Dass Frauen weniger verdienen als Männer in vergleichbarer Position und in vergleichbaren Tätigkeiten, ist eine Tatsache. Damit wollen wir uns nicht einfach abfinden. Deshalb ist der Abbau von jeweiligen Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern ein ausdrückliches Ziel der Landesre gierung.
„Ohne gezielte Zuwanderung wird es nicht gehen“, sagte der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, vor wenigen Tagen. Er weist darauf hin, dass in Deutschland bis zum Jahr 2025 eine Lücke von sechs bis sieben Millionen Fachkräften entstehen würde. Diese Lücke könne auch durch das Mobilisieren von Arbeitskräften – das müssen wir natür lich vorrangig tun – nur etwa zur Hälfte gefüllt werden.
Meine Damen und Herren, da müssen wir uns sehr engagie ren. Denn der Fachkräftemangel droht zum schwerwiegenden Engpass für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg zu werden.
Ich denke dabei auch an die mitunter schwierige Situation bei den Pflegeberufen oder auch bei Erzieherinnen und Erziehern. Da geht es um die Schaffung von Rahmenbedingungen, die diese Berufe für Frauen u n d Männer attraktiver machen.
Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das uns beschäftigen muss. Deshalb werden wir uns gemeinsam mit der Wirtschaft, mit Gewerkschaften, Kammern, Bildungseinrichtungen und der Arbeitsagentur konkrete Strategien und Maßnahmen über legen.
In Sachen „gute Arbeit“ wollen wir als Landesverwaltung aber auch eine Vorbildfunktion übernehmen, insbesondere was die Vergabe öffentlicher Aufträge betrifft.
Durch ein Tariftreuegesetz werden wir alle Anbieter verbind lich verpflichten, bei der Ausführung öffentlicher Aufträge des Landes und der Kommunen die Tariflöhne einzuhalten. Den Gesetzentwurf dazu wird die Landesregierung zeitnah ins Par lament einbringen, damit das Gesetz ab 2012 gelten kann.
Zur sozialen Gerechtigkeit in einem wirtschaftlich starken Land gehört es auch, die auf Dauer weniger Qualifizierten, die Menschen mit individuellen Nachteilen am Arbeitsmarkt nicht zu vergessen. Wir brauchen daher in Baden-Württemberg mehr Engagement für einen sozialen Arbeitsmarkt. Die bis herigen arbeitsmarktpolitischen Instrumente waren nicht im mer optimal und nicht immer erfolgreich. Die Zahl von 70 000 Langzeitarbeitslosen in Baden-Württemberg spricht für sich. Wir werden daher in Baden-Württemberg neue Wege entwi ckeln und beschreiten, um diesen Menschen eine Chance zu geben. „Gute Arbeit“ heißt ja vor allem auch Solidarität mit den Schwachen.
In einer weiteren wichtigen Grundlinie unserer Politik, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen, geht es um nachhaltige Fi nanzpolitik. Nachhaltige Finanzpolitik ist die Grundlage von wirtschaftlicher Zukunftsverantwortung und Generationenge rechtigkeit. Wir wollen, dass auch unsere Kinder und Enkel noch Möglichkeiten der politischen Gestaltung haben. Wir werden daher die Finanzpolitik auf die Einhaltung der Schul denbremse des Grundgesetzes ausrichten. Mit einem „Finanz plan 2020“ werden wir eine für alle Ressorts verbindliche Ori entierungsplanung einführen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: 2014! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Ruhe im Karton!)
Ein ressortübergreifendes vorausschauendes Haushaltscont rolling wird dies unterstützen. Es waren die Ausschussreise des Finanzausschusses nach Kanada und der Besuch beim ka nadischen Treasury Board, die für mich in dieser Hinsicht wichtige Impulse und Anregungen gegeben haben und die nun von der neuen Regierung gemeinsam aufgegriffen werden.
Meine Damen und Herren, nach 58 Jahren CDU-Regierung steht das Land vor einem gewaltigen Schuldenberg.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Unruhe bei der CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt kom men die Kretschmann-Schulden! – Zurufe der Abg. Tanja Gönner CDU und Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Das ist so, liebe Kolleginnen und Kollegen!)
Zwar sieht die vordergründige Optik des Haushalts im Ver gleich zu anderen Bundesländern recht gut aus.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Die vordergründigen Steuereinnahmen reichen für eine Nullverschuldung 2011! So schlecht steht es um das Land!)
Meine Damen und Herren von der CDU, die Sie sich jetzt so gefreut haben: Wenn man die verdeckten und verschobe nen Lasten berücksichtigt, sieht es jedoch anders aus.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Hört, hört! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist schon an der Ge meinschaftsschule ausgerichtet!)
Zählt man die wachsenden Pensionsverpflichtungen und die im Haushalt verbuchte Verschuldung zusammen, so steht Ba den-Württemberg auf dem letzten Platz aller 13 deutschen Flä chenländer.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe von den Grünen: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP)
Auf dem letzten Platz! Hinzu kommen Sanierungsrückstände in Milliardenhöhe bei den Hochschulgebäuden, bei den Lan desstraßen und den Krankenhäusern, ein Vermögensverzehr von beträchtlichem und inakzeptablem Ausmaß –
und das alles bei einem Schuldenberg von 40 Milliarden €. Hinzu kommt ja, dass die mittelfristige Finanzplanung eine erhebliche Schieflage hat. Sie weist für die Jahre 2012 bis 2014 eine jährliche Finanzierungslücke von etwa 3 Milliar den € aus.
Deswegen wird die Landesregierung noch vor der Sommer pause einen Kassensturz machen und dem Landtag ein um fassendes und vor allem ungeschminktes Bild der Landesfi nanzen vorlegen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Nehmen Sie einfach die Steuer mehreinnahmen! Einfach die Steuermehreinnahmen verwenden! – Unruhe bei der CDU)
Fazit: Es wird einer gewaltigen Kraftanstrengung bedürfen, um die Finanzen des Landes wieder auf einen soliden und se riösen Pfad der Nachhaltigkeit zu bringen.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Unruhe)
Zunächst geht es darum, die zu erwartenden Steuermehrein nahmen vorrangig zur Konsolidierung des Haushalts zu ver wenden.
Hier besteht völlige Übereinstimmung zwischen den Regie rungsfraktionen, im Kabinett und insbesondere mit dem Fi nanzminister.
Darüber hinaus werden wir die gesamte Landespolitik einer gründlichen Aufgabenkritik unterziehen. Denn nur so kann das strukturelle Defizit des Haushalts Schritt für Schritt redu ziert werden. Da haben Sie leider in all den Jahren nichts ge macht.
Die Herausforderung besteht ja darin, trotzdem gleichzeitig in Schlüsselbereichen wie „Frühkindliche Bildung“, Schule, Hochschule, Forschung und Gesundheit zu investieren, damit wir die Quellen des zukünftigen Reichtums nicht untergraben.
Wir werden nicht zulassen, dass wichtige Zukunftsthemen der Nachfinanzierung von Ihren Altlasten zum Opfer fallen.
Erste Akzente werden wir mit einem Nachtragshaushalt noch in diesem Jahr in wenigen ausgewählten Feldern setzen.
Ich will auf zwei wichtige Punkte noch näher eingehen: die Neuordnung des Finanzföderalismus – Stichwort Länderfi nanzausgleich – und das Thema Grunderwerbsteuer.
Beides sind Themen, mit denen die bisherige Landesregierung befasst war, und beides sind Themen, bei denen sie falsch ent schieden hat.