Jetzt gab es hier noch andere Fragestellungen, die aufgekom men sind. Die heutige Debatte wurde zu dem Thema „Kon version von Bundeswehrliegenschaften“ beantragt. Sie haben recht: Es gibt in Baden-Württemberg noch andere wichtige Konversionsprozesse. Durch den Abzug der amerikanischen Streitkräfte im Rhein-Neckar-Raum entsteht ein wichtiges Konversionsprojekt. Die Federführung dafür hat der Finanz- und Wirtschaftsminister. Er steht da auch in enger Absprache mit den Kommunen. Schon jetzt laufen die Diskussionen mit verschiedenen Gemeinden und verschiedenen Ministerien.
Vor Kurzem gab es beispielsweise auch mit der Stadt Mann heim intensive Gespräche, in die auch mein Haus intensiv ein gebunden war. Das ist aber nicht Bestandteil der heutigen De batte, da das ein anderer Konversionsbereich ist. Insofern ha be ich auch den Zusammenhang, der hier herzustellen ver sucht wurde, nicht verstanden.
Ich will Sie bitten, an dieser Stelle keine falschen Debatten zu führen. Herr Mack, ich glaube, wir werden uns bei der Ana lyse nicht mehr einig. Sie haben hier das BImA-Gesetz ange sprochen. Ich will einfach noch einmal darauf hinweisen, zu welchem Zeitpunkt die Bundeswehrliegenschaften tatsächlich an die BImA gegangen sind. Ich bin gut genug informiert, weil ich als Oppositionsmitglied des Bundestags nämlich über haupt erst in diesem Zusammenhang in den Verwaltungsrat der BImA gegangen bin.
Dass ich da recht habe, hilft uns aber für die Fragestellung der Kommunen insgesamt nichts. Vielmehr ist der entscheidende Punkt, dass die Situation, wie sie heute besteht, nicht dazu bei trägt, dass die Kommunen in Baden-Württemberg in der La ge sind, diesen Konversionsprozess sinnvoll hinzubekommen.
Deshalb würde ich Sie um Folgendes bitten: Da das Konver sionskonzept, das Sie, die CDU-Fraktion, vorgelegt haben, zu
würde ich Sie bitten, daran jetzt auch gemeinsam mit uns wei terzumachen. Ich sage einmal: Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie es, nachdem wir es gemacht haben, trotzdem neu er funden haben, soll es mir auch recht sein, solange wir jetzt ge meinsam in die Lage kommen, den Gemeinden die Hilfe zu geben und vor allem uns endlich auch die Hilfe des Bundes zu erstreiten, die die Gemeinden verdient haben.
Meine Damen und Herren, mir lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist Tagesord nungspunkt 1 erledigt.
Aktuelle Debatte – Kriminelle Motorradbanden im Fokus der Sicherheitsbehörden – beantragt von der Fraktion der SPD
Die Redezeit beträgt wiederum für beide Runden jeweils fünf Minuten. Die Redezeit der Regierung wird nicht angerechnet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich sehe oben auf der Zuhörertribüne auch Polizeibeam te und Polizeibeamtinnen. Herzlich willkommen! Schön, dass Sie Gelegenheit haben, bei diesem Thema dabei zu sein.
Meine Damen und Herren, der letzte Monat, der Juni, war ge prägt von einer Berichterstattung über Rocker. Rocker – mit Verlaub – ist ein etwas verharmlosender Begriff für das, was wir hier tatsächlich vorfinden. Deswegen haben wir diese Ak tuelle Debatte beantragt, deren Titel „Kriminelle Motorrad banden im Fokus der Sicherheitsbehörden“ lautet. Rocker sind nicht einfach Motorradfahrer, sondern sind in kriminellen Banden organisiert. Es war uns ein Anliegen, vor allem vor dem Hintergrund dessen, was allgemein im Moment berich tet wird, darauf noch einmal hinzuweisen.
Meine Damen und Herren, was ist passiert? Aktuell ist fol gender Fall durch die Presse gegangen: Ein 45-jähriger Ro cker, inzwischen wegen versuchten Totschlags angeklagt, war gemeinsam mit vier weiteren Schlägern auf eine Person los gegangen. Er hat den Mann verprügelt, hat ihn getreten, stel lenweise ins Gesicht, und hat mit einem Verkehrsschild auf diese Person eingeschlagen. Fünf gegen einen! Dieser Mann wurde dann angezeigt, angeklagt, ist vor Gericht gekommen, ist nicht erschienen, wurde vorgeladen, wurde in Handschel len vorgeführt und hat als Reaktion den Staatsanwalt zu Bo den geschlagen. Er hat dann versucht, sich für verhandlungs unfähig erklären zu lassen mit der Begründung, er habe einen Herzstillstand gehabt und habe Dauerkopfschmerzen.
An dieser Stelle sieht man, wie gut unser Rechtsstaat funkti oniert: Diesem Mann wurde geholfen. Er wurde untersucht, er hat eine Computertomografie bekommen, ihm ist Blut ab genommen worden; er ist von mehreren Ärzten untersucht worden. Es ist auch korrekt, dass unser Rechtsstaat so agiert und dass jemand, der mit so einem Einwand kommt, gehört und dies überprüft wird.
Aber was ist dabei herausgekommen? Der Mann hat eine Urinprobe abgeben müssen, bei der herausgekommen ist, dass in der Probe nicht nur Urin war, sondern auch Opiate, Amphe tamine und Kokain darin waren, eine Mischung, die auch ein mal zu einem kurzzeitigen Herzstillstand führen kann. Das ist nun wirklich nachvollziehbar.
Da sieht man einmal, wie solche Leute mit unserem System umgehen. Der Mann hatte gegen epileptische Anfälle Medi kamente verschrieben bekommen und hat sie entgegen der medizinischen Empfehlung nicht genommen. All diese Din ge haben dazu beigetragen und sind auch geprüft worden. Das heißt, der Mann ist verhandlungsfähig, und er wollte unseren Rechtsstaat vorführen. Das ist kein normaler Krimineller, son dern das ist ein Ausbund von organisierter Kriminalität, wie sie die Rockerbanden eben darstellen.
Szenenwechsel – auch im letzten Monat passiert –: eine Hoch zeit in der Reutlinger Marienkirche wurde mit großem Auf wand gefeiert. Der örtliche Hells-Angels-Präsident heiratet seine Braut in einem Anzug, auf dem ganz zart das Hells-An gels-Motiv auf dem Rücken aufgedruckt ist, unter großer me dialer Aufmerksamkeit. Rundfunkstationen, Fernsehanstalten und Schaulustige wollen es sich nicht entgehen lassen, einen Rocker, der über die gesamte Hochzeitszeremonie seine Son nenbrille aufbehalten hat, dabei zu beobachten, wie er heira tet.
Das ist genau die Situation, die so gefährlich ist: Etwas so Au ßergewöhnliches, Geheimnisvolles zieht auch Schaulustige an, und über diese Neugier wird häufig vergessen, dass wir es hier mit Kriminellen schlimmster Art zu tun haben.
Wenn diese dann auch noch anfangen – wie es vor zwei Ta gen der Fall war –, mit Transparenten zu demonstrieren, also meinen, von ihren Bürgerrechten Gebrauch machen zu müs sen, weil ihnen so Schlimmes widerfährt, dann kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen, und achtet darauf, was hier be zweckt wird.
Diese Kriminalitätsform ist bekannt und ist auch von der Vor gängerlandesregierung konsequent angegangen worden. Was wir hier machen, ist also letztlich die Fortsetzung der Bekämp fung eines Phänomens, was auch dazu geführt hat, dass das Bild der Rocker als harmlose Wildlinge mit langen Haaren, die ein bisschen gefährlich aussehen, aber im Grunde nur raue Burschen sind, die gern Motorrad fahren, aufgeklärt wurde und die Öffentlichkeit immer mehr gemerkt hat, um was für ein Phänomen es sich handelt.
Deswegen fangen die Rocker nun auch an, Öffentlichkeitsar beit zu machen. Wenn man daran denkt, wie der Friedens schluss zwischen den Bandidos und den Hells Angels im ver gangenen Jahr angegangen, beobachtet und medial begleitet wurde, so ist das ungefähr zu vergleichen mit einer Firmen
fusion. Die haben es bis in die Hauptnachrichtensendung im Fernsehen geschafft. Dass da Friedensgespräche mit renom mierten Rechtsanwaltskanzleien geführt wurden, das muss man sich einmal vorstellen. So weit ist eine Gesellschaft schon, dass sie sich durch solche Vorgänge blenden lässt.
Da muss ich sagen, meine Damen und Herren: Wir haben viel zu tun, um bei solchen Aktionen – Fusionen, Friedensgesprä chen mit Anwälten im Fernsehen, Hochzeiten, Anzeigen mit der Überschrift „Info an die Bevölkerung“ – konsequent ge genzuhalten und öffentlich deutlich zu machen, dass es hier um Rocker geht, nicht um irgendwelche romantischen Motor radfahrer, sondern um Verbrecher übelster Sorte, die auch Teil der organisierten Kriminalität sind.
Der Anteil der organisierten Kriminalität, die auf Rocker zu rückgeht, liegt inzwischen bei nahezu 20 %. Das ist einer der größten Bereiche organisierter Kriminalität, und das auch noch in den übelsten Bereichen: Menschenhandel, Prostituti on, Drogen und schwerste Gewaltdelikte, also alles Dinge, die wirklich verabscheuenswürdig sind.
Die Rocker sind in Baden-Württemberg in immerhin 76 Chap tern, also Einheiten, mit mindestens 800 Personen organisiert, und sie agieren in einem Wettbewerb im öffentlichen Raum. Wir Bürger müssen auch davor geschützt werden, dass die Ro cker in ihrem martialischen Auftreten den öffentlichen Raum besetzen.
Insofern hat die Debatte den Sinn, zu zeigen, dass das, was im Fernsehen dargestellt wird, was in der medialen Wahrneh mung stattfindet, nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.
Ich muss an dieser Stelle auch einmal Kritik üben. Wenn der Südwestrundfunk eine dreiviertelstündige Dokumentation über die Rocker in Baden-Württemberg macht und im Ergeb nis das Motto steht: „Die sind eigentlich relativ harmlos“, und dann die Polizei noch die Gelegenheit zu einer kurzen Stel lungnahme bekommt, was sie denn von diesem ganzen Ge schehen halte, dann muss ich sagen: Ich kann allmählich ver stehen, warum die Öffentlichkeit nicht die Fratze hinter dem Gesicht der Rockerkriminalität erkennt.
Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Lieber Kollege Sakellariou, ich glaube, heute werden wir uns einmal nicht sehr konfrontativ gegen überstehen. Bei diesem Thema dürfte sich ein hohes Maß an Einigkeit zeigen.
Sehen Sie sich nur die Zeitungsschlagzeilen der vergangenen Tage an: Das Oberverwaltungsgericht Schleswig bestätigt das
Verbot eines Flensburger Klubs. Es war, glaube ich, ein HellsAngels-Klub. Der Berliner Rockerkrieg eskaliert. In Tübin gen – Herr Kollege, Sie haben das Beispiel genannt – entfernt sich ein angeklagter Rocker aus dem Landgericht. Er wird von der Polizei vorgeführt und geht dann in gewalttätiger Weise auf den Oberstaatsanwalt los. Daran zeigt sich: Hier ist ein Phänomen am Wachsen und im Gang, das uns nicht unberührt lassen kann.
Wenn man in die polizeiliche Kriminalstatistik schaut, stellt man in der Tat fest: Die Rockerkriminalität – ich nenne sie jetzt einfach einmal so; mir fällt auch kein ganz exakter Be griff ein – steigt bedenklich. Es sind Großverfahren, die die Polizei und die Justiz auch erheblich belasten, und wir haben Höchststände zu verzeichnen.
Bei den Deliktfeldern, die strafrechtlich hier im Raum stehen, geht es nicht nur um kleine Hühnerdiebstähle. Da geht es um Diebstahl, Raub, Rauschgifthandel, Waffenhandel, Gewalt kriminalität bis hin zu Tötungsdelikten und auch um schlim me Fälle von Rotlichtkriminalität. Das heißt, wir haben es hier mit Entwicklungen auch im Bereich der organisierten Krimi nalität zu tun.