Herr Kollege, ich habe viel Verständnis dafür, dass Sie Ihre Rede vortragen. Aber wenn Sie mir vorhin zugehört hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass alles abgedeckt gewesen ist.
Ich frage Sie, was Sie von folgender Aussage in der „Schwä bischen Zeitung“ halten und ob diese zutrifft – ich darf zitie ren, Frau Präsidentin –:
Schulen brauchen in Zukunft mindestens 40 Fünftkläss ler und zwei Klassen – dies haben die Regierungsfrakti onen von Grünen und SPD beschlossen. Kleineren Schu len droht damit die Schließung.
Das heißt doch eindeutig, dass dieses Konzept langfristig – nicht mittelfristig, sondern langfristig – gegen den ländlichen Raum ist. Sind Sie auch dieser Meinung?
Das ist ein Teil des Namens. Das möchte ich richtigstellen. – Sie haben das sicherlich gestreift, aber ich habe das präzisiert.
Ich denke, wir werden uns trotzdem auf die Gemeinsamkei ten verständigen und für alles die beste Lösung finden.
Aber, Herr Kollege Dr. Bullinger, eine zeitgemäße Anfrage zur Situation des ländlichen Raums hätte die eine oder ande re Seite besser präzisieren können.
Auch die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen – das möch te ich auch anschneiden – stärkt den ländlichen Raum, weil an diesen Standorten auch viele Real- und Werkrealschulen weiterbestehen könnten.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Streichung von Posten!)
Die Bürger wollen keinen Verwaltungsapparat in ihrer Nähe, sondern eine Polizei, die auch kommt, wenn man sie braucht.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Kripo von Waiblingen nach Rothenburg ob der Tauber! – Gegenruf des Abg. Georg Nelius SPD: Nichts ka piert!)
Unsere Reform dient deshalb der Sicherheit in allen Regio nen unseres Landes und ganz besonders im ländlichen Raum.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der SPD: Richtig! – Abg. Thomas Blen ke CDU: Hat Ihnen der Innenminister das aufge schrieben?)
Lassen Sie mich noch einen weiteren wichtigen Aspekt anfü gen: Auch die Einrichtung eines Nationalparks im weltbe rühmten Schwarzwald wird dem ländlichen Raum nutzen und ihn stärken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Den Bor kenkäfern vor allem!)
Ob Gewerbe, Gemeinden, Tourismusbranche: Alle werden da von profitieren. Die Attraktivität dieses Lebensraums für jun ge Familien wird damit auch wachsen.
Meine Damen und Herren, Probleme zu skizzieren, wo keine sind, schadet nur dem Image des ländlichen Raums.
Sie sehen in allen Bereichen, ob Wirtschafts-, Bildungs-, Ag rar- oder Innenpolitik: Die Menschen im ländlichen Raum können sich auf die grün-rote Landesregierung verlassen und unbesorgt in die Zukunft schauen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf: Jawohl! – Abg. Thomas Blenke CDU: Glau ben Sie eigentlich, was Sie sagen?)
Wir werden deshalb unbeirrt mit all diesen Vorhaben zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger fortfahren – im Übrigen auch mit Zustimmung einer breiten Mehrheit der Menschen in unserem Land.
Das Wort für die Landes regierung erteile ich Herrn Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Bonde.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Die heute vorliegende Große Anfrage bie tet die Gelegenheit, ein paar Ausführungen über die Situation in unseren ländlichen Räumen zu machen. Baden-Württem berg ist ein Flächenland, das aus der Stärke seines ländlichen Raums die Stärke des Landes insgesamt entfaltet hat. Nach unseren Raumordnungskategorien leben 34 % unserer Bürger im ländlichen Raum, und 70 % der Landesfläche sind ländli cher Raum. Was Baden-Württemberg von allen anderen Bun desländern unterscheidet ist, dass der ländliche Raum bei uns auch ein starker Wirtschaftsstandort ist.
Die 34 % der Bevölkerung, die bei uns im ländlichen Raum leben, machen 30 % der Wertschöpfung unseres Landes aus. Die Wirtschaftskraft des ländlichen Raums liegt also nahe an der Wirtschaftskraft der Metropolen, und die Lebensverhält nisse im ländlichen Raum liegen nahe an den Lebensverhält nissen in den Metropolen.
Diese Stärke des ländlichen Raums wollen wir, die Landesre gierung, halten. Wir haben hier einen Vorteil gegenüber allen anderen Ländern. Auch bei dem starken Nachbarn im Osten, Bayern, macht sich eine ganz andere Schere zwischen städti schen Räumen und ländlichen Räumen auf. Insofern haben wir hier ein Alleinstellungsmerkmal, das es zu bewahren gilt.
Aber auch im ländlichen Raum gibt es Herausforderungen: die demografische Entwicklung, also die Veränderung der Al tersstruktur, aber auch eine Veränderung der Lebensgewohn heiten in der Gesellschaft, was seit 2005 zu einer Veränderung der Wanderungsstrukturen geführt hat. Die frühere Entwick lung, dass immer mehr Menschen aus den städtischen Räu men in den ländlichen Raum gezogen sind,
hat sich umgekehrt. Wir haben jetzt den Trend aus den länd lichen Räumen zurück in die städtischen Gebiete. In einer Si tuation der verschärften Konkurrenz um Facharbeitskräfte ist das eine Herausforderung für den ländlichen Raum.
Jetzt stellt sich diese Situation aber unterschiedlich dar. Im Wahlkreis des Kollegen Beck gibt es dramatische Rückgän ge der Bevölkerungszahl im ländlichen Raum, und bei Ihnen, Herr Bullinger, ebenfalls im ländlichen Raum, besteht eine Situation mit Zuwachs, wie Sie sie beschrieben haben. Es sind also sehr unterschiedliche Entwicklungen, die gleichzeitig im ländlichen Raum stattfinden.
Wir haben gleichzeitig auch eine Veränderung der Wirtschafts struktur, die Herausforderungen mit sich bringt. Eine der Be sonderheiten unserer Wirtschaftsstruktur ist, dass wir im länd lichen Raum beispielsweise eine deutlich höhere Bedeutung des produzierenden Gewerbes haben. Der Anteil des produ zierenden Gewerbes an der Wertschöpfung liegt in den länd lichen Räumen bei uns im Schnitt um zehn Prozentpunkte hö her als in den städtischen Räumen. Das erklärt übrigens auch die unterschiedliche Situation während der Wirtschaftskrise und weshalb der ländliche Raum in Baden-Württemberg schneller aus der Krise wieder herausgekommen ist als die städtischen Räume. Das ist eine Stärke, die es zu erhalten gilt, die aber natürlich auch eines deutlich macht, nämlich dass man mit einer klugen Strukturpolitik sowohl der Gemeinden und der Kreise als auch des Landes hier ansetzen muss.