(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Sabine Kurtz CDU: Der Antrag war am Mitt wochmorgen eingebracht!)
Eines muss man bei der Debatte über das „Hotel Silber“ auch sagen: Es waren im Jahr 2011 auch Vertreter der jetzigen Re gierung – auch Nils Schmid war dabei – sowie Vertreter von anderen Parteien auf anderen Ebenen, die sichergestellt ha ben, dass es die Gedenkstätte „Hotel Silber“ geben wird. Es geht doch darum, einen zusätzlichen Mosaikstein in eine de zentrale Gedenkstättenlandschaft einzubringen. Wir sollten zeigen, dass das ein großer Gewinn für unser Land ist. Es hat in dieser Frage auch eine Bürgerbeteiligung gegeben, wie es sie selten gegeben hat, mit mehreren runden Tischen, an de nen Vertreter aller Fraktionen – auch wieder als Demokraten – zusammen mit Engagierten vor Ort, die eingeladen waren, diskutiert haben.
Natürlich können wir die haushalterischen Zusammenhänge nicht ausblenden und müssen wir auch hart mit den Finanzie rungspartnern verhandeln. Das ist übrigens die gesetzliche Aufgabe aller Vertreter, egal, ob von Kommune oder Land. Aber ich denke, wir haben an dieser Stelle eine Lösung ge funden – oder sind auf dem Weg dazu, das umzusetzen –, auf die wir stolz sein können. Denn die Gedenkstättenlandschaft brauchen wir gerade für die kommenden Generationen.
Es ist gesagt worden: Die Gedenkstättenlandschaft steht vor einer großen Herausforderung; denn die Angehörigen der Ge neration, die die Ereignisse noch selbst erlebt haben, werden immer weniger, und diejenigen, die in den Achtzigerjahren oder später geboren sind – dieser Generation gehöre auch ich an –, kennen das nur noch aus den Geschichtsbüchern und können teilweise nicht einmal mehr Großeltern dazu befra gen. Für diese müssen wir doch die Grundlage legen, sich zu informieren.
Dazu hat die LAGG ein gutes Konzept vorgelegt. Auf dieser Grundlage müssen wir reden. Aber ganz wichtig ist doch, dass wir als Demokraten an dieser Stelle zusammenhalten und uns im Ziel einig sind und die Maßnahmen gemeinsam umsetzen wollen. Wir sollten bei diesem Thema nicht über irgendwel che Schilder und Baustellen reden.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist ja gerade eben von Herrn Ab geordnetenkollegen Wahl angeklungen: Es gibt Themen, bei denen sich nach meiner festen Überzeugung alle Demokraten einig sein müssen. Bei diesen Themen müssen wir Demokra ten auch gemeinsam an einem Strang ziehen, ja, und bei die sen Themen sollte es auch keine Rolle spielen, ob wir auf Re gierungsbänken oder auf Oppositionsbänken sitzen.
Die Bewertung und die Förderung der Arbeit der zahlreichen Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in unserem Land ist nach meiner Ansicht ein solches Thema. Es ist unter uns unbestritten, dass die Gedenkstätten und die Gedenkstätten initiativen mit ihren Forschungsarbeiten, Dokumentationen, Ausstellungen, Veröffentlichungen und Veranstaltungen einen unverzichtbaren Anteil zur Darstellung der Orts-, Regional- und Landesgeschichte Baden-Württembergs während der na tionalsozialistischen Gewaltherrschaft leisten. Mit ihrer weit gehend ehrenamtlichen Arbeit erfüllen sie einen grundlegen den und unverzichtbaren Beitrag zum bewussten Umgang mit der Geschichte und zur Demokratieerziehung junger Men schen.
Dass wir Demokraten hier im Haus fraktionsübergreifend in dieser Legislaturperiode die Bedeutung der Gedenkstättenar beit schätzen und anerkennen, haben wir in mehreren inter fraktionellen Arbeitstreffen und gemeinsamen Anträgen be wiesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich appelliere an Sie alle: An diesem gemeinsamen Weg sollten wir festhalten.
Ein weiterer Punkt ist mir sehr wichtig. Die Tatsache, dass wir in Baden-Württemberg so viele Gedenkstätten haben, die über das ganze Land verteilt sind, bietet eine besondere Chance und stellt zugleich eine besondere Verpflichtung für die Ge
schichtsarbeit im Land dar. Gerade diese Vielfältigkeit muss erhalten bleiben; denn sie bietet gerade jungen Menschen die Chance, den lokalen und regionalen Bezügen in der eigenen Umgebung nachzuspüren.
Die Schrecken der NS-Barbarei werden auf diese Weise greif barer, und junge Menschen erfahren, dass sie in einer ge schichtlichen Beziehung zu diesen Ereignissen stehen, aus der aus meiner Sicht auch für die junge Generation eine besonde re Verantwortung für die Gegenwart erwächst.
Wichtig ist, dass wir im Land den Gedenkstätten die Zusam menarbeit und Vernetzung ermöglichen und diese auch för dern. Zwar können kleinere Gedenkstätten nicht in dem Ma ße mit technischer Visualisierung arbeiten, wie dies zentrale Gedenkstätten bzw. Museen können; umso wichtiger ist eine gute Vernetzung und Zusammenarbeit der kleinen Gedenk stätten im Land.
Meine Damen und Herren, die FDP/DVP-Fraktion begrüßt die geplante Einrichtung eines Lern- und Erinnerungsorts im „Hotel Silber“. Wichtig ist uns dabei, dass es bei der Realisie rung dieses wichtigen Projekts nicht gleichzeitig zu einer Be nachteiligung der bisherigen Gedenkstättenlandschaft in Ba den-Württemberg kommt, die, wie gesagt, bereits heute viel fach nur durch große Anstrengungen von ehrenamtlichen Mit arbeitern und von Kommunen erhalten werden kann.
Wir Liberalen legen großen Wert darauf, dass es nicht zu ei nem Ungleichgewicht bei der finanziellen Förderung zwischen den bereits bestehenden Gedenkstätten auf der einen Seite und dem Lern- und Erinnerungsort „Hotel Silber“ auf der anderen Seite kommen darf. Gemeinsam mit den anderen Fraktionen wollen wir Liberalen uns dafür einsetzen, dass bei der Förde rung der Gedenkstättenkultur in unserem Land den Interessen der dezentralen Gedenkstätten in ausreichendem Maß Rech nung getragen wird. In diesem Zusammenhang begrüßt die FDP/DVP-Fraktion ausdrücklich das von der Landesarbeits gemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen im Dezember 2012 vorgelegte Konzept zur Neuausrichtung der Gedenkstättenlandschaft und der Landesgedenkstättenför derung 2013 bis 2015.
Dieser Satz von Baal Shem Tov, dem Begründer der chassi dischen Bewegung innerhalb des religiösen Judentums, gilt nach meiner tiefsten Überzeugung nicht nur für das jüdische Volk.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Ich möchte mich zunächst beim Kollegen Dr. Kern von der FDP/DVP bedanken, der gezeigt hat, dass
Baden-Württemberg, meine Damen und Herren, verfügt über ein breit angelegtes und von hohem ehrenamtlichem Engage ment getragenes Netz an Gedenkstätten und Erinnerungsor ten. Über 85 Gedenkstätten und Erinnerungsorte listet die von der Landeszentrale für politische Bildung und der Landesar beitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteniniti ativen aufgelegte Broschüre „Gedenkstätten in Baden-Würt temberg“ auf.
Die meisten Gedenkstätten – rund 70 davon – erinnern am au thentischen historischen Ort an die NS-Zeit. Die Gedenkstät ten sind Orte der Erinnerung an die Gräueltaten des national sozialistischen Unrechtsstaats. Sie sind aber auch Orte der Er innerung an den Widerstand, an die mutigen und unerschro ckenen Frauen und Männer, an die aktiv Handelnden, die schon vor 1933 vor den Gefahren des Hitlerregimes und dem drohenden Krieg warnten, die ihr Leben einsetzten, um sich dem NS-Terrorregime zu widersetzen und sich für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde einzusetzen.
Die Gedenkstätten und Erinnerungsorte richten aber auch den Blick in die Zukunft. Sie erinnern uns an unsere Verantwor tung, unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen stets aufs Neue gegen Extremismus von rechts wie von links zu verteidigen, aber auch gegen demokratische und zivilgesell schaftliche Gleichgültigkeit. Und sie ermahnen uns zu Wach samkeit und Zivilcourage. Sie sind Orte der historischen wie der politischen Bildung.
Das Publikumsinteresse, insbesondere das Interesse junger Menschen, nimmt beständig zu. Mehr als 290 000 Besuche rinnen und Besucher wurden beispielsweise im Jahr 2012 an den baden-württembergischen Gedenk- und Erinnerungsstät ten registriert. Gut 40 % davon waren Jugendliche. Dies war ein Plus von 30 % gegenüber dem Vorjahr.
Trotz dieser positiven Entwicklung bei den Besucherzahlen dürfen wir bei unseren Bemühungen um eine nachhaltige Ge denkstättenarbeit nicht nachlassen. Die zahlreichen Gedenk stätten sind beständig dabei, ihre Arbeit weiterzuentwickeln und vor allem zu verstetigen, damit sie auch künftig als Orte der Erinnerung wie der demokratischen Bildung wirken kön nen.
Neue Initiativen für Gedenkstätten sind im Entstehen: in Horb, Mössingen, Kislau, Crailsheim, Tübingen, um nur einige zu nennen. Ausdrücklich ermutigen möchte ich die jeweiligen Sitzkommunen, auch ihrerseits das herausragende Engage ment der ehrenamtlichen Initiativen zu unterstützen.
Erinnerungsarbeit und die daraus abzuleitenden Fragen für die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens gehen uns alle an. Eine der großen Herausforderungen für die Gedenkstätten im Land ist dabei, den Generationenwechsel zu gestalten. Die ba den-württembergischen Gedenkstätten haben sich dank des hohen Engagements der zahlreichen, überwiegend ehrenamt lich Tätigen zu wichtigen Orten des Erinnerns entwickelt. Ge rade in den letzten Jahren haben die vielfältigen Initiativen ei ne überaus positive Entwicklung genommen.
Entscheidend zu dieser positiven Entwicklung beigetragen hat auch die im Jahre 2012 von der neuen Landesregierung vorge nommene Erhöhung der Gedenkstättenförderung von 200 000 € auf 300 000 €. Mit diesen Fördermitteln wurde ein regelrech ter Schub an Förderinitiativen bei den vielfältigen Gedenk stätten unseres Landes ausgelöst.
Die positive Entwicklung, die die Gedenkstätten und Erinne rungsorte in den vergangenen Jahren im Land genommen ha ben, beruht maßgeblich auf der engen und konstruktiven Zu sammenarbeit zwischen der Landeszentrale für politische Bil dung und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen. Allen Beteiligten, Ehrenamtli chen wie Hauptamtlichen, gebühren unser ausdrücklicher Dank und unsere Anerkennung.
Meine Damen und Herren, es ist daher zu begrüßen, dass es nun einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller vier Frak tionen des Landtags von Baden-Württemberg gibt, um dieses Thema aus dem Parteienstreit herauszuhalten.
Wir kommen zum „Hotel Silber“. Ich habe nach der Rede der Kollegin Kurtz die Befürchtung, dass die CDU vergessen hat, wer 58 Jahre lang regiert hat, dass die CDU vergessen hat, an welchem Punkt wir angefangen haben, über den Erinnerungs ort, die Gedenkstätte „Hotel Silber“, zu diskutieren, als hier die neue Regierung ihre Arbeit begonnen hat. Damals war es fast ausgeschlossen, dass ein solcher Ort, so, wie er jetzt tat sächlich geschaffen wird, auch nur denkbar gewesen wäre.
Das Haus der Geschichte hat damals einen Vorschlag vorge legt, der eine Konzeption von maximal 400 m2 vorgesehen hätte. Dann kann man doch heute der jetzigen Regierung nicht vorwerfen, sie mache ein wesentlich kleineres Konzept. Ich hatte zwar eine extreme Matheschwäche, aber zwischen 400 und 1 000 m2 gibt es schon einen Unterschied, und zwar zu unseren Gunsten.