Deshalb ist es auch nicht glaubwürdig, wenn Sie stets den Bund zum Sündenbock machen. Richtig ist, dass der Bund
noch nicht weit gekommen ist. Richtig ist aber auch, dass Sie mit einigen anderen zusammen stets zur Stelle sind, wenn es darum geht, dem Bund beim ersten Schritt in Richtung Ener giewende die Beine wegzuschlagen. Das Beispiel mit dem Gesetz zur steuerlichen Abzugsfähigkeit energetischer Sanie rungsmaßnahmen habe ich schon genannt. Das andere betrifft die vernünftige und zukunftsfähige Umgestaltung des Erneu erbare-Energien-Gesetzes. Auch da sind Sie stets zur Stelle, wenn es darum geht, Veränderungen und Verbesserungen zu verhindern, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Verbesserun gen kennen Sie da? – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sie konterkarieren es!)
Es ist notwendig, dieses EEG so umzuwandeln, dass es nicht unmöglich wird, in Deutschland beispielsweise Gaskraftwer ke zu bauen. Diese brauchen wir dringend als Back-up-Kapa zitäten.
Da reicht es auch nicht, pseudoreligiös über Kapazitätsmärk te zu fabulieren, sondern da brauchen wir konkrete Politik. Diese verhindern Sie, meine Damen und Herren,
wenn Sie es durch die Blockade jeglicher Veränderung des EEG unwirtschaftlich machen, die Back-up-Kapazitäten in Deutschland zu schaffen. So sieht es aus.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Ich glaube, Sie sind ziemlich schlecht informiert, Herr Kollege!)
Herr Ministerpräsident, Sie behaupten, Sie hätten Ihre Haus aufgaben gemacht und der Bund habe geschlafen. Dabei sind Sie es, der die Energiewende auf Bundesebene blockiert.
(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist doch ein Treppen witz!)
Zwei Beispiele habe ich genannt. Auch hier ist es wieder so, dass Anspruch und Wirklichkeit beim Politiker Winfried Kretschmann meilenweit auseinanderklaffen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Ohne Herrn Kretschmann wäre Frau Merkel nicht zur Energiewende gesprun gen!)
Wie so oft, Herr Ministerpräsident, war in Ihrer Regierungs erklärung mehr von der Vergangenheit als von der Zukunft die Rede. Wer Ihnen zuhört, Herr Ministerpräsident, stellt fest, dass das Land Baden-Württemberg schon seine besten Tage hinter sich hat –
Sie haben stets den Eindruck erweckt, die Energiewende sei zum Nulltarif zu erhalten; man müsse nur die Kernkraftwer ke abschalten,
Genau diesen Eindruck haben Sie jahrelang vermittelt, und Sie verstärken diesen Eindruck immer weiter durch die All gemeinplätze, die Sie auch hier verbreiten.
Ich will an dieser Stelle nur ein Zitat anführen – ich zitiere sinngemäß den Ministerpräsidenten –: „Die Technologie im Bereich der Umwelt und der erneuerbaren Energien ist eine Chance für unsere Wirtschaft.“ Da haben Sie recht, Herr Mi nisterpräsident – aber nur, wenn wir in diesem Energiebereich von der Planwirtschaft zu einer vernünftigen Marktwirtschaft kommen. Dafür tun Sie aber nichts.
Sie bleiben bei Ihrer totalen Überschätzung der nicht grund lastfähigen Energiequellen Sonne und Wind. Zu Pfingsten konnten wir hören: „Das, was an Solarenergie in Deutschland produziert wird, ersetzt die Leistung von 20 Kernkraftwer ken.“ Das mag ja durchaus sein. Aber, meine Damen und Her ren, Sie bringen keinerlei vernünftige Lösungen; Sie machen keinerlei konkrete Vorschläge, wie wir etwa für Spitzenzeiten und jahreszeitlich bedingte Probleme Lösungen in unserem Land finden.
Sie haben keinerlei Konzepte dafür, wie die Bedürfnisse der Wirtschaft in unserem Land in der Energiepolitik zu befriedi gen sind. Die Wirtschaft in unserem Land braucht eine zuver lässige Stromversorgung, und zwar in dem Moment, in dem der Strom benötigt wird. Wir brauchen Konzepte, um Einspei sungsschwankungen zu überwinden. Diese müssen ausgegli chen werden. Die baden-württembergische Wirtschaft braucht Versorgungssicherheit. Schon kurzzeitige Stromausfälle kön nen in wesentlichen Bereichen unserer Wirtschaft zu giganti schen Schäden führen. Deshalb ist die Versorgungssicherheit so enorm wichtig, meine Damen und Herren.
Sie erwarten von den Unternehmen, dass sie Milliarden in den Umbau der Energieversorgung investieren. Dazu sind die ba den-württembergischen Unternehmen auch bereit. Aber sie brauchen einen Weg, auf dem deutlich wird, dass sie auch zu künftig eine bezahlbare und sichere Energieversorgung haben werden. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die energieinten siven Unternehmen massenhaft aus Baden-Württemberg ab wandern.
Dann jedoch haben wir in unserem Land nur noch Dienstleis tung. Wir haben dann noch die Finanzdienstleister – die Sie verteufeln. Es sollte in Ihrem eigenen Interesse sein, das pro
duzierende Gewerbe in Baden-Württemberg genauso zu hal ten wie das Handwerk; nehmen Sie etwa das Bäckereihand werk, für das der Energiebereich bis zu 10 % der gesamten Kostenbelastung ausmacht.
Die Wirtschaft und auch die Verbraucher brauchen mit der Perspektive 2020 eine klare Richtungsvorgabe für die Ent wicklung. Es steht zu befürchten, dass wir durch das EEG ei ne Stromkostensteigerung um mindestens 30 % erhalten. Die EEG-Umlage wird – das zeichnet sich ab – sehr deutlich über die Marke von 3,5 Cent steigen. Es steht zu erwarten, dass die Preise pro Kilowattstunde demnächst deutlich über 25 Cent liegen werden und in einen Bereich von 35 bis 45 Cent kom men.
Meine Damen und Herren, daraus ergibt sich für unser Land Baden-Württemberg auch eine soziale Frage. Denn nicht je der Verbraucher kann sich solche Preise leisten. Wir brauchen – dieses Petitum kann man nicht häufig genug wiederholen – Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit.
Herr Ministerpräsident, Sie sagen, höchste Priorität habe die Versorgungssicherheit. Gleichzeitig aber torpedieren Sie im Bund den Ausbau der Back-up-Kapazitäten. Jeder, ob das ein Stadtwerk oder ein Unternehmen wie die EnBW ist, wird Ih nen sagen, dass es sich in Baden-Württemberg nicht lohnt, Gaskraftwerke zu bauen. Das jedoch – Sie haben es in Ihrer Regierungserklärung ausgeführt – wäre dringend notwendig.
Warum tun Sie all dies? Weil Sie mit einigen Verbündeten aus verschiedenen Bundesländern und verschiedenen Interessen gruppen eigene Interessen verfolgen. Sie haben in Ihrer Re gierungserklärung anderen Interessen- und Lobbypolitik vor geworfen. Sie betreiben sie selbst. Sie sind die Lobbyisten der Solarwirtschaft. Deshalb blockieren Sie Veränderungen im EEG, die zwingend notwendig sind.
Es macht keinen Sinn, mehr als die Hälfte der Subventionen für eine in Deutschland sterbende Branche auszugeben, mei ne Damen und Herren. Das ist die Wahrheit, und das sollte man auch einmal in aller Deutlichkeit ansprechen.
Sie verhindern dadurch flexible und grundlastfähige Alterna tiven. Die Solarwirtschaft in Deutschland hat einen Innovati onsanteil von 2,5 %. Es macht keinen Sinn, aus struktur- oder regionalpolitischen Gründen mit Rücksicht auf ostdeutsche Bundesländer diese Solarwirtschaft auf Teufel komm raus zu halten. Das, meine Damen und Herren, sind die Ruhrgebiets hütten unserer Tage, die Sie da verteidigen.
55 % der Subventionen für 3 % der Stromerzeugung, das ist weder Markt noch Wettbewerb. Sie machen das Gegenteil. Im Vergleich zu dieser Planwirtschaft waren die Fünfjahrespläne
Dezentralität in der Energieversorgung ist wichtig, aber wir brauchen auch Zentralität. Kein Mensch baut aufgrund dieser falschen Subventionspolitik die dringend notwendigen Gas kraftwerke. Sie haben dem Bund auf den ersten Schritten zur Energiewende die Beine weggeschlagen und beklagen jetzt, der Bund käme nicht voran.
Meine Damen und Herren, es geht nicht ohne Industriepoli tik – das ist völlig richtig –, es geht auch nicht ohne Energie politik, und es wird, zumindest am Anfang, nicht ohne Sub ventionen gehen. Aber es ist doch falsch, mehr als die Hälfte dieser Subventionen nun in den Solarbereich hineinzupum pen. Wir brauchen mehr Markt und Wettbewerb in diesem Energiesektor, um die EEG-Umlage zu begrenzen und die not wendigen konventionellen Kraftwerke ans Netz zu bekom men. In diesem Sinn sage ich sehr deutlich: Da steht auch der Einspeisevorrang zur Diskussion. Auch darüber müssen wir diskutieren. Das darf kein Tabu sein, meine Damen und Her ren.
Sie stellen einen Investitionsstau im Bereich der Stadtwerke fest. Das jüngste Beispiel ist Ihr grüner Parteifreund Palmer, der sich zur Verwunderung von manchen unter Ihnen ent schlossen hatte, bei einem Kohlekraftwerk mitzumachen. Mittlerweile ist er dabei, auszusteigen –
wie viele andere auch, weil sie eben keine Planungssicherheit in diesem Bereich haben. Leider gilt das, was für diese Koh lekraftwerke gilt, auch für die Gaskraftwerke in unserem Land.