Sie haben sich von Anfang an vorgenommen, dieses Prestige projekt als Leuchtturm einer grün-roten Amtszeit von 2011 bis 2016 umzusetzen – komme, was wolle –, am besten unter dem Beifall der Bevölkerung. Deshalb haben Sie diesen Bür gerbeteiligungsprozess angestrengt. Sie haben aber von vorn herein keinen Zweifel daran gelassen, dass Sie, wenn die Bür ger am Ende nicht so wollen, wie Sie sich das vorstellen, das Ganze trotzdem unabhängig vom Bürgerwillen umsetzen. An dieser Stelle wird auch noch einmal deutlich: Die Politik des Gehörtwerdens ist eine reine Fassade, eine Schauveranstal tung. Dahinter wird glasklare Machtpolitik deutlich.
Mit der Mehrheit der beiden Regierungsfraktionen wird das durchgesetzt, was Sie wollen und was Ihrem Prestige als Leuchtturmprojekt dient. Das ist Ihre Politik. Alles andere ist Schau und Fassade.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich jetzt der Vorsitzenden der Fraktion GRÜ NE, Frau Abg. Sitzmann, das Wort erteile, will ich das weite re Prozedere ansprechen.
Wir hatten vorgesehen, um 14:00 Uhr im Neuen Schloss den Staatsvertrag zu unterzeichnen. Das können wir jetzt nicht ma chen. Deshalb habe ich veranlasst, dass die Delegation des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma im Marmorsaal im Neuen Schloss darauf hingewiesen wird, dass diese Sit zung noch länger dauern wird. Ich möchte dies bekannt ge ben, weil schon mehrere Nachfragen zum weiteren Vorgehen gestellt wurden.
Wir setzen diese Debatte jetzt einschließlich der Abstimmung fort. Danach erfolgt die Vertragsunterzeichnung im Neuen Schloss mit anschließender Mittagspause.
Nach § 82 Absatz 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Vor sitzenden der Fraktion GRÜNE, Frau Abg. Edith Sitzmann, das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir führen im Landtag von BadenWürttemberg heute nicht die erste Debatte zum Nationalpark. Wir bleiben jedoch ein weiteres Mal ratlos. Was will die CDU?
Wir wissen es nicht, Herr Hauk. Wir wissen nicht einmal, was Sie wollen. Wollen Sie einen Nationalpark, oder wollen Sie keinen?
Wollen Sie den Nationalpark, wie er in dem vorliegenden Ge setzentwurf vorgesehen ist – mit Modifikationen, wenn es nach Ihnen ginge –,
oder wollen Sie ihn nicht? Wollen Sie einen anderen Natio nalpark? Es ist alles völlig offen geblieben. Diese Fragen sind jetzt an Sie gerichtet, Herr Hauk. Was die CDU-Fraktion be trifft, wissen wir noch weniger. Deshalb frage ich Sie: Wenn Sie immer von „wir“ sprechen, Herr Hauk, wen meinen Sie eigentlich?
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die CDU-Frakti on! So einfach ist das!)
Nach meinem Kenntnisstand – das konnte man auch öffent lich nachlesen – stößt das, was Sie als „Bürgernationalpark“ vorgeschlagen haben, in Ihren eigenen Reihen auf Kritik, ebenso wie in der Region. In einem offenen Brief der Initia tive „Christdemokraten pro Nationalpark“ wurden alle CDUAbgeordneten mit der Bitte angeschrieben, sie mögen sich im Interesse des Landes, im Interesse der Biodiversität und des Naturschutzes für den Gesetzentwurf entscheiden, der heute hier auf dem Tisch liegt. Von einer Geschlossenheit der CDUFraktion kann überhaupt keine Rede sein, meine Damen und Herren.
Es geht aber noch viel weiter. Der ehemalige Umweltminis ter Vetter hat ein echtes Problem, weil er seiner Partei eigent lich nicht schaden möchte, aber auch nicht an sich halten kann
bei diesem Verhalten, bei dem Taktieren, bei dem Zickzack kurs, den Sie seit Monaten an den Tag legen. Er kann nicht schweigen und sagt: Es wird höchste Zeit, dass sich die CDU zu diesem Nationalpark bekennt. Aber nicht nur er, auch Ger hard Goll sowie Landräte und Oberbürgermeister mit CDUParteibuch aus der Region wollen von Ihrem „Bürgernatio nalpark“ nichts wissen.
Wenn Sie, Herr Hauk, hier so tun, als sei das, was Sie wollen, auch nur ansatzweise mehrheitsfähig, dann ist das einfach falsch. Es stimmt nicht. In der Region wird Ihr merkwürdiges Modell abgelehnt, und unseres hat sehr viele Befürworter, meine Damen und Herren.
Sie versuchen, die Mär zu verbreiten, dass dieser National park keine Mehrheit hätte. Er hat eine Mehrheit. Er hat in vie len Gemeinderäten, in Kreisen, in Regionalverbänden Mehr heiten bekommen. Bei Umfragen – zuletzt im August dieses Jahres – hat er 69 % Zustimmung bei der Bevölkerung Ba den-Württembergs erhalten. 69 %, meine Damen und Herren, das ist eine klare Mehrheit.
Herr Hauk, 65 % der CDU-Anhänger sind für diesen Natio nalpark, dem Sie heute zustimmen können. Ich kann nur ver muten, dass Sie sich längst im Winterschlaf befinden. Sonst hätten Sie das mitbekommen.
Ich möchte Ihnen dies noch einmal veranschaulichen, weil Zahlen Sie anscheinend nicht so interessieren. Das kann man sehr gut darstellen.
Die Gebietskörperschaften in den grün markierten Gebieten sind für den Nationalpark, und es gibt ein Gebiet, in dem sie dagegen sind.
Es ist richtig: Nicht alle sind dafür. Aber die Mehrheit in der Region ist dafür. Das sollten Sie endlich zur Kenntnis neh men.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass die Ge bietskulisse, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, das Ergebnis eines sehr langen, intensiven und vorbildlichen Beteiligungs prozesses ist. Dieser hat im Sommer 2011 begonnen. Das ist jetzt mehr als zwei Jahre her.
Diese Gebietskulisse wurde den Wünschen aus der Region entsprechend angepasst, sie wurde verändert. Insofern hat der Bürgerwille massiv Einfluss genommen, und er hat einen gu ten Einfluss genommen, der jetzt in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommt.
Warum sprechen Sie jetzt von einem Torso? Sie haben gera de wörtlich gesagt, diese zwei Teile seien Torsi.
Aber auf der anderen Seite schlagen Sie einen „Bürgernatio nalpark“ – oder was immer das sein soll – vor, der mit dem Begriff „Flickenteppich“ noch positiv beschrieben ist.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Das wissen Sie doch gar nicht!)
Es ist einfach lächerlich, was Sie machen, Herr Hauk. Das ist nicht einmal ein Flickenteppich. Die rot markierten Bereiche wären die Gebietskulisse Ihres neuen Vorschlags, den Sie, wie auch CDU-Leute sagen, viel zu spät auf den Tisch gelegt ha ben und den noch nicht einmal mehr jemand in der Region haben will.
Meine Damen und Herren, die Sachlage ist völlig klar: Eine deutliche Mehrheit in Baden-Württemberg ist für den Natio nalpark, will den Nationalpark, und auch eine Mehrheit in der Region will den Nationalpark. Das sind immerhin fast 60 %. 59 % der Menschen in der Region wollen den Nationalpark, und wir werden, wie Sie den Ausführungen des Ministerprä sidenten entnehmen konnten, versuchen, auch jene, die heu te noch skeptisch sind, mitzunehmen. Der Nationalparkrat ist ja so stark mit Vertretern der Region besetzt, damit die Regi on Einfluss auf die weitere Ausgestaltung nehmen kann.