Auch inmitten einer noch so hitzigen Debatte wollen wir es an Gastfreundschaft nicht fehlen las sen. Ich darf drei Kommunalpolitiker aus dem Senegal, die auf Einladung von Herrn Kollegen Sakellariou heute in Ba den-Württemberg sind, herzlich begrüßen und im Landtag willkommen heißen.
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Vor ziemlich genau einem Jahr wa ren wir uns hier in diesem Landtag noch weitestgehend einig in der Frage des Ausstiegs aus der Kernkraft,
in der Frage der Energiewende. Wir haben damals dem Mi nisterpräsidenten einen Brief geschrieben und ihm angeboten, bei der Energiewende aktiv und konstruktiv mitzuarbeiten. Er hat damals – noch vor seiner Vereidigung – auch signalisiert, dass er dieses Angebot gern aufgreifen würde. Aber gesche hen ist seit dieser Zeit nichts, weder in der Frage der interfrak tionellen Zusammenarbeit noch in der Frage des Ausbaus er neuerbarer Energien, noch in der Frage der Gestaltung der Energiewende.
Zweifelsohne, Herr Ministerpräsident, haben Sie recht: Die Energiewende selbst ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und vermutlich auch ein Generationenprojekt. Den entscheidenden Fragen – wie bleibt Energie bezahlbar, wie bleibt die Energieversorgung verlässlich, und wie können wir unseren Kindern eine gesunde Umwelt hinterlassen? –, diesen entscheidenden Herausforderungen müssen wir uns stellen.
Ich begrüße es, dass die Regierung die Energiewende in einer eigenen Regierungserklärung thematisiert.
Meine Damen und Herren, worauf kommt es bei der Energie wende an? Erstens: Energie einsparen – das ist das Thema Energieeffizienz –, zweitens: sichere Stromversorgung, und drittens: bezahlbarer Strom. Es geht aber nicht nur um die Energieerzeugung, es geht nicht nur um den Ersatz der weg fallenden Kernkraftwerkskapazitäten durch erneuerbare Ener gien, sondern es geht auch um das gesamte Begleitinstrumen
tarium und darum, dies erst einmal einzuführen und entspre chend zu nutzen, damit der Einsatz erneuerbarer Energien am Ende überhaupt gelingen kann. Das ist der ganz entscheiden de Punkt.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben in vielen Dingen gern auf andere politische Ebenen verwiesen. Sie haben in Ihrer Re gierungserklärung zigmal den Bund erwähnt und gesagt,
was der Bund alles machen muss und wofür Sie auf Bundes ebene die Initiative ergriffen haben. Aber Sie haben nirgend wo, nicht ein einziges Mal, konkret erwähnt, wo das Land selbst aktiv werden kann. Das ist der entscheidende Punkt.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der SPD: Nicht zugehört, oder was? – Zuruf von den Grünen: Zuhören!)
Ich kann Sie nur auf Ihr eigenes Positionspapier, das Positi onspapier des Umweltministeriums vom Mai 2011, verwei sen. Darin sind als Leitlinien der Energiepolitik sieben Posi tionen formuliert, und alle sieben Positionen sind Forderun gen an andere. Doch es hilft uns nicht weiter, wenn wir jetzt nur mit dem Finger auf andere zeigen. Baden-Württemberg muss vorangehen. Sie haben das selbst erwähnt und postuliert. Wir haben in der Tat im Land die besten Voraussetzungen da für, und deshalb müssen wir – am besten gemeinsam, aber ich glaube, die Ideologie wird uns in der Gestaltung der Energie wende zunehmend trennen; auch dazu nachher noch einige Takte mehr – diese Energiewende gestalten.
Jeder in diesem Land hat seine Aufgabe. Der Bund hat seine Aufgaben, die Länder haben ihre Aufgaben, die Kommunen haben ihre Aufgaben. Aber, meine Damen und Herren, es nützt nichts, zu sagen, was andere tun sollen, wenn man das Heft des Handelns dort, wo man Gestaltungsmöglichkeiten hat – und Sie haben seit eineinhalb oder eineinviertel Jahren Ge staltungsmöglichkeiten in diesem Land –,
Die erste der Voraussetzungen, damit die Energiewende über haupt gelingen kann, ist: Wir brauchen intelligente Netze und intelligente Stromzähler. Das ist keine Begleiterscheinung, sondern die Voraussetzung überhaupt, damit sich die Kräfte des Marktes und die Kräfte des Wettbewerbs entfalten kön nen. Das ist der ganz entscheidende Punkt.
Deshalb: Wer auf Wettbewerb, wer auf Markt und damit ein Stück weit auf Preisstabilität setzt, kommt nicht umhin, intel ligente Netze, intelligentes Messen des Stroms zu implemen tieren, zu fördern, hier einen Anreiz zu schaffen, damit Markt kräfte überhaupt erst wirksam werden können.
Wir schlagen deshalb ganz konkret vor, Herr Ministerpräsi dent: Richten Sie in Baden-Württemberg vier Modellregio
nen ein – in kleinen Zentren, in Unterzentren; es reicht nicht, dies in einigen Bioenergiedörfern zu tun, sondern es muss auch dort sein, wo Wirtschaft und Unternehmen vorhanden sind –, um einfach Erfahrungen mit Smart Grid und Smart Metering zu gewinnen. Das ist ein konkreter Vorschlag.
Wir wären auch bereit, auch für diese Fragen – wenn es sein muss, sogar gesetzlich – einen Anschluss- und Benutzungs zwang mitzutragen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass nur durch Smart Grid und Smart Metering die Vorausset zungen für eine wettbewerbsfähige Energieversorgung mit er neuerbaren Energien in der Zukunft überhaupt gestaltet wer den können. Machen Sie das. Sie haben diese Möglichkeit; Sie haben die Mehrheiten dazu. Hier hätten Sie sogar eine überwiegende Mehrheit, wenn Sie einen solchen Vorschlag unterstützen würden.
Ich sage Ihnen auch: Das ist d i e Möglichkeit, die Stadt werke mit ins Boot zu holen. Sie sprechen immer von der In tegration der Stadtwerke und der EnBW, aber Sie tun nichts dafür. Das ist eine konkrete Möglichkeit, Stadtwerke in ein solches Projekt mit hineinzuholen. Machen Sie das einfach, und setzen Sie es um.
Zweitens: Wir brauchen, damit die Ausschläge, die Amplitu den angesichts nicht berechenbarer Energieleistungen nicht zu hoch werden – – Denn der Wind in Deutschland weht halt relativ gleich. Es gleicht sich eben nicht aus, ob er in Süd deutschland weht – –
Es gleicht sich eben nicht aus. Wenn Flaute herrscht, herrscht weitestgehend – etwas mehr oder etwas weniger – im Norden wie auch im Süden Flaute. Das ist halt so. Das heißt, wir brau chen zwingend – für die Fotovoltaik gilt dasselbe – –
Physikalische Grundsätze können durch politische Ideologi en nicht außer Kraft gesetzt werden. Das ist der entscheiden de Punkt.
Dies gilt auch, Frau Sitzmann, für die Meteorologie. Auch dort gibt es ein paar eherne naturwissenschaftliche Grundsätze, die halt vorhanden sind.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, brauchen wir als zweite dringende Voraussetzung Speicherkonzepte. Herr Umweltminister, so ehrenwert Ihr Einsatz gegen Ihre ei genen Parteigänger im Süden des Landes zum Thema Atdorf
ist: Uns fehlt die Konzeption. Wie wollen Sie den weiteren Zubau von Windkraft und insbesondere Fotovoltaik so steu ern, dass diese Anlagen in der Summe auch noch einigerma ßen wirtschaftlich eingesetzt werden können?
Dazu brauchen Sie zwingend Speicherkonzepte – Speicher konzepte für Kleinspeicher und Speicherkonzepte für Groß speicher. Das ist der Fall.
Es soll doch niemand sagen, diese Technologien wären nicht schon auf dem Markt. Mittlerweile gibt es Hersteller, die für Privathaushalte über einen Abschreibungszeitraum von über 20 Jahren gerechnet im Prinzip für 20 Cent pro Kilowattstun de einen vernünftigen Kleinspeicher anbieten. Kollege Loche rer weiß, wovon ich spreche.