Protocol of the Session on June 20, 2012

Aber jeder, der ein bisschen Ahnung davon hat, wie Prozesse ablaufen, weiß, dass das in groben Strukturen der Ablauf ei nes Verfahrens ist. Das Gleiche gilt für dieses Schiedsverfah ren.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie bauen alle drei An träge auf der gleichen juristischen Begründung auf!)

Und dann, nach der mündlichen Erörterung, werden die An träge im Gericht gestellt. Wir haben jetzt angekündigt – denn das muss man bei der Klageeinreichung auch tun –, welche Klageanträge geplant sind. Wir haben unsere Klageanträge eingereicht. Der Hauptantrag ist das Entscheidende. Der Hauptantrag richtet sich auf die Rückzahlung des zu viel Ge zahlten beim Kauf durch Herrn Mappus.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Und die juristische Be gründung ist dieselbe wie bei den Hilfsanträgen? Nichtigkeit?)

Jetzt möchte ich auch noch einmal erläutern, wie das bei un zulässigen Beihilfen ist. Es ist richtig, dass das EU-Recht bei unzulässigen Beihilfen davon ausgeht, dass der Kauf nichtig ist. Die Rechtsfolge dieser Nichtigkeit ist im deutschen Recht eindeutig geregelt. Die BGH-Rechtsprechung sagt, es gilt die sogenannte Saldotheorie, das heißt, das zu viel Geleistete muss zurückgezahlt werden. Ende der Durchsage.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Gleiche Ansprüche! Nicht Aktien gegen Geld, sondern Geld gegen Geld! Das ist die Saldotheorie!)

Folge der Nichtigkeit aufgrund einer unzulässigen Beihilfe ist nach deutschem Recht gemäß der BGH-Rechtsprechung auf grund der sogenannten Saldotheorie, dass der überhöhte Kauf preisanteil zurückgezahlt werden muss.

Es gibt aber einen Streit, nachdem insbesondere in anderen Rechtsordnungen eine Rückabwicklungstheorie vertreten wird. Das ist der Grund, weshalb wir zum juristischen Flan kenschutz diesen Hilfsantrag angekündigt haben,

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein! Sie haben „beantragt“! Wörtlich!)

falls das Schiedsgericht in der mündlichen Verhandlung wi der Erwarten diese Theorie vertreten sollte. Dann können wir immer noch entscheiden, wie wir mit diesem Antrag umge hen. Unser Ziel ist selbstverständlich auch für diesen unwahr scheinlichen Fall, dass wir das zurückbekommen, was zu viel geleistet worden ist. Das ist das klare Ziel, und da würden wir im Zweifel dann eine Einigung mit der EdF anstreben.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Schebesta?

Nein. Ich habe es ausgiebig erläutert.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie haben jetzt gerade begründet, dass Sie von der Nichtigkeit ausgehen! Und Sie lassen dann keine Frage zu? Alle drei Kla geanträge bauen auf der Nichtigkeit auf! Und dann lassen Sie keine Frage zu? Wir sind ganz tief im Be reicherungsrecht! Das setzt bei allen drei Klageanträ gen Nichtigkeit voraus! – Zuruf: Lassen Sie ihn fra gen!)

Ich sage Ihnen nur, wie bei unzulässigen Beihilfen die Recht sprechung aufgebaut ist. Sie sollen das – –

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie begründen Ihre Klagen mit der Nichtigkeit des Vertrags! Alle drei Anträge! Und dann lassen Sie keine Diskussion dar über zu! Sagen Sie einfach, ich darf fragen! – Glocke des Präsidenten)

Herr Schebesta, ich bitte Sie, einfach zur Kenntnis zu neh men, dass bei unzulässigen Beihilfen die Nichtigkeit eines sol chen Vertrags angenommen wird, und dann kommt es ent scheidend auf die Rechtsfolge an. Und die Rechtsfolge dieser Nichtigkeit – –

(Abg. Volker Schebesta CDU: Also! Den Hauptan trag haben Sie begründet mit Nichtigkeit! Das ist et was ganz anderes, als Sie zuvor immer gesagt haben! Sie gehen in der Klagebegründung von der Nichtig keit des Kaufs aus! Das haben Sie gerade gesagt! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ruhe! – Glocke des Präsidenten)

Der Herr Minister lässt jetzt keine Zwischenfragen zu.

Das Entscheidende ist, dass die Folge dieser Nichtigkeit nach der Saldotheorie die Rückzahlung ist. Das ist unser Hauptan trag, und das ist das Hauptziel des Antrags. Sie müssen ein fach verstehen, dass wir juristisch nach EU-Recht zu diesem Verfahren gezwungen sind. Es gibt nur die Möglichkeit, Geld überhaupt zurückzufordern, wenn man zuvor die Nichtigkeit des Kaufvertrags beantragt hat. Alles andere geht nicht; sonst können wir kein Geld zurückverlangen, das ist doch klar.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie lügen doch die Leute an mit dem, was Sie sagen! Das ist ungeheuerlich! – Zu ruf des Abg. Volker Schebesta CDU – Unruhe – Glo cke des Präsidenten)

Nein, nein. Das Ziel des Hauptantrags ist die Rückforde rung, ist die Rückzahlung des zu viel Gezahlten auf der Grundlage der Saldotheorie.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Auf der Grundlage der Nichtigkeit des Vertrags!)

Ich habe Ihnen jetzt die Rechtslage erläutert. Sie kennen das Beihilferecht genauso gut wie ich.

(Unruhe)

Das Schlimme ist, dass Sie uns durch die öffentliche Diskus sion in eine Erörterung der Prozesstaktik hineinzwingen und damit den Interessen des Landes bei diesem Schiedsverfah ren erheblich schaden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Das ist der Punkt!)

Wir haben damals zu viel gezahlt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die EdF lacht sich ins Fäustchen!)

Jetzt wollen wir, gezwungen durch den Kaufvertrag, den Sie abgeschlossen haben, das zu viel Gezahlte zurückverlangen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ich erwarte von Ihnen, von der CDU und der FDP/DVP, dass Sie in diesem Verfahren klar auf der Seite des Landes, der EnBW und der Beschäftigten stehen und nicht auf der Seite der EdF.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Das tun wir! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Sie haben sich schon damals mehr um Ihre Partei gesorgt und weniger um das Land gekümmert. Deshalb fordere ich insbe sondere die CDU auf: Haben Sie endlich den Mut, aus dem langen Schatten von Stefan Mappus herauszutreten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist doch unglaublich!)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Was den Familien nützt: Geld in den Kita-Ausbau statt in Betreuungsprämien – beantragt von der Fraktion der SPD

Auch hier haben wir die übliche Redezeit von zweimal fünf Minuten je Fraktion festgelegt. Ich bitte Sie, die Aktuelle De batte in freier Rede zu führen.

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Bayer.

Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne meinen Beitrag mit ein paar Blitzlichtern aus dem ganz normalen Leben. Vielleicht ist das auch ein Beitrag da zu, dass uns der Umstieg auf ein neues Thema nach der vor herigen turbulenten Aktuellen Debatte – für Juristen und für Nichtjuristen – leichter fällt.

Beispiel 1: An einem Samstagvormittag bei einem Familien einkauf in einem kleinen Supermarkt kommt der Marktleiter – ich politisiere immer wieder einmal mit ihm – aufgeregt auf mich zu. Er sagt: „Herr Bayer, ich habe eine Riesenbitte an Sie: Bitte sorgen Sie für mehr Betreuungsplätze für kleine Kinder. Ich finde sonst keine Mitarbeiterinnen mehr.“

Ich switche um: Auf dem Bahnsteig in Freiburg am Dienstag vormittag höre ich, wie eine ältere Frau mit einer mir unbe kannten Person telefoniert. Sie sagt in etwa Folgendes: „Mei ne Tochter hat einen Kita-Platz in Aussicht, obwohl das Kind doch erst im Oktober auf die Welt kommt. Ich freue mich so für sie.“

Szenenwechsel: Keine fünf Minuten später hantiert im Zug eine junge Frau gleichzeitig mit Laptop und Handy und sagt in etwa – sodass es das ganze Abteil hören kann –: „Fast wä re es mit dem Kita-Platz schiefgegangen. Dann hätte ich mir die Projektleitung abschminken können.“

Nun kann man natürlich unterschiedlicher Auffassung darü ber sein, ob man das alles im Zug und in anderen sozialen Si tuationen mitbekommen muss, aber eines, meine Damen und Herren, ist klar.

(Unruhe)

Nicht nur bei diesen, aber gerade bei solchen Vorkommnissen ist wieder einmal deutlich geworden: Das Fehlen von Betreu ungsplätzen stellt das größte Hindernis für den Anschluss von Eltern in der Berufswelt dar.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das ist neben vielen anderen Gesichtspunkten ein wesentli cher Grund, warum es ab August 2013 einen Rechtsanspruch auf Betreuung geben wird. Das ist wirklich ein familienpoli tischer Meilenstein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Aber dieses Meilensteinprojekt scheint zu kippen. Es droht zu scheitern, weil es nicht zu einer nationalen Kraftanstrengung