Daher sollten Sie einmal in Ihrer eigenen Fraktion suchen. Da werden Sie auch Befürworter finden. Ich glaube, Sie müssen sich endlich einmal selbst eingestehen: Es hat ein Wechsel stattgefunden. Es hat auch ein Wechsel an Meinungen und an Richtungen stattgefunden. Sie müssen diesen Wechsel einfach nachvollziehen und sollten nicht immer mit Ihrem Spruch kommen: „Vor 50 Jahren war noch alles toll.“ Es hat sich et was verändert in der Gesellschaft, und dafür steht Grün-Rot.
(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Endlich! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Er musste vom Spar kassenverband hergefahren werden!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, den wir hier in zweiter Lesung beraten, war in der Tat – Sie haben es gerade vermerkt – ein Vorgeplänkel zum angekündigten Re gierungsentwurf
oder – ich sage es einmal ein bisschen besser – zu dem Ge setz, zu dem die Regierung von den Ideologen – wir haben es gerade gehört – von der Koalition gedrängt wird.
Denn in der Anhörung im Innenausschuss ist eines ganz deut lich geworden: dass es dem Innenministerium nicht eilt. Aus unserer Sicht ist das übrigens auch voll verständlich.
Denn Sie haben ganz klar gesagt: „Wir haben Wichtigeres zu tun.“ Das verstehen wir. Denn dieses Gesetz braucht in der Tat niemand. Es ist ohne jede Notwendigkeit.
Es hat sich auch in der Anhörung deutlich gezeigt: Die Haupt betroffenen sind die Kommunen. Über 70 % der Auskunfts ersuchen gehen an die Kommunalverwaltungen. Was haben die kommunalen Landesverbände dazu gesagt? Unisono Ab lehnung:
Wie reagierten die Informationsfreiheitsideologen darauf? Sie seien „verstaubt“ – wortwörtlich. Schade ist nur, dass der Mi nisterialdirektor, der selbst einmal ein erfolgreicher Kommu nalpolitiker war, das auch so nachsagen musste.
(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Er hat schon ei ne eigene Meinung! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Im Gegensatz zu Ihrer Zeit dürfen bei uns die Ministerialdirektoren eine eigene Meinung haben, Herr Kollege! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP)
Nun gibt es glücklicherweise den mit angehörten Verein „Mehr Demokratie“. Die waren natürlich dafür. Wen wundert das? Nun wurde das Ganze zum Bürgerwillen der unfreien Bürgerschaft in Baden-Württemberg hochstilisiert.
Jetzt habe ich einmal nachgeschaut, wer denn überhaupt in diesem Verein „Mehr Demokratie“ ist. Das sind nach deren eigener Auskunft bundesweit exakt 7 198 Mitglieder – bun desweit! Eine große Volksbewegung der Unfreien sieht an ders aus, würde ich sagen.
Aber natürlich wollen Sie nur diejenigen hören, die Ihnen recht geben; das ist klar. Die Hauptbetroffenen werden dann herunterqualifiziert, wie Sie es mit den kommunalen Landes verbänden gemacht haben.
Dann kommt das Argument, elf Bundesländer hätten ein sol ches Gesetz und fünf nicht. Jetzt müssen Sie einmal schauen, wer es nicht hat. Bayern hat es nicht, Sachsen hat es nicht, Niedersachsen hat es nicht,
Hessen hat es nicht, und Baden-Württemberg hat es nicht. Jetzt qualifizieren Sie diese natürlich prompt wieder als die „Gestrigen“. Aber ich sage Ihnen: Dumm ist nur, dass das die am besten verwalteten Bundesländer sind.
Dumm ist nur, dass es sich dabei um die Bundesländer mit der besten Finanzverfassung handelt; das können Sie sich ohne Weiteres anschauen. Deswegen ist ganz klar: Sie orientieren sich einmal mehr an den Absteigern. Das ist nämlich das Pro blem.
Der Ministerialdirektor hat in der Anhörung glücklicherwei se die Aussage getätigt: „möglichst geringe Kostenbeteiligung für das Land Baden-Württemberg“. Darauf sind wir wirklich gespannt.
Ich empfehle dem Innenministerium: Lassen Sie sich mit Ih rem Gesetzentwurf ruhig Zeit; denn in der Zwischenzeit pas siert in Baden-Württemberg überhaupt nichts.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zunächst einmal zur Bürgeraktion „Mehr Demokratie“: Die genannte Mitgliederzahl dieser Bür geraktion kann nicht ganz stimmen.
Ich bin Vorsitzender der AG der Naturfreunde Baden-Würt temberg. Allein diese hat bereits 25 000 Mitglieder, und die se 25 000 Mitglieder der Naturfreunde sind auch Mitglied bei „Mehr Demokratie“. Sie beziehen sich wohl auf die Mitglieds verbände; dann mag die von Ihnen genannte Zahl stimmen.
Was den Zeitplan angeht, ist alles gesagt worden. Es wird noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf eingebracht.
Herr Schneider, Sie haben das vermutlich absichtlich miss verstanden: Der Grund dafür, dass wir noch keinen Gesetz entwurf eingebracht haben, liegt nicht darin, dass wir „Wich tigeres“ zu tun haben, sondern darin, dass wir bisher „ande res“ zu tun hatten. Dieses Haus hat sich in den letzten zwei einhalb Jahren nachweislich mehrfach mit Reformen und Ver besserungen im Innenressort beschäftigt. Jetzt geht es um ein Informationsfreiheitsgesetz, das auch seine Berechtigung hat.
Würde man es sich einfach machen und, obwohl eine Evalu ation des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes ansteht, vorab ein Landesinformationsfreiheitsgesetz einbringen, wäre dies aus meiner Sicht nicht vernünftig.
Wir haben in diesem Landtag, im Petitionsausschuss auch Er fahrungen mit Bürgeranliegen, mit dem Wunsch von Bürgern, Akten einzusehen und in Vorgänge Einblick zu erhalten. Da ran sieht man schon, dass es das eine oder andere Problem ge ben kann. Das müssten wir in einem entsprechenden Gesetz berücksichtigen.
Wenn es darum geht, dass – im Verwaltungsbereich in BadenWürttemberg ist diese Kultur noch nicht verankert – Einblick in Akten genommen werden kann, in denen womöglich
Krankheitsbilder, Eigentumsverhältnisse, Namen und Daten stehen, die Dritte tatsächlich nichts angehen, dann führt dies dazu, dass in einem recht aufwendigen Verfahren die Akten gesichtet, geschwärzt und kopiert werden müssen.