Protocol of the Session on June 27, 2012

Ich finde, jetzt ist es auch die Aufgabe des Parlaments, deut lich zu machen, dass Baden-Württemberg es nicht zulässt, dass sich der Bund vollständig aus seiner Verantwortung für die Konversionsgemeinden stiehlt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Bravo!)

Der Bund ist da in der Pflicht, und wir werden ihn auch nicht aus der Pflicht entlassen. Wir haben verschiedene Initiativen, auch im Bundesrat, gestartet. Zuletzt sind wir gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Frage des BImAGesetzes noch einmal angegangen. Da erwarten wir jetzt auch, dass diejenigen, die hier die Opposition stellen und im Bund die Mehrheit haben, gemeinsam mit den Abgeordneten ihrer Bundestagfraktionen tätig werden und diesen untragbaren Zu stand, dass es vom Bund überhaupt keine Unterstützung gibt, beenden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir sind ja schon froh, dass es seit zwei Wochen wenigstens Zeitpläne und damit Planungssicherheit für unsere Kommu nen gibt. Ich sage deshalb „froh“, weil seit der Mitteilung am 27. Oktober letzten Jahres, welche Standorte geschlossen wer den, ein halbes Jahr lang gewartet wurde,

(Abg. Winfried Mack CDU: Wir bekommen ja gar kein Geld von Ihnen!)

bis man überhaupt einmal so etwas wie Planungssicherheit bekommt. Es wurde versprochen, wir bekämen die Daten En de letzten Jahres. Dann hieß es, sie kämen im Februar. Aber bis in den Juni hinein mussten wir darauf warten. Das ist lei der symptomatisch dafür, wie die Bundeswehrreform bisher vom Bund durchgeführt wurde.

(Abg. Walter Heiler SPD: „Mutti“ macht gar nichts! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Herr Grimm, Sie sagten, wir, die Landesregierung, hätten nichts in Angriff genommen. Bereits fünf Wochen nach der Ankündigung des Bundesverteidigungsministers gab es ein erstes großes Treffen des Ministerpräsidenten mit den betrof fenen Gemeinden, bei dem wir einen intensiven Prozess der

Begleitung eingeleitet haben, also die erste Konversionskon ferenz, bei der wir bereits in die Vorstellung von Best-Prac tice-Beispielen, in die Anleitung eingestiegen sind: Wie ge stalte ich einen solch schwerwiegenden Veränderungsprozess in einer Gemeinde? Seitdem sind die Fachverwaltungen auch in internem und häufigem Kontakt mit den Gemeinden.

Was gerade in diesen Tagen passiert, ist, dass eine von uns in Auftrag gegebene räumliche Wirkungsanalyse des Instituts Prognos gemeindescharf erfasst, was die tatsächlichen Aus wirkungen in welchen wirtschaftlichen Bereichen sind, wel che Gemeinden im Umfeld von Standorten wie betroffen sind. Das wird jetzt gemeinsam mit den Gemeinden ausgewertet und diskutiert. Das, Herr Mack, ist die notwendige Vorausset zung dafür, dass man sich fundiert, mit kommunalen Entwick lungskonzepten, tatsächlich den Ratschlag und die Unterstüt zung bei der Konversion einholen kann, die man braucht.

Es ist übrigens interessant: Wir haben in den Gemeinden sehr positive Rückmeldungen für das bekommen, was das Land macht. Der Bund hat am Anfang gesagt, er beteilige sich. Aber wir konnten nicht so lange warten, bis vom Bund etwas kommt. Deshalb machen wir es hier allein, obwohl der Bund in der Verantwortung wäre. Es geht darum, dass wir in den Gemein den jetzt die Sachlage aufarbeiten, die Daten zur Verfügung stellen, die sie vorher nicht hatten, um hier gezielte Entwick lungsprozesse einzusetzen.

Es ist klar, dass wir in der nächsten Stufe kommunale Ent wicklungskonzepte brauchen. Wir, das Land, haben den Ge meinden zugesagt, dass wir uns dabei zu 80 % an den Kosten beteiligen werden. Auch hier gilt übrigens: Der Bund hatte einmal gesagt, er werde sich an solchen Konzepten beteiligen. Auf die konkrete Zusage warten wir bis heute. Es wäre span nend zu warten, wie lange es dauert, bis sich der Bund betei ligt. Aber das wiederum wollen wir unseren Kommunen nicht zumuten. Insofern auch hier wieder Fehlanzeige beim Bund und Handeln bei der Landesregierung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Bereits vor der Verkündung der Entscheidung des Bundesver teidigungsministers hat der Ministerpräsident eine interminis terielle Arbeitsgruppe für diesen Prozess eingerichtet und al le betroffenen Ressorts beteiligt. Wir haben in allen vier Re gierungsbezirken Beauftragte für die Konversion benannt. Wir sind in einem engen Kontakt mit den Gemeinden, jetzt in der Vorstellung der Wirkungsanalyse und nachfolgend in der Fra ge der Erstellung kommunaler Entwicklungskonzepte. Wir sind im Moment auch dabei, die Programme, die das Land hat, entsprechend einzurichten, damit wir uns dann, wenn vor Ort die Entwicklungskonzepte vorliegen, wenn die Ideen vor handen sind, auch mit der Städtebauförderung, mit dem Aus gleichstock, mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum und den anderen Möglichkeiten, die das Land zur Ver fügung hat, unterstützend für die Gemeinden einsetzen kön nen.

Ich glaube, der entscheidende Punkt ist im Moment, noch ein mal das Signal nach Berlin zu geben, dass, nachdem das Land seine Hausaufgaben gemacht hat, jetzt endlich auch von der Bundesebene, von der Bundeskanzlerin, vom Bundesvertei digungsminister und von den verschiedenen Ministerien, die bisher Pingpong mit unseren Gemeinden spielen, Entspre

chendes geliefert wird. Das ist auch eine Frage an Sie als Op position: Geht es jetzt ums Land, oder geht es um eine Rü ckendeckung für eine Bundesregierung, die schläft und ver zögert?

(Abg. Winfried Mack CDU: Quatsch! Pure Propa ganda!)

Ich sage Ihnen eines: Auch bei der Bundeswehrreform keine Solidarität mit Drückebergern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Kol lege Halder.

Herr Präsident, meine Da men und Herren! Ich bin Herrn Minister Bonde sehr dankbar für seine umfangreichen Ausführungen. Ich möchte noch ei nes – Herr Kollege Mack hat diesen Punkt schon mehrfach angesprochen – zu der Außerdienststellung in Mengen/Ho hentengen erwidern. Mich hat keine Einladung erreicht. Ich bin natürlich jederzeit bereit, dort hinzukommen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie sind auch nicht die Regierung!)

Ich bin nicht die Regierung.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ich habe von der Regie rung gesprochen!)

Aber ich bin immer gern bereit, dort hinzukommen. Ich hal te es durchaus für einen Mangel. Diese Solidarität gibt es na türlich auch von unserer Fraktion. Ich habe mir bei mehrfa chen Besuchen an Standorten auch im Gespräch mit Betrof fenen und den Gemeinden ein Bild machen können.

Ein Punkt noch, Herr Kollege Mack: Sie reden Ihr Konzept, das gar nicht so schlecht ist, immer wieder selbst schlecht. Das ist mir aufgefallen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Das Konzept erfüllt viele Punkte, die wir schon aufgestellt ha ben. Es hat natürlich nur den Nachteil – da wollen wir aber nicht kleinlich sein –: Es kommt ein Dreivierteljahr zu spät. Denn bereits vor einem Dreivierteljahr haben wir begonnen, die Maßnahmen, die Sie mit Ihrem Konzept fordern, umzu setzen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Was? Gar nichts haben Sie umgesetzt! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sie haben nur Studien in Auftrag gegeben!)

Wir haben eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt und, und, und. Das ist alles schon umgesetzt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wenn man nicht mehr weiterweiß, gründet man einen Arbeits kreis! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Was ha ben Sie denn gemacht? – Gegenruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Zuhören, dann wissen Sie es!)

Die Zuschneidung der Fördermittel für Konversionsbelange – all das ist schon passiert.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wenn Sie jetzt darangehen, den Straßenbau als Allheilmittel zu propagieren, dann ist das schon sehr eigenartig.

(Abg. Winfried Mack CDU: Gibt es deswegen keine neuen Straßen?)

Denn die beste Straße nützt in einem strukturschwachen Ge biet nichts, wenn dort nichts passiert und nur eine Anbindung besteht. Es ist ein ziemlicher Unfug, zunächst Straßen zu bau en und dann abzuwarten, was passiert. Die Millionenbeträge für die Gutachten und Wirkungsanalysen, die bisher erstellt worden sind, wurden aus dem laufenden Haushalt des MLR zur Verfügung gestellt. Mehr war noch gar nicht notwendig. Wenn Mittel bereitgestellt werden müssen, werden wir dies natürlich gern tun.

Den Appell an die Gemeinsamkeit nehme ich gern auf und möchte einfach noch einmal darum bitten, uns bei der Ände rung des BImA-Gesetzes zu unterstützen. Denn das ist der wichtigste Schlüssel dazu, dass wir diese Gelände, diese Grund stücke aus der betriebswirtschaftlichen Betrachtung heraus nehmen können und für strukturfördernde Maßnahmen für die Gemeinden frei machen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Mack.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zunächst einmal wende ich mich an die Kollegen Funk und Halder, die immer wieder sagen, der Bund sei der alleinige Verursacher der Bundeswehrreform: Seien wir doch wirklich froh, dass wir in einem Land leben dürfen, in dem Friede herrscht und in dem wir Kasernen umwandeln und zivil nutzen können. Arbeiten wir doch gemeinsam an diesem Projekt!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Zweitens: Herr Kollege Halder, Sie haben sich mit der Bun deswehrreform und mit der Konversion überhaupt noch nicht befasst.

(Lachen und Widerspruch bei Abgeordneten der Grü nen)

Das Einzige, was das Land bisher gemacht hat, war, das Pro gnos-Gutachten in Auftrag zu geben.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Aber den Kommunen, die jetzt Konzepte auf dem Tisch ha ben, die beim Regierungspräsidium gefragt haben: „Bekom men wir die 80-prozentige Förderung?“, wurde gesagt: „Nein, ihr bekommt diese Mittel nicht. Erst stellt der Minister das Prognos-Gutachten vor, und dann dürft ihr aktiv werden. Vor her darf nichts passieren.“ Und warum? Weil er kein Geld hat. Das ist doch das, was an der ganzen Sache faul ist. Im Mo ment geht nichts weiter, weil das Land blockiert. Und jetzt schieben Sie die Verantwortung dem Bund zu. Heute hat sich doch gezeigt, dass es so ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. An drea Lindlohr GRÜNE: Über Ihre Fachkenntnisse ha ben wir heute schon etwas erfahren, Herr Mack!)

Herr Bonde, wenn Sie mit Ihren Schuldzuweisungen an den Bund fortfahren, dann holt Sie das ein. Das BImA-Errich tungsgesetz haben Sie im Haushaltsausschuss verabschiedet. Dieses Gesetz ist vom 9. Dezember 2004; da waren Sie Mit glied im Finanzausschuss. Sie waren im Verwaltungsrat der BImA, und zwar von 2008 bis 2010; das steht auf Ihrer Home page.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)