Es kommt natürlich auch darauf an, ob wir gerade in einer Phase der Krise oder in einer Phase des konjunkturellen Hochs sind.
Aber grundsätzlich gilt tendenziell über die Jahre hinweg, dass mehr ausgegeben als eingenommen wird.
(Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben ja nicht einmal das Lebensarbeitszeitkonto eingeführt, das ein Instrument gewesen wäre!)
Deshalb ist klar, dass der Schlüssel zur Nachhaltigkeit darin liegt, dass wir dieses strukturelle Defizit, diese Lücke werden ausgleichen müssen. Aber das geht eben nicht mit dem schnel len Rotstift, sondern mit strukturellen Maßnahmen, mit Auf gabenkritik, mit Entbürokratisierung, mit der Anpassung von Standards.
(Abg. Peter Hauk CDU: Mehr Minister, mehr Minis terialdirektoren! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Aber welche, sagen Sie nicht! – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)
So steht es in unserem grün-roten Koalitionsvertrag, Herr Kol lege Hauk, den ich Ihnen gleich zum Nachlesen mitgeben wer de.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Die Weltmeister im Aufblähen wart ihr doch immer!)
CDU und FDP/DVP hatten eine Haushaltsstrukturkommissi on. Sie hat getagt und getagt und getagt und sich in ganz klei nen Karos verzettelt. Wir wollen eine strategische Haushalts steuerung einführen, die von einem Kabinettsausschuss ge steuert wird und die ganz konkrete Maßnahmen mit dem Ho rizont 2020 umsetzen wird.
Mancher, der bisher nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“ handelte, wird sich neu orientieren müs sen. Alle, die Vorschläge für Strukturverbesserungen machen, sind herzlich willkommen.
In der Vergangenheit haben Sie viele Lasten unter den Tep pich gekehrt, Daueraufgaben in Schattenhaushalte verlagert, die Vermögenssubstanz des Landes heruntergewirtschaftet.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der CDU: Alles leere Sprüche! – Lachen der Abg. Muhterem Aras GRÜNE – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die SPD tut sich deutlich schwer mit dem Applaus!)
Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir uns auf den Weg machen und als Erstes einen Kassensturz vornehmen, um all das, was Sie unter den Teppich gekehrt haben – und dieser Teppich ist groß –, endlich ans Tageslicht zu bringen.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Nehmen Sie die Steu ermehreinnahmen und machen als Erstes die Null verschuldung im Jahr 2011, dann brauchen Sie nicht viel zu stürzen!)
Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu wis sen, wie die finanzielle Situation dieses Landes aussieht.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Da braucht man nur die mittelfris tige Finanzplanung zu lesen!)
Ich habe Ihnen dargelegt, wie wir in Zeiten des Wandels eine nachhaltige und verlässliche Politik gestalten wollen.
(Unruhe – Glocke des Präsidenten – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Der Herr Präsident braucht ei ne neue Glocke!)
Wir, Grüne und SPD, haben uns im Koalitionsvertrag auf ei ne gemeinsame Politik für die nächsten fünf Jahre verständigt. Wir werden die Herausforderungen und die Chancen, die vor uns liegen, gemeinsam annehmen.
Wir werden diese Politik im Interesse des Landes betreiben. Wir werden sie in fairer Partnerschaft mit den Kommunen und im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie allen ge sellschaftlichen Akteuren vorantreiben.
Zentral sind für uns eine ökologische und soziale Modernisie rung von Wirtschaft und Gesellschaft, die Schaffung bester Bildungschancen für alle, die nachhaltige Konsolidierung des Landeshaushalts und mehr Bürgerbeteiligung auf allen Ebe nen.
Lassen Sie mich mit einem chinesischen Sprichwort schlie ßen: „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Wir werden Windrä der bauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle darf ich einen Willkommensgruß aussprechen. Unter den Gästen auf der Besuchertribüne befinden sich Freunde aus Vorarlberg. Ich begrüße ganz herzlich das Erwei terte Präsidium des Vorarlberger Landtags, an der Spitze Frau Landtagspräsidentin Dr. Bernadette Mennel. Ein herzliches Willkommen Ihnen und Ihrer Delegation!
Ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es eine beson dere Beziehung ist, die wir zwischen Vorarlberg und BadenWürttemberg pflegen. Schon im Jahr 1973 besuchte uns die erste Vorarlberger Parlamentsdelegation, und es gab seitdem immer wieder Kontakte und Besuche.
Ich wünsche Ihnen auch heute einen guten Informations- und Gedankenaustausch. Sie haben im Laufe des Tages Gelegen
heit, mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag zusam menzutreffen. Einen guten Aufenthalt in Baden-Württemberg!
Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, fahren wir mit unserer Debatte fort. Das Wort hat der Redner der SPD-Frak tion. – Bitte schön, Herr Abg. Schmiedel, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ich will gleich mit dem härtesten Vorwurf beginnen, der vom Kollegen Hauk vorgebracht wurde. Der härteste Vorwurf war, dieser Koalition liege keine innige Lie besbeziehung zugrunde.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was? – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist Ihre Interpretation! – Un ruhe)
(Heiterkeit – Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wer will Sie denn noch? Sie sind schon längst vergeben! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Man muss nehmen, was da ist! – Unruhe)
Man schaut sich einfach um: Was ist da im Angebot? Da ist es einfach so, dass man sich in diese hübsche grüne Braut ver lieben muss.
(Heiterkeit – Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das heißt, man muss sie sich schöntrinken! – Zuruf von der CDU: Aber der Heiratsantrag ist nicht von euch ge kommen! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das war eine arrangierte Ehe! – Unruhe)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Minis terpräsident hat seine Regierungserklärung, zu der ich ihm im Namen der SPD-Fraktion gratuliere, begonnen mit einer Be sinnung auf das, was das Land Baden-Württemberg stark und wohlhabend gemacht hat: mit der Erinnerung an die Gründer jahre – so lange gibt es die CDU noch gar nicht; damals gab es schon die SPD, aber die CDU gab es noch nicht –,
in denen ein vormals armes Land, aus dem die Menschen aus wandern mussten, weil sie hungerten, zu einem starken Indus trieland wurde. Die Grundlage dieses industriellen Wachstums waren Ideen, technologische Revolutionen, aber auch ein Ar beitskräftepotenzial, das in der Landwirtschaft nicht mehr be nötigt wurde, in die Städte zog und als Arbeitnehmerschaft zur Verfügung stand.
Eine weitere Grundlage für den Wohlstand in Baden-Würt temberg hat Ferdinand von Steinbeis gelegt – wir würden heu te sagen: Wirtschaftsminister im Königreich Württemberg –,
der als einer der Ersten erkannt hat, dass man gelernte, quali fizierte Fachkräfte braucht, um gute Produkte liefern und im
internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Er hat die Grundlage für die berufliche Ausbildung gelegt.