Ich habe das meinen Kindern nicht so erklären können, Herr Schmiedel, wie Sie heute versucht haben, es hier im Parla ment zu erklären. Bei meinen Kindern hat das eine große Be troffenheit ausgelöst.
Wir wollen die Leistung, die Daniel Cohn-Bendit im Hinblick auf die Demokratie, auf die Entwicklung in Europa erbracht hat, gar nicht bewerten. Darum geht es jetzt auch gar nicht. Aber wir haben dazu einen Antrag eingebracht. Ich bin dank bar, dass die Landesregierung in ihrer Stellungnahme, die ges tern erfolgt ist, erklärt hat, dass sie dem Schutz von Kindern größte Bedeutung zumisst
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was haben Sie erwar tet? Sagen Sie einmal! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Unglaublich! Was haben Sie denn erwar tet? – Abg. Helen Heberer SPD: Ist das etwas Neu es? – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: So ein Quatsch!)
In der Stellungnahme wird dargelegt, die Distanzierungen, die ich gerade zitiert habe, reichten aus, um dieses Thema zu er ledigen. Deswegen sei Daniel Cohn-Bendit preiswürdig. Das ist peinlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Jetzt frage ich Sie, Herr Ministerpräsident, auch als amtieren den Bundesratspräsidenten: Sind Sie nicht auch wie der Prä sident des Bundesverfassungsgerichts der Meinung, dass man als Repräsentant des Staates jeglichen Anschein vermeiden sollte, eine Person zu würdigen, die sich in sehr kritischer Form – ich will es einmal sehr diplomatisch beschreiben – zum sexuellen Verhalten zwischen Erwachsenen und Kindern äußert?
Für mich persönlich war das der Grund – ich habe Ende März, Anfang April die Einladung zu der Preisverleihung erhalten –, meine Teilnahme abzusagen.
Ich habe meine Gründe für die Absage entsprechend formu liert. Denn ich glaube, wenn man nur eine Spur von morali schem Anstand und sittlichem Empfinden hat, gilt es, sich von diesem Thema zu distanzieren. Deswegen ist es wichtig, bei dieser Preisverleihung nicht dabei zu sein. Übrigens hat Frau Fezer ihr Grußwort auch abgesagt.
(Oh-Rufe von der CDU – Gegenruf des Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Was heißt hier „Oh“? Was soll das denn? – Abg. Peter Hauk CDU: Gehen Sie auch hin?)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir sicher, in einem Punkt herrscht bei allen parteipolitischen Unterschieden im Landtag von Baden-Würt temberg Einigkeit: Die Sexualität mit Kindern, der sexuelle Missbrauch von Kindern sind abscheulich und menschenver achtend.
Wenn sich nun die Theodor-Heuss-Stiftung aus den unter schiedlichsten Gründen entschieden hat, dem diesjährigen Preisträger den Preis zu verleihen, dann ist das eine Entschei dung, die zunächst und ausschließlich den Gremien der Theo dor-Heuss-Stiftung obliegt.
Sie hat in ihrer Entscheidung über die Preisverleihung mit Si cherheit die Lebensleistung des diesjährigen Preisträgers mit gewürdigt.
Allerdings muss klar gesagt werden: Die Landesregierung und mit ihr – da bin ich mir sicher – alle im Landtag vertretenen Fraktionen distanzieren sich ausdrücklich von den Aussagen des Preisträgers, die dieser im Jahr 1975 getroffen hat.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Frau Sitzmann hat sich nicht distanziert! Herr Schmiedel auch nicht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der sexuelle Miss brauch von Kindern stellt häufig eine schwerwiegende Kin deswohlgefährdung dar – oft mit schlimmen Folgen für die Opfer, oft für das ganze Leben, oft mit Folgen, die nicht wie dergutgemacht werden können. Deshalb ist es gut, dass in den vergangenen Jahren das Schweigen über dieses Thema gebro chen wurde und der sexuelle Kindesmissbrauch in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt ist.
Darüber sollten wir uns heute unterhalten. Wir sollten uns da rüber unterhalten, was wir alles tun, was auf kommunaler Ebe ne, auf Landesebene, aber auch auf Bundesebene hinsichtlich des Umgangs mit dem Thema „Sexueller Missbrauch“ getan wird. Wir müssen einerseits den Opfern helfen und anderer seits so viel wie möglich tun, damit sexueller Missbrauch in der Zukunft nicht mehr vorkommt.
Dabei haben der runde Tisch auf Bundesebene sowie die frü here Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kin desmissbrauchs, Frau Bergmann, und ihr Nachfolger, Herr Rörig, bereits ganz wichtige Arbeit geleistet. An dieser Stel le möchte ich deutlich sagen: Das Positive an dieser Arbeit ist u. a., dass über die Parteigrenzen hinweg Einigkeit besteht, dass sich gerade dieses schwerwiegende Thema nicht für par teipolitische Profilierungen und Verknüpfungen eignet.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Abg. Peter Hauk CDU: Darum geht es doch gar nicht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Landesregie rung ist das Thema „Sexueller Missbrauch“ sehr wichtig. Wir haben deshalb bereits sehr vielfältige Präventionsangebote und Hilfen für die Opfer in Baden-Württemberg installiert.
Das können Sie der Stellungnahme zu dem von Ihnen einge brachten Antrag Drucksache 15/2955 – Umsetzung der Kam pagne „Kein Raum für Missbrauch“ in Baden-Württemberg – und der Antwort auf die Kleine Anfrage Drucksache 15/2636 – Gewalt mit sexuellem Hintergrund – entnehmen.
In dieser Beantwortung haben wir umfassend dargelegt, wel che Präventionsangebote, welche Interventionsstrategien und welche Hilfen für Opfer es bereits im Land gibt und an wel cher Stelle es noch Verbesserungen geben muss.
Ganz wichtig ist für uns das Thema „Prävention und Frühin tervention“. Hier können wir manches über die Schulsozial arbeit erreichen. Ganz wichtig ist für uns auch, dass wir die feministischen Beratungsstellen gegen sexuelle Gewalt unter stützen, Präventionsveranstaltungen durchführen und hierfür auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen.
Wichtig, um Prävention weiter voranzutreiben, ist auch die Vorgabe im Bundeskinderschutzgesetz, dass von ehrenamt
lich tätigen Personen ein erweitertes Führungszeugnis ver langt werden muss. Es ist ebenso wichtig, dass wir zahlreiche Programme aufgelegt haben, dass es zahlreiche Beratungs stellen und Schutzhäuser gibt, die wertvolle und wichtige Ar beit leisten.
dass es uns wichtiger ist, dass Sie diese Anstrengungen auch bei den Haushaltsberatungen unterstützen.
Denn mit diesem Einsatz helfen Sie den Opfern wesentlich mehr als mit einer solchen Debatte hier und heute im Land tag von Baden-Württemberg, meine sehr geehrten Damen und Herren.