Protocol of the Session on July 17, 2013

Deshalb sage ich es.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Lieber Kollege Manne Lucha, wir kennen uns auch schon seit vielen Jahren und tauschen uns im Thema aus.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich will zur angesprochenen landwirtschaftlichen Berufsaus bildung doch zwei Fragen stellen. Das war schon zu viel des Lobes, das man der eigenen Regierung ausgesprochen hat.

(Zuruf von der SPD: Zu Recht!)

Dann frage ich erstens schon, warum wir seit einem Jahr kei ne ausreichende personelle Ausstattung bei den Berufsfach schulen der Landwirtschaft in Oberschwaben haben, und zweitens frage ich, warum wir keine Antworten für die Zu kunft der Gartenbauschule in Hohenheim haben. Also: Nicht so viel Eigenlob, sondern schon ein bisschen kritisch zur Kenntnis nehmen, dass nicht alles so glänzt, wie es hier gol den dargestellt worden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Die Frage hinsichtlich Ho henheim kann vielleicht das Ministerium beantworten; das weiß ich nicht.

Was unsere Berufsschulen betrifft, so haben wir mit den Bau ern geredet und haben gesagt: Im Moment bekommen wir es hin. Wir haben sogar noch die Kapazität erhöht; so schlecht war es ja nicht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es kommen immer noch Kollegen aus dem Bayerischen zu uns herüber. Wir füttern das also noch; wir erhalten es am Le ben. Anderswo gibt es das gar nicht mehr.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Wahl.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir

auf die Idee kommen könnten, dass sich diese Debatte zwi schen Oberschwaben und Oberbayern abspielt,

(Heiterkeit des Abg. Paul Locherer CDU)

möchte ich an erster Stelle stellvertretend auch für die Jugend auf dem Land dem BDKJ für die 72-Stunden-Aktion danken, in der sich ganz zentral – ob im Ballungsraum oder auf dem Land – Zehntausende junge Menschen engagiert haben. Ich denke, das zeigt, was für einen Schatz wir hier in Baden-Würt temberg haben.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Dieser Schatz wird von dieser Landesregierung im Jugendbe reich so gefördert, wie er noch nie gefördert worden ist. Wir haben im ersten Quartal dieses Jahres den Zukunftsplan Ju gend unterzeichnet, der zusammen mit den Verbänden erstellt worden ist. Es gab eine Beteiligung in einer Breite, die es noch nie zuvor gegeben hat. Da haben sich nicht nur die „Berufs jugendlichen“ an den Spitzen der Verbände engagiert, sondern lokal vor Ort gab es da eine ganz breite Beteiligungskultur, wie es sie noch nicht gegeben hat. Das merkt man auch, wenn man sich an unser Sommerfest von gestern Abend erinnert: Da gab es Gespräche mit den Jugendvertretern vom BDKJ, von der Evangelischen Landjugend, in denen es hieß: So gut, wie es uns mit der jetzigen Mittelausstattung geht, ist es uns noch nie gegangen. Das ist wirklich einmal ein Zeichen.

(Beifall bei der SPD)

3 Millionen € haben wir hierzu in den Doppelhaushalt einge stellt. Wir werden die Förderpolitik gemeinsam mit den Ver bänden anpassen, damit nicht so viel in den Dachverbänden hängen bleibt, sondern die Basisarbeit vor Ort unterstützt und gerade die Jugend auf dem Land finanziell gefördert wird. Wir müssen Kleinprojekte und Pilotprojekte an den Start bringen und die Partizipation – Kollege Lucha hat das gerade ange sprochen – nach vorn bringen, indem wir die Jugendgemein deräte und andere Beteiligungsmöglichkeiten fördern. Durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre wird die Identifi kation mit der Kommune gesteigert. All das haben wir gera de in den letzten zwei Jahren auf den Weg gebracht. Letztend lich haben wir gerade für die Jugendarbeit eine gute Struktur politik geleistet.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wichtig zu erwähnen ist die IREUS-Studie. Es gibt auch das Rauschenbach-Gutachten, das der alten Landesregierung ganz klar ins Stammbuch geschrieben hat, was an dieser Stelle falsch gelaufen ist. Das wissen Sie selbst. Dieses Gutachten haben wir unserer Arbeit zugrunde gelegt. Wir haben sogar Professor Rauschenbach, der das Gutachten erstellt hat, ins Team geholt. Er begleitet den Prozess, der noch weitergehen wird, wissenschaftlich.

Deswegen sind wir auch so dankbar für den Antrag, denn er gibt uns die Möglichkeit, deutlich zu machen, dass wir, von Ihrem Ausgangspunkt aus, sogar noch einen Schritt weiter ge gangen sind, als gefordert worden ist. Darauf können wir stolz sein.

Es wurde auch angesprochen, dass wir für den ländlichen Raum eine sozialwissenschaftliche Studie brauchen. Wir ha ben aber bereits genug Material und Erfahrung, um zu wis sen, wie die Sache aussieht. Jetzt ist der Zeitpunkt, zu handeln und die Umsetzung in Angriff zu nehmen, anstatt noch wei ter zu untersuchen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Der Landjugend beauftragte!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege meint gerade, ich sei der Landjugendbeauftragte. Ich darf Ihnen sagen, ich bin mit 15 Jahren der Landjugend beigetreten und war bis zu meinem Ausscheiden altershalber bei der Landjugend. Ich weiß, was ländlicher Raum bedeutet; ich wohne mit meiner Familie in einem 150-Seelen-Dorf. Wir fühlen uns dort wohl.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Intuitiv habe ich das richtig geraten!)

Wir kennen sehr wohl die Vor- und Nachteile des ländlichen Raums, und vor allem wissen wir, was die jungen Leute brau chen, damit sie wiederkommen, damit sie dableiben, damit sie eine Umgebung vorfinden, in der sie gern leben. Es ist wich tig, dass junge Familien sehen, welche Vorteile der ländliche Raum bietet.

Es ist fast alles von allen gesagt worden, nur nicht von mir.

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Deswegen werde ich mich auf das „fast“ beschränken und in die Richtung gehen, die wir bisher noch nicht so richtig be rücksichtigt haben.

Im ländlichen Raum – auch das sollte man an einem solchen Tag anmerken – geht es um Jugendliche, aber es geht auch um Landwirtschaft und um die Menschen, die von der Landwirt schaft leben und durch sie ihren Lebensunterhalt erwirtschaf ten müssen, also um die jungen Bäuerinnen und Bauern. Auch diese brauchen ein Umfeld – gemeinsam mit den anderen im ländlichen Raum. Lieber Kollege Rösler, die Landjugend ist nicht die Bauernjugend,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das habe ich aber nicht gesagt! – Gegenruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber das würde zu Ihnen passen!)

sondern es sind die Jugendlichen auf dem Lande – alle mitei nander.

Ich möchte noch einen Punkt klarstellen: Ganz entscheidend, um die ländlichen Räume attraktiv zu halten, sind die Schul struktur, die Vereinsstruktur und die Verkehrsinfrastruktur – ein äußerst wichtiger Punkt. Denn gerade im ländlichen Raum müssen junge Menschen mobil sein, um auch abends noch von der Kreisstadt nach Hause zu kommen. Dort gibt es kei ne S- oder U-Bahn, sondern man muss die Räte im Kreistag

ermuntern, den Geldbeutel für ein Ruftaxi oder einen Rufbus aufzumachen. Wir im Landkreis Schwäbisch Hall machen das. Ein Rufbus – damit die jungen Leute auch am Samstag und am Wochenende mobil sind – ist uns beispielsweise über 400 000 € wert. Das ist ein äußerst wichtiger Punkt.

Ein weiterer Punkt sind die Berufsschulen. Bei den Berufs schulen vor Ort ist zwar die Ausstattung hervorragend, aber wichtig ist auch die Versorgung mit Lehrern. Da sehe ich auch das Problem, dass zu viele junge Lehrer, denen gesagt wurde: „Studiert in Freiburg oder in einer anderen Universitätsstadt“, dort bleiben wollen und auch nicht bereit sind, für das Refe rendariat in ländliche Regionen zu gehen. Wenn sie aber ein mal im ländlichen Raum waren und dessen Vorteile kennen gelernt haben, sind sie oft ihr Leben lang dort geblieben. Das ist ein Punkt. Auch hierfür muss man, glaube ich, werben.

Ein weiterer Punkt ist: Wir müssen auch differenzieren. Wenn wir mit offenen Augen durch das Land fahren, sehen wir in ländlichen Räumen in immer mehr Weilern und kleinen Dör fern leer stehende Häuser und sehr viele alte Menschen. Die Tendenz zur Urbanisierung – vom Weiler zum Hauptort – be steht deshalb, weil dort die Infrastruktur besser ist, weil die Daseinsvorsorge gewährleistet ist – ob das das Internet, der Bus oder die Bahn ist.

Auch die Bahn ist ein Punkt. Es ist ganz wichtig, dass man z. B. die Möglichkeit hat, von Crailsheim oder Schwäbisch Hall in einer Stunde nach Nürnberg oder nach Stuttgart zu kommen, aber auch noch abends nach Hause zu kommen. Das ist ganz entscheidend.

Deshalb ist es wichtig, dass wir die Verkehrsinfrastruktur auch im ländlichen Raum stärken. Wir können machen, was wir wollen: Wir brauchen den Individualverkehr, das heißt auch den Straßenbau. Wir brauchen nicht neue Straßen, sondern die Straßen, die wir haben, in ordentlichem Zustand. Bis auf ein paar Umgehungsstraßen, die gebaut werden müssen, brauchen wir keine neuen, sondern vor allem ordentliche Straßen. Da müssen wir noch mehr tun, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Ich darf fortfahren: Wichtig ist vor allem auch, dass wir die Hochschuleinrichtungen im ländlichen Raum stärken. Da hat die mit unserer Beteiligung geführte Landesregierung in den letzten 15 Jahren mit der Dualen Hochschule, mit den Außen stellen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sehr viel erreicht. Genau das ist wichtig.

Ich gebe Ihnen recht: Natürlich sollen die jungen Leute auch einmal im Ausland studieren. Aber sie kommen gern zurück, wenn das Umfeld stimmt und wenn vor Ort zusammen mit Betrieben eine Spitzenausbildung möglich ist. Der Arbeits platz muss attraktiv sein.

Wir sehen doch: Gerade Baden-Württemberg ist eigentlich das Musterland für flächendeckend gleiche Bedingungen. Da rum ist die Wirtschaft in unserem Land so stabil. Das heißt, wenn es irgendwo eine Wirtschaftskrise gibt, sind die ländli chen Räume das Rückgrat der Wirtschaft in Baden-Württem berg. Schauen Sie auf Biberach, schauen Sie ins Hohenlohi sche. Dort haben wir die niedrigsten Arbeitslosenzahlen.

Auch bei den Hochschulabschlüssen stellt sich der ländliche Raum gar nicht viel schlechter als z. B. Heidelberg. Wenn man

junge Leute zwischen 28 und 30 Jahren aus dem ländlichen Raum fragt, wie viele von ihnen einen Hochschulabschluss haben, dann stellt man fest, dass diese Zahl in etwa gleich hoch ist wie die in Ballungsräumen – z. B. durch das Bil dungssystem der beruflichen Gymnasien. Auch das ist ein Punkt, bei dem wir sagen müssen: Wir müssen diese ganzen Infrastrukturmaßnahmen verstärken.