Protocol of the Session on May 15, 2013

Die „Badische Zeitung“ bringt es auf den Punkt: Es geht da rum, mehr Gewicht für den Klimaschutz zu erreichen.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Allerdings: Ein bisschen betrübt bin ich – wenn man den Ar tikel liest und einen Teil der Debatte verfolgt –, dass das Kli maschutzgesetz fast reflexhaft abgelehnt wird. Es wird atta ckiert, es heißt, es sei reine Symbolpolitik. Herr Glück von der FDP/DVP kanzelt das Gesetz sogar als ideologische Farce ab.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Ja! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es wäre schön, wenn Sie das nachher begründen.

Zum Vorwurf der Symbolpolitik: Wäre es nicht ein wichtiges Symbol, wenn von diesem Parlament ein klares Signal aus ginge, dass Klimaschutz ein zentrales Ziel unserer Politik sein muss? Ich denke, das wäre etwas, was alle Parteien – zumin dest hier im Landtag von Baden-Württemberg – unterschrei ben können sollten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich denke auch, bei diesem wichtigen Thema sollte es nicht um den kleinen und morgen schon wieder vergessenen partei taktischen Vorteil, sondern um die Sache gehen.

Lassen Sie uns sachlich um den besten Weg zum gemeinsa men Ziel, um Ideen und Konzepte für den Klimaschutz und die Energiewende ringen.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Ich komme gleich darauf. Vielleicht erübrigt sich dann die Zwischenfrage.

In diesem Zusammenhang habe ich auch positiv registriert, Herr Lusche, dass Sie gesagt haben: „Der Landtag soll keine Statistenrolle einnehmen.“ Ich glaube, es liegt auch an uns Abgeordneten, an den Fraktionen, mit Beispielen, mit guten Ideen dafür Sorge zu tragen, dass der Landtag und die Frak tionen keine Statisten sind, sondern mit guten Ideen aktiv zum Prozess beitragen, um konkrete Maßnahmen im integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept zu entwickeln und umzu setzen.

Noch ein Punkt zum Thema Ideologie. Ich bin einmal ge spannt, was Herr Glück nachher dazu sagt. Ich denke, das Ge genteil einer platten Ideologiedebatte ist gefragt. Es sei an die sem Ort einmal daran erinnert, dass sich Ideologie ursprüng lich aus den Begriffen Idee und Logik herleitete. Destutt de Tracy formulierte zu Beginn des 19. Jahrhunderts seine Ele mente der Ideologie. Sein Programm mit der Freiheit – da könnten Liberale aufhorchen – als höchstem Wert war dem Diktator Napoleon suspekt. Offen gesagt, die platte Kritik von Ihnen, Herr Glück, ist mir auch suspekt.

(Zuruf von der CDU)

Zurück zum Klimaschutzgesetz, zum Gewicht des Klima schutzes. Mit 70 t CO2-Äquivalenten ist Baden-Württemberg für ungefähr 0,3 % des weltweiten Ausstoßes an Treibhaus gasen verantwortlich. 0,3 %, das sind ungefähr drei Tausends tel – 0,3 % sind genau drei Tausendstel.

(Heiterkeit)

Aber die 0,3 % sind natürlich ein gerundeter Wert. Das scheint ziemlich wenig zu sein.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Sie können mir gern widersprechen, Frau Gurr-Hirsch. Ich kann Ihnen gern auch mein Abiturzeugnis vorlegen, wenn Sie an meiner Bildungskompetenz zweifeln.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nein, nein, nicht deswegen! Wir hatten noch keine Gemeinschafts schule! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Gruber, Herr Abg. Lusche hat die von ihm aufgeworfenen Fragen noch nicht beantwortet bekommen, möchte aber trotzdem jetzt gern eine Zwischenfrage stellen.

Vielen Dank. – Damit wir uns an diesem Punkt – ich komme gleich zu der Frage – nicht miss verstehen: Auch Symbole können Sinn machen. Aber wenn es nur Symbole sind, sollte man auch nicht den Eindruck er wecken, dass da mehr ist. Das ist zum einen wichtig.

Wo ist die Frage?

Sind Sie, nachdem mir der Vor wurf der Kleinkariertheit gemacht worden ist – –

Nicht von Ihnen. – Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass es unsere Aufgabe auch als Land tag von Baden-Württemberg ist, unseren Behörden, unseren Bürgern und unserer Wirtschaft ein Gesetz zu präsentieren, das in der Anwendung keine größeren Probleme verursacht, als wenn es das nicht gäbe? Wir sind da als Gesetzgeber schon in der Pflicht, sauber zu arbeiten. Das hat nichts mit Kleinka riertheit zu tun, sondern einfach nur mit einer sauberen Arbeit auf dem Feld, für das wir zuständig sind.

Ich hatte von Ihnen noch nie den Eindruck, dass Sie kleinkariert sind. Ich würde das, selbst wenn ich so denken würde, glaube ich, auch nie sagen.

(Heiterkeit)

Was das Thema „Rechtliche Indikation“ anbelangt, so bin ich kein Jurist. Deshalb tue ich mich schwer, diese Frage recht lich sauber zu beantworten. Ich möchte jedoch einmal mit Helmut Kohl antworten: „Entscheidend ist, was am Ende des Tages hinten herauskommt.“

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Stimmt!)

Ob es im Gesetz oder im integrierten Energie- und Klima schutzkonzept steht, spielt keine so große Rolle. Ich würde das favorisieren, was uns in der Sache weiterbringt. Das wä re für mich der entscheidende Punkt.

Zurück zu meiner Argumentation: Wir waren bei einem welt weiten CO2-Ausstoß von drei Tausendsteln stehen geblieben. Vergleicht man die Bevölkerungszahl von Baden-Württem berg, rund zehn Millionen Menschen, mit der Weltbevölke rung von rund sieben Milliarden Menschen, so sieht man: Das entspricht grob einem Tausendstel. Das bedeutet, wir belas ten die CO2-Bilanz ungefähr dreimal so stark, wie es unserem Bevölkerungsanteil entsprechen würde.

Der Herr Ministerpräsident hat ja bereits von der Weltgerech tigkeit gesprochen. Wir sehen hier, dass wir einen deutlich hö heren Belastungsbeitrag liefern. Ich denke, das ist Grund ge nug, sich für die drei wichtigsten Klimaschutzziele einzuset zen: Energie sparen, Energie effizienter nutzen und die rege nerativen Energien fördern.

Ich knüpfe jetzt an Frau Engeser an, die uns einmal empfoh len hat, zur Verbesserung unserer eigenen Gesundheit bzw. der Volksgesundheit hier im Haus die Treppen zu benutzen, und möchte demjenigen, der heute noch einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten möchte, die Empfehlung mitgeben, im Abgeordnetenbüro den Boiler auszuschalten, heute Abend den PC herunterzufahren und das Licht auszuschalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Glück.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute die erste Le sung des Klimaschutzgesetzes. Schaut man sich ausschließ lich dieses Gesetz an, sieht man nichts Konkretes. Es könnte der Eindruck entstehen, es handle sich um ein Symbolgesetz, gewissermaßen um einen zahnlosen Tiger. Bei dieser Sicht weise kann man es jedoch nicht belassen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Die Tiger sind am Aus sterben!)

Dazu möchte ich später noch etwas sagen. – Zunächst ein mal ist ein zahnloser Tiger auch ein Tier, gegenüber dem ich Respekt zeigen muss. Er kann nämlich trotzdem gefährlich werden. Dazu sage ich Ihnen nachher noch mehr.

Zu dem geplanten Gesetz: Bisher war unstrittig – ich meine, es muss noch keine Unruhe entstehen; Sie werden nachher Anlass dazu haben –, dass der zentrale Bestandteil eines sol chen Gesetzes die Vorgabe eines Treibhausgasminderungs ziels für Baden-Württemberg ist. Wir sind uns darüber einig, dass es zunächst einmal sehr ambitioniert ist, dass wir hier in Baden-Württemberg offensichtlich mehr von unserer Bevöl kerung abverlangen, als das andere Bundesländer tun.

Gestolpert bin ich aber vor allem über § 5 des Gesetzentwurfs. Dort wird klargestellt, dass auch geringe Beiträge mit Blick auf das ambitionierte Gesamtziel nicht an Bedeutung verlie ren, sondern in ihrer Bedeutung sogar gestärkt werden. Ist das wirklich Ihr Ernst? Wollen Sie tatsächlich, dass Beiträge zum Klimaschutz geleistet werden, die möglicherweise nur eine minimale oder vielleicht sogar überhaupt keine Auswirkung haben? Wer bestimmt denn eigentlich, ob eine Maßnahme in minimalem Umfang eine Verbesserung herbeiführt oder ob es diese Verbesserung nicht gibt?

Irgendwo muss es doch ein Pro und ein Kontra geben. Es muss abgewogen werden, was sinnvoll und was nicht sinnvoll ist. Man muss doch die Rationalität einer Maßnahme hinterfra gen und darf sie nur dann durchführen müssen, wenn sie auch wirklich rational ist.

Wollen Sie tatsächlich – so, wie es im Gesetzentwurf steht; so verstehe ich es zumindest –, dass eine solche Maßnahme un abhängig vom Ausmaß des Beitrags und der Höhe der Kos ten umgesetzt wird? Herr Gruber, genau an diesem Punkt sa ge ich Ihnen: Hier geht es nicht um rationales Regieren, son dern um pure Ideologie.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Da niel Renkonen GRÜNE: Haben Sie Änderungsvor schläge? Wir freuen uns auf Änderungsvorschläge!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch bei § 7, bei der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, stelle ich die Frage nach den Kosten für die Haushalte. Ich habe nichts gegen ei ne Vorbildfunktion. Auch hier haben wir jedoch von den Kos ten leider keine Vorstellung. Sie äußern sich hierzu nicht.

Bei § 8, der allgemeinen Verpflichtung zum Klimaschutz, han delt es sich um eine Sollformulierung. Ich stelle schon die Fra ge: Was machen Sie eigentlich, wenn jemand sagt: „Der Kli maschutz ist mir egal. Da will ich nicht mitmachen. Ich glau be nicht an die schädliche Wirkung von Treibhausgasen.“? Was machen Sie denn mit so jemandem, der sich weigert? Ent

weder Sie machen nichts und der Tiger landet als Bettvorle ger, oder der eigentlich zahnlose Tiger springt, aber landet nicht als Bettvorleger, weil Sie vorher noch zum Zahnarzt ge hen und ihm Zähne einsetzen lassen. Genau das tun Sie mit dem integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept. Die kon kreten Maßnahmen werden im IEKK verordnet.

Herr Gruber, es ist wunderschön, dass Sie das IEKK hier lo ben. Aber wir wissen nicht, wie es aussehen wird. Insofern er warten Sie jetzt von uns die Zustimmung zu einem Gesetz, das Sie gewissermaßen erst im Anschluss mit dem IEKK, das wir aber jetzt noch nicht kennen, scharf machen. Eine Zustim mung hierzu können Sie von uns nicht erwarten. Das geht ein fach nicht.

Ein bisschen erinnert das auch daran, wie Hänsel und Gretel im Wald von der bösen Hexe Franziska ins Hexenhäuschen gelockt werden – und wenn sie drin sind, dann werden die Folterinstrumente ausgepackt.