Protocol of the Session on December 19, 2012

Nein.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat schon im Jahr 2006 Mindestlöhne mit Blick auf internationa le Erfahrungen als einen Irrweg bezeichnet – mit für Deutsch land negativen Beschäftigungseffekten.

Lassen Sie sich aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion drei Haupt gründe gegen Mindestlöhne nennen:

Erstens: Mindestlöhne sorgen für mehr Arbeitslosigkeit. Min destlöhne haben in Europa schädliche Folgen für den Arbeits markt, und Mindestlöhne bieten langzeitarbeitslosen Men schen ohne Ausbildung oder Jugendlichen schlechtere Chan cen für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt. Die beste Sozial politik ist, Menschen den Einstieg in Arbeit zu ermöglichen,

(Ministerin Katrin Altpeter: Genau!)

die im Laufe der Zeit den Lebensunterhalt sichert.

Zweitens: Mindestlöhne gefährden die Tarifautonomie. Gera de das Modell der Tarifautonomie steht als tragende Säule für den Erfolg der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland.

Drittens: Differenzierung ist bereits heute möglich, und zwar sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.

Die FDP/DVP-Fraktion kann nicht erkennen, dass das Fehlen von Tariftreueregelungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträ ge auf Landes- oder auf kommunaler Ebene bislang zu realen Problemen geführt hat. Tariftreueerklärungen können auch künftig, abgesehen vom Verkehrssektor, nur in den Bereichen

eingefordert werden, für die ohnehin aufgrund des Arbeitneh mer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärte Ta rifverträge vorliegen.

Inhaltlich bleibt dieser Teil des Gesetzes „weiße Salbe“, aber mit erheblichem bürokratischen Aufwand. Denn die Regelun gen für den öffentlichen Personennahverkehr könnten sich noch als tückisch erweisen. Die Pflicht zur Anwendung eines in der Branche geltenden und repräsentativen Tarifvertrags, die von den einschlägigen Verbänden mit Blick auf mögliche Konkurrenz aus dem Ausland begrüßt worden ist, könnte der Branche und den öffentlichen Auftraggebern auch auf die Fü ße fallen.

Die geplanten Mindestlohnvorschriften dieser Landesregie rung, meine Damen und Herren, sind mit Erwartungen über frachtet, die sie nie werden erfüllen können.

Frohe Weihnachten!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ausspra che ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 15/2742, zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist es so beschlossen und Tagesord nungspunkt 2 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Mi nisteriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Prognostizierter Anstieg der Strompreise und Versorgungs sicherheit – Drucksache 15/1727

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minu ten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei ge staffelte Redezeiten gelten.

Das Wort zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Kol legen Schoch für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund eines KIT-Gutachtens ha ben wir im Mai 2012 die heute auf der Tagesordnung stehen de Anfrage zum prognostizierten Anstieg der Strompreise und zur Versorgungssicherheit gestellt.

Seit Mai werden hinsichtlich der Strompreise immer wieder durch unterschiedliche Institutionen politisch gewollte oder bestellte Szenarien oder auch Horrorszenarien aufgezeigt. Wir sind dem Ministerium dankbar, dass es mit der Stellungnah me zu unserem Antrag, deren Erstellung bereits einige Mona te zurückliegt, die Diskussion vom Kopf auf die Füße gestellt hat. Auch die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Kolle gen Groh von der CDU zum Energiegutachten des KIT hat dieses Gutachten und die darin enthaltenen Aussagen zur Preisentwicklung kritisch bewertet.

Sehr geehrte Damen und Herren, man könnte manchmal den Eindruck gewinnen, die Bundesregierung, die, wenn ich rich tig informiert bin, weiterhin an der Energiewende festhält, möchte diese aussitzen.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Noch!)

Viele Menschen haben aufgrund der teilweise unterirdischen Strompreisdebatte die Sorge, Strom bzw. die Energiewende könnte sehr teuer werden. Dass die Energiewende mittelfris tig nicht kostenlos zu haben sein wird, war bereits im Vorfeld klar. Klar ist aber auch, dass die Energiepreise mit den alten fossilen Kraftwerkstechniken und Risikotechnologien lang fristig aufgrund knapper werdender Ressourcen auch nicht konstant geblieben, sondern im Gegenteil überproportional gestiegen wären.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Gerade durch die erneuerbaren Energien sind die Preise für Industriestrom an der Strombörse in Leipzig stark gesunken. Horrormeldungen, dass die Strompreise für private Haushal te künftig um 70 % stiegen, entbehren jeglicher fachlicher Grundlage.

In der Debatte um steigende Energiepreise dürfen wir jedoch den Aspekt des Energiesparens nicht vergessen. Wir müssen den Stromverbrauch durch Effizienzsteigerungen in Privat haushalten und in der Industrie flächendeckend deutlich sen ken, und das machen wir.

Wir stellen seit Jahren fest, dass die Preise von Heizöl und Benzin ebenfalls steigen. Dies belastet das Budget jedes ein zelnen Haushalts wesentlich stärker als die Stromkosten. In nahezu allen Bereichen erleben wir Preissteigerungen. Das hängt mit der weltweit wachsenden Nachfrage nach Energie zusammen. Nur wenn der Verbrauch dauerhaft gesenkt wird, bleibt Energie auf Dauer bezahlbar.

Die Ursachen für steigende Strompreise sind nicht bei den er neuerbaren Energien zu suchen. Die erneuerbaren Energien werden mittel- und langfristig die günstigere Alternative sein;

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

denn im Gegensatz zu fossilen Energieträgern ist man bei den erneuerbaren Energien weder von ausländischen Lieferanten noch von globalen Preisschwankungen abhängig. Die erneu erbaren Energien sind die einzige Energiequelle, bei der wir die Preisentwicklung selbst in der Hand haben und die uns auf Dauer Preissicherheit geben wird.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Johannes Sto ber SPD)

Höchstes Augenmerk widmet die grün-rote Landesregierung bei allen Überlegungen jedoch dem Erhalt der Versorgungs sicherheit. Im vergangenen Winter ist deutlich geworden, dass neben dem Ausbau des Stromnetzes auch die Gasinfrastruk tur stärker in den Fokus der Betrachtung genommen werden muss. Vor allem müssen Maßnahmen ergriffen werden, damit im Bedarfsfall für systemrelevante Gaskraftwerke die Versor gung mit Gas sichergestellt werden kann. Dies macht die Lan desregierung.

Die Energiewende erfordert von uns, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Versorgungssicherheit und Energie zu vernünf tigen Preisen gewährleisten. Durch ein intelligentes Manage ment von Erzeugung, energieeffizientem Verbrauch und Ein satz zukunftsfähiger Speichertechniken wird die Versorgungs sicherheit zukünftig zu gewährleisten sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Mittelpunkt der Erzeu gung werden zukünftig Wind- und Solarstrom stehen, die zu nehmend Grundlastkraftwerke verdrängen werden. Ergänzt werden Wind- und Sonnenenergie durch flexible Stromerzeu gungskapazitäten, seien es über den Strombedarf betriebene KWK-Anlagen, Biomasseanlagen oder flexible Kraftwerke für fossile Energieträger, die nur wenige Stunden im Jahr oder zukünftig sogar über erneuerbar erzeugtes Gas betrieben wer den.

Die Energiewende kann und wird gelingen. Wir müssen es schaffen, sie als Generationenprojekt zu begreifen und mit den Kommunen, den Energiedienstleistern und -versorgern, den Stadtwerken sowie den Bürgerinnen und Bürgern an einem Strang zu ziehen. Dann haben wir eine realistische Chance. Es ist bedauerlich, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Energiewende derart auf die Bremse getreten hat.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Bei der Energiewende nimmt Deutschland weltweit eine Vor reiterrolle ein. Das Schicksal eines Vorreiters ist, dass er nicht auf Erfahrungen von anderen zurückgreifen kann. Sehr geehr te Damen und Herren, wir können zeigen, dass ein hoch in dustrialisiertes Land es schaffen kann, gleichzeitig aus den Ri sikotechnologien Atomkraft und Kohlekraft auszusteigen

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

und eine neue, sichere Energieversorgung auf der Basis von erneuerbaren Energien aufzustellen.

Zum Schluss möchte ich Ihnen, da es unsere letzte Sitzung in diesem Jahr ist, ein schönes Weihnachtsfest und natürlich ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr wünschen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das wünschen wir Ihnen auch!)

Das Wort für die CDUFraktion erteile ich Herrn Kollegen Nemeth.

Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen natürlich auch schöne Weihnachten, genauso wie ich jedem wünsche und auch glaube, dass die Energiewende gelingen kann und gelin gen soll. Wir haben uns da gemeinsam auf den Weg gemacht. Ich glaube, ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, dass es eine Entscheidung der schwarz-liberalen Koalition in Berlin war. Es ist völlig klar: Die Energiewende soll gelingen. Das ist unser politisches Ziel. Hierüber besteht auch Gott sei Dank ein gesamtgesellschaftlicher Konsens. Das wollen wir alle. Allerdings müssen wir schon über den Weg reden.

Es ist ganz gut, dass Sie heute zwei bestimmte Themen ange sprochen haben, auch wenn es hierbei immer auch um Prog nosen geht und Prognosen bekanntlich grundsätzlich schwie

rig sind. Wir reden heute über die Themen Preisentwicklung und Versorgungssicherheit. Das sind natürlich die zwei gro ßen Schwachstellen der Energiewende. Wir sind darin einig: Wer aussteigt, muss auch einsteigen. Wir sind auch darin ei nig: Langfristig gehört den erneuerbaren Energien die Zu kunft. Darüber besteht hier im Landtag Konsens.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen sowie der Abg. Rosa Grünstein SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass wir in Deutschland jetzt schon die zweithöchsten Strompreise in Europa nach Dä nemark haben und dass bei uns zum Jahreswechsel Tariferhö hungen von 12 % stattfinden. Liebe grün-rote Landesregie rung, für diese Strompreiserhöhungen sind Sie ganz eindeu tig mitverantwortlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Leopold Grimm FDP/DVP – Unruhe bei den Grünen und der SPD)