Nach § 82 Absatz 4 der Geschäfts ordnung ergibt sich jetzt die Möglichkeit für eine weitere Run de, beginnend mit den Vertretern der Oppositionsfraktionen.
Zunächst einige Bemerkungen zu den Beiträgen der Kollegin Sitzmann und des Kollegen Schmiedel. Liebe Kollegin Sitz mann, Sie haben hinsichtlich der Haushaltsstruktur der ver gangenen Jahre von Sondereffekten der Jahre 2008, 2009, 2011 und 2012 gesprochen. Ich verstehe Sie also richtig: 2011 war das Ihre Nullneuverschuldung, 2012 war es Ihre Nullneu verschuldung. Aber, meine sehr verehrten Damen und Her ren, in einer logischen Kette heißt das auch: 2013 ist das Ihre Neuverschuldung, und für 2014 gilt das gleichermaßen.
Sie werden doch nicht im Ernst behaupten wollen, dass im Jahr 2008 und vor allem auch im Jahr 2009 Sondereffekte vor gelegen hätten. Ein wirtschaftliches Boomjahr war das Jahr 2008. 2009 war das sicherlich nicht der Fall. 2010 erfolgte ein starker Einbruch, und im Jahr 2011 war man wieder im Auf schwung begriffen.
Jetzt muss man daran erinnern: Sie hatten damals eine mittel fristige Finanzplanung vorgelegt – das ist gerade einmal an derthalb Jahre her –, die Steuereinnahmen von 25,3 Milliar den € für das Jahr 2012 und von 27,4 Milliarden € für das Jahr 2014 vorsah.
Die Steuereinnahmen belaufen sich jetzt nicht auf 27,4 Mil liarden €, sondern auf 31,5 Milliarden €. Ich brauche keinen
Taschenrechner, um die Differenz zu bilden. Das sind 4,1 Mil liarden € mehr, als damals angenommen wurde.
Hinzu kam damals, im Jahr 2011, eine eingeplante Deckungs lücke. Diese Deckungslücke, Herr Ministerpräsident, enthält alle von Ihnen genannten Maßnahmen: Personalkostensteige rungen, die steigende Zahl der Pensionäre, Länderfinanzaus gleich etc. Das ist alles mit enthalten. Die Deckungslücke in der mittelfristigen Finanzplanung betrug 3,0 Milliarden €. Da bleiben – Herr Schmiedel, auch das geht ohne Taschenrech ner – am Ende Mehreinnahmen von 1,1 Milliarden € übrig. Die bleiben übrig – und Sie satteln 3,3 Milliarden € neue Schulden drauf. Das heißt, Sie geben faktisch über 4 Milliar den € mehr aus als im Jahr 2011. Das muss erst einmal jemand nachmachen.
Die Chancen vergeben Sie gleichermaßen. Die Kollegin Sitz mann wirft uns vor, wir würden Steuerhinterzieher decken. Frau Kollegin Sitzmann, diesen Vorwurf weise ich entschie den zurück.
(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Unge heuerlich! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)
Wir haben aber zu akzeptieren, dass die unterschiedlichen Na tionen unterschiedliche Rechtsgebiete sind. Der Schweiz-Ver steher Kretschmann, der sich bei seinen Kantonalbesuchen als solcher gezeigt hat und der sich dafür auch hat feiern lassen, wird wohl nicht beabsichtigen, das deutsche Rechtsgebiet zu künftig auf die Schweiz zu erweitern und die Schweizer zu vereinnahmen. Wenn das aber so ist, und wenn Sie von Ver fassungsorganen in der Bundesrepublik sprechen, Herr Mi nisterpräsident, dann gebietet es die Beachtung der nachbar schaftlichen Nationalität, dass deren Gesetze und deren Rechtsgebiet entsprechend respektiert werden. Auch das ge hört dazu.
(Beifall bei der CDU – Zuruf: Steuerhinterziehung respektieren? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch absurd!)
Das Schweizer Bankgeheimnis besteht seit 70 Jahren. Dass die Schweiz bereit ist, für die Zukunft eine Besteuerung durchzuführen wie Deutschland – so, wie das Kapitalertrag steuerverfahren in Deutschland läuft –, ist doch Steuergerech tigkeit pur.
Ich habe, bezogen auf die Vergangenheit, großes Verständnis dafür, dass die Schweiz sagt: Für unsere Bürger und für die, die ihr Geld hier angelegt haben, gilt das Bankgeheimnis; dies wird nicht rückwirkend aufgehoben. Aber die Schweiz ist be reit, Strafzahlungen – wenn man so will – insofern zu akzep tieren, als nicht der Ertrag der letzten zehn Jahre
nachbesteuert wird, sondern das Vermögen mit 21 bis 41 % besteuert wird. Das führt in 95 % aller Fälle zu einer höheren Besteuerung als das, was gewesen wäre, wenn die Anleger ih re Zinseinkünfte damals in Deutschland versteuert hätten.
(Beifall bei der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜ NE: Das stimmt nicht! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Unruhe)
Deshalb weise ich den Vorwurf, wir würden versuchen, Steu erhinterzieher zu decken, schlichtweg zurück.
Der Kollege Schmiedel spricht von Einsparvorschlägen, die wir als Opposition nicht gemacht hätten. Herr Kollege Schmie del, ich glaube, Sie waren wohl in dieser Zeit abwesend.
Sie haben gepriesen, dass Sie zum ersten Mal einen verfas sungsgemäßen Haushalt vorlegen, weil er noch in diesem Jahr verabschiedet wird. Aber deshalb wird er nicht besser. Wir hatten früher der Opposition Gelegenheit gegeben, nach der Einbringung des Haushalts bis zu den Beratungen des Finanz ausschusses – in der Summe sechs Wochen – den Haushalt zu inspizieren und zu durchleuchten. Nach nur zwei Wochen Be ratungszeit kamen wir auf Einsparvorschläge, die wir auch in Anträgen formuliert haben, in der Größenordnung von 1,5 Milliarden €.
Dass Sie diese politisch nicht akzeptieren, steht auf einem an deren Blatt; das ist Ihr gutes Recht.
Meine Damen und Herren, angesichts der Zeit, die Sie sich genommen haben, ist das Hängen und Würgen, das Nichtzu standekommen von Abkommen mit Beamten enttäuschend. Ich erinnere an die letzte Legislaturperiode mit der damaligen schwarz-gelben Koalition: Wir haben mit den Beamten ge sprochen, und die Verhandlungen waren nicht einfach. Immer hin: 500 Millionen € strukturelle Einsparungen beim Perso nal konnten erreicht werden. Aber im Unterschied zu Ihnen geschah dies in Übereinstimmung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Landes und nicht im Streit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Herr Kollege Schmiedel vergießt Krokodilstränen darüber – ähnlich hat das auch der Ministerpräsident getan –, dass der Bundesverkehrsminister in den Jahren 2013 und 2014 Neu beginne avisiert hat.
Wahr ist: Auch laufende Verfahren müssen durchfinanziert werden. Es ist völlig klar, dass nach der alten Planung die Fi nanzmittel hierfür nicht gereicht hätten. Aber Sie verkennen eines: Schauen wir einmal, welche Summen für Baden-Würt temberg zur Verfügung stehen. Nach der Verabschiedung des Bundeshaushalts werden von den 750 Millionen €, die der Bund hierfür neu bereitstellt, in der Summe 70 Millionen € auf Baden-Württemberg entfallen. Davon fließen 63 Millio nen € in die Verstärkung laufender Neubauvorhaben, und 7 Millionen € fließen in Neubauten – was logisch ist; denn En de 2012 werden kaum Mittel für 2013 verbaut werden kön nen, weil zunächst einmal die baureifen Planungen fertigge stellt werden müssen, sodass es ohnehin erst 2013 respektive 2014 tatsächlich zu einer Verausgabung von Mitteln hierfür kommt. Das, meine Damen und Herren, ist aber keine Politik der Spatenstiche um der Spatenstiche willen. Das ist eine Po litik, um die Infrastruktur in diesem Land sukzessive zu ver bessern, nämlich durch den Ausbau und den Weiterbau beste hender Maßnahmen, aber auch den Neubeginn von Maßnah men. Das ist ein Bekenntnis zu dieser Infrastruktur. Das ist der ganz entscheidende Punkt.
Er hat darauf abgehoben, dass ein neuer Faktor, nämlich der Faktor der Nachhaltigkeit, in die von Erhard konzipierte Po litik der sozialen Marktwirtschaft einfließen soll. Das ist wahr lich nichts Neues, Herr Ministerpräsident. 2013 haben wir ein Jubiläumsjahr. Ich meine nicht das 500-Jahr-Jubiläum der Re formation; das steht erst im Jahr 2017 an.
Nein, ich meine das 300-Jahr-Jubiläum der Nachhaltigkeit. Denn die Nachhaltigkeit ist keine Erfindung des grünen Mi nisterpräsidenten Kretschmann,
Vielmehr war es die Erfindung eines klugen Mannes – über dies noch ein Sachse, mit uns durchaus wesensverwandt –,
der im Prinzip die Nachhaltigkeit eingeführt hat. Seitdem pro fitiert insbesondere die Waldwirtschaft von diesem Prinzip.