Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind der Auf fassung, dass wir das auch den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land nicht vorenthalten dürfen.
Gerade in der Region, über die wir sprechen, in der der Tou rismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist,
in der der Tourismus ein wesentlicher Arbeitgeber ist und in der – wie wir aus den Untersuchungen wissen – der National
park als Naturschutzprojekt einen wichtigen strukturellen Im puls geben kann, halten wir das für eine wichtige Maßnahme.
Gerade in einer Zeit, in der naturnaher Tourismus im Trend liegt, passt es zur Marke Schwarzwald, hier auch einen zu sätzlichen Impuls zu geben und Baden-Württemberg für den Naturtourismus noch attraktiver zu machen. Dabei wissen wir, dass rund um den Tourismus auch andere Branchen wie Land wirtschaft, Handel, Gewerbe, Dienstleistungen, aber auch das Gesundheits- und Sozialwesen über solch ein Projekt wichti ge Impulse bekommen. Diese Chance wollen wir nutzen.
Wir haben deshalb sichergestellt, dass der Nationalpark, wenn Sie, das Parlament, unserem Vorschlag im Nachtragshaushalt folgen, die dafür notwendige Ausstattung mit Personal und mit Sachmitteln bekommt, damit er über das heute schon auf der Fläche im Forstbereich und im Naturschutz arbeitende Personal hinaus ein aktiver Partner für die regionale Wirt schaft, für die Weiterentwicklung der Wirtschaft im Nord schwarzwald sein kann. Er kann das mit den von uns vorge sehenen Mitteln und dem vollen Ausschöpfen der Wirkungen, die er bei seinen Aufgaben im forstlichen, wissenschaftlichen und naturpädagogischen Bereich erzielt.
Wir sind davon überzeugt: Dieser Nationalpark wird ein at traktives Angebot für die Menschen in der Region, für die Menschen in Baden-Württemberg, aber auch ein wichtiger Bestandteil des Tourismuslands Baden-Württemberg.
Das Beteiligungsverfahren, das dem heute zur Beratung an stehenden Gesetzentwurf zugrunde liegt, war lang. Es gab noch kein Großprojekt in Baden-Württemberg, bei dem die Bürgerinnen und Bürger, die Kommunen, die Verbände so früh und intensiv in die Beratungen und die Diskussionen über die Chancen und Risiken, aber vor allem auch über die ganz kon krete Ausgestaltung eingebunden waren.
Der Gesetzentwurf, wie er heute vorliegt, wurde seit 2011 in der Debatte entwickelt. Er trägt die Handschrift all derjeni gen, die sich konstruktiv, aber auch mit Kritik und Sorgen in die Debatte eingebracht haben. Zentrale Elemente der Anre gungen aus der Region wurden in der Region entwickelt,
Es ist klar: Wir haben ausschließlich Staatswald in der Kulis se des Nationalparks – mit Ausnahme dessen, dass die Stadt Baden-Baden und die Stadt Bühl durch ausdrücklichen Be schluss mit Waldflächen in den Nationalpark hineinwollten. Das heißt, für dieses Nationalparkprojekt wird kein Millime ter Privatwald herangezogen. Wir haben die Kulisse nach Rückmeldungen aus der Region bewusst in die Höhenlagen verschoben, in denen der Holzertrag geringer ist, sind hier al len Anregungen, weiter in die Höhe zu schieben, nachgekom men – bis an den Punkt, an dem es jetzt naturschutzfachlich keine weiteren Potenziale mehr gibt. Wir haben die Fläche des Nationalparks so geschnitten, dass möglichst wenig Privat wald in direkter Nachbarschaft angrenzt. 90 % der Nachbar schaft sind öffentlicher Wald.
Weiter haben wir mit der Region ein Managementsystem ent wickelt, die Grundlagen entwickelt, um sicherzustellen, dass die Sorge hinsichtlich des Borkenkäfers gemanagt werden kann, dass vom Nationalpark keine Gefährdung für Wirt schaftswälder ausgeht. Der Gesetzentwurf sieht einen min destens 500 m breiten Pufferstreifen zu dem an den National park angrenzenden Kommunal- und Privatwald vor und er möglicht ein effektives Borkenkäfermanagement. Da wir ei nen Entwicklungsnationalpark anstreben, wird der Abstand in den ersten Jahrzehnten weit über dem gesetzlich festgelegten Mindestabstand von 500 m liegen. Damit sind wichtige For derungen aus der Bevölkerung aufgegriffen worden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das Gleiche gilt für den Erhalt, für die Entwicklungsperspek tiven der Infrastruktur, das Gleiche gilt für das Betretungs recht für jedermann, das wir noch deutlich über die bisheri gen Regelungen im Landeswaldgesetz hinaus in diesem Ge setzentwurf umgesetzt haben, und für viele andere Stellen mehr.
Jetzt gibt es trotz dieses intensiven Prozesses weiterhin Men schen, die skeptisch sind und das Projekt ablehnen. Wir neh men die ablehnenden Voten einzelner Gemeinden in der Re gion ernst. Wir haben versucht, die dem zugrunde liegenden Argumente weitestmöglich in den Gesetzentwurf aufzuneh men.
Wir nehmen ebenfalls ernst, dass eine Mehrheit der Bevölke rung in der Region und in unserem Bundesland die Einrich tung des Nationalparks befürwortet.
Wir nehmen auch ernst, dass sich eine Mehrheit der National parkgemeinden und der Nationalparkkreise ausdrücklich für die Einrichtung ausgesprochen hat.
Weiter nehmen wir ernst, dass eine Reihe von repräsentativen Umfragen – u. a. zuletzt von forsa im August – deutlich ma chen: 69 % der Menschen in Baden-Württemberg sind dafür, dass wir unsere Verantwortung für den Artenschutz überneh men und einen Nationalpark einrichten. Und auch in der Re gion sind 59 % der Bevölkerung dafür. Die positiven Be schlüsse der Stadt- und der Landkreise machen das, glaube ich, deutlich.
Von fünf Stadt- und Landkreisen kam eine Rückmeldung, und nur eine davon fiel ablehnend aus. Die Beschlüsse in den Na tionalparkgemeinden – in Baden-Baden, Bühl, Ottenhöfen und Seebach – machen deutlich: Es gibt hier eine breite Unterstüt zung. Selbstverständlich ist es unser Ziel, auch in den Gemein den, die sich bisher skeptisch und ablehnend positionieren – Forbach, Baiersbronn und Oppenau –, den Prozess im Dialog weiter so zu entwickeln, dass die Region davon profitieren kann.
Denn ein zentraler Bestandteil dessen, was wir hier an Nati onalpark entwickelt haben, ist, dass wir über alles hinaus, was es bisher bei Nationalparks gibt, eine Mitsprache der Region, eine wichtige Rolle der Region im Nationalparkrat geschaf fen haben. Der Nationalparkrat besteht zur Hälfte aus den Ver tretern der Region, die auch den Vorsitz im Nationalparkrat
stellen werden. Der Nationalparkrat wird die zentralen Punk te des Managementplans, quasi das Betriebshandbuch des Na tionalparks, entwickeln, und es wird sichergestellt, dass hier die Interessen der Region in einer Art und Weise abgebildet werden, wie es bei keinem anderen Nationalpark, bei keinem Projekt dieser Art bisher der Fall ist, meine sehr verehrten Da men und Herren.
Es war ein langer und arbeitsintensiver Prozess, der jetzt mit diesem Gesetzentwurf an Sie, an die Abgeordneten des Land tags von Baden-Württemberg, übergeben wird. Nationalparks sind nach § 22 des Bundesnaturschutzgesetzes eine nationale Aufgabe, die aber den Ländern übertragen ist. Die Länder müssen entscheiden, wie wir in Deutschland dieser Verant wortung nachkommen. Nach unserem Landesnaturschutzge setz kommt diese Aufgabe Ihnen, meine Damen und Herren im Landtag von Baden-Württemberg, zu. Die Bundesregie rung nimmt sich im Bundesnaturschutzgesetz das Recht, das Benehmen zu Gründungen von Nationalparks auszusprechen. Ich darf Ihnen mitteilen, dass das Haus von Bundesumwelt minister Peter Altmaier, das BMU in Berlin, in den letzten Ta gen offiziell das Benehmen zum Nationalpark Schwarzwald erteilt hat und damit unserem Nationalparkgesetz zustimmt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen hier vor einer Frage, die wichtig ist, bei der es darum geht, ob wir den nachfolgenden Generationen die gleichen Chancen in der Nut zung von Natur, aber auch im Erleben von Natur mitgeben. Dazu gehören Naturgebiete, dazu gehören auch ursprüngliche Wälder, wie sie hier durch diese Maßnahme geschützt wer den sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier nicht um Regierung gegen Opposition, es geht nicht um Parteipo litik oder eine grün-rote Landesregierung, sondern es geht um ihn:
Es geht um den Sperlingskauz und um viele andere Arten, die wie der Sperlingskauz auf Lebensräume angewiesen sind, die wir heute in unserer bearbeiteten Welt im Wald nicht mehr in dem Maße abbilden können, wie wir es brauchen. Insofern bitte ich Sie, mit Ihrer Entscheidung den Sperlingskauz wie die vielen anderen Arten ernst zu nehmen. Ich möchte, dass wir in Baden-Württemberg auch in der Bewahrung der Schöp fung spitze sind. Dazu bedarf es dieses Gesetzes, und ich bit te Sie, es zu verabschieden.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Grünen – Bei fall bei der SPD – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Aussprache eintreten, begrüße ich sehr herzlich im Zu hörerbereich eine Delegation der Schweizerischen Bundes versammlung unter der Leitung von Frau Präsidentin Dr. Ka thy Riklin.
Die Gäste sind Mitglieder der „Delegation für die Beziehun gen zum Deutschen Bundestag“. Dabei handelt es sich um das Pendant zur Deutsch-Schweizerischen Parlamentariergruppe im Bundestag in Berlin.
Mit den Gästen begrüße ich sehr herzlich den Botschafter der Schweiz, Seine Exzellenz Herrn Tim Guldimann, sowie Frau Generalkonsulin Irene Flückiger Sutter.
Wir betrachten Ihren Besuch als Bekenntnis zur Fortsetzung der bewährten und traditionsreichen guten parlamentarischen Kontakte zwischen unseren beiden Ländern. Ich darf Sie im Namen der Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg nochmals sehr herzlich hier im Parlamentsgebäude begrüßen und willkommen heißen.
Wir fahren nun in der Beratung fort. Ich darf im Rahmen der Aussprache für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Dr. Patrick Rapp das Wort erteilen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Gäste, auch aus der Schweiz! Die Zeit ist heute eigentlich zu kurz, um das zu sagen, was man sagen müsste, um das zu wiederholen, was in der Region gesagt wurde und was man für diesen Gesetzent wurf auch hätte berücksichtigen müssen. Insofern stimmt das, was Sie, Herr Minister, sagen, nicht ganz. Im Entwurf ist ei niges, für das Sie von der Region einen Fingerzeig erhalten haben, nicht enthalten.
Bevor ich in die Thematik einsteige, möchte ich eines sagen: Es ist nicht einfach, hier zu stehen und Ihren Gesetzentwurf zur Errichtung eines Nationalparks zu kritisieren, ohne die Wichtigkeit des Naturschutzes an sich infrage zu stellen. Das sage ich, weil einige unter uns sind, die dazu neigen, dies zu vermischen. Es bedarf nach meiner Auffassung einer sehr dif ferenzierten Betrachtung, vor allem dann, wenn man einem Nationalpark grundsätzlich offen gegenübersteht, aber die Umsetzung und die konkrete Ausgestaltung, die Sie hier vor legen, nicht mitträgt, und dies gerade auch mit Blick auf die betroffene Bevölkerung.
Als Beispiele nun einige Punkte, die nicht nur von uns, von der CDU, vorgetragen wurden, sondern die vor allem von Ver treterinnen und Vertretern der Region, den regionalen Arbeits kreisen, die Sie eingerichtet haben, aber auch von vielen Ver bänden formuliert wurden.
Sie haben z. B. in der Region – Herr Minister, Sie haben das in Ihren Ausführungen dargelegt – damit geworben, dass Sie in dieser Region den Tourismus stärken wollen. Sie haben uns bis heute nicht gesagt, mit welchen Mitteln Sie dies umsetzen wollen und in welchem Rahmen das Ganze stattfinden kann. Das ist bis heute ungeklärt.
Sie haben auch von den Entschädigungen für die privaten und für die kommunalen Waldbesitzer geredet, die von eventuel
len Schäden, die durch den Nationalpark bedingt sind, betrof fen sind. Wir reden von Insektenschäden, wir reden aber auch von Wildschäden. Aber auch hierzu gibt es weder einen Ent schädigungsmitteltopf, noch gehen Sie auf die Eigentümer zu. Im Gegenteil: Es gibt noch nicht einmal eine Schiedsstelle, die in der Lage wäre, auch die Beweislastfrage sauber zu klä ren.