(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Das heißt, wenn er in 30 Jahren kommt, machen Sie doch nichts?)
Das heißt, wir müssen Argumente qualifizieren, ernst nehmen. Das kann natürlich nicht ich entscheiden. Dazu braucht man kompetente Menschen aus dem Naturschutz, vor allem aber aus dem Forstbereich. Das ist gemacht worden. Die Gutach ter haben sich damit beschäftigt,
die Förster haben sich damit beschäftigt, unsere Landesver waltung hat sich damit beschäftigt. Wir konnten diese Beden ken ausräumen.
Ja, so ist es. Jedenfalls ist das das Ergebnis. – Das sind ganz ernste Fragen, mit denen wir da umgegangen sind. Deswegen sind Ausdrücke von Ihnen, Herr Kollege Hauk, wie „Beschal lungsphase“ einfach nur platte Polemik.
Wir nehmen das, was da geschehen ist, sehr ernst. Wir sehen aber auch, wie andere Gebietskörperschaften reagieren – bei spielsweise Baden-Baden. Ich habe jedenfalls festgestellt, wie die kommunalen Mandatsträger – Bürgermeister und Landrä te – auf dieses Gutachten reagiert haben, nämlich positiv.
Sie haben gesagt, dass die wesentlichen Bedenken, die sie hat ten, ausgeräumt worden seien, und sie haben vor allem auch erklärt, dass ein Nationalpark einen hohen Mehrwert für die Region bringe – jenseits der naturschutzfachlichen Notwen digkeiten.
Das sind alles Dinge, die jedenfalls von den gewählten Ver tretern nicht bestritten worden sind – von keinem einzigen! Auch in den sieben regionalen Arbeitskreisen ist das nachher besprochen worden. Die Landräte haben mir das gesagt. Sie haben auch öffentlich gesagt, dass sie davon überzeugt wor den sind.
Wir müssen uns jetzt mit der Frage auseinandersetzen, um was es da geht. Ich habe das schon öffentlich gesagt. Ich habe auf grund der Debatten, die ich geführt habe, natürlich eine Ver mutung über den Grund der Ablehnung. Erstens „sortieren“ die Leute die Größenordnung nicht. Wenn wir mit diesen Vor gaben aus ganz Baden-Württemberg einen Nationalpark ma chen würden, wäre ich der Erste, der bei den Gegnern unter schreibt. Das machen wir aber nicht.
Vielmehr heißt unser Naturschutzkonzept: Schutz durch Nut zung, Schutz mit Nutzung und Schutz vor Nutzung. Der ers te und der zweite Punkt – Schutz durch Nutzung und Schutz mit Nutzung – betrifft, sagen wir einmal, eine Größenordnung von 97 % der Fläche, bei der es überhaupt um Naturschutz geht.
Das betrifft 97 % der Fläche; es können meinetwegen auch 96 % sein. Die Größe des Nationalparks ist also gering. Das muss man als Erstes einmal anerkennen.
Auf den Vorwurf mancher Gegner, man würde das Holz im Wald verkommen lassen, und es entstehe ein Waldbild, das sie nicht gut und schön finden, kann ich nur entgegnen: Lie be Bürgerinnen und Bürger, der allergrößte Teil unserer Wäl der bleibt so bestehen, wie Sie das wollen. Für einen kleinen Teil hingegen machen wir aber etwas anderes, weil sich dies aus naturschutzfachlichen Fragen der Artenvielfalt als not wendig erweist. Es ist richtig, dass wir das so machen. Darü ber besteht Konsens.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wo wir es nicht ma chen, stellen wir Windräder auf! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Es geht hier um sehr emotionale Einstellungen, aber ich neh me die Einwände trotzdem sehr ernst. Bei der Gewichtung muss man jedoch abwägen, welche Argumente tatsächlich Ge wicht haben und welche Argumente man einfach stehen las sen muss, weil man sich über sie nicht einigen kann. Man wird sich nicht darüber einigen können, was der Einzelne für einen schönen Wald hält. Für diese Einstellung habe ich durchaus auch Sympathie. Der Schwarzwald war für diese Leute im mer die Sparkasse für Notzeiten. Dafür habe ich Sympathie. Deswegen realisieren wir den Nationalpark nur auf einer win zigen Fläche des Waldes, und an der übrigen Fläche verän dern wir nichts. Das bedeutet, im Grunde genommen machen wir auf der überwiegenden Fläche unserer Wälder genau das, was die Gegner wollen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen einfach sagen: Auch Sie werden nicht umhinkönnen, Argumente zu qualifi
zieren. Anders ist es gar nicht möglich. Wir haben das ge macht. Das wurde in einem Gutachten breit und umfassend gemacht.
Wir werden jetzt in dem Prozess weitergehen. Es geht jetzt erst einmal um die Gebietskulisse. Daher erfolgten die Bür gerbefragungen zu einem völlig falschen Zeitpunkt.
Natürlich! – Wir müssten erst einmal wissen, was genau pas siert und wer davon direkt betroffen ist, bevor eine Umfrage vorgenommen wird. Daher fand die Umfrage zum völlig fal schen Zeitpunkt statt.
Wir werden jetzt auf das Ergebnis der Umfrage Rücksicht neh men, so gut es geht. Natürlich stehen naturschutzfachliche Fragen erst einmal im Vordergrund. Aber dennoch können wir beim Zuschnitt der Gebietskulisse die Befragung berücksich tigen. Das werden wir machen. Das zeigt, dass die Bürgerbe fragung nicht umsonst war. Wir gehen sehr ernsthaft auf die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger ein. Aber die Frage, ob wir Projekte von nationaler oder Landesbedeutung der Ent scheidung von Gemeinden vor Ort überlassen, muss man sich sehr sorgfältig überlegen. Wollen Sie das? Ist es tatsächlich Ihr Ansinnen, dass wir in solch eine Politik hineingehen, dass wir die Kompetenzordnung, die Zuständigkeiten und die Ver antwortung völlig vermischen?
(Abg. Peter Hauk CDU: Das will doch niemand! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da liegen die Ner ven blank! – Unruhe bei der CDU)
Zusammenfassend möchte ich noch einmal sagen: Wir stehen in der Tat vor einer großen Herausforderung, aber die Politik des Gehörtwerdens hat hier umfänglich, ernsthaft stattgefun den: Sie hat sehr gewichtige Ergebnisse hervorgebracht. Sie zeigt, dass es richtig ist, auch trotz solcher Konflikte in der Politik des Gehörtwerdens weiterzugehen. Das wird diese Landesregierung tun, auch wenn es im Einzelfall schwierig und stressreich wird.
(Anhaltender Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Goethe sagt: „Die Geister, die ich rief“!)
Herr Ministerpräsident, es hatten sich noch zwei Kollegen für eine Zwischenfrage gemeldet. Das waren Kollege Jägel und Kollege Dr. Rapp. Möchten Sie die Fragen noch zulassen?
Herr Ministerpräsident, Sie sagten, wir könnten Projekte von nationaler Bedeutung nicht der Entscheidung einzelner Kommunen überlassen. Da möch te ich Ihnen gar nicht widersprechen.
Aber wie werten Sie in diesem Zusammenhang die Aussage Ihres Landwirtschaftsministers: „Es wird keinen Nationalpark im Nordschwarzwald geben, wenn die Menschen dort dies nicht wollen“?
Herr Kollege Jägel, wenn wir das, was Sie vorschlagen, machen wollten, dann müssten wir uns erst einmal darüber einigen: Wer ist die Region?
Es wird überhaupt nicht semantisch. Einige Gemeinden ha ben abgestimmt, andere haben das überhaupt nicht getan. Schon daran sehen Sie, dass jede Systematik fehlt.
Wenn wir solche Bürgerbeteiligungsverfahren machen – da zu kann man Bürgerbefragungen zählen –, müssen wir doch ein Konzept und einen Plan haben, woraus hervorgeht, wer dazugehört. Das ist doch eine ganz entscheidende Sache.
Wenn man so etwas machen wollte – da muss man allerdings die Frage stellen, was das dann für Konsequenzen hat –, müss te man das in der gesamten Region machen, z. B. im Natur park Nordschwarzwald.