Diese Kürzung macht sich natürlich bemerkbar, und sie ist auch gut aufgegliedert. Das bedeutet konkret – das ist auch der Titel der heutigen Debatte –: Für die ländlichen Räume in Deutschland reduziert sich in der zweiten Säule der jährliche Etat von 14,3 Milliarden € auf 12,9 Milliarden €. Die Mittel für die ländlichen Räume reduzieren sich von 14,3 Milliar den € auf 12,9 Milliarden €! Das ist eine eindeutige Aussage.
Die erste Säule ist die Einkommenssicherung. Die Landwir te beziehen 40 bis 70 % ihres existenzsichernden Einkommens aus der ersten und zweiten Säule. Im Schnitt sind es immer hin 54 %. Das heißt, die erste Säule ist für das Einkommen unverzichtbar.
Für Deutschland bedeutet das, dass vonseiten der EU aus der ersten Säule 5 Milliarden € jährlich als Direktunterstützung kommen. Eine Deckelung der Direktunterstützung könnte na tional freiwillig eingeführt werden. Die haben wir bisher nicht.
Lieber Kollege Burger, jetzt zu der von Ihnen zitierten Äuße rung von Minister Friedrich zum Agraretat: Diese Bemerkung ist nachvollziehbar, wenn wir wissen, dass der größte Teil der Direktzahlungen an die allergrößten Betriebe im Land geht. Das sind exakt die Betriebe, die diese Form der Unterstützung in dieser Höhe nicht nötig haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das sind die Genossen in Brandenburg, die das nicht nötig ha ben!)
Das sage ich ja. Das sind große Konzerne, die diese Unter stützung erhalten. Die Zahlungen an diese Betriebe darf man sehr wohl infrage stellen. Da sind wir sicherlich einer Mei nung.
Aber um es hier gleich als Vorschlag einzuführen, sage ich, dass wir der Meinung sind, dass angesichts der EU-Etatkür zung, die uns in Baden-Württemberg viel stärker betrifft als die Großen – das gilt gerade für die zweite Säule –, nicht nur die Deckelung von oben, sondern eine Staffelung von Direkt zahlungen nach Agrarflächen erforderlich ist. Mittlere und kleine Betriebe – Betriebe mit weniger als 50 ha – müssen hö here Beträge bekommen als die großen Betriebe mit mehr als 50 ha. Das würde eindeutig kleinteilig strukturierte Länder
wie Baden-Württemberg und Bayern fördern, und dann wäre vielleicht auch die Diskussion über die Deckelung überflüs sig, wenn man kleine Betriebe mit bis zu 50 ha besser förder te.
Für uns bedeuten die Entscheidungen, dass die erste Säule um ca. 9 % zurückgeht und dass sich die zweite Säule – so wird geschätzt – um 15 bis 20 % reduziert. Das würde sich bei uns bemerkbar machen.
Trotzdem werbe ich etwas dafür, sich die Situation bewusst zu machen, in der Frau Merkel ist. Wir alle wissen, dass die EU dann funktioniert, wenn die Anstrengungen für gleiche Lebensbedingungen fortgesetzt werden. Das gilt auch für die ländlichen Räume in anderen Ländern. Dass deswegen eini ge Länder mehr bekommen haben, kann ich als Europäer nachvollziehen. Denn immerhin profitiert unsere Landwirt schaft deswegen am stärksten, weil die deutsche Landwirt schaft in die neuen EU-Mitgliedsstaaten, in diese agrarschwa chen Länder, die meisten Lebensmittel exportiert. Wir haben zwar einen Nachteil durch die Verringerung der Zahlungen, aber einen wirtschaftlichen Vorteil durch diese Kundschaft. Insofern bekommen 16 Staaten in sieben Jahren 5 Milliarden € mehr. Das ist ein Haufen Holz, und für Deutschland bedeutet das – ich habe es gesagt – in der zweiten Säule 15 bis 20 % weniger.
Es ist eigentlich kein Wunder, dass die EU-Abgeordneten ei nen höheren Agrarhaushalt verlangt haben. Sie haben ihn aber nicht bekommen, weil die Regierungschefs das verweigert ha ben. Frau Merkel gab durch Verzicht nach, aber Frau Merkel verteidigt ihren Finanzrahmen. Das ist auch nicht überra schend. Frau Aigner ihrerseits begrüßt den Finanzrahmen – das war zu erwarten –, aber der Präsident des Deutschen Bau ernverbands, Rukwied, begrüßt ihn ebenfalls. Das hat mich jetzt doch etwas verwundert. Wäre er nur Präsident des Lan desbauernverbands Baden-Württemberg, hätte dieser Kom mentar sicherlich etwas anders ausgeschaut.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Martin Hahn GRÜNE: Eine Stimme für Ba den-Württemberg verloren! – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: So ist es halt!)
Immerhin sind wir der Meinung, dass im Interesse BadenWürttembergs für die Struktur unserer Höhenlandwirtschaft, für die Sonderkulturen, die Kleinstrukturen, die wir haben, die besondere Förderung in der zweiten Säule wichtig ist. Wie ge sagt, nach unserer Überlegung wäre eine geteilte Förderung von Betrieben mit weniger als 50 ha und von Betrieben ober halb von 50 ha für den Ausgleich der Strukturnachteile, für den Ausgleich der geringeren Einkommen wichtig. Immerhin steht die Landwirtschaft Baden-Württembergs an der letzten Stelle der Pro-Kopf-Einkommen in der Landwirtschaft in ganz Deutschland.
Jetzt vielleicht noch eine Bemerkung zum Greening. Wir ha ben uns einige Jahre lang das Thema Greening um die Ohren geschlagen. Hinz und Kunz wurden damit beschäftigt. Es gab weiß Gott wie viele Seminare dazu, es gab jede Menge Pres setermine, und wir im Landtag haben uns ebenfalls damit aus einandergesetzt. Das war ein Dauerbeschäftigungsprogramm für Parlamentarier und alle darum herum.
Bei den Greening-Vorschlägen wurde offensichtlich stark ab gespeckt. Mittlerweile ist der Vorschlag, 7 % der Fläche mit ökologischem Vorrang zu bewirtschaften. Das bedeutet – die se Forderung haben auch wir immer unterstützt –: Es darf kei ne Entnahme von Fläche aus der landwirtschaftlichen Produk tion geben, auch nicht beim Greening. Das ist auch nicht der Fall. Deswegen ist das auch gut vertretbar.
Darüber hinaus wird eine Diversifizierung beim Anbau vor geschrieben. Es wird der Erhalt von Dauergrünland für die Einzelbetriebe vorgeschrieben. Aber ich denke, wir sollten uns auch darüber unterhalten – oder aus unserem Blickwinkel un terstützen –, dass Kleinbetriebe mit einer Fläche von weniger als 10, 15 ha von diesem Greening befreit werden können. Bei uns besteht immerhin eine andere Situation hinsichtlich des Bedarfs an diesen ökologisch wertigeren Flächen als in ande ren Regionen in Deutschland und anderen Regionen in Euro pa.
Bei allen Nachteilen des neuen EU-Haushalts ist festzustel len: Wir profitieren von der EU – auch wenn wir weniger Geld bekommen –, und zwar aufgrund unserer Exportstärke. Un sere Landwirtschaft ist exportintensiv, und sie ist mit dem größten Teil ihrer Produkte wettbewerbsfähig, auch wenn es hier manchmal Wechsel gibt.
Insofern ist die Zukunft unserer Landwirtschaft auch von Be deutung für die zukünftige weltweite Ernährungssicherheit. Daran waren wir bisher nicht beteiligt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am Anfang meiner Rede muss ich dem Kollegen Winkler – jetzt möge er doch einmal zuhören – ein Kompliment machen.
Lieber Alfred Winkler, du hast in dieser agrarpolitischen Dis kussion den Blickwinkel auf die Gesamtwirtschaft gerichtet. Landwirtschaft ist Teil der Volkswirtschaft. Zu berücksichti gen ist, dass wir einen europäischen Markt haben. Genau die se Dinge wurden hier angesprochen. Da sind wir uns alle ei
nig. Diese Dinge wurden von dir angesprochen. Dafür spre che ich dir ein Kompliment aus. Die Scheuklappen wurden abgelegt. Da gab es keine Scharmützel über Kleinigkeiten, die man sich sonst hier immer bietet.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD so wie des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das hast du gut ge macht, Fritz! – Abg. Georg Nelius SPD: Guter Bei trag!)
Meine Damen und Herren, wir haben die Zahlen schon ge hört. Es gibt ein Minus bei den Zahlungen von 5 %. Da muss man auch hier noch einmal nachlegen, lieber Alfred. Wäre dieser Kompromiss mit dieser Einschränkung nicht erfolgt – – Wir wissen, dass die Briten wesentlich höhere Einsparungen wollten. Es kam, glaube ich, ein richtiger Kompromiss zustan de.
Darüber, was dadurch jetzt auf uns zukommt, müssen wir uns unterhalten. Da gilt eines – das ist ganz wichtig, meine Da men und Herren –: Wir müssen auf die Möglichkeiten schau en, die wir haben. Als Bundesland mit der stärksten Wirt schaftskraft müssen wir – wer denn sonst? – einen Ausgleich im Rahmen dessen, was wir dürfen, vornehmen. Wir müssen dort, wo wir Freiräume für unsere Betriebe schaffen können, dafür sorgen, dass keine zusätzlichen Auflagen geschaffen werden, mit denen die Betroffenen stranguliert werden. Das ist Aufgabe der Landesagrarpolitik, und das andere ist jetzt vorgegeben.
Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, ist das Thema, dass man noch stärker hätte kürzen können. Da will ich jetzt nicht Herrn Minister Friedrich ansprechen, sondern da darf ich einmal Herrn Steinbrück ansprechen, der sich wie folgt geäußert hat:
Der Kanzlerkandidat Steinbrück kritisierte hingegen die nach wie vor viel zu hohen Ausgaben im Agrarbereich. Sie seien mit 38 % viel zu hoch.
Meine Damen und Herren, diese Ausgaben sind nicht zu hoch. Die Frage ist vielmehr, wie man die Mittel anders verteilen sollte.
Da kommt ein weiterer Punkt hinzu. Ich glaube, da sind sich die süddeutschen Länder auch über die Parteien hinweg durch aus einig, sogar die Bauernverbände, auch wenn sie es sich nicht zu sagen trauen; das sage ich hier deutlich. Einigkeit be steht darin, dass eine Degression erfolgen sollte. Wie will man langfristig der Gesellschaft klarmachen, dass ein Betrieb mit 10 000 ha Fläche die gleiche Ausgleichszahlung pro Hektar bekommt wie ein Betrieb in einem benachteiligen Gebiet, der mit 80, 50, 30 oder auch 200 ha Fläche auskommen muss?
Das heißt, wir brauchen eine Degression. Langfristig kommen wir gesellschaftspolitisch an dieser Degression nicht vorbei.
Wir sind uns, glaube ich, im süddeutschen Raum darüber ei nig, dass es ohne Degression nicht gehen wird.
Ein weiterer Punkt, den ich für wichtig halte, meine Damen und Herren, ist – jetzt sind wir wieder bei der Agrarpolitik im Land –: Ein Ressortminister, Herr Bonde, darf nicht von vorn herein sagen: „Mir gebet nix.“
Wenn ich nämlich einmal schaue, was Sie beispielsweise – – Das war die Bauernversammlung, die BLHV-Kreisversamm lung Hochschwarzwald; da haben Sie das natürlich beschrie ben und dann allerdings gesagt: Das Land hat kein Geld, das auszugleichen. Das mag man in Richtung Europa sagen kön nen, aber im Land selbst erwarte ich von einem Ressortminis ter, dass er in seinem Kabinett dafür kämpft und dass er im Sinne all dessen, was er für die Bauern und für den ländlichen Raum hier machen kann, auch auszugleichen versucht.