Konversion bedeutet für die Gemeinden tiefe Einschnitte in gewachsene, typische Strukturen, die an solchen Standorten zum Teil über 100 Jahre alt sind. Die betreffenden Kommu nen verlieren nicht nur Einwohner, sondern auch Wirtschafts kraft. Das Merkmal dieser Standorte ist, dass sie in der Regel im Windschatten des Verkehrs, von strukturellen Einrichtun gen und der Metropolregionen liegen.
Jetzt löst der Bund oder lösen in diesem Fall auch die Ameri kaner diese Militärstandorte auf. Aber was hat der Bund als Verursacher dem eigentlich entgegenzusetzen?
Deswegen müssen wir untereinander und miteinander eine umfassende Diskussion führen. Der Bund entscheidet über die Maßnahmen und generiert damit sozusagen auch Einnahmen, indem er Ausgaben einspart.
Im Frühjahr 2012 hat das Bundesverteidigungsministerium den Kommunen Zeitpläne für den Abzug zur Verfügung ge stellt. Sie wurden aber im Herbst 2011 angekündigt. Also herrschte eine ordentliche Funkstille. Vorher konnten die Kommunen gar nichts machen.
Insofern ist die Frage: Kann es eine Anschlussnutzung geben, und, wenn ja, wie sieht sie aus? In dieser Hinsicht hat man zu nächst einmal ein halbes Jahr verloren.
Aber die flankierenden Maßnahmen des Bundes sind, mit Ver laub, von bescheidener Qualität, und zwar deswegen, weil es für die Gemeinden ganz schwierig ist, überhaupt in den Be sitz dieser Liegenschaften und Grundstücke zu kommen. Wir waren vor einigen Monaten in Münsingen und haben mit Bür germeister Münzing gesprochen. Er hat uns in Bezug auf das dortige Gelände dargelegt, welche Schwierigkeiten er bei der Umsetzung hat und dabei, in den Besitz der Fläche zu kom men.
Der Bundesfinanzminister will seine Löcher im Haushalt stop fen und diese Einnahmen erzielen. Das bedeutet, er gibt den Gemeinden zwar ein Erstzugriffsrecht, aber in Wirklichkeit ist das keine Option für die Gemeinden. Die Dauer dieses Erstzugriffsrechts ist für die Gemeinden zu kurz, um entschei den zu können: Was können wir brauchen, und wie sollen wir es finanzieren? Die Option verfällt, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten eine verbindliche Erklärung erfolgt. Diese Frist ist zu kurz. Sie ist schon lange zu kurz, immer noch zu kurz und darf nicht so kurz bleiben.
Lieber Kollege Klein, hier muss etwas passieren. Gemeinden müssen fünf Jahre lang die Möglichkeit haben, in den Besitz dieser Flächen zu kommen. Wenn der Bund riesige Flächen und Einrichtungen aufgibt, kann er seine Einnahmen auch auf mehrere Jahre strecken und muss diese nicht in einem so kur zen Zeitraum erzielen.
Der Bund hat ebenfalls die wirtschaftliche und die strukturel le Verantwortung für die Standorte. Das ist nicht eine Ange legenheit des Landes allein. Da sind wir zwar mit drin, aber der Bund ist zuerst der Verursacher, der Geld herausholt, und wir stecken anschließend Geld hinein.
Deswegen hat der Bundesrat auf Initiative der von der Kon version am stärksten betroffenen Bundesländer Baden-Würt temberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einen ent sprechenden Gesetzentwurf beschlossen. Über eine Öffnungs klausel hätte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben künf tig sicherstellen müssen, dass bei der Verwaltung und Verwer tung der ehemals militärisch genutzten Liegenschaften die strukturpolitischen Ziele von Bund, Land und Kommunen so zusagen gleichwertig, gleichrangig nebeneinanderstehen.
Bisher gibt es zu viele schlechte Beispiele. Der Bund muss besser werden. Es ist auch Ihre Aufgabe, beim Bund für eine bessere Unterstützung bei der Aufgabe der Standorte einzu treten. Wir bitten Sie um diese Unterstützung.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Lange Anfrage der CDU, kurzer Sinn. Denn worum geht es bei der Konversion? Wor um es gehen sollte, hat, denke ich, unser Fraktionskollege Dr. Bullinger im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbrau cherschutz schon vor ein paar Monaten mit einem Antrag deutlich gemacht. Aber die Botschaft scheint bei der derzei tigen Regierung leider noch nicht angekommen zu sein.
Die Aufhebung von Standorten der Bundeswehr und Stand orten von NATO-Verbündeten wird nicht als Entwicklungs chance für die betroffenen Gebiete und Kommunen verstan
den. Natürlich genügt es nicht – wie der für den ländlichen Raum zuständige Minister es gern tut –, nach mehr Biobau ern und Ökowinzern zu rufen.
Hier ist ein bisschen mehr Arbeit für Minister Bonde nötig als bei der Eröffnung einer Kleintierzuchtschau.
Zurücklehnen, zuschauen und nach dem Bund rufen, wenn das Land und Ideen gefragt sind, das ist zu wenig. Daher stellt sich die Frage, ob das Land nicht sogar kontraproduktiv tätig geworden ist. Wertheim beispielsweise hat einen gewissen Ausgleich für die Aufhebung des militärischen Standorts durch die Ansiedlung der Polizeischule bekommen, aber die ser Standort wird nun aufgelöst. Tauberbischofsheim verliert Zentralität im Hinblick auf das Grundbuchamt.
Schweigen im Land statt Impulse für den ländlichen Raum durch diese Regierung. Die FDP/DVP-Fraktion vermisst wei terhin ein Konzept dieser Regierung zur Entwicklung des ländlichen Raums.
Der Ministerpräsident hat seinerzeit angekündigt, für den Er halt jedes Bundeswehrstandorts im Land zu kämpfen. Jetzt, da bekannt ist, welche Standorte im Zuge der Bundeswehrre form aufgelöst werden, vermissen wir den Einsatz dieser Re gierung für die betroffenen Menschen und Regionen.
In der Vergangenheit ist es sehr gut gelungen, beim Abzug von Truppen Konversion durchzuführen, also auch durch verschie dene Maßnahmen aufseiten des Landes einen Ausgleich zu schaffen. Warum kann dies nicht von der jetzigen Landesre gierung erwartet werden?
Immendingen macht Ihnen doch nun vor, was dabei heraus kommen kann, wenn Wirtschaft, Bund und Kommunen Hand in Hand zusammenarbeiten. Auf dem dortigen Kasernenge lände siedelt sich die Daimler AG an.
Sind nicht auch Landeseinrichtungen als Konversionsobjek te denkbar? Das wurde auch schon angesprochen. Wird nicht immer noch nach einem Standort für eine JVA gesucht?
Ich verweise auf die Möglichkeit der Förderung durch die Pro gramme, die verschiedentlich schon genannt wurden, etwa das ELR, das Städtebauförderungsprogramm und das Landes wohnraumförderungsprogramm. Sie müssen sie nicht neu er finden, meine Damen und Herren von der Regierung. Greifen Sie einfach auf die seit Jahrzehnten bewährten Programme zu rück. Niemand muss das Rad neu erfinden. Sie müssen nur handeln, meine Damen und Herren von der Regierung.
Aber nicht nur das Ministerium für Ländlichen Raum und Ver braucherschutz ist gefragt. Auch das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur
muss bei dem Thema Konversion tätig werden. Herr Minis ter Hermann, hier geht es leider einmal nicht um Radwege und Fahrradständer.
Baden-Württemberg ist vorwiegend ländlich strukturiert. Was hindert diese Regierung daran, Konzepte für die Entwicklung des ländlichen Raums zu entwickeln, und zwar nicht nur für die Regionen, in denen gerade Konversionen dringend gefor dert sind? Was zögern Sie noch zuzupacken in einer Zeit, in der es der Wirtschaft gut geht? Jetzt ist schnelles Handeln er forderlich, damit Umwandlungen und Strukturmaßnahmen für potenzielle Interessenten zügig umgesetzt werden können. Er greifen Sie die Chance, in die Entwicklung dieses Landes und seiner Infrastruktur zu investieren.
Um zu erkennen, was notwendig und möglich ist, brauchen Sie doch keine Gutachten. Sie können auf die Erfahrung frü herer Regierungen und auf deren Erfolge bauen. Fangen Sie an!
Wir sprechen hier über die Aufhebung von militärischen Standorten im Zuge einer Reform, auch aufgrund der Abschaf fung der Wehrpflicht. Uns allen, die wir hier im Landtag ver sammelt sind, empfehle ich, einmal darüber nachzudenken, was dies bedeutet. Ist die Welt so friedfertig geworden, dass unser Land, unsere Freiheit von keiner Seite mehr bedroht werden kann? Oder erleben wir nicht gerade zum wiederhol ten Mal, dass dieser Frieden sehr zerbrechlich ist? Ist ein Land, welches sich nicht zur Wehr setzen kann, nicht schutz los? Muss wirtschaftliche Stärke nicht auch gesichert werden können? Gehören wir nicht zu einer Gemeinschaft freier de mokratischer Staaten,
die von uns mehr als Geld und vielleicht zwei ältere Flugzeu ge als Beistand erwarten? Vielleicht sollten wir uns alle ein mal Gedanken darüber machen.
Damen und Herren! Wir diskutieren heute ein weiteres Mal über die Auswirkungen der Bundeswehrreform der schwarzgelben Bundesregierung. Ich sage das dazu, weil der Kollege Grimm offensichtlich nicht mitbekommen hat,
wer gerade die sicherheitspolitischen Fragestellungen in der Bundesrepublik Deutschland verantwortet