Protocol of the Session on July 11, 2012

was insofern nachvollziehbar ist, als der erste Vorschlag den Meldebehörden mehr Arbeit gemacht hätte. Ich lege nur den Hergang dar, damit nicht wieder gleich die üblichen Feindbil der von Ihnen aufgebaut werden. So einfach darf man es sich auch nicht machen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Wir sind offen für die Einwilligungslösung. Da sollte man of fen sein. Warum auch nicht? Sie stand ja im Grunde genom men schon einmal im Gesetz drin. Aber wir sollten auch of fen sein für die Argumente derer, die hinterher mit diesem Ge setz arbeiten müssen, und zwar eben vorurteilsfrei. Kein Auf bau von Feindbildern! Ich höre jetzt schon wieder: „die Wer bewirtschaft“, „die Adresshändler“. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, sich mit deren Argumenten auseinanderzuset zen – wir sind eigentlich mittendrin –, dann stellen Sie über rascht fest, dass die sagen: „Wir wollen gar keinen Handel; das ist uns viel zu teuer.“ Das hören Sie durchgängig. Sie sa gen: „Wir kaufen gar keine Adressen, weil sie uns zu teuer sind, weil wir das auf andere Art besser hinbekommen.“

Das Anliegen der Inkassounternehmen war beispielsweise, dass sie säumigen Schuldnern noch besser nachgehen können, indem sie bei den Meldebehörden nachfragen, um eine Aus kunft zu bekommen.

Dieses Thema sollte man schon mit Ernst behandeln.

Mit anderen Worten: Ich bin dafür, zu einer Einwilligungslö sung zu kommen. Aber ich bin auch sehr dafür, dass man, be vor jetzt wieder ein Schnellschuss kommt, auch mit den Ver sandhändlern und den Inkassounternehmen redet und fragt: „Worauf kommt es euch genau an? Wie weit kann man da ent gegenkommen?“ Es ist hochinteressant, von denen zu hören: „Auf Handel kommt es uns eigentlich gar nicht an.“ Deswe gen ist die Debatte an dieser Stelle vielleicht ein bisschen schiefgelaufen.

Ich glaube nicht, dass es um ein Geschenk an die werbetrei bende Wirtschaft geht. Vielmehr sollten wir alle mit der ge botenen Vernunft die Einwilligungslösung in einer Form un terstützen, die auch die berechtigten Belange anderer beach tet. Denn dass Schuldner ihre Schulden bezahlen, sollte schließ lich im Sinne aller sein. Deswegen sollte man denjenigen die Arbeit auch nicht verunmöglichen, die an die Adressen säu miger Schuldner herankommen wollen. Wir brauchen also ei ne sachliche Lösung, getragen von allen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Zu den Bür gerrechten sagt er nichts!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Gall das Wort.

Werte Frau Präsidentin, ge schätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Pauli, ich glaube, es lohnt nicht, einen Streit darüber zu führen, ob die se Aktuelle Debatte notwendig ist oder nicht. Sie werden je denfalls merken, die von Ihnen anberaumte Aktuelle Debatte zum Filderdialog wird in der öffentlichen Wahrnehmung über haupt keine Rolle spielen, weil die Menschen gerade an Ihren Scharmützeln kein Interesse mehr haben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schauen Sie einmal, wie viele Journalisten da oben sitzen! Schau en Sie einmal da hoch! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Die sind wegen Mappus weg! – Abg. Sa scha Binder SPD: Die sind in Pforzheim, Karlsruhe! – Abg. Rosa Grünstein SPD: Pforzheim!)

Ich bin aber schon der Auffassung – unabhängig davon, Herr Kollege Rülke, wer da oben sitzt –: Dieses Thema, das wir jetzt diskutieren, ist auch im Land von Interesse. Denn da geht es natürlich auch um unsere Bürgerinnen und Bürger, da geht es um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger von BadenWürttemberg. Da geht es u. a. auch um kommunale Interes sen. Denn die Daten, die in die Melderegister eingestellt wer den, werden natürlich durch die öffentlichen Stellen genutzt. Das ist im Prinzip der Pool, den wir auch für die Arbeit unse rer Behörden brauchen. Deshalb finde ich schon, dass es rich tig ist, dass dies in diesem Haus entsprechend diskutiert wird, damit wir uns dann in den weiteren Beratungen im Bundesrat positionieren und auch unsere Position deutlich machen kön nen.

Bei allem Disput, der geführt werden musste – ich sehe es so, dass dies der Fall sein musste; keine Frage –, sollten wir uns jetzt aber darauf besinnen, wo und inwieweit wir in diesem Bereich gemeinsam unterwegs sind. Ich jedenfalls habe die ser Debatte nicht entnommen, dass es beim Ziel, das wir er reichen wollen, nun wirklich große Unterschiede gibt. Daher gehe ich davon aus, dass unsere Interessenlagen weitestge hend gleich sind.

Sie wissen es alle, meine Damen und Herren: Mit diesem Ge setz, das heftig diskutiert wird, sollte jetzt bundeseinheitlich geregelt werden, was wir 2006 im Zusammenhang mit der Fö deralismuskommission auf den Weg gebracht und beschlos sen haben. Die Einzelzuständigkeiten der Länder sollen in ei nem gemeinsamen Bundesmelderecht gebündelt werden. Ge genwärtig bewegen wir uns in einer entsprechenden Rahmen gesetzgebung, was aber im Laufe der Jahre zu teilweise un terschiedlichen Rechtslagen in den Ländern geführt hat.

Daher ist die Absicht, die hinter diesem Gesetzentwurf steckt, vom Kern her natürlich zu begrüßen – überhaupt keine Frage –, weil dies dazu führen wird, dass wir nun – davon bin ich überzeugt; darüber streiten wir uns, glaube ich, im Kern auch wirklich nicht – im Interesse der Verbraucherinnen und Ver braucher endlich auch eine datenschutzfreundliche Regelung zur sogenannten Melderegisterauskunft einführen können. Denn nach bisheriger Praxis sind die einfachen Melderegis terauskünfte nach unserem derzeit geltenden Landesrecht an keine wirklichen Voraussetzungen geknüpft. Da sind wir alle an Verbesserungen interessiert. Das heißt, ein berechtigtes In

teresse an solchen Auskünften musste bei uns bisher nicht nachgewiesen werden. Das halten wir, die neue Landesregie rung, für dringend verbesserungswürdig.

(Beifall der Abg. Alexander Salomon GRÜNE und Sascha Binder SPD)

Im Regierungsentwurf zum Bundesmeldegesetz war nun wirk lich begrüßenswerterweise auch vorgesehen, diese einfachen Melderegisterauskünfte wesentlich einzuschränken und sie präziser zu fassen, insbesondere was die Nutzung – darum geht es im Kern – dieser Meldedaten für gewerbliche Zwecke anbelangt.

Summa summarum hat diese Diskussion dazu geführt, dass am Ende als Ergebnis festgestanden hat: ohne Einwilligung der Betroffenen keine Auskünfte. Das war im Prinzip das Ziel, das erreicht werden sollte. An diesem ursprünglichen Entwurf kann man eigentlich – zumindest meines Erachtens – nur ein mal grundsätzlich kritisieren, dass er die Redlichkeit eines je den Auskunftersuchenden einfach unterstellt hat. Man geht davon aus, dass jeder, der eine Auskunft verlangt und das be gründet, auch entsprechend redlich handelt, die Verwendungs absicht nicht verschleiert und sich auch selbst an die entspre chende Erklärung hält, nämlich diese Daten eben nicht für Werbung und nicht für Adresshandel zu verwenden.

Ein Verstoß gegen diese Erklärung wäre nach der Ursprungs absicht sogar folgenlos geblieben. Deshalb haben wir im Bun desrat bei den entsprechenden Behandlungen dieses Gesetz entwurfs darauf bestanden, dass ein Bußgeld eingeführt wird, das derjenige zahlen muss, der gegen diese eigene Erklärung verstößt. Immerhin eine Sanktionsmöglichkeit ist vorgesehen. Wir sind, wie gesagt, diesbezüglich aktiv geworden.

Deshalb ist es schade, dass dies nur über die Diskussion im Innenausschuss des Bundestags entsprechend Berücksichti gung gefunden hat, während im Gesetzentwurf in der Fassung, die im Bundestag angenommen wurde, hinsichtlich der vor gesehenen Sanktionsmöglichkeit im Endeffekt im Bereich der Werbung und des Adresshandels wiederum eine Kehrtwende vollzogen wurde. Es ist dann nämlich von der ursprünglichen Absicht, dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger, nichts mehr übrig geblieben, weil von einer ausdrücklichen Einwilligungs lösung abgerückt wurde und auf eine bloße Widerspruchsmög lichkeit zurückgegriffen worden ist.

Das halten wir für nicht ausreichend, auch deshalb, weil das Ergebnis noch viel schlimmer ist: Auch diese Regelung hat

man im Prinzip wieder deutlich ausgehöhlt, und zwar für ei nen äußerst praxisrelevanten Fall, nämlich für den Fall, dass die Daten von den Adresshändlern und Werbenden ausschließ lich zur Bestätigung oder zur Berichtigung vorhandenen Adressmaterials verwendet werden sollen. Da wissen wir nun alle: Adressmaterial ist in diesen Branchen zuhauf vorhanden. Deshalb: Gerade hier einen Widerspruch nicht entsprechend gelten zu lassen, das kann schlicht und ergreifend nicht ak zeptiert werden. Daher ist die Kritik quer durch alle Parteien und auch die Kritik der Öffentlichkeit natürlich aus unserer Sicht mehr als berechtigt.

Diesen Wunsch auf Änderung wird die neue Landesregierung natürlich erfüllen. Das heißt im Klartext: So werden wir im Bundesrat auf gar keinen Fall zustimmen. Ich gehe aber sehr optimistisch davon aus, dass wir die entsprechenden Ände rungen in großer Gemeinsamkeit erreichen werden. Denn wir sind der Auffassung: Wer verpflichtet ist, seine Meldedaten den Behörden zu melden – das halten wir für erforderlich, weil die öffentliche Hand auf diese Daten dringend angewiesen ist, als Datenpool, wenn man so will, als zentrale Dienstleistung für den öffentlichen Bereich –, der muss auch die Gewissheit haben, dass mit seinen Daten so umgegangen wird, wie er es vom Staat erwartet, dass nämlich seine Daten bestmöglich ge schützt und nicht ohne seine eigene Einwilligung weitergege ben werden.

In diesem Sinn werden wir im Bundesrat aktiv werden. Ich bitte Sie über alle Parteien und Fraktionen hinweg ausdrück lich um Ihre Unterstützung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gern!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Richtig! Bravo!)

Mir liegen keine weite ren Wortmeldungen vor. Somit ist die Aktuelle Debatte been det.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heu tigen Tagesordnung angelangt.

Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, 18. Juli 2012, um 10:00 Uhr statt.

Ich danke Ihnen ganz herzlich und schließe die Sitzung.

Schluss: 12:49 Uhr