kann die Stadt Stuttgart in diesem Bereich für private Investoren dienstleistungsorien tierter werden. Ich hoffe, dass die Stadt Stuttgart wie auch an dere Kommunen privaten Investoren Unterstützung in diesem Bereich anbietet.
All dies werden Sie aber nicht sicherstellen können, wenn Sie es nicht schaffen, weiteres privates Engagement zu mobilisie ren. Schauen Sie sich einmal die Zahlen an. Es wird nur dann funktionieren, wenn es gelingt, private Investoren in diesem Bereich zu unterstützen; denn sonst können Sie die Lücke nicht schließen.
Das SPD-Konzept erinnert mich eher daran, dass Sie ein „Tischlein, deck dich“ präsentieren wollen, dann aber wieder mit dem „Knüppel aus dem Sack“ drohen. Diesen Eindruck gewinne ich zumindest, wenn ich sehe, was Sie heute Nach mittag mit dem Gesetzentwurf über das Verbot der Zweckent fremdung von Wohnraum beschließen wollen. Dies ist Aus druck eines falschen Verständnisses des Wohnungsmarkts. Es ist totaler Schwachsinn, was Sie da verabschieden wollen.
Man muss sich nur ein Beispiel auf der Zunge zergehen las sen. Wenn Eigentümer ihre Wohnung mehr als sechs Monate lang leer stehen lassen, droht ihnen die Bürokratie. Sie sind dann nämlich in der Beweispflicht. Das haben Sie auch vor gesehen. Außerdem droht wegen einer Ordnungswidrigkeit eine Strafe von 50 000 €.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso? Es wird doch gebaut ohne Ende!)
Anstatt Bürgerinnen und Bürger in Zeiten niedriger Gutha ben- und Darlehenszinsen zu motivieren, Wohnraum zur Ver fügung zu stellen, werden investitionsbereite Bürgerinnen und Bürger durch diese wohnungspolitischen Maßnahmen der Landesregierung nachhaltig abgeschreckt. Deshalb sollten Sie sich Gedanken darüber machen, ob wir wirklich in Richtung Planwirtschaft gehen sollten oder ob wir nicht Menschen, die investieren wollen, nachhaltig unterstützen sollten.
Was Sie hier machen, ist ein massiver Eingriff in das Recht des Eigentümers durch eine plakative Verbotspolitik mit ei ner granatenmäßigen Bürokratie, die uns dadurch droht. Mit der Umwandlungsverordnung wird das natürlich auch nicht wesentlich besser.
Der Dreiklang der Großen Koalition ist mit einem Mollton versehen; denn die gut gemeinten Ansätze – Stärkung der In vestitionstätigkeit und Wiederbelebung des sozialen Woh nungsbaus – werden durch bürokratische Hürden gebremst. Dadurch droht die zarte Entwicklung der Wohnungsbaukon junktur in Baden-Württemberg und in Deutschland im Keim erstickt zu werden.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Gott! Was für eine Schwarzmalerei! Etwas mehr Optimismus, Herr Kol lege!)
Deswegen empfehlen wir Ihnen, sich auf die Förderung pri vaten Engagements zu konzentrieren. Auch wenn es gut aus sieht: Die meisten Holzwege sehen anfangs immer wie Ab kürzungen aus.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist auch in unserem Land ein allzu vertrautes Bild: lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen; Studierende in Notunterkünf ten; Familien, die in Ballungsräumen verzweifelt nach bezahl barem Wohnraum suchen.
Gerade Menschen mit kleinem oder mittlerem Einkommen ist bange, und sie stellen sich die Frage, ob sie in ihrer Heimat ein bezahlbares Zuhause finden können. In Stuttgart, in Karls ruhe, in Heidelberg, in Konstanz oder in Freiburg – gerade hier, aber nicht nur hier – wird die Frage nach bezahlbarem Wohnraum für viele Menschen zu einer existenziellen Frage für ihre Zukunft.
Weil es um ein Grundbedürfnis der Menschen geht, verhan deln wir heute nicht über Sozialromantik, lieber Kollege Haußmann. Wir verhandeln über ein existenzielles Grundbe dürfnis der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Für diese Landesregierung stand deshalb von Anfang an fest: Wir finden uns mit dieser Situation nicht ab. Wir kämpfen konsequent gegen die Wohnungsnot in Baden-Württemberg an.
Auch in diesem Bereich haben wir alles andere als ein bestell tes Feld vorgefunden. Im Gegenteil: Die Wohnraumpolitik, insbesondere die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, war bei der Vorgängerregierung nahezu komplett abgemeldet. In