Protocol of the Session on July 18, 2012

Es soll doch niemand sagen, diese Technologien wären nicht schon auf dem Markt. Mittlerweile gibt es Hersteller, die für Privathaushalte über einen Abschreibungszeitraum von über 20 Jahren gerechnet im Prinzip für 20 Cent pro Kilowattstun de einen vernünftigen Kleinspeicher anbieten. Kollege Loche rer weiß, wovon ich spreche.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch dummes Zeug! Eine Batterie hält doch nicht 20 Jahre!)

Entschuldigung, das ist billiger als der Strom, der heute am Markt vom Privatkunden, vom Tarifkunden bei der EnBW be zogen werden muss. Ich kann nur sagen: Setzen Sie solche Anreize.

Zur Frage der Großspeicher: Aktuell fehlen für Baden-Würt temberg eigentlich bereits 4 GW. Das heißt, wir brauchen ei nen deutlichen Zubau, und zwar entweder, indem wir nach barschaftliche Lösungen anstreben – Herr Ministerpräsident, Sie besuchen demnächst das Land Vorarlberg; ich kann Ihnen nur empfehlen, weiter auf die Partnerschaft mit Vorarlberg zu setzen, weil wir diese Kapazitäten für die Zukunft auch nut zen müssen –, indem wir auf großtechnische Lösungen setzen und sagen: „Speicher in Norwegen“, oder indem wir auch auf eigene Lösungen setzen. Dabei haben wir gegenüber dem Norden deutliche und unbestreitbare Vorteile, weil wir über die entsprechende Topografie verfügen, dass auch tatsächlich das Wasser von der Höhe in die Tiefe fallen und Kräfte ent wickeln kann. Das kann man oben in Mecklenburg-Vorpom mern oder in Brandenburg nicht machen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Das heißt, auch für die Wasserkraft erwarten wir, Herr Um weltminister, von Ihnen ein Speicherkonzept für Baden-Würt temberg. Wir erwarten eine schnelle Vorlage, weil das Spei cherkonzept die zweite unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass die Energiewende mit erneuerbaren Energien, mit Wind und Fotovoltaik überhaupt gelingt.

(Beifall bei der CDU)

Drittens: Für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energi en, der von uns gemeinsam angestrebt wird, brauchen wir auch den Ausbau der Stromnetze. Dabei geht es nicht nur um den Ausbau im Hochspannungsbereich, für den der Bund zu ständig ist. Ob allerdings die Maßnahmen des Bundes ausrei chen, wage ich, ehrlich gesagt, im Augenblick noch zu be zweifeln. Das sage ich ganz offen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Das liegt jedoch im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Wir brauchen einen Ausbau auch im Mittel- und Niederspannungs bereich, und damit kommen wir zum Zuständigkeitsbereich des Landes. Wir müssen die Stromtrassen im Land ausbauen, weil in Zukunft viele dezentrale Erzeuger hinzukommen wer den, die auf Fotovoltaik, Windräder, Biogas usw. setzen. Die Zahl dieser Erzeuger wird quantitativ und qualitativ zuneh men. Mit dem fortschreitenden Ausbau werden es immer mehr werden. Diese müssen besser ans Netz angebunden werden.

Deshalb, Herr Minister Untersteller, erwarten wir, dass schleu nigst ein Netzausbaukonzept des Landes Baden-Württemberg für den Mittel- und Niederspannungsbereich vorgelegt wird. Bisher: Fehlanzeige; große Töne, aber nichts dahinter.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Ministerpräsident, ich bin ja schon froh, dass Ihr Um weltminister in einem Punkt Einsicht bewiesen hat: Früher war er immer für die Zerschlagung der EnBW und insbeson dere für die Zerschlagung des Stromnetzes sowie für einen Verkauf der Netzgesellschaft. Heute ist er immerhin zu der Einsicht gelangt, dass eine einheitliche Betriebsführung not wendig ist. Dazu kann ich nur sagen: Weiter so, Herr Minis ter. Sie sind auf dem rechten Weg der Erkenntnis. Das ist voll kommen in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich kann die Kommunen, die rekommunalisieren wollen, ei gentlich nur warnen. Ich warne dabei nicht vor der Übernah me des Eigentums. Das ist vollkommen legitim. Wenn sie re kommunalisieren und das Eigentum an den Netzen zurücker langen wollen, ist das vollkommen in Ordnung. Die Betriebs führung der Netze muss aber in einer Hand liegen, damit die Steuerbarkeit in der Zukunft überhaupt noch gegeben sein kann. Das ist der entscheidende Punkt.

Wenn es nicht anders geht – das wird man in zwei bis drei Jah ren sehen –, muss man die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Stromversorgungssicherheit gewähr leistet ist und die Netzspannung stabil bleibt. Denn das ist für die Wirtschaft und für die Tarifkunden unabdingbar.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das steht doch im Energiekonzept!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, viertens brauchen wir eine Novelle des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. Das noch unter der CDU-geführten Landesregierung eingeführte Gesetz hat sich bewährt. Damit wurden wir zum bundesweiten Vor reiter in Sachen Klimaschutz und Energieeinsparung. Andere Länder und auch der Bund sind diesem Beispiel mittlerweile gefolgt.

Sie haben jetzt die Gelegenheit und auch die Mehrheit dazu, dieses erfolgreiche Gesetz weiterzuentwickeln. Nutzen Sie die Chance! Erhöhen Sie dabei den Anteil erneuerbarer Energien bei Gebäudesanierungen von bisher 10 % auf zukünftig 15 %, und beziehen Sie die Potenziale der Energieeffizienz gleich berechtigt mit der Frage der erneuerbaren Energien mit ein. Das wäre eine für alle vernünftige gesetzliche Vorgabe, weil wir damit das Thema Energieeffizienz gesetzgeberisch „anlif

ten“ und weil damit klar wird, dass der Ausbau erneuerbarer Energien einerseits und Energieeffizienz andererseits zusam mengehören.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Ich kann Sie nur ermuntern, dabei auch die öffentlichen Ge bäude mit einzubeziehen. Wir haben uns damals, vor der Zeit der Energiewende, aus anderen Gründen – –

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Was sagen Sie?)

Konstruktiv zu sein heißt, festzustellen, in welchen Berei chen sich Veränderungen ergeben haben. Fukushima und die Energiewende bedeuten Veränderungen, denen man sich stel len muss. Ich sage Ihnen ganz klar: Damals haben wir uns ge gen die Einbeziehung der öffentlichen Gebäude und auch der Landesgebäude gestemmt. Heute sind wir dafür, weil nach der Energiewende alle Potenziale zwingend ausgenutzt werden müssen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von den Grünen und der SPD)

Fünftens: Wir brauchen dringend den Ausbau der Kraft-Wär me-Kopplung. Herr Ministerpräsident, Sie haben bereits dar auf hingewiesen, dass in der Kraft-Wärme-Kopplung große Potenziale liegen. Das ist wahr. Diese Analyse ist wohlfeil und wunderbar. Wo aber bleiben die konkreten Taten? Wir erwar ten konkrete Taten mit dem Ziel des Ausbaus der Kraft-Wär me-Kopplung. Denn noch immer wird entstandene Wärme bei Produktionsprozessen über teure Anlagen gekühlt oder ein fach an die Umluft abgegeben. Über die Kraft-Wärme-Kopp lung lässt sich eben auch die Wärme für Heizzwecke, für Fern wärme, aber auch für Kälte im Sommer entsprechend nutzen.

Wir wollen damit auch klarmachen: Kraft-Wärme-Kopplung ist auch ein Teil der ökonomischen Entwicklung im Bereich der Energiewende. Sie ist Teil eines funktionierenden Wett bewerbs hin zur Energiewende. Denn es ist in der Tat richtig: Wenn Wärme nicht genutzt wird, dann geht ein großer Teil des Inputs verloren. Aber es fehlt auch wirtschaftlich gesehen ein großer Teil, nämlich das, was hier für den Bau von neuen Kraftwerken oder den Weiterbetrieb von alten Kraftwerken eingesetzt werden muss.

Deshalb ist es unabdingbar, die Voraussetzungen für die Nut zung der Wärme zu schaffen. Wir haben bei den letzten Haus haltsberatungen konkret vorgeschlagen, das Fern- und Nahwär mekonzept weiter auszubauen. Den Bioenergiedörfern geben wir schon heute 20 % der Investitionskosten für den Ausbau des Netzes. Das sind Investitionsförderungen, die einmalig anfallen. Wir brauchen dieses Netz, um die Kraft-WärmeKopplung überhaupt nutzen zu können.

Das heißt, mit der Anschubfinanzierung, mit der Investitions förderung der Netze schaffen Sie eine Triebfeder für neue Wirtschaftlichkeiten, für neue ökonomische Anreize zur Nut zung der Kraft-Wärme-Kopplung, die auch dafür unabding bar ist, dass neue Kraftwerke gebaut werden – kleine wie gro ße. Das ist der ganz entscheidende Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Sechstens: Wir brauchen mehr Forschung im Bereich der er neuerbaren Energien. Das KIT in Karlsruhe ist eine der ers ten Adressen in Europa, wenn es um die Frage der Forschung zu erneuerbaren Energien und zukunftweisenden Speicher technologien geht. Das kostet auch Geld.

Wir fordern daher den Erhalt des weiteren Ausbaus der Finan zierung für Universitäten, die im Bereich der erneuerbaren Energien forschen. Wir fordern Sie im konkreten Fall auch dazu auf, das KIT so auszustatten, dass es diese Forschungen weiter vorantreiben kann – unabhängig vom formalen Status einer Eliteuniversität.

Der Bund nimmt aktuell zusätzlich 50 Millionen € für die For schung in die Hand. Nun können wir nicht so einfach Mittel aus dem Haushalt „herausleiern“; die Zwänge sind uns allen bekannt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wa rum Sie sich weigern, innerhalb der Baden-Württemberg Stif tung zusätzliche Forschungsmittel für die Bewältigung der un bestreitbaren Herausforderung Energiewende loszueisen, wa rum Sie dort keinen Schwerpunkt setzen, das bleibt schleier haft.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir haben gefordert, einen Studiengang Kapazitätsmärkte zu schaffen. Das haben Sie gleichfalls abgelehnt. Jetzt wollen Sie ein Kapazitätsmarktmodell. Der Umweltminister doktert mit Trittin und anderen daran herum. Das ist eine planwirtschaft liche Subventionsmaßnahme sondergleichen, die die Stein kohlesubventionierung weit in den Schatten stellen wird – wenn es denn so kommt.

(Lachen des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Genau so ist es. Herr Kollege Walter, Sie mögen für Kunst und Kultur hier zuständig sein, aber in den Fragen der Öko nomie haben Sie doch noch erheblichen Nachholbedarf.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Auch bei ande ren Themen! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Bei anderen Themen auch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen – sieb tens – im Haushalt insgesamt mehr Geld für die Energiewen de. Die Kollegin Sitzmann wird uns wie immer – beim letz ten Mal traf es den Kollegen Nemeth – vorwerfen: „Am Abend für mehr Geld, am nächsten Tag für Haushaltskonso lidierung.“

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist Ihre Dis ziplin!)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen doch, dass wir in diesem Jahrzehnt zwei große Herausforde rungen gemeinsam bewältigen müssen. Die erste ist die Null neuverschuldung und die Konsolidierung des Haushalts. Das ist eine Herausforderung dieses Jahrzehnts. Die zweite große Herausforderung in diesem Jahrzehnt ist in der Tat die Ener giewende. Dort muss man Prioritäten setzen, auch wenn dann in anderen Bereichen Posterioritäten gesetzt werden müssen. Das ist, glaube ich, die Kunst.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Wie ist das beim Straßenbau, Herr Kollege?)

Für die Energiewende müssen Prioritäten gesetzt werden.

Der Umweltminister rühmt sich, dass man die Mittel dafür im Haushalt verdoppelt habe. Es ist wahr: Der Gesetzgeber hat mehrheitlich die Mittel von 10 auf 20 Millionen € erhöht. Aber das bleibt hinter den Notwendigkeiten in diesem Sektor zu rück. Dabei sollte man doch alles tun, damit die Energiewen de tatsächlich gelingt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Dann war neben dem Landesplanungsgesetz ein Zweites ge rühmt: Es wird auf das Thema Gebäudesanierung verwiesen und gesagt: Da sind wir dabei. Im Bund haben Sie bislang je doch bei der Gebäudesanierung nicht einmal vermittelnd et was hinbekommen. Das wäre aber dringend notwendig. Wir wissen, dass es nicht nur rot-grün oder grün-rot regierte Län der sind, die blockieren, sondern dass es auch schwarz regier te Länder gibt, die blockieren. Aber ich sage ganz offen: Es kann nicht die Auffassung der Länder sein, dass der Bund al les zu finanzieren hat, was mit Energiewende zu tun hat.

(Abg. Norbert Beck CDU: So ist es! Genau!)

Das ist ein Gemeinschaftsprojekt, und für dieses Gemein schaftsprojekt muss man sich auch gemeinschaftlich engagie ren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deshalb fordern wir Sie auf: Brechen Sie die Blockadehal tung in der Ablehnungsfront der Länder auf. Sie sind Regie rende, und Sie haben diese Aufgaben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben im Dop pelhaushalt beantragt, weitere Mittel für die Energiewende frei zu machen, allerdings nicht für Programme mit Mitnah meeffekten. Ich kann mich an die letzte Debatte hier erinnern, als sich der Umweltminister für ein Darlehensprogramm ge rühmt hat: „Wunderbar, wir haben die Förderangebote des Bundes noch einmal verstärkt und die KfW-Mittel um immer hin sage und schreibe 0,3 Prozentpunkte weiter verbilligt.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Mitnah meeffekte, nichts anderes. Denn bei den derzeit niedrigsten Zinssätzen in der Historie der Bundesrepublik überhaupt ist die Reduzierung um noch einmal 0,3 Prozentpunkte etwas, was man mitnimmt – und dafür geben wir derzeit jährlich 5 Millionen € aus! Dieses Geld wäre für Netze, für Nah- und Fernwärmenetze, und bei der Kraft-Wärme-Kopplung deut lich besser eingesetzt als für solche Maßnahmen, die zu Mit nahmeeffekten führen.