Aber gerade wenn jetzt der berühmte Ausweg kommt, dass jemand, der nicht genügend Frauen oder nicht genügend Män ner aufstellen kann, von der Regel befreit wird, dann muss ich sagen: Das ist die entscheidende Schwachstelle Ihres Kon zepts. Denn wer will so etwas kontrollieren? Wer fragt: Habt ihr nicht noch einen Mann, oder habt ihr nicht noch eine Frau? Aber ich komme noch einmal auf diesen Punkt zurück.
Ich kenne Verhältnisse wie z. B. gerade in Waiblingen. Da werden beim nächsten Mal wahrscheinlich nur Frauen an die Spitze gewählt. Ich käme mir komisch vor, wenn mir die Pflicht auferlegt würde, auf Platz 2 jetzt einen Mann aufzu stellen. Das hätte etwas Kurioses.
Dann sind wir beim zweiten Punkt: Sie müssen sich überle gen, ob dieser Punkt in unser geltendes Wahlrecht passt.
Ich habe vorhin mit einigem Zögern von geeigneten Kandi datinnen gesprochen. Damit habe ich natürlich nicht gemeint: Die Frauen können es nicht. Das halte ich für einen großen Quatsch. Aber alle haben es schon erlebt, dass bei unserem Wahlrecht z. B. ein sympathischer Hals-Nasen-Ohren-Arzt vom letzten Platz der Liste in den Stadtrat und in den Kreis tag gewählt wurde. Er war höchst erstaunt, dort zu landen.
Das hat nicht immer allen gefallen. Aber das ist, wenn Sie so wollen, eines der Merkmale unseres Persönlichkeitswahl rechts,
Erst in der letzten Sitzung des Verwaltungsrats der Stiftung, als wir über Expertengremien redeten, hat Ministerpräsident Kretschmann gesagt: Die Leute wollen doch nicht, dass im mer nur Parteipolitiker alles entscheiden. Sehr richtig! Unser jetziges Kommunalwahlrecht lenkt ein bisschen von diesem ständigen Lagerdenken, von der Parteipolitik ab. Es ist eine Persönlichkeitswahl.
Ihr Vorschlag stellt dieses System eben infrage. Jeder Blinde sieht: Es würde dann funktionieren, wenn man es zugunsten einer Listenwahl abschaffen würde.
Umgekehrt muss man sagen, dass das Wahlrecht gerade durch das Kumulieren und Panaschieren einem größeren Frauenan teil nicht im Weg steht.
das wird unser Ziel sein; das werden wir auch tun –, die dann auch eine echte Chance haben, gewählt zu werden. Dann hof fe ich, dass wir nach der nächsten Kommunalwahl den Frau enanteil noch etwas deutlicher im Anschwung nach vorn ge steigert haben werden, liebe Frau Sitzmann.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wer, wenn nicht auch die Frauen, sollte in den Kommunalparlamenten sitzen? Sind es doch gerade die Frau en, die in ihrer Lebenswirklichkeit die ganze Kommune ken nenlernen – sämtliche Sozialisationsinstanzen, Vereine, Ver kehr etc.
Es ist richtig: Der Fortschritt ist eine Schnecke. Es stellt uns in keiner Weise zufrieden, dass wir Frauen in den Kommunal parlamenten erst mit einem Anteil von 22 % vertreten sind.
Sie gestatten, dass ich als gestandene Kommunalpolitikerin – ich habe immerhin 25 Jahre in Kreistag und Gemeinderat Er fahrungen gesammelt –
hier rede und das in einen Zusammenhang stelle. Es war mein Vater, der als erzkonservativer Bauer mich mit 24 Jahren als junge Mutter ermuntert hat: Kandidiere für den Gemeinderat. Er hat mir allerdings auch auf den Weg mitgegeben: „Da musch’ was bringe“ – das heißt also, Leistung bringen. Ich musste sehr schnell Leistung bringen, indem mir nach einein halb Jahren das Amt der Fraktionsvorsitzenden zugewachsen ist.
Ich hatte fünfmal die Aufgabe, Listen zu erstellen. Unter uns: Wenn man die Zeit, die ich in Wohnzimmern, auf der Straße oder am Telefon verbracht habe, zusammenrechnet, summiert sich das auf einen satten dreiwöchigen Urlaub.
Ich habe besonders viel Aufwand betrieben, um Frauen auf die Liste zu bekommen. Jedes Mal hatte ich gleich viele Frau en wie Männer drauf.
Ja, freiwillig. Aber zweimal ist es mir nicht gelungen, ne ben mir in der Fraktion – wir waren zu sechst – eine weitere Frau zu haben.
Dann habe ich meine Strategie geändert, ähnlich wie es Herr Goll angedeutet hat. Es war dann die beliebte Ärztin, die er folgreiche Unternehmerin, die neben mir saß, und wir waren dann dreimal paritätisch im Gemeinderat von Untergruppen bach vertreten.
Die Wählerinnen und Wähler hätten die Möglichkeit gehabt, schon früher diese Frauenanteile hereinzubringen. Aber sie haben eine ambitionierte 18-jährige Gymnasiastin nicht hin eingewählt,
die jetzt in Erdmannhausen Bürgermeisterin wurde, und sie haben auch die 35-jährige Mutter mit zwei Kindern nicht hi neingewählt. Deshalb frage ich mich, woran das liegt.
Ich denke, wir müssen auf jeden Fall anerkennen, dass der Wähler souverän ist – und die Wählerin natürlich auch – und seine bzw. ihre Akzente setzen kann. Dennoch müssen wir uns
gemeinsam fragen: Wie schaffen wir es, künftig mehr Frauen in die Kommunalparlamente zu bringen? Wenn Sie über un seren Vorsitzenden und über unsere Aktion „Frauen im Fo kus“ höhnen, will ich sagen: Wir sind derzeit in den Fußgän gerzonen. Wir hören uns an, was die Frauen zu sagen haben. Ich war am Samstag in Eppingen: Keine einzige Frau hat dort den Gedanken gut gefunden, die Listen zu quotieren.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Widerspruch bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)
(Zurufe von den Grünen und der SPD – Gegenruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Hören Sie einfach zu!)
Das mag der ländliche Raum sein. Aber dort will man vor allem haben, dass es der Entscheidung über die Zusammenstellung der Listen überlas sen bleibt, wie sich die Kandidaten aufstellen und welches An gebot gemacht wird.
Ich bin dann mit 29 Jahren weiter in den Kreistag gekommen und habe in dieser Zeit mein drittes Kind erwartet. Da habe ich dann gespürt – das muss ich ganz einfach sagen –, wie schwer es als Frau ist, diese Rolle auszuüben. Denn der Kreis tag hat bereits um 13:00 Uhr mit einer Vorbesprechung be gonnen.
Deswegen, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir ges tern einen Antrag eingebracht, mit dem wir fordern, dass die Landeszentrale für politische Bildung im nächsten Jahr – so, wie sie dies schon in der Vergangenheit getan hat – eine be sonders intensive Kampagne betreibt, um Frauen auf solche Aufgaben vorzubereiten. Frauen wollen, wenn sie zum kom munalen Wahlamt Ja sagen, besonders gut sein; sie wollen vorbereitet sein.
Den Gemeinden muss zudem auferlegt werden, den Frauen eine Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Sehr guter Gedanke! – Abg. Rita Haller-Haid SPD: Den Männern auch! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Was ist mit den Männern?)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin der Meinung: Es kann nicht so weitergehen, dass Frauen in den Gremien so we nig repräsentiert sind. Vielen dort getroffenen Entscheidun gen merkt man auch an, dass dabei die weibliche Erfahrung, die weibliche Hand fehlt. Aber es ist Sache der Listenaufstel lung, hierbei in den Wettbewerb zu treten. Deswegen führen wir auch das Projekt „Frauen im Fokus“ durch. Wir, die CDU,