Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Eineinhalb Jahre Grün-Rot in Baden-Würt temberg – es ist Zeit, zu fragen: Was macht diese Regierung aus diesem Land? Hält sie sich an die Prinzipien und Werte, die dieses Land groß gemacht haben, oder verfolgt sie etwas anderes?
Ich messe diese Regierung nicht an den eigenen Ansprüchen, die sie vorher formuliert hat, die sie selbst an sich gestellt hat. Ich messe diese Regierung nicht an Zitaten von Kretschmann aus seiner Oppositionszeit. Ich habe diesem ganzen grünen „Moraldeutsch“ von Anfang an nicht geglaubt. Deswegen ist das für mich nicht der Maßstab.
Für mich geht es vielmehr um die Frage: Was hat dieses Land groß gemacht? Groß gemacht hat unser Land beispielsweise der Soziologe Max Weber mit seinem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ aus dem Jahr 1921. Er hat die Idealvorstellung einer legalen Herrschaft mit bürokratischem Verwaltungsstab entwickelt, dies vor allem im Gegensatz zu früheren, teils ar chaischen Herrschaftsformen. Die Verwaltung erfolgt nach Max Weber nach allgemein angebbaren Prinzipien. Seine Prinzipien des Berufsbeamtentums haben ihren Niederschlag im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gefunden.
Aber für diese grün-rote Regierung ist Max Weber eine blan ke Theorie aus ferner Zeit. Es hat in Deutschland noch nie ei ne Regierung gegeben, die nach einem Regierungswechsel 180 neue Stellen geschaffen hat.
Es hat in Deutschland noch nie eine Regierung gegeben, die die Ministerialverwaltung in so kurzer Zeit im Bereich über A 15 um 10 % aufgebläht hat. Es hat in Deutschland noch nie eine Regierung gegeben, die 180 Stellen geschaffen und prak tisch keine dieser Stellen im „Staatsanzeiger“ ausgeschrieben hat.
Die neuen Prinzipien heißen nicht mehr Eignung, Befähigung und fachliche Leistung. Die grün-rote Vorgehensweise erfolgt vielmehr nach den Prinzipien parteipolitische Ämterpatrona ge, Durchdringung der Institutionen und Sprungbeförderung. Sprungbeförderung, meine Damen und Herren, war früher ein Wort, von dem man nicht geglaubt hat, dass es der Wahrheit entspricht. Aber wenn man sich heute das „Haus Nils Schmid“ anschaut, kann man sehen, was da passiert.
Von Daniel Rousta war ja schon die Rede. Der Wahlkampflei ter wurde gleich nach B 9 besoldet. Der Konstanzer OB-Be werber Zylla erhält ohne Ausschreibung bis zu 6 800 € im Mo nat. Der Konstanzer SPD-Stadtverbandsvorsitzende wird statt in A 13 in A 15 eingestellt. Der Büroleiter von Nils Schmid: Sprungbeförderung von A 13 nach A 15. Der frühere SPDBundestagsabgeordnete Johannes Jung, jetzt Leiter der Lan desvertretung in Brüssel: früher B 3, jetzt B 6.
Meine Damen und Herren, das sind die Beispiele aus dem „Ministerium Nils Schmid“. Da waren wir noch gar nicht bei Winfried Hermann, jenem „gebändigten Rebellen“ und „Ge sinnungstäter“,
Er machte erst einmal den Fahrplanexperten der Bahnhofs gegner, also der „Bewegung“, wie er das nennt, zum Leiter seiner Zentralstelle. Dann setzte er einen Parkschützer ans Bürgertelefon.
Dann, Herr Sckerl, zu Beatrice Böninger, der Koautorin, mit der Sie gemeinsam ein Buch zum Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz am 30. September 2010 herausgegeben ha ben. Beatrice Böninger hat Pfarrer Bräuchle wegen Volksver hetzung angezeigt. Was macht sie jetzt? Sie ist Bürgerreferen tin zu Stuttgart 21
Herr Sckerl, ich kann in diesem Zusammenhang nur eines sa gen: Hören Sie endlich auf – vor allem nach dem gestern mit geteilten Ergebnis der Staatsanwaltschaft zu Mappus, zum Un tersuchungsausschuss und zum Verhalten bei Stuttgart 21 –,
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wer im Glashaus sitzt!)
Aber der Fisch fängt bekanntlich vom Kopf her an zu stinken. In der Landesvertretung Baden-Württembergs in Berlin ist Volker Ratzmann, der frühere Fraktionsvorsitzende der Grü nen im Berliner Abgeordnetenhaus, eingruppiert erst nach B 3, dann nach B 6
ein guter Mann; ich sage es Ihnen gleich –, als Koordinator für Bundesangelegenheiten zuständig. Aber er sagt nicht: „Ich möchte dem Land dienen“ oder: „Ich möchte dem SPD-Mi nister Peter Friedrich dienen.“ Nein, er sagt – Zitat aus dem „Tagesspiegel“ vom 14. Februar 2012 –, er wolle „den grü nen Link zwischen Kretschmann und Berlin enger knüpfen“. Nicht dem Land dient er, nein, der Partei – nach eigener Aus sage.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Der Ministerpräsident dient dem Land, Herr Mack!)
Sprungbeförderungen sind im Staatsministerium offensicht lich an der Tagesordnung. Bisher war ein Amtschef im Staats ministerium erst Ministerialdirektor und wurde dann nach vier, fünf Jahren zum Staatssekretär ernannt. Jetzt wird er so fort in B 10 eingruppiert. Man weiß ja nicht, wie lange man dort ist.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: B 10? Geislingen, oder was? – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Seit wann gibt es B 10?)
Wenn man das Ganze anschaut, bekommt man bestätigt, was man eigentlich schon immer ahnte. Unter Grün-Rot gelten nicht die weberschen Ideale der Verwaltung, sondern gilt die Waldorfideologie. Grün-Rot macht sich ungeniert diesen Staat zur Beute.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Bravo! – Weitere Zurufe)
Für die Möglichkeit, gescheiterte Minister in eine landes eigene Gesellschaft abzuschieben, sind Landespolitiker dankbar. Sollte z. B. die Ablösung der in der Kritik ste henden Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) nötig werden, wird Schmid froh sein, solche Mög lichkeiten zu haben.
Im Kultusministerium: Zeller als Vertriebsleiter nach Guts herrenart für die Gemeinschaftsschule, Rudolf Bosch sprung befördert nach B 3.
Beim grün-roten „Stelldichein – Stellmichein“ geht es aber um etwas ganz anderes. Diese sprungbeförderten Parteigenos sen sollen aus Baden-Württemberg ein anderes Land machen – darum geht es –,
ein Land ohne das bei den Grünen verhasste Projekt Stutt gart 21, über dessen Scheitern sich der Herr Ministerpräsident ja heimlich freuen würde,
ein Land mit einer klassisch linken Ausgabenpolitik, mit Zen tralismus, mit Nils Schmid und Bonde – „dann wächst halt mal ein Tal zu“. Und was sagte die Staatsrätin am vorvergan genen Samstag zur Bürgerbeteiligung?
Sie sagte, Bürgerbeteiligung bedeute nicht, dass die Menschen vor Ort alles selbst bestimmen könnten. Aha! Volksabstim mung nur, wenn es den Grünen passt?
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ausgerechnet von der CDU kommt das!)
Zur Schulpolitik: Mit der Abrissbirne will die Kultusministe rin das Bildungssystem knacken, den Einheitsbildungsplan durchsetzen und den Einheitslehrer auf den Weg bringen.