Protocol of the Session on January 31, 2013

Aus vielen Gesprächen in meinem Wahlkreis kann ich diese Einschätzung nur unterstreichen. Denn es gibt, wie Sie wis sen, aufgrund unserer demografischen Entwicklung immer weniger Schülerinnen und Schüler, und es ist schwieriger ge worden, Jugendliche für das Ehrenamt zu begeistern. Hier gilt es rechtzeitig gegenzusteuern.

Das Land könnte seine Anstrengungen verstärken, indem ins besondere mit Blick auf die Ganztagsschulen Kooperations möglichkeiten zwischen Schulen und Hilfsorganisationen of fensiv vorangebracht werden. Denn wenn Schülerinnen und Schüler nicht in der Schule für ehrenamtliches Engagement begeistert werden, wird es für die Hilfs- und Rettungsorgani sationen in der Lebensphase nach der Schule nicht einfacher, an die jungen Menschen heranzukommen. Bei den 19- bis 35-Jährigen tun sich die Hilfs- und Rettungsorganisationen besonders schwer, da in diesem Lebensabschnitt die Ausbil dung und der Start ins Berufsleben im Vordergrund stehen. Mit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht – das ist an gesprochen worden – und damit auch des alternativen Zivil dienstes hat sich die Situation nicht verbessert.

Ehrenamtliches Engagement für den Bevölkerungsschutz ist besonders zeitintensiv. Deshalb sollte man sich überlegen, wie man an dieser Stelle gestaltend eingreifen kann. Wir, die CDU-Landtagsfraktion, Herr Innenminister, bieten hierzu aus drücklich unsere konstruktive Mitarbeit an.

So erhalten z. B. Ehrenamtliche im Rettungsdienst keine Ent schädigung für Verdienstausfall bei Einsätzen und während der Ausbildung. Zudem müssen Ehrenamtliche im Rettungs dienst auf verständnisvolle Arbeitgeber hoffen. Wir sind dank bar, dass es hier im Land so viele verständnisvolle Arbeitge ber gibt.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein gut funktionie render Bevölkerungsschutz braucht aber nicht nur engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch die finanzielle Unterstüt zung durch das Land ist gefragt. Denn nur dann, wenn das Land die Hilfs- und Rettungsorganisationen bei der Beschaf fung von Geräten und Fahrzeugen unterstützt, können diese ihren wichtigen Auftrag des Bevölkerungsschutzes erfüllen. Hier wurde in den letzten Jahren von allen Landesregierun gen Vorbildliches geleistet.

Wir sollten uns aber alle, lieber Herr Minister Gall, überlegen, inwieweit wir gerade im engeren Bereich des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes Investitionen im Gebäudebereich ähnlich fördern, wie dies bei der Feuerwehr und beim Ret tungswesen der Fall ist. Ich glaube, ich habe das, was dazu zu sagen ist, bereits im Innenausschuss gesagt, und möchte mit Blick auf die Zeit dieses Thema jetzt nicht intensivieren.

Aber, lieber Herr Minister, es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Wenn man erkennt, dass an der einen oder an der anderen Stelle noch Investitionsbedarf besteht – und in diesem Bereich gibt es Bedarf –, dann würde ich doch darum bitten, dass man, auch wenn man nicht zusätzliches Geld in die Hand nimmt, im Haushalt vielleicht an der einen oder anderen Stelle um schichtet, um in diesem Bereich ebenfalls Gutes tun zu kön nen.

In diesem Sinn bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der Grünen)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Filius das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Ausdrück lich möchte ich der SPD-Fraktion dafür danken, dass sie das Thema „Ehrenamtliche Helfer im Katastrophenschutz“ auch mit dieser Debatte in den Mittelpunkt zu stellt. Manchmal nimmt man es als selbstverständlich hin, dass die Menschen hier dem Ehrenamt mit wirklich großem Engagement nach gehen und immer wieder, z. B. bei der Feuerwehr, ihr eigenes Leben riskieren, um andere zu retten. Das ist, denke ich, ei nen ganz besonderen Dank an alle wert, die sich im Rettungs wesen engagieren. Hiermit sei das noch einmal geschehen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Auszeichnungen sind das eine. Das andere ist die Würdi gungskultur. Das Wort „Würdigungskultur“ ist etwas sperrig. Dazu gehört wirklich vieles. Die Überlegungen, in BadenWürttemberg eine Ehrenamtskarte einzuführen, wie es sie schon in Bayern gibt, sollten wir gemeinsam weiterführen und prüfen, ob das möglich ist. Es ist auch eine Anerkennung, wenn man gewisse Vorteile nutzen kann, ob bei Konzertkar ten oder beim Einkauf. Die Betreffenden sagen: „Ja, ich bin dabei, ich gehöre dazu.“ Auch dies ist für mich mit dem Be griff Würdigungskultur verbunden.

Ausdrücklich möchte ich sagen, dass die Arbeit im Katastro phenschutz, im Rettungswesen, bei der Feuerwehr hier in Ba den-Württemberg ausgesprochen gut läuft und hier herausra gende und hervorragende Tätigkeiten vollbracht werden.

Aber Ehrenamt – darüber müssen wir uns auch klar sein – gibt es nicht zum Nulltarif. Man darf nicht nur dafür klatschen, sondern muss auch etwas dafür tun. Das betrifft z. B. die An schaffung moderner Fahrzeuge; diesen Aufgaben sind wir auch nachgekommen. Das betrifft aber auch Fortbildungspro gramme, gerade für die Sicherheit der Einzelnen, die sich en gagieren. Hier sind gute Organisationsformen gefunden und umgesetzt. Aber hier gilt es auch immer wieder, neue Gedan ken umzusetzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Der Wegfall der Wehrpflicht brachte für den gesamten Ret tungsdienst und den Katastrophenschutz eine große Heraus forderung mit sich. Ich möchte es nicht als Problem beschrei ben; man muss neue Wege gehen, um Menschen für die Äm ter zu gewinnen. Der neu geschaffene Bundesfreiwilligen

dienst ist ein Weg, hier Kompensation zu schaffen. Ich den ke, hier kommen wir in einen Bereich, bei dem auch das Mi nisterium gefordert ist, Impulse zu setzen.

Schon vorher wurde es angesprochen: Immer mehr Menschen in Baden-Württemberg haben einen Migrationshintergrund; es ist ein Viertel der gesamten Bevölkerung im Land. Diesen Teil dürfen wir keinesfalls vernachlässigen. Hier müssen ent sprechende Anstrengungen unternommen werden.

Es ist eine Win-win-Situation; es ist ein Integrationsprojekt, wenn das Ehrenamt auch bei den Menschen mit Migrations hintergrund immer stärker verankert ist. Die demografische Entwicklung kommt hier außerdem noch zum Tragen.

Auch hier müssen wir uns auf den Weg machen. Wir dürfen niemanden außen vor lassen. Wir müssen tatsächlich alle An strengungen unternehmen, damit sich die Organisationen öff nen, aber letztendlich auch noch mehr Menschen mit Migra tionshintergrund sagen: „Ja, ich bin bereit, mich hier zusätz lich zu engagieren.“ Davon haben dann alle einen großen Vor teil.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn Bundespräsident Gauck nach Baden-Württemberg kommt, sagt er immer: „Ich komme so gern hierher, weil hier das Ehrenamt so gut verankert ist. Es gibt so viele Vereine. Es gibt Bundesländer, da muss man schon Verpflichtungen im Bereich der Feuerwehr vornehmen.“ Es gibt wirklich gesetz liche Verpflichtungen, damit Menschen sich bereit erklären, diese Tätigkeit zu verrichten. Davon sind wir noch ganz weit entfernt – Gott sei Dank, möchte ich an dieser Stelle sagen. Aber wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um auch weiterhin Wege zu finden, damit das Ehrenamt für die Bevöl kerung attraktiv bleibt.

Ich denke, die Landesregierung und die Regierungsfraktionen tun alles dafür. Ich freue mich, dass die Oppositionsparteien das genauso sehen und wir hier an einem Strang ziehen – im Interesse des Landes, aber insbesondere auch der Bedienste ten und derer, die ehrenamtlich im Katastrophenschutz tätig sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Es ist in der Tat ein gemeinsames An liegen; es ist ein guter Antrag und eine gute Stellungnahme – eine gute Sache. Die Landesregierung drückt es in einem Satz völlig zutreffend aus – ich zitiere aus der Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags –:

Ohne die vielen ehrenamtlich tätigen Helferinnen und Helfer der Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfs werks (THW) und der Feuerwehren, die sich in den Dienst der Gemeinschaft stellen, wäre ein schlagkräftiger Kata strophenschutz nicht denkbar.

So ist es. Der Katastrophenschutz wäre bei uns nicht denkbar ohne die ehrenamtlichen Helfer. Das muss man schon einmal klar sagen. Das ist an sich eine staatliche Aufgabe, sie ist je doch – das ist richtig – nicht denkbar ohne die ehrenamtlichen Helfer.

Wenn wir beim Ehrenamt sind – ganz „sortenrein“ ist das Lob insoweit vielleicht auch nicht –, geht mir aber doch noch das durch den Kopf, was wir heute Morgen gehört haben – was ich eigentlich ein bisschen schade finde –: Der Ministerpräsi dent selbst hat die Äußerung bestätigt, dass es ihn gelegent lich nerve, dass es unter den Ehrenamtlichen Besserwisser ge be und dass er das in seiner Tätigkeit als anstrengend empfin de.

(Widerspruch bei den Grünen – Zuruf des Abg. Sieg fried Lehmann GRÜNE)

Das hat er bestätigt; das war die Äußerung, wie er sie bestä tigt hat. Ich sage nicht mehr und nicht weniger.

(Unruhe)

Sie wissen ja auch, dass ich bei der „Veranstaltung Regierung“ ein paar Jahre dabei war. Doch das Problem besserwisseri scher Ehrenamtlicher hätte ich vielleicht auf Platz 287 genannt und nicht in einem Interview mit Phoenix. Das hat er im Grun de auch selbst so zitiert.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist die Schwarmintelligenz von Stuttgart! – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE – Weitere Zurufe – Unru he)

Das nur einmal am Rande. Sie denken natürlich jetzt auch, das hätte er besser nicht gesagt. Das sehe ich Ihren Gesich tern an. Ich erwähne halt nur, dass er es gesagt hat.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Nein! Er hat wenigs tens die Verfassung eingehalten! – Unruhe)

Ich trage jetzt zur allgemeinen Beruhigung bei, indem ich fort fahre, die Landesregierung für diese Stellungnahme zu loben. Die Ehrenamtskarte halte ich natürlich für eine gute Idee, auch die Arbeitgeberplakette. Dabei ist übrigens die Passage in der Stellungnahme interessant, in der steht, dass es in größeren Unternehmen keinesfalls einfacher ist als in kleineren. Das könnte ja wieder zulasten der kleineren Unternehmen gehen, aber die kleineren Arbeitgeber haben zum Teil ein sehr gro ßes Verständnis für das Ehrenamt. Gerade wer die ländlichen Zusammenhänge kennt – wie insbesondere die Fraktionen von FDP/DVP und CDU –,

(Lachen des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Die FDP/DVP!)

weiß, was für eine enge Verzahnung es da oft gibt, wie ehren amtlich Tätige einerseits ihren Sachverstand in die Organisa tionen einbringen, aber andererseits viele technische Fertig keiten aus diesen Organisationen wieder mitbringen. Das weiß der Innenminister selbst auch sehr gut, weil er Feuerwehr mann ist. Da findet ein fruchtbarer Austausch statt, der allen dient. Das nur als kleines Detail.

Jetzt ist in der Tat die Frage: Was kann man besser machen? Das haben auch wir uns überlegt. Wir sind übrigens auf den

selben Punkt gekommen wie Sie, lieber Herr Funk, nämlich auf das Thema Migration. Da könnte man noch mehr machen. Zu diesem Thema finde ich auch nichts in der Stellungnahme. Es wäre vielleicht auch eine lohnende Aufgabe für die Ihrer Partei angehörende Integrationsministerin, sich dieses The mas vielleicht einmal etwas anzunehmen und zu fragen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

wie man den Organisationen hilft, beim Nachwuchs den An teil von Menschen mit Migrationshintergrund zu verstärken.

Außerdem darf ich natürlich darauf verweisen, dass wir – ich darf hinzufügen: auch ich – in der vergangenen Legislaturpe riode bereits bundesgesetzliche Regelungen zum Ehrenamt generell erwirkt haben, beispielsweise eine Haftungserleich terung bei Vorständen, wodurch die Angst reduziert werden sollte, ein Ehrenamt und insbesondere ein Vorstandsamt zu übernehmen.

Wenn wir das alles so schön im Konsens machen, darf man auch darauf verweisen, dass im vergangenen Dezember die se Bundesregierung, die ja nicht Ihre Lieblingsbundesregie rung ist – aber in diesem Fall loben wir uns jetzt vielleicht ein mal gegenseitig –, ein Gemeinnützigkeitsstärkungsgesetz auf den Weg gebracht hat, was Ihnen sicher nicht entgangen ist und was das Ehrenamt rechtlich – vom Steuerrecht über das Erbrecht bis hin zum Haftungsrecht – stärkt. Ich finde, wir sollten das als gemeinsames Anliegen weiter betreiben, und wünsche insofern auch in diesem Fall dem Vorhaben natür lich viel Erfolg.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Innenminister Gall das Wort.