Protocol of the Session on December 14, 2012

Auch hier sind Sie Ihren eigenen Wahlversprechen untreu ge worden. Die sogenannte Limitabsenkung in der Haushaltsauf stellung wie auch die globale Minderausgabe sind in keiner Weise nachhaltig, weil Aufgaben und Ausgaben damit nicht verschwinden, sondern nur in Bezug auf den jeweiligen Haus halt gedeckelt werden.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Der Gipfel ist, dass Sie die Ausschüttungen der LBBW als Sparbeitrag Ihrer Landesregierung verkaufen wollen, meine Damen und Herren.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Steuerabkommen mit der Schweiz, 1 Milliarde €! Das ist Sparen?)

Damit sind schon einmal 500 Millionen € der von der Lan desregierung dargestellten Einsparungen nicht dauerhaft be lastbar und damit auch nicht als nachhaltig und nicht als struk turell darzustellen.

Die nach den von der Landesregierung am 25. September vor gelegten Übersichten wirklich verbleibenden strukturellen Einsparungen belaufen sich noch auf 81,5 Millionen € bzw. 141,6 Millionen € in den Jahren 2013 und 2014.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Und was ist 2019?)

Das sind die Beträge, die Sie strukturell wirklich sparen: 81,5 Millionen € und 141,6 Millionen €. Gleichzeitig aber sattelt Grün-Rot denselben Übersichten zufolge 186,4 Millionen € im Jahr 2013 und 202,9 Millionen € im Jahr 2014 obendrauf, also jeweils etwa 100 Millionen € zwangsläufige Mehrausga ben und etwa 80 Millionen € für politische Schwerpunktset zungen.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wir halten uns an Recht und Ordnung!)

Am Ende wird das strukturelle Defizit des Haushalts also nicht kleiner, sondern es wächst weiter. Es steigt.

Ihr Sparpaket ist eine Mogelpackung, meine Damen und Her ren. Denn der einzige Bereich, in dem Grün-Rot tatsächlich zu sparen gedenkt, ist der Bereich des öffentlichen Dienstes. Hier sind Sie auch in keiner Weise an Kompromissen oder Verhandlungen mit dem Beamtenbund interessiert –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

anders, als wir das in der Vergangenheit immer hinbekommen haben.

Wenn die gegenwärtige Landesregierung den gleichen Weg eingeschlagen hätte wie die damalige Regierung aus CDU und FDP/DVP unter Ministerpräsident Oettinger, hätte dies erneut

zu einem Konsens auf der Basis einer längerfristigen Verein barung führen können. Aber mein sicherer Eindruck ist, dass die Landesregierung, jedenfalls die Landesregierung insge samt, dies gar nicht gewollt hat.

Fazit: Grün und Rot, die in der Opposition gern mit Vokabeln wie Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Haushaltswirtschaft um sich geworfen haben, versagen vor den eigenen Ansprüchen. So gut wie nichts ist strukturell wirksam, nachhaltig und generationengerecht.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Sehr gut!)

Auch vor dem Anspruch, die Motive der Zukunftsorientierung mit Haushaltskonsolidierung und mit Bildungsinvestitionen vereinbaren zu können, versagt Grün-Rot. Die Ankündigun gen im Koalitionsvertrag zum Ausbau der Ganztagsschulen, zur Einführung inklusiven Unterrichts an allen Schulen, zur verstärkten individuellen Förderung, zum weiteren Ausbau der Krankheitsvertretungsreserve und zum Ausbau der Ge meinschaftsschulen sind mit dem Abbau von 11 600 Lehrer stellen qualitativ und quantitativ nicht zu vereinbaren.

Grün-Rot wird hier sehr bald – spätestens mit dem Doppel haushalt 2015/2016 – wieder einen Offenbarungseid leisten müssen. Es bleibt eine Politik, die viel, viel stärker klientel orientiert ist, als es die der Vorgängerregierungen je war. Auf Ausgaben wird nicht verzichtet, und deshalb wird immer wie der bei Steuererhöhungsfantasien Zuflucht genommen wer den müssen. Bei der Erbschaftsteuer, bei der Vermögensteu er und bei einem deutlich höheren Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer müssen Sie Zuflucht suchen, um überhaupt noch in der Lage zu sein, auch in der Zukunft den Haushalt auszugleichen.

Wenn die Bundestagswahl nicht so ausgeht, wie Sie sich das erhoffen, dann ist Ihre gesamte mittelfristige Finanzplanung ohnehin Makulatur.

Letztlich ergibt sich ein wahrhaft vernichtendes Bild dessen, was Sie sich unter Haushaltspolitik vorstellen. Kein vernünf tiger Mensch kann einem solchen Haushalt zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Finanz- und Wirtschaftsminister Dr. Schmid das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei all den hitzi gen Diskussionen und Debatten droht manchmal fast in Ver gessenheit zu geraten, worum es beim Thema Haushalt eigent lich geht.

(Abg. Heribert Rech CDU: Weihnachtsmann!)

Worum es uns allen – gleich, welcher politischen Couleur – gehen sollte, ist, Baden-Württemberg in eine erfolgreiche Zu kunft zu führen, in eine Zukunft ohne Schulden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Genau!)

Mit diesem Doppelhaushalt stellen wir die Weichen dafür, um das Ziel der grundgesetzlichen Schuldenbremse bis 2020 zu erreichen. Allein mit diesem Haushalt werden wir 861 Milli onen € strukturelle Einsparungen mit der Zielmarke 2020 er bringen. Dies macht auch deutlich, dass das große Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts nicht mit einem großen Sprung, sondern nur mit vielen kleinen konsequenten Schrit ten erreicht werden kann. Jeder, der sich an den Beratungen – gerade auch im Finanzausschuss – beteiligt hat, weiß genau, wie schwer dieser Weg ist. Die mittelfristige Finanzplanung 2011 bis 2015 ergab eine jährliche Deckungslücke von rund 2,5 Milliarden €. Niemand hier kann also allen Ernstes leug nen, dass die Ausgangslage äußerst schwierig war.

Genauso klar ist, dass auch die relativ guten Steuereinnahmen bei Weitem nicht ausreichen werden, um die strukturelle Schieflage des Landeshaushalts kurzfristig zu beheben. All je ne, die sagen, mit diesen Steuermehreinnahmen könnte man doch locker die Nullnettoneuverschuldung schaffen, pflegen entweder einen etwas leichtfertigen Umgang mit der Wahr heit oder vergessen schlicht und ergreifend den Unterschied zwischen brutto und netto. Denn im Vergleich mit 2011 stei gen 2014 die bereinigten Einnahmen brutto um 3,7 Milliar den €. Entscheidend ist aber, was netto zusätzlich in der Kas se ist, und das sind gerade einmal 1,8 Milliarden €.

(Staatssekretär Ingo Rust: So ist es!)

Wir alle hier im Saal sollten also den feinen Unterschied zwi schen Umsatz und Gewinn verinnerlichen.

(Staatssekretär Ingo Rust: Ja! – Abg. Manfred Groh CDU: Wo gehen die dann hin?)

Übrigens gehen im gleichen Zeitraum die übrigen Einnahmen um 3 Milliarden € zurück. Dazu lässt sich mitnichten sagen, dass die Finanzkrise haushalterisch bzw. haushaltspolitisch überwunden wäre. Denn im Vergleich mit 2008 steigen die bereinigten Einnahmen 2014 zwar um 3,8 Milliarden €, die bereinigten Ausgaben aber im gleichen Zeitraum um sage und schreibe 6,5 Milliarden €. Im selben Zeitraum – ich will das noch einmal deutlich machen – steigen die Steuereinnahmen netto um 2,7 Milliarden €, hingegen allein die Personalausga ben um 3,2 Milliarden €. Sie sehen also: Diese strukturelle Entwicklung des Haushalts ist nicht auf einen Schlag zu be heben.

Deshalb können wir am Ende der Beratungen auch feststel len: Wir, die grün-rote Landesregierung, haben von Anfang an gesagt, dass wir angesichts dieser strukturellen Schieflage die Nettonull für 2013 und 2014 nicht erreichen können. Aber auch Sie, sehr verehrte Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, haben kein Konzept vorgelegt, aus dem hervor geht, wie Sie in den Jahren 2013 und 2014 die Nettonull er reichen wollen.

Es ist auch bezeichnend, dass Sie heute kaum über Ihre kon kreten Deckungsvorschläge geredet haben. Denn diese sind äußerst dünn. Die Vorschläge der FDP/DVP beinhalten kon kret eine Deckung von 15 Millionen € im Jahr 2013 und 3 Millionen € im Jahr 2014. Sehr geehrter Herr Rülke, wie wollen Sie damit die Verschuldung des Landes in den Jahren 2013 und 2014 auf null herunterführen?

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Bei den Studiengebühren hat Sie dann der Mut endgültig ver lassen. Zum letzten Haushalt haben Sie noch den konkreten Antrag gestellt, Studiengebühren wieder einzuführen. Inzwi schen begnügen Sie sich mit einem Entschließungsantrag und fordern eine Kommission ein, in der man diskutieren soll, wie die Studiengebühren aussehen sollen.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Sie haben es doch gewusst. Sie hatten doch Studiengebühren eingeführt. Warum wollen Sie sie nicht wieder einführen?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie können sie gern einführen! Das wird an uns nicht scheitern!)

Auch hier besteht Mutlosigkeit auf Ihrer Seite. Sie wollen Stu diengebühren, aber Sie sagen nicht die Wahrheit und sind nicht bereit, einen konkreten Antrag hierzu zu stellen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Wir haben sogar einen Gesetzentwurf gemacht!)

Überhaupt sind sehr viele Anträge von CDU und FDP/DVP in den Haushaltsberatungen gar keine konkreten Umschich tungsanträge, sondern reine Entschließungsanträge. Vor allem haben Sie die Themen, die Ihnen wohl wichtig sind, nicht mit konkreten Deckungsvorschlägen hinterlegt. Vielmehr haben Sie immer nur Entschließungsanträge formuliert, die aber un heimliche Ausgabenwirkungen nach sich ziehen. Sie waren nämlich nicht in der Lage, eine vernünftige Deckung zu orga nisieren und gleichzeitig die Nullneuverschuldung darzustel len.

Insofern kann ich nur sagen: Sie haben in dieser Haushaltsbe ratung gezeigt, dass Sie nicht in der Lage sind, eine Nullver schuldung im Haushalt zu erreichen. Daher sollten Sie uns dankbar sein, dass wir den Rechtsrahmen entsprechend an passen. Denn Sie haben Ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt.

Wenn Sie, die CDU, in Ihrem Deckungskonzept dann noch die Einstellung von 1 Milliarde € an Einnahmen aus dem Steu erabkommen mit der Schweiz in den Haushalt vorsehen, füh ren Sie die Haushaltspolitik völlig ad absurdum. Denn erstens liegt es nicht in der Macht des Landes, diesem Steuerabkom men zum Durchbruch zu verhelfen. Sie kennen die Mehrheits verhältnisse im Bundesrat und wissen, dass es hier gar nicht auf die Stimmen von Baden-Württemberg ankommt.

Zweitens hat nicht einmal Bundesfinanzminister Schäuble, der wohl größte Verfechter dieses Abkommens, die Chuzpe besessen, von einer Aufkommenswirkung von 10 Milliarden € bei seinem Bundeshaushalt auszugehen. Vielmehr hat er sich wohlweislich darauf beschränkt, nur die Einnahmen in seinen Bundeshaushalt einzustellen, die auch durch das Abkommen garantiert sind, nämlich den Bundesanteil aus der Zahlung von 2 Milliarden Schweizer Franken, die in dem Abkommen ga rantiert ist.

Wenn Sie meinen, Sie könnten locker 1 Milliarde € in den Landeshaushalt einstellen, dann zeigen Sie, dass Sie keine se riöse Finanzpolitik betreiben und nicht verstanden haben, dass diese 1 Milliarde € auf reinen Spekulationen beruht. Das sind Zahlen aus Fantasialand. Mit seriöser Haushaltspolitik hat das überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Insofern erledigen sich die ganzen unsachlichen Anwürfe, die Sie in den letzten Wochen vor sich hergetragen haben, von selbst. Es ist klar ersichtlich, dass die Landesregierung bei der Konsolidierung des Haushalts entschlossen handelt. Wir schaffen es gleichzeitig – auch in der originären Zuständig keit des Finanz- und Wirtschaftsministeriums –, zu investie ren. Konsolidieren und Investieren gehören zusammen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Denn wer den Schuldenabbau konsequent vorantreiben will, muss auch die indirekten Schulden des Landes, nämlich den Sanierungsstau, ins Auge fassen.