einfach löschen, indem Sie sagen – ich zitiere –, es dürfe kei ne wechselnden Mehrheiten geben, sonst sei die Koalition in ihrer Substanz gefährdet, dann irren Sie gewaltig.
Das nimmt Ihnen auch niemand mehr ab in diesem Land. Denn diese Koalition hat keine Substanz; das wissen Sie auch.
Dann darf ich Sie noch einmal daran erinnern: Wenn die CDU mit Ihnen nicht gegen Ihren Koalitionspartner, gegen das Aus stiegsgesetz zu Stuttgart 21 gestimmt hätte, dann hätte es auch nie eine Volksabstimmung gegeben. Das heißt, die wechseln den Mehrheiten gab es schon einmal, und Sie sind bis zum heutigen Tag glücklich, dass Sie uns haben,
Aber zu den Fakten. Erstens: Die bessere Lösung – „Filder bahnhof plus“ – kostet mehr Geld. Zweitens: Der „Filderbahn hof plus“ ist in den Finanzierungsverträgen zu Stuttgart 21 nicht geregelt. Das heißt, wenn es tatsächlich Mehrkosten gibt – das muss man genau überprüfen –, braucht man einen Ex tratopf für die Finanzierung. Das hat dann auch mit dem Kos tendeckel überhaupt nichts zu tun.
Das Land steht als Initiator des Filderdialogs in der finanziel len Mitverantwortung. Aber wenn es stimmt, was der Ver kehrsminister sagt, dass das Land sowieso nicht bereit ist, zu zahlen, dann müssen Sie das endlich laut sagen. Dann ist Ihr Filderdialog gescheitert, und die Antragsplanung und die An tragstrasse werden umgesetzt.
Klar ist aber auch: Die Deutsche Bahn AG hat Anspruch da rauf, dass Sie ihr bis zur nächsten Lenkungskreissitzung im Januar sagen, was Sie wirklich wollen.
(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Wir haben einen Anspruch darauf! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Wir, nicht die Bahn!)
Deshalb, meine Damen und Herren, geht es heute doch um viel mehr als um ein Bahnprojekt, um Kostenbeteiligung, um Kostenhöhen. Es geht doch in allererster Linie um die Glaub würdigkeit dieser Landesregierung, und es geht darum, mei ne Damen und Herren, welchen Respekt sie vor den Bürge rinnen und Bürgern hat. Denken wir an die verheerende Wir kung in der Öffentlichkeit. Denken wir an die Bürgerinnen und Bürger, die für Stuttgart 21 gestimmt haben und die die ewigen Diskussionen nicht mehr ertragen können. Der Streit um den Filderbahnhof ist keine Komödie, sondern in Wirk lichkeit eine Tragödie. Ich zitiere die „Stuttgarter Nachrich ten“ vom 6. November: Der Filderdialog stellt für die grünrote Landesregierung „einen zum Erfolg verdammten... Pro totyp der von ihr propagierten Bürgerbeteiligung dar“.
In diese Falle, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und Grünen, haben Sie sich selbst manövriert. Sie haben ein Fass aufgemacht, das andere jetzt bezahlen sollen. Sie wol len heute von den Konsequenzen Ihrer Politik nichts mehr wissen. Das nennt man schlicht und ergreifend Realitätsver weigerung.
Dabei hat der Herr Ministerpräsident doch gestern gesagt – ich habe es mitgeschrieben –: „Ich rate Ihnen, Tatsachen nicht zu ignorieren. Das hält auf Dauer niemand durch.“ Da kann ich nur sagen: Sie auch nicht.
Wenn Sie heute die Konsequenzen Ihrer Politik verleugnen, sind Sie entweder naiv oder zynisch – naiv nach dem Motto „Wir machen eine Bürgerbeteiligung, und dann schauen wir nachher einmal, was dabei herauskommt“, zynisch nach den Worten des Ministerpräsidenten „Gehört werden heißt noch lange nicht erhört werden“. Was geben Sie denn wirklich auf die Meinung und auf die Beteiligung der Menschen, auf Vol kes Stimme?
Diese Frage stellt sich aber nicht nur im Hinblick auf den Fil derdialog, sondern ganz grundsätzlich bei Stuttgart 21. Der Ministerpräsident sagt in seinem kürzlich erschienenen Buch „Reiner Wein – Politische Wahrheiten in Zeiten knapper Res sourcen“ – ich gebe es sinngemäß wieder –, dass ihn Ver tragstreue schon einmal nervt, und antwortet auf die Frage, ob er sich über ein Scheitern von Stuttgart 21 freuen würde – Zi tat –: „Heimlich auf jeden Fall.“
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist ja un glaublich!)
Herr Ministerpräsident, das ist an Zynismus nicht mehr zu übertreffen. Das lässt tief blicken. Ihre „Wahrheiten“ sind ein Schlag ins Gesicht der Menschen – nicht nur für die, die Sie gewählt haben, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger.
Diese Sätze haben auch mit Ehrlichkeit nichts zu tun. Sie zeu gen davon, welchen Respekt Sie in Wirklichkeit vor den Men schen haben. Sie zeugen davon, welchen Wert Ihr Bekenntnis zur Volksabstimmung und dazu, den Bürgerwillen tatsächlich umzusetzen, in Wirklichkeit hat. Ich frage Sie: Wie glaubwür dig ist ein Ministerpräsident, der öffentlich das eine sagt und sich heimlich das andere wünscht?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Na tionalpark Nordschwarzwald! – Abg. Jörg Fritz GRÜ NE: Jetzt reicht es!)
Jetzt wissen wir eines ganz bestimmt: Der Ministerpräsident respektiert alle Verfassungsorgane, nur nicht das Volk.
Das akzeptieren wir nicht. Hören Sie auf mit dem Verwirr spiel! Die Menschen in unserem Land haben etwas anderes verdient und haben ein Anrecht darauf.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich denke, es ist wichtig und notwen dig, ein paar Dinge klarzustellen. Herr Kollege Schmiedel hat gestern gesagt: „Was der Schmiedel sagt, gilt!“ Er hat am Wo chenende gesagt: „Die Koalition von Grünen und SPD wird nach 2016 fortgeführt.“ Das ist Punkt 1.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Dass Sie das heute schon umtreibt, ist unglaublich! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Peter Hauk)
Jetzt zur Aktuellen Debatte, in deren Titel steht: „Konsens zum Wohle des Landes“. Dass die beiden Fraktionen
Politik zum Wohle des Landes machen, haben Sie an der gest rigen Haushaltsdebatte gemerkt. Wir haben hier einen guten Haushalt vorgelegt,
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schuldenberg!)
Sie sprechen das Wohl des Landes an. Das Wohl des Landes ist in erster Linie den Finanzen geschuldet. Wenn wir über das Wohl des Landes reden, dann müssen wir über die Finanzen, über den Haushalt sprechen. Das steht im Vordergrund.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ihr wollt einen Blankoscheck zum Regieren!)