Protocol of the Session on November 15, 2012

Herr Staatssekretär, Sie haben entgegen den Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers gehandelt und den Innovationsfonds zu dem gemacht, was wir Liberalen verhindern wollten, näm lich zu einer Schatulle für die grüne Willkür, die sich über je de demokratische Grundregel ebenso erhaben weiß wie über Mindestanforderungen an Transparenz, wenn es um die Ver gabe von Steuermitteln geht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Jürgen Walter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der „Innovationsfonds Kunst“ ist ein großer Fortschritt für Baden-Württemberg. Die Kunst- und Kulturszene in Baden-Württemberg freut sich darüber, dass es dieses Instrument gibt. Das ist ein Instrument, das schon sehr lange gefordert war. Wir haben mit den 59 Projek ten, die wir hier gefördert haben, einen wesentlichen Beitrag auch zur kulturellen Bildung in diesem Land geleistet und werden ihn weiterhin leisten.

Die miesepetrige Rede der Opposition ärgert mich auch des wegen, weil wir hier in den vergangenen Jahren Kunst- und Kulturpolitik immer im Konsens betrieben haben. Ich wun dere mich, dass dieser Konsens ausgerechnet jetzt, nach dem Regierungswechsel, aufgekündigt wird.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Was ich nun gar nicht mehr verstehe, ist, dass der Kollege Kern – –

(Abg. Manfred Kern GRÜNE: Der Kollege Dr. Kern!)

Der Kollege Dr. Kern, Entschuldigung.

(Zuruf der Abg. Sabine Kurtz CDU)

Der Kollege Kern ohne „Doktor“ ist wesentlich einsichtiger.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Der ist auch kein „Doktor“!)

Herr Kollege Dr. Kern, ich habe es schon mehrfach dargelegt, und Sie können es auch im Bericht unseres Hauses zum Haus halt 2012 nachlesen: Es gibt zwar eine große Überschrift „In novationsfonds“, aber schon in diesem Haushalt wird erklärt, worum es insgesamt geht. Ich habe es im Rahmen der Haus haltsberatungen mehrmals erklärt, und ich habe es im Fach ausschuss mehrmals erklärt. Ich kann mich gut erinnern, dass Sie jedes Mal anwesend waren. Es muss doch irgendwann ein mal bei Ihnen hängen bleiben. Deshalb bitte ich Sie: Erzäh len Sie nicht immer wieder das Gleiche. Es wird nicht besser.

Es ist ein Innovationsfonds mit einem Volumen von 3 Milli onen €. Dann haben wir gesagt: Es gibt weitere 2 Millionen €. Davon gehen ca. 1,2 bis 1,3 Millionen € in die 2:1-Förderung. Es ist ja schön, dass die FDP/DVP dies 15 Jahre lang haben wollte. Sie haben es aber nie umgesetzt. Das ist der Unter schied zwischen Ihrer und unserer Politik.

Am witzigsten an Ihrer Argumentation finde ich, dass Sie jetzt eine Provenienzforschung fordern.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Das hat er aber nicht ge fordert!)

Doch, in dem Antrag. Genau dem haben wir bereits entspro chen. Bei der alten Regierung musste die Provenienzfor schung aus dem Etat des Kunstministeriums bezahlt werden. Jetzt haben wir durchgesetzt, dass sie aus dem Etat des Fi nanzministeriums bezahlt wird. Sie fordern also etwas, was wir umgesetzt haben.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ja, das ist alles in Ord nung!)

Ich kann Ihre Aussagen wirklich nicht nachvollziehen.

Sie sollten auch sehen – die Kollegin Heberer hat darauf hin gewiesen –, dass ein Innovationsfonds auch Bestandteil der Kunstkonzeption ist. Wir haben den Innovationsfonds als ei nen Einstieg in die Umsetzung der Kunstkonzeption „Kultur 2020“ begriffen und begreifen ihn immer noch in diesem Sinn.

Das Problem, Kollege Dr. Kern, ist doch: Es gab 2010 zwar einen einstimmigen Beschluss dieses Landtags, dass diese Kunstkonzeption umgesetzt werden soll. Aber als noch die FDP/DVP an der Regierung beteiligt war, wurde dafür nicht ein einziger Euro in den Haushalt und in die mittelfristige Fi nanzplanung eingestellt. Das ist doch das Problem. Deswe gen müssen wir jetzt allmählich anfangen, auch die finanziel len Mittel für die Umsetzung einzustellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es gibt drei Linien: innovative Projekte, interkulturelle Bil dung und kulturelle Bildung. Die Kollegin Kurtz hat gesagt, das Publikum von morgen werde nicht erreicht. Genau das machen wir aber. Es gibt z. B. ein internationales und inter disziplinäres Kunstprojekt, bei dem 18 Gesangsstudenten mit 18 Jugendlichen mit Migrationshintergrund unter professio neller Anleitung die 18 Lieder des Werkes „Turm zu Babel“ von Maurice Kagel neu erarbeiten. Direkter kann man doch gar nicht mit Menschen arbeiten. Projekte dieser Art gibt es viele.

Das Theater in Pforzheim spielt gemeinsam mit dem Staats theater Karlsruhe Theater in Wohnzimmern von Migranten. Das ist ein innovatives Projekt. Wenn Sie das schlechtreden, tut es mir leid. Damit erreichen wir aber Menschen, die sonst nicht ins Theater gehen. Das entspricht doch dem Auftrag ei nes Innovationsfonds und der Kunstkonzeption. Genau das wird jetzt umgesetzt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich könnte Ihnen noch viele weitere Projekte vorstellen. Las sen Sie mich noch auf ein dreiwöchiges Kinder- und Jugend theaterfestival über Grenzen hinweg hinweisen, das in Offen

burg im Theater BAALnovo stattfinden wird. Auch da wird aktiv Theater gespielt. Das ist ein Einstieg, wie wir ihn uns wünschen. Auch hier gibt es noch viele ähnliche Projekte.

Meine Damen und Herren, wenn ein Innovationsfonds einge führt wird, müssen die Erfolge dieses Innovationsfonds zu ei nem späteren Zeitpunkt überprüft werden. Das werden wir auch bis zur nächsten Ausschreibung tun. Welche Verände rungen müssen erfolgen? In welchen Bereichen muss die Aus schreibung klarer formuliert werden? In welchen Bereichen muss man mehr zulassen? All das werden wir überprüfen.

Es ist aber natürlich nicht so, dass hier ein Ministerium oder ein Staatssekretär nach Gutdünken entscheiden würde. Herr Kollege Dr. Kern, das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf. Ich le se Ihnen noch einmal vor, wie die Jury besetzt war. Die Jury hat entschieden, ohne dass wir Einfluss genommen haben. Mit Ihrem Vorwurf tun Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums mehr als Unrecht.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das mit der Jury war unser Vorschlag!)

Wir haben Leute ausgewählt, die etwas davon verstehen. Ich möchte an den früheren kunstpolitischen Sprecher der CDUFraktion, Herrn Oberbürgermeister Palm aus Fellbach, erin nern. Glauben Sie, dass dieser sich von irgendwelchen priva ten Geschichten leiten lässt? Er und auch alle anderen, die in dieser Jury sitzen, entscheiden, was ihrer Meinung nach gut ist. So wird das Geld vergeben, und so wird es auch weiter hin gehandhabt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Jetzt zum Vorwurf, das seien nur Projekte, das sei nicht nach haltig. Meine Damen und Herren, das Problem war doch, dass wir in vielen Bereichen bei der früheren Regierung einen so genannten Closed Shop hatten, dass also diejenigen, die drin waren, Geld bekamen und diejenigen, die neu waren, nichts bekamen.

Natürlich muss aber auch in Kunst und Kultur Neues auspro biert werden. Selbstverständlich soll die Projektförderung die institutionelle Förderung nicht ersetzen. Das ist auch gar nicht das Ziel, und es ist auch nicht unser Wunsch. Im Gegenteil, wir möchten viele Institutionen und Einrichtungen kontinu ierlich fördern, damit diese Förderung auch wirklich nachhal tig ist.

Nun werden aber neue Projekte an uns herangetragen. Es wur den sogar Anträge von Theatergruppen gestellt, von denen kein Mensch im Ministerium jemals gehört hatte. Wir muss ten erst Erkundigungen einholen, um feststellen zu können, ob das zuverlässige Leute sind. So innovativ ist das. Wenn uns gemeldet wurde, dass das ein gutes Projekt sei und zuverläs sige Leute dahinterstünden, dann ist das Geld dorthin geflos sen. Das müssen wir doch auch zukünftig tun.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ist das ein polizeili ches Führungszeugnis?)

Nein, es war kein polizeiliches Führungszeugnis nötig. Da rüber können wir auch gern einmal bilateral reden. Ich kann Ihnen auch gern einmal die Projekte vorstellen, Herr Kollege.

Diese Jury verlangte sehr viel Qualität. Vorhin hieß es, die Kleinen seien nicht zum Zuge gekommen. Kleine Theater, so ziokulturelle Zentren und Amateurtheater bekommen circa ei ne halbe Million Euro aus diesem Fonds. Ich finde, das ist Geld, das sie sich redlich verdient haben. Sie sind um jeden Euro froh.

Deswegen hören Sie doch bitte auf, das alles schlechtzureden. Wir haben hier ein neues Instrument geschaffen. Ich weiß, Sie haben mit Neuem oft Schwierigkeiten, aber wir lassen uns nicht davon abhalten.

Wenn Sie konkrete Änderungsvorschläge jenseits der Kritik haben, Herr Dr. Kern, die Sie heute angebracht haben, sind wir gern bereit, darüber zu sprechen. Das soll ja auch im Di alog mit dem Parlament geschehen. Aber hören Sie bitte auf, Dinge zu kritisieren, die an den Haaren herbeigezogen sind. Das schadet nur der Stimmung in der Kultur- und Kunstsze ne. Unterstützen Sie uns dabei, dass wir auch weiterhin in Ba den-Württemberg eine innovative, kreative und gute Kunst- und Kulturszene haben.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf: Bravo!)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol legin Sabine Kurtz.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, es ist überhaupt nicht so, dass der Konsens im Bereich von Kunst und Kultur hier im Haus aufgegeben worden wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Aber es müssen alle dazu beitragen. Das ist eine Gemein schaftsaufgabe.

Für die CDU kann ich sagen, dass wir es durchaus für wich tig und wertvoll halten, dass wir daran festhalten, ganz im Sin ne auch der Künstlerinnen und Künstler.

Ich bestreite überhaupt nicht, dass jedes einzelne Projekt, das Sie angesprochen haben, gut und wertvoll ist. Ich dachte, ich hätte das mehrfach und deutlich genug gesagt.

Aber Sie sind nicht auf Projekte eingegangen, die ich mögli cherweise fraglich finde. Sie sind nicht auf die Frage einge gangen, ob nicht das eine oder andere dabei ist, mit dem man einmal geschwind eine Kernaufgabe ausgelagert hat. Das Stichwort dazu war: Digitalisierung als Kernaufgabe von Bibliotheken und Archiven.

Sie sind auch nicht darauf eingegangen, was denn nun mit den übrigen 1 Million € geschieht, die Sie nicht ausgegeben ha ben. Auch im nächsten Haushaltsplan sind enorme Summen enthalten für Personalaufwand, Sachaufwand und Überwei sungen an die Gemeinden. Das kann man aber gern in den Haushaltsberatungen noch vertiefen, wenn Sie heute noch nicht in der Lage sind, dazu etwas zu sagen.