Protocol of the Session on May 25, 2011

Meine Damen und Herren, wir feiern in diesen Tagen das 125-Jahr-Jubiläum der Firma Bosch. Der Name Bosch ist eng mit der Entwicklung unseres Landes verbunden. Robert Bosch war einerseits ein Mann des technischen Fortschritts, anderer seits soll er ein großer Jäger, Heger und Landwirt gewesen sein. Theodor Heuss, sein berühmter Biograf, hat in Robert Bosch einen Menschen gesehen, der im Widerspiel der Kräf te eine Versöhnung fand.

Die Robert Bosch GmbH war immer ein Unternehmen, das seine gesellschaftliche und soziale Verantwortung ernst ge nommen hat. Ich erinnere an die frühe Einführung des Acht stundentags und an den legendären Satz von Robert Bosch:

„Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne zahle.“

(Lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPD)

Bosch gehört zu jenen Unternehmen in Baden-Württemberg, die schon früh erkannt haben, welche Zukunftschancen, auch wirtschaftlicher Art, in den Bereichen Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit liegen. Heute ist Bosch ein Weltunterneh men, das bei der Entwicklung umweltfreundlicher Produkte eine führende Rolle einnimmt. Es ist ein Unternehmen, das in einem Netzwerk von vielen Tausend mittelständischen Part nern agiert, die ihrerseits nicht nur Produkte, sondern auch In novationen und neue Ideen zuliefern.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher: Robert Bosch wür de dies gutheißen, denn er verstand etwas von schwäbischen Tugenden, von der Verbindung von Fleiß und Leistungsbe reitschaft, von der Fähigkeit, in Gemeinschaft etwas aufzu bauen, und von der Sparsamkeit. „No nix verkomme lasse“ – ist das nicht eigentlich eine überzeugende Übersetzung des Begriffs „Nachhaltigkeit“ ins Schwäbische?

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Verantwortung für Nachhaltigkeit und Erfolg durch Nachhaltigkeit – darin steckt auch eine große Chance für den ländlichen Raum. Unsere abwechslungsrei chen Natur- und Kulturlandschaften – dazu zählen natürlich auch unsere Städte – locken immer mehr Touristen nach Ba den-Württemberg. Nur eine naturnahe Landwirtschaft weiß diese schönen Landschaften zu pflegen und zu erhalten. Zu gleich werden auf diese Weise gesunde und schmackhafte Le bensmittel aus der Region und für die Region produziert. Wir wollen solche regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken und die Etablierung von Regionalmarken fördern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In diesem „magischen Dreieck“ aus Landwirtschaft, Natur schutz und Tourismus sehe ich die wirtschaftliche Dynamik genau dadurch entstehen, dass der ländliche Raum als natur naher Raum und Kulturlandschaft bewahrt wird.

(Zuruf: Bravo!)

Deswegen haben wir die Kompetenzen für diese Politik im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ge bündelt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist gut!)

Meine Damen und Herren, die Neuausrichtung von Ökologie, sozialer Sicherheit und freiem Unternehmertum, das ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Der Erhalt unserer na türlichen Lebensgrundlagen und die Bewahrung der Schöp fung erfordern also eine Neujustierung von Staat, Markt und Bürgergesellschaft. Klimaschutz ist nicht nur eine Aufgabe internationaler Konferenzen, Klimaschutz fängt vor Ort an. Jede Ebene steht dabei in der Verantwortung, auch die Lan despolitik. Als Landesregierung haben wir dabei eine wichti ge Koordinierungsaufgabe zu erfüllen.

Wir stellen uns dieser Verantwortung und werden in der nun beginnenden Legislaturperiode einen Beitrag – und zwar ei

nen erheblichen Beitrag – zum Erreichen der nationalen wie internationalen Klimaschutzziele leisten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ziel muss sein, die CO2-Emissionen bis 2050 gegenüber dem Niveau von 1990 um rund 90 % zu reduzieren.

Als zentrales Element für die Neuausrichtung der Energie- und Klimapolitik werden wir deswegen ein Maßnahmenbün del mit verbindlichen Zielen auf den Weg bringen. Dazu ge hört die Novellierung des Landesplanungsgesetzes. Das Lan desprogramm „Klimaschutz-Plus“ wollen wir weiterentwi ckeln.

Wir leiten die Energiewende ein: weg von fossilen Energien und Atomenergie, hin zu sauberem Strom aus den unerschöpf lichen Quellen Wind, Wasser, Sonne und Biomasse.

Die grün-rote Landesregierung wird sich auf Bundesebene für einen beschleunigten Atomausstieg einsetzen. Die acht ältes ten AKWs plus Krümmel dürfen nicht mehr ans Netz.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dazu gehören auch die beiden ältesten und störanfälligsten Atomkraftwerke im Land: Neckarwestheim I und Philipps burg 1. Auch diese müssen dauerhaft stillgelegt werden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für den Fall, dass die Bundesregierung die Laufzeitverlänge rungen nicht zurücknimmt, werden wir uns der Klage ande rer Bundesländer anschließen, um den Ausstieg aus dem Atom ausstieg vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall zu brin gen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Ereignisse von Fukushima waren und sind zuallererst ei ne unermessliche Tragödie für die Menschen in Japan. Sie mahnen aber auch, das Ende des Atomzeitalters nicht hinaus zuschieben, sondern beherzt anzupacken.

Unser Ziel ist deshalb, die erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 zu einer zentralen Säule der Stromerzeugung zu machen. Deshalb werden wir die Blockaden bei der Windkraft besei tigen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Bis 2020 sollen 10 % unseres Stroms aus heimischer Wind kraft kommen. Genauso konsequent werden wir auch andere erneuerbare Energien ausbauen. Vor allem die Solarenergie bietet ein riesiges Potenzial für die Energieerzeugung. Des wegen werden wir auch die Solarenergie konsequent fördern, z. B. indem wir landeseigene Dachflächen für Bürgersolaran lagen zur Verfügung stellen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Genauso wollen wir die Nutzung von Wasserkraft und Bio masse nachhaltig und naturverträglich ausbauen.

Der energetischen Sanierung landeseigener Gebäude müssen wir einen höheren Stellenwert einräumen und die Mittel da für in den kommenden Jahren stufenweise anheben.

Energieeffizienz und Ressourcenschonung müssen wirtschaft lich und gesellschaftlich breit angelegt sein. Deshalb werden wir mit der L-Bank ein speziell zugeschnittenes Förderpro gramm für kleine und mittlere Unternehmen sowie den priva ten Sektor im Bereich der Energieeffizienz entwickeln und auflegen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich komme zur zweiten wichtigen Grundlinie unserer Politik, meine Damen und Herren: zur Schaffung bester Bildungs chancen für alle. Gleichberechtigter Zugang zur Bildung ist die große soziale Frage unserer Zeit. Bildung ist der Schlüs sel zu einer freien, selbstverantwortlichen Lebensgestaltung, zur Sicherung der materiellen Existenz aus eigener Kraft und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Alle Talente und Begabungen von unseren Schülern, von Jugendlichen, bestmöglich zu ent falten ist im Rahmen der Kernkompetenz Bildung die wich tigste Aufgabe eines Landes in unserer föderalen Ordnung.

Meine Damen und Herren, Bildung ist ein menschlicher und persönlicher Wert an sich.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Aber Baden-Württemberg braucht auch alle Talente und Be gabungen, damit es wirtschaftlich an der Spitze bleibt. Grüne und SPD nehmen es mit dieser Ansage sehr ernst.

Eines der wichtigsten Projekte der neuen Landesregierung wird deshalb die Förderung der frühkindlichen Bildung sein. Frühkindliche Bildung und eine qualitativ hochwertige Kin derbetreuung haben für uns höchste Priorität. Ich will, dass in unserem Land endlich alle Kinder die gleichen Chancen er halten, an Bildung teilzunehmen – von Anfang an und unab hängig von ihrer sozialen Herkunft.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Unsere Landesverfassung erteilt uns diesen Auftrag in Arti kel 11 schon längst. Dort heißt es:

Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.

Wenn wir jetzt die Rahmenbedingungen für ein sozial gerech tes Schulsystem schaffen, dann erfüllen wir endlich einen in der baden-württembergischen Landesverfassung schon lange verbrieften rechtlichen Anspruch. Es ist ein Armutszeugnis der Vorgängerregierungen, dass in Baden-Württemberg die soziale Herkunft noch immer so sehr über den Bildungserfolg entscheidet.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Lächerlich! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Dies zu ändern ist eines der wichtigsten Ziele meiner Regie rung.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Hoffentlich in die rich tige Richtung!)

Jedes Kind in Baden-Württemberg muss die Möglichkeit ha ben, seine Fähigkeiten und Potenziale voll zu entfalten, und zwar unabhängig von Herkunft und Geldbeutel. Das ist übri gens genau das Gegenteil von Gleichmacherei und „Einheits schule“.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Nein, bei uns wird nicht über einen Kamm geschoren. Bei uns sollen sich die Nachzügler besser entfalten können und die Schnelldenker auch. Das ist individuelle Förderung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Wir werden sehen!)