Protocol of the Session on April 24, 2013

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was ist mit dem Vertrauen bei Philippsburg?)

Ich hoffe, Herr Kollege Hauk, ich habe Ihre Frage damit be antwortet. Es ist eine vertrauensbildende Maßnahme in dem Prozess gewesen.

Die zu erwartenden Rücktransporte aus den Aufbereitungsan lagen in La Hague und Sellafield, die in den Jahren 2015 bis 2018 erwartet werden, müssen daher in bereits bestehende Zwischenlager eingelagert werden.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Da werden Zwi schenlager zu Endlagern!)

Dafür sind umfangreiche Genehmigungsverfahren notwen dig. Die Betreiber der Zwischenlager müssen entsprechende Anträge stellen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum?)

Das ist so geregelt, sie müssen das machen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum sollen sie die stel len?)

Warum? Weil die Politik das in einem nationalen Konsens so beschlossen hat. Das ist ganz einfach.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ach so! So funktio niert also Konsens!)

Ich will an dieser Stelle aber auch deutlich betonen, dass sich kein Land seiner Verantwortung entziehen kann. Der hessi sche Ministerpräsident Volker Bouffier hat das bereits 2010 im ZDF sehr schön auf den Punkt gebracht – ich zitiere –:

Diese Belastungen kann das Land Niedersachsen nicht allein tragen. Und Solidarität – auch unter den Bundes ländern – bedeutet, dass wir dann auch unsere Aufgaben erfüllen müssen. Wenn ein Zwischenlager gesucht wird, können wir als Hessen nicht von vornherein sagen, über all, aber nicht bei uns.

So weit der hessische Ministerpräsident.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, 50 Jahre nach dem Einstieg in die Atomenergienutzung, nach über 30 Jahren Auseinanderset zungen um Gorleben, zwölf Jahre nach dem ersten Ausstiegs gesetz und neun Jahre nach der ersten Vorlage eines Endla gersuchgesetzes ist die Zeit endlich reif für einen Neustart der Suche nach einem sicheren Endlager für hoch radioaktiven Müll in Deutschland. Mit dieser auf Initiative Baden-Würt tembergs gefundenen Einigung sind wir natürlich noch längst nicht am Ziel, aber bekanntlich beginnt auch der längste Weg mit einem ersten Schritt. Der ist nun getan, und der Weg ist frei für weitere Schritte, die noch kommen müssen, um tat sächlich einen wissenschaftsbasierten, transparenten, demo kratisch legitimierten und mit breiter Bürgerbeteiligung aus gestatteten Prozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu füh ren.

Meine Damen und Herren, wir haben den Atomstrom gemein sam genutzt – wenn auch einige von uns gegen ihren Willen –, nun müssen wir uns auch gemeinsam um die Altlasten küm mern. Da darf sich niemand aus der Verantwortung stehlen. Es geht, wie gesagt, um zukünftige Generationen und nicht um den nächsten Wahltermin.

An uns wird der Prozess nicht scheitern. Wir, die Jahrzehnte gegen diese Energieform gekämpft haben, sind bereit, an der Bewältigung der Folgen einer Energie, die wir nie wollten, mitzuarbeiten. Wir strecken die Hand aus. Schlagen Sie alle ein, und lassen Sie uns die Folgen dieser Energie gemeinsam über Parteigrenzen, über Ländergrenzen und über Regional interessen hinweg für die Zukunft unserer Kinder, Kindeskin der und deren Kinder so gut wie irgend möglich bewältigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Landesinteressen sind keine regionalen Interessen!)

Das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zwölf Minuten je Fraktion festgelegt.

Ich erteile in der Aussprache nach § 83 a Absatz 3 der Ge schäftsordnung dem Kollegen Lusche für die CDU-Fraktion das Wort.

Gestern waren es noch 15 Minu ten Redezeit.

Heute sind es zwölf Minuten.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Heute sind es zwölf Minuten. So kann es gehen. – Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident! Ich bin Ende des Jah res 1968 geboren. Etwa zu dieser Zeit ging in Obrigheim das erste baden-württembergische Kernkraftwerk ans Netz. Die Nutzung der Kernenergie begann in Garching im Jahr 1957, noch deutlich früher. Bereits in das Jahr 1967 – das konnte man gestern in der Zeitung lesen – fällt die bisher einzige und hoffentlich auch letzte Verklappung von deutschem Atommüll ins Meer; auch das hat man einmal gemacht. Noch frühere Va rianten der Entsorgung bzw. Vorschläge zur Entsorgung, et wa durch Abwurf des Mülls über dem Südpol, wurden Gott sei Dank vor ihrer Realisierung verworfen.

Sie haben es bereits gesagt: Wir haben die Energieform Atom kraft Jahrzehnte genutzt. Die Frage der Endlagerung ist aber nach wie vor ungeklärt.

Heute, am 24. April 2013, rede ich jetzt als Mittvierziger da zu, dass Sie es uns als großen Erfolg schildern, dass sich Bund und Länder auf ein komplett neues Suchverfahren für ein End lager für hoch radioaktive Abfälle geeinigt haben. Ich finde, das ist schon bemerkenswert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Denn in der Tat kann ich Ihnen zustimmen, dass unsere Ver antwortung in Deutschland für die sicherstmögliche Aufbe wahrung des in unseren AKWs angefallenen Atommülls eine epochale nationale Aufgabe ist. Ganz unabhängig von der Länge der Laufzeiten der deutschen AKWs war sie dies aller dings von Anfang an, von dem Zeitpunkt an, zu dem man mit der Nutzung der Atomkraft begann.

In diesem Zusammenhang hat sich die Politik – ich sage durchaus: insgesamt – bei der Frage der Endlagerung nicht nur mit Ruhm bekleckert. Zwar zeichnet sich für die mengen mäßig überwiegende Gruppe von mittel und schwach radio aktiven Abfällen ab, dass das Endlager Konrad hoffentlich ab 2019 in Betrieb gehen kann. Auf der Suche nach einem End lager für die hoch radioaktiven Abfälle sind hingegen viele politische Schlachten geschlagen und 1,6 Milliarden € allein in Gorleben investiert worden. Aber wir reden hier heute über einen Neustart.

(Abg. Peter Hauk CDU: Weiße Landkarte!)

Das ist, Herr Ministerpräsident, meine ich, nicht nur Grund, besonders stolz zu sein.

An dieser Stelle kann ich Ihnen auch nicht ersparen, dass es – Sie wissen, was kommt – gerade die rot-grüne Bundesregie rung war, die mit dem Moratorium für Gorleben aus politi schen und nicht aus wissenschaftlichen Gründen die laufen de Erkundung des Salzstocks Gorleben unterbrochen hat und

somit wichtige weitere Zeit ungenutzt hat ins Land gehen las sen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Dabei haben Sie vorhin völlig zu Recht gesagt:

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Was hat denn die Umweltministerin Merkel gemacht?)

Es ist bislang der Beweis nicht erbracht, dass Gorleben unge eignet ist.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Was hat denn die Merkel gemacht?)

Nach allem, was wir wissen, spricht vielmehr der überwie gende Teil dafür, dass bei aller Kritik am Verfahren das Salz in Norddeutschland für Deutschland der geeignetste Standort für ein Endlager ist. Deshalb ist es gut und auch unverzicht bar, dass ein weiteres Suchverfahren Gorleben unbedingt mit einbeziehen muss.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Insofern kann ich Ihnen für den jetzt gefundenen Kompromiss der weißen Landkarte zwar die grundsätzliche Zustimmung der CDU-Landtagsfraktion signalisieren. Wir hatten aber in der Vergangenheit gute Gründe, und wir haben die gleichen guten Gründe auch heute, dass wir im Ergebnis keine Endla germöglichkeit in den in Baden-Württemberg vorgeschlage nen Gesteinsformationen sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zuruf des Abg. Tho mas Marwein GRÜNE)

Die Gründe sind hinlänglich bekannt. Nur kursorisch: Nach Einschätzung des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau sind die kristallinen Gesteine im Land aufgrund der ungünstigen Eigenschaften, die Salzvorkommen im Land auf grund ihrer geringen Mächtigkeit, Ausdehnung und zu gerin gen Tiefenlage ungeeignet. Beim Ton besteht das gleiche Bild: wesentliche Einschränkung aufgrund ungünstiger Mächtig keit, Einschränkung wegen über- und unterlagernder Grund wasserleiter etc. Hinzu kommt die Erdbebengefahr.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Jetzt lacht man!)

Da lachen Sie. Das ist bemerkenswert.

Deshalb ein grundsätzliches Ja zur weißen Landkarte, wenn das das Verfahren voranbringt. Wir erwarten aber vom badenwürttembergischen Ministerpräsidenten, dass er im gleichen Atemzug die nach allen vorliegenden Erkenntnissen abzuse hende fehlende Eignung baden-württembergischer Standorte ausdrücklich und offensiv anspricht,

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

so, wie das Ihr niedersächsischer Kollege auch tut. Ich zitie re aus einer Stellungnahme der niedersächsischen Landesre gierung – weiße Karte –:

Die Landesregierung ist nach wie vor der Auffassung, dass der Salzstock Gorleben als Standort für die Lage

rung von hoch radioaktivem Atommüll ungeeignet ist und endgültig aufgegeben werden muss.