Protocol of the Session on May 16, 2013

Zu den immer noch in Teilen unzureichenden Planungsgrund lagen kommt auch noch das Kompetenzwirrwarr hinzu. Eine Gesamtbetrachtung aller erneuerbaren Energieträger im Lan desplanungsgesetz haben Sie nicht vorgesehen. Von der feh lenden Synchronisierung mit anderen Planverfahren und der mangelnden Möglichkeit, zwischen verschiedenen Energie trägern auszuwählen, brauche ich gar nicht zu reden. Schließ lich arbeiten vier Ministerien – sage und schreibe vier Minis terien – am Ausbau der Windenergie. Aber gegen diese offen sichtlichen Mängel machen Sie einfach nichts. Stattdessen greifen Sie zu Mitteln, mit denen man eine von den Grünen geführte Landesregierung sicherlich nicht als Erstes in Ver bindung bringen würde.

Sie opfern den Artenschutz, aber nicht nur ihn, sondern – weil man gerade dabei ist – auch gleich noch den Naturschutz und den Landschaftsschutz. Aber was soll’s? Der Rotmilan und das Auerhuhn sind halt keine Juchtenkäfer, und die Bäume im Schwarzwald stehen auch nicht im Stuttgarter Schlossgarten.

Sie wollen letztlich und einzig und allein mit Ihrem Leucht turmprojekt Windenergie Fakten schaffen. Hauptsache, zur nächsten Landtagswahl stehen die Windräder für jeden er kennbar in der Landschaft.

Und was sagen Sie zu den Aussagen Ihres Ministerpräsiden ten bei der heutigen Diskussion über den Nationalpark? Er dreht sich die Sachlage so hin, wie er sie gerade braucht. Beim Nationalpark schwört er auf den Artenschutz, auf den Land schaftsschutz, doch bei den Windrädern sind ihm diese As pekte egal. Wie käme sonst das Ministerium dazu, hier zu ant worten, eine Änderung des Artenschutzes und des Flächen

nutzungsplans komme nicht infrage? Man muss den Natur schutz, den Landschaftsschutz schon ändern oder gar aufhe ben.

Das, worauf ich hinausmöchte, ist: Ihre Politik ist einfach in sich nicht schlüssig. Es kann und darf keine Unterscheidung zwischen gutem und schlechtem Arten-, Natur- oder Land schaftsschutz geben. Entweder man legt überall die gleichen Maßstäbe an, oder man lässt es bleiben. Schließlich ist der Ausbau der Windenergie keine Gewissensfrage. Weniger Ge sinnungsethik, mehr Verantwortungsethik ebnen den richti gen Weg, und das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von Ihnen.

Sie müssen sich also schon entscheiden, was Sie wollen. Ent weder Sie räumen dem Ausbau der Windenergienutzung Vor rang ein – das würde unweigerlich zulasten des Natur- und Artenschutzes gehen –, oder Sie stellen den Arten- und Na turschutz in den Vordergrund Ihrer Arbeit, was dann aber be deutet, dass an vielen geeigneten Standorten eben keine Wind räder errichtet werden dürfen.

Man kann folglich sagen, dass Sie mit Ihrer Politik Opfer auf Ihren eigenen Altären geworden sind.

(Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Abg. Winkler?

Ja, immer.

Herr Kollege Winkler, bitte.

Herr Groh, danke.

Würden Sie uns bei dem Zwiespalt, den Sie uns vorwerfen...

Er ist da.

... – einerseits zu wenig Wind kraft, andererseits Artenschutz –, bei den Standortfindungen vonseiten Ihrer Kommunalpolitiker von der CDU unterstüt zen, egal, an welchem Standort, damit nicht von dort der Ge genwind kommt, wegen dem Sie uns vorwerfen, dass wir kei ne Windkraft erreichen?

Sie haben den Gegenwind selbst erzeugt, indem Sie im Rahmen der Novellierung des Landes planungsgesetzes die Planungshoheit von den Regionalver bänden – wie es aus unserem eigenen Gesetzentwurf hervor geht – weggenommen und herunterverlagert haben. Jetzt sind Sie – das habe ich Ihnen vorhin schon gesagt – Opfer auf Ih ren eigenen Altären geworden. Sie müssen selbst dafür sor gen, dass Sie diesen Zwiespalt vor Ort auflösen.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Wir haben Ihnen mit unserem Gesetzentwurf eine Grundlage gegeben, wonach Ausschlussgebiete, Vorranggebiete und so genannte Graugebiete möglich gewesen wären. Dann hätten wir alles gut und schön vor Ort gehabt.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Aber Sie blockieren es doch!)

Das genau haben Sie abgelehnt. Sie haben es abgelehnt, nicht wir.

Aber offensichtlich, Herr Winkler, sind Sie nicht willens, das zu erkennen, und stehen nun vor einem ganz großen Problem. Zum einen gibt es da den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU zur Änderung des Landesplanungsgesetzes, Drucksache 15/1511 – das habe ich eben zitiert –, und zum anderen gibt es das CDU-Energiekonzept. Weil es diese beiden Vorlagen gibt, taugt die CDU-Fraktion plötzlich nicht mehr als die große Ver hinderin. Stattdessen greifen Sie jetzt – ich präzisiere: es war der Fraktionsvorsitzende Schmiedel von der SPD – die Land räte an,

(Abg. Alfred Winkler SPD: Ich habe gerade davon gesprochen!)

die aus Sicht von Herrn Schmiedel letzte Bastion der CDU.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass die Landratsäm ter als Genehmigungsbehörden lediglich nach den Maßstäben verfahren können, die ihnen die Landesregierung vorgibt.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wenn das so wäre!)

Das ist doch klar und logisch, Herr Winkler. Sie halten sich – das müssen sie – an Recht und Gesetz. Darauf können Sie sich verlassen.

Meine Damen und Herren, dass 2013 nicht das Jahr wird, in dem schlagartig Hunderte von Windrädern gebaut werden, ist allein schon aufgrund der planungsrechtlichen Vorgaben voll kommen klar. Nachdem viele Kommunen die Flächennut zungspläne überarbeitet haben, werden diese wohl im Som mer/Herbst 2013 in die Offenlage gehen können. Es gibt eine Reihe von Anzeichen, die dafür sprechen, dass der Ausbau deutlich schlechter vorankommen wird, als von Grün und Rot geplant.

Spätestens in der Offenlage wird noch deutlicher werden, dass die Novelle von Grün und Rot eine gemarkungsübergreifen de Planung zugunsten einer kommunalen Planung – wir hat ten es gerade davon – ausgeschlossen hat. Da aber viele ge eignete Flächen an Gemarkungsgrenzen liegen, wie Sie wis sen, wird es an dieser Stelle zu emotionalen Konflikten zwi schen den einzelnen Kommunen kommen.

Wenn dann irgendwann im Jahr 2014 die Gemeinderäte die Planungen freigegeben haben, können die Investoren Bauan träge stellen. Dies bedeutet aber, dass der Investor seinen Standort erneut untersuchen muss, Messungen statt Berech nungen der Windhöffigkeit durchführt. Hierfür werden wei tere eineinhalb Jahre ins Land ziehen.

Was mir darüber hinaus noch größere Sorge bereitet, ist, dass es ab 2014/2015 aufgrund der bereits genannten Konstrukti onsfehler des Landesplanungsgesetzes zu zahlreichen Klagen, zu vielen Gerichtsverfahren kommen wird. Das zeigen die zahlreichen neuen Bürgerinitiativen, die gegen den Bau der Windräder inzwischen gegründet wurden, bereits deutlich auf.

Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre das für die Energie wende fatal. Am Ende könnten dadurch Vertrauen, Zeit und Geld verloren gehen.

Wir brauchen also tragfähige Konzepte und keine halben Sa chen, mit denen man lediglich versucht, sich die Welt schön zureden. Merken Sie sich das bitte gut.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Raufelder das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider ist es beim Thema Windenergie mit der Harmonie jetzt etwas vorbei.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Geben Sie sich Mühe! Dann klappt es schon!)

Ich werde es versuchen.

Vielleicht fange ich noch einmal an: Wenn wir aus der Atom energie aussteigen – um das noch einmal klarzumachen –, müssen wir eben in eine andere Energieform einsteigen. Das ist hier in Baden-Württemberg die Fotovoltaik bzw. die Wind energie. Deswegen haben wir im Landesplanungsgesetz – ich denke, das ist eine gute Sache gewesen, denn ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen –

(Abg. Manfred Groh CDU: Das kann nicht sein!)

eine gewisse Konkurrenzsituation – das ist aber sehr gut – zwischen Kommunen und Regionalverbänden. Denn die Re gionalverbände – auf der einen Seite – sollen nur noch die Vorrangbereiche ausweisen, was ich sehr gut finde. Auf der anderen Seite haben wir die Flächennutzungsplanung bzw. Kommunen, die jetzt im Grunde in einen positiven Wettbe werb gegangen sind. Ich weiß, dass sich viele Gemeinden jetzt sehr viel Mühe machen, auf ihrem Territorium, in ihrer Raum schaft – wie immer man es nennen möchte – auch windhöffi ge Standorte zu finden.

Es ist eine gute Sache, wenn das so läuft. Es läuft auch sehr gut. Vielleicht haben Sie übersehen, dass auch die großen Energiekonzerne wie RWE oder andere – auch hier die EnBW,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die ist uns wichti ger!)

aber auch die MVV – zum Teil auch im Land sozusagen schon Ausschau nach der Windenergie gehalten haben. Auch dort laufen viele Anträge.

Die Skepsis, die Sie haben, will ich Ihnen ein bisschen neh men. Vertrauen Sie der grün-roten Landesregierung, dass sie da sehr gute Arbeit leistet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Raufel der, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Groh?

Ja, machen wir es gleich.

Bitte, Herr Groh.

Vielen Dank, Herr Kollege Rau felder. Denn das passt genau zu dem Thema. Erklären Sie mir doch einmal, warum es so viele neu gegründete Bürgerinitia tiven gibt und diese Bürgerinitiativen insgesamt jetzt neu ei nen Landesverband gegen die Windräder gegründet haben.