Protocol of the Session on March 7, 2013

Von welchen Möglichkeiten spreche ich? Zunächst einmal muss die Landesregierung dafür sorgen – das ist ein Auftrag an die Agrarpolitik –, dass die Flächenprämien national nivel liert werden. Im Saarland beträgt die Flächenprämie 260 € pro Hektar und in Schleswig-Holstein 360 € pro Hektar. Das darf nicht sein. Nachdem die Tierprämien, die betriebsindividuel len Prämien aufgelöst sind, ist es zwingend, die Flächenprä mien zu nivellieren. Dafür müssen wir uns einsetzen. Das zen trale Anliegen ist, für Gerechtigkeit im ganzen Land zu sor gen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es kann sein, dass wir zentrale Aufgaben aus der ersten Säu le finanzieren müssen. Dabei geht es auch um eine Umschich tung von Mitteln z. B. aus der Ausgleichszulage und um die Frage nach grundsätzlichen Umschichtungen oder der Modu lation. Ich denke auch, gerade in Baden-Württemberg und Bayern sollte die Frage der Kappung nicht ganz außen vor bleiben, wobei mir klar ist: National ist das schwierig.

Wir haben noch immer die Situation, dass es Einzelbetriebe in diesem Land gibt, die weit über eine halbe Million Euro an Direktsubventionen bekommen. Wenn es stimmt, was viele Agrarpolitiker sagen und was in irgendeiner Weise auch der Wirklichkeit entspricht, dass Größe etwas mit Rentabilität zu tun hat, dann kann man die Kappung auch früher einsetzen lassen und die Erträge den kleineren Betrieben zuführen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Sieben Jahre Künast, nichts korri giert!)

Ein zentrales Thema sind für uns auch gekoppelte Prämien. Die Bewirtschaftung in besonders benachteiligten Gebieten wie dem Schwarzwald oder der Schwäbischen Alb oder in vie len unserer schönen Flusstäler müssen wir besonders unter stützen können.

Über die Tierhaltung wird in der Agrarpolitik viel geredet. Da rüber gibt es viel Wehklagen und werden viele Krokodilsträ nen vergossen. Aber Fakt ist, dass sich die Agrarpolitik aus der Tierhaltung zurückgezogen hat. Damit meine ich sowohl den Mastbereich als auch den Milchbereich. Entsprechend groß sind die Schwierigkeiten in der Tierhaltung. Die Preise sind nicht auskömmlich. Diese Situation müssen wir, glaube ich, auch agrarpolitisch flankieren.

Unsere Ziele bei diesen Maßnahmen sind Gerechtigkeit, aber auch Zukunftswert für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Was aber wollen wir mit der zweiten Säule zentral gestalten? Bei dieser Zukunftsaufgabe – das ist ein ganz wichtiger Punkt – kommt aus meiner Sicht der zukünftigen Beratung, die ei nen neuen Schwerpunkt in der zweiten Säule der Agrarpoli

tik bildet, und der Unterstützung für Erzeugergemeinschaften eine zentrale Rolle zu. Denn durch diese Mittel und Maßnah men ist man in der Lage, die bäuerlichen Betriebe zukunfts fähig und marktorientiert zu machen und sie auf die neuen He rausforderungen vorzubereiten.

Dazu gehören auch das Agrarförderprogramm und das Markt strukturgesetz, mit dem man zukünftig Einfluss nimmt. Des wegen haben diese Programme bei uns, Grün-Rot, eine be sonders hohe Bedeutung, weil Vorsorge für die Zukunft ein zentrales Thema ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

In diesen Bereich gehört auch LEADER, was sich als zentra les Mittel eignet, um die Anforderungen aus der demografi schen Entwicklung und die Herausforderungen bei diesem Themenbereich in den ganz schwachen ländlichen Räumen bei uns anzugehen und regional aufzuarbeiten. Ich glaube, LEADER muss für die Zukunft gestärkt werden. Wenn wir sehen, was da auf uns zukommt, ist das ein Anliegen, das sehr wichtig ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss komme ich noch auf die Landschaftspflegericht linie und auf MEKA zu sprechen. Ich glaube, beide Program me sind sehr wertvoll. Dazu muss man ganz klar sagen: Die se Programme gehen ja im Kern auf Gerhard Weiser zurück. Sie haben eine über 20 Jahre alte gesunde, gute Tradition, be dürfen jetzt aber dringend einer Überarbeitung. Denn die Marktentlastung, wie sie bereits im Namen MEKA – Markt entlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich – vorkommt, ist in der Agrarbranche zurzeit keine Frage mehr. Wir brauchen keine Marktentlastung, sondern eine Marktzuwendung der Agrarpolitik. Deswegen müssen wir MEKA in seiner alten Bedeutung umbauen und zukunftsfähig in die nächsten 20 Jah re führen. Dafür werbe ich bei Ihnen um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie sehen: Wir haben die Veränderungen im ländlichen Raum, die Ziele und Notwendigkeiten fest im Blick. Wir werden un ser politisches Handeln danach bestimmen. Unterstützen Sie uns bei einer zukunftsorientierten Politik für die Bäuerinnen und Bauern in Baden-Württemberg als Grundlage dafür, dass wir statt konservativer Landromantik und Sozialromantik ei ne segensreiche Zukunft für die ländlichen Räume BadenWürttembergs gestalten können.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: „Konservative Sozialromantik“!)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Klaus Burger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörer! Ich frage mich schon, welches Ziel die heutige Aktuelle Debatte zum Thema „Die Brüsseler Finanzbeschlüsse schwächen die ländlichen Räume in BadenWürttemberg“ verfolgt. Ist es die einhellige Klage, dass in der Förderperiode 2014 bis 2020 weniger Geld von der EU nach Baden-Württemberg fließen soll? Wir haben vorher schon ei niges dazu gehört. Dass nicht zu allen Themen in der Koali tion völlige Einigkeit herrscht, wurde heute bei der Diskussi

on über den Neubau eines Bahnhofs in Stuttgart deutlich. Das Projekt Stuttgart 21 bewerte ich übrigens als zentrale Maß nahme zur Stärkung des ländlichen Raums.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Bei der heutigen Debatte geht es gleich weiter. Da ist zum ei nen Minister Bonde, der sein Hohelied auf den ländlichen Raum und die Landwirtschaft in Baden-Württemberg singt. Er hat beispielsweise in einer Pressemitteilung vom 12. De zember letzten Jahres klar Position bezogen: Die Mittel für den ländlichen Raum und die Landwirtschaft müssen erhal ten bleiben.

Auf der anderen Seite finden sich aber bemerkenswerte Aus sagen des Europaministers Friedrich. Dieser erklärt in einer Pressemitteilung vom 9. Februar 2013, statt bei der Infrastruk tur wüchsen die Zuschüsse nun in der Agrarproduktion. „Da hat man sich einfach für das Falsche entschieden.“

Welche Aussage gilt nun in der Koalition? Die Landesregie rung in Baden-Württemberg hat die Chance, mit eigenen Lan desmitteln politische Schwerpunkte für den ländlichen Raum zu setzen. Damit könnten Sie den Beweis antreten, dass im Schwarzwald die Täler nicht zuwachsen und Ihnen die Land wirte in unserem Land wirklich am Herzen liegen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich fordere Sie mit Nachdruck auf: Kritisieren Sie nicht nur, sondern tun Sie selbst etwas! Ja, es ist richtig: Mit den Be schlüssen in Brüssel wurde in der EU gespart. Aber jeder Sach- und Fachkundige weiß, dass wir es gerade Angela Mer kel, unserer Kanzlerin, verdanken, dass es nicht noch schlim mer gekommen ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Bei der mehrjährigen Finanzierung einigte man sich auf einen EU-Haushalt in Höhe von 1 % des Bruttoinlandsprodukts, was einem Gesamtvolumen von 959,99 Milliarden € entspricht. Es ist allgemein bekannt, dass über ein viel geringeres Bud get diskutiert und verhandelt wurde. Aber unsere Kanzlerin hat standgehalten. Mit dem Gelingen des Gipfels wurde ein positives Signal an die internationalen Partner gegeben. Die Europäische Union bleibt verlässlich, handlungsfähig, und der Beschluss trägt die Handschrift unserer Kanzlerin.

(Beifall bei der CDU – Abg. Martin Hahn GRÜNE: Eindeutig!)

Eines darf nicht vergessen werden: Hätte man sich auf einen höheren prozentualen Anteil am Bruttoinlandsprodukt geei nigt, sei es auch nur bei den Stellen hinter dem Komma, wä re das eine empfindliche Mehrbelastung für die deutschen Steuerzahler geworden.

Jetzt kommt es darauf an, wie die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg die Mittelverteilung gestaltet. Es liegt im Ermessen der Länder, bis zu 15 % von der ersten Säu le in die zweite Säule zu verschieben. Vorsicht, hier lauern Gefahren!

Denn ich frage mich schon heute: Was kommt dann am Ende tatsächlich bei den Bauern an? Von Grün-Rot erfahren die bäu erlichen Familienbetriebe bei uns bisher wenig Wertschät zung: Zerschlagung von MEKA, Grünlandumbruchverbot, Verschärfung des Wasserrechts, keine Würdigung für die Pfle ge unserer Kulturlandschaft, stattdessen die Forderung, 10 % der Flächen aus dem Ertrag zu nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem ist festzustellen, dass eine starke Förderung mit nichten immer mit Geld und Finanzzahlungen zu tun hat. Es kommt auch auf ein gutes Klima, vernünftige Rahmenbedin gungen, Augenmaß bei der Umsetzung der Nutztierhaltungs verordnung und Verlässlichkeit an.

Bio- und Ökobetriebe sind gut. Bei deren Produkten gibt es auch noch Wachstumspotenziale. Dazu steht auch die CDU. Wir machen aber nicht mit, wenn es darum gehen soll, biolo gisch und konventionell wirtschaftende Betriebe gegeneinan der auszuspielen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das ist ei ne Schimäre! Das gibt es gar nicht! Das macht nie mand!)

Beide Betriebszweige – derzeit 10 % bio und öko und 90 % konventionell – wirtschaften ausgezeichnet. In Baden-Würt temberg werden nachweislich mit die qualitativ hochwertigs ten Lebensmittel der Welt erzeugt. Wenn die Rahmenbedin gungen verschlechtert werden, treiben wir die Produktion ins Ausland; gerade dadurch werden unsere kleinbäuerlichen Strukturen zerschlagen. Verlierer wären nicht nur die Famili enbetriebe in unserem Land, sondern letztlich alle Verbrau cher zusammen.

Es ist gut, dass sich der Ausschuss in Brüssel für eine sozial verträgliche Landwirtschaft ausgesprochen hat und die Groß betriebe nur noch bis zu einer gewissen Oberdeckelung för dern will.

Abschließend möchte ich feststellen: Das EU-Budget ist fest gezurrt, und das ist gut so. Jetzt liegt es an der grün-roten Lan desregierung von Baden-Württemberg, ob unsere heimische Landwirtschaft wettbewerbsfähig und leistungsfähig bleiben kann. Der Ball liegt im grün-roten Spielfeld. Beginnen Sie endlich mit Ihrem Spielzug. Hören Sie auf, am Schiedsrich ter herumzumäkeln,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: „Herumzumer keln“!)

und passen Sie auf: Vorsicht, schießen Sie kein Eigentor!

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht der Kol lege Winkler.

Herr Präsident, meine lieben Kol leginnen und Kollegen! Der jetzige Tagesordnungspunkt be trifft die Auswirkungen der EU-Haushaltsberatungen. Früher

ging es in EU-Haushaltsberatungen um 90 % Agrarausgaben. Das ist noch nicht lange her. Heute macht der Agrarhaushalt nur noch gut ein Drittel des gesamten Etats aus. Der sogenann te Kohäsionsfonds – der lateinische Ursprung besagt bereits: ein Fonds, der den Zusammenhalt in der EU finanziell unter stützt und über Programme bezahlt – verfügt über fast den gleichen Etat.

Heute, im Jahr 2013, kommen von 150,9 Milliarden € aus dem EU-Haushalt pro Jahr 37 % im Agrarbereich an, das sind 55,7 Milliarden €. Allein von 2012 auf 2013 wurden die Agraraus gaben der EU um 460 Millionen € gekürzt.

Eine weitere Zahl als Beleg für den Rückgang der Agraraus gaben – nicht nur prozentual, sondern auch absolut –: Im neu en Zeithorizont von 2014 bis 2020 werden im Agrarhaushalt 27 Milliarden € weniger ausgegeben als im letzten siebenjäh rigen Horizont von 2007 bis 2013. 27 Milliarden € weniger im Agrarhaushalt!

Diese Kürzung macht sich natürlich bemerkbar, und sie ist auch gut aufgegliedert. Das bedeutet konkret – das ist auch der Titel der heutigen Debatte –: Für die ländlichen Räume in Deutschland reduziert sich in der zweiten Säule der jährliche Etat von 14,3 Milliarden € auf 12,9 Milliarden €. Die Mittel für die ländlichen Räume reduzieren sich von 14,3 Milliar den € auf 12,9 Milliarden €! Das ist eine eindeutige Aussage.