Protocol of the Session on May 9, 2012

Dann gibt es noch einen weiteren Punkt, der einer Klärung bedarf. Das ist die Frage, wie weit sich die Schweiz auf Grup penanfragen nach OECD-Standard einlässt. Das ist noch nicht klar geregelt. Das war auch Gegenstand der Siebenpunktelis te, die die A-Länder im Bundesrat vorgetragen haben. Da gibt es ein Vorbild, nämlich das Abkommen der Schweiz mit den USA. Insofern meine ich, dass da auch noch mehr drin sein kann.

Deshalb sage ich Ihnen: Wir halten das Abstimmungsverhal ten des Landes Baden-Württemberg im Bundesrat offen,

(Abg. Peter Hauk CDU: Aha!)

um die Chance zu eröffnen, diese Punkte zu klären.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aha! Der Rückzug ist eröff net! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Dann werden wir abwägen, ob die Kritikpunkte ausreichend berücksichtigt worden sind und ob wir eine endgültige Rege lung dieses Problems für so wichtig erachten, dass wir dem Abkommen zustimmen können. Genau das ist die Linie.

Ich sage Ihnen: Ich bin stolz darauf, dass ich zusammen mit anderen Länderfinanzministern

(Abg. Peter Hauk CDU: Der Rückzug ist eröffnet! Das wollten wir doch nur hören!)

diese Situation erreicht habe, dass wir darüber reden können, eine Zustimmung überhaupt zu erzielen. Das war das Ver dienst der Länder, die diesen Nachbesserungsprozess maß geblich vorangetrieben haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ja, aber das war doch in der letzten Woche auch schon bekannt!)

Ich bin da voll dabei. Deshalb sage ich Ihnen: Es gibt auch keinen Widerspruch zwischen dem Ministerpräsidenten und mir oder zwischen den Regierungsfraktionen. Wir stehen für Steuergerechtigkeit ein. Wir wollen dieses Abkommen nicht um jeden Preis. Wir sind bereit, mit der Schweiz über weite re Verbesserungen zu reden. So sieht eine realistische, ver nünftige Finanzpolitik in Baden-Württemberg aus.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Alles klar! SPD rudert zurück! Mehr wollten wir gar nicht hören! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Wir lassen uns nicht darauf ein – damit das auch klar ist –, dass wir sagen, es würden angeblich Milliardensummen in den Landeshaushalt fließen, nur weil man dem Steuerabkom men zustimmt. Lassen wir die Zahlen sprechen.

Es gab die Steueramnestie von Hans Eichel; sie ist mehrfach angesprochen worden. Es wurde damals gemutmaßt, man würde bundesweit 5 Milliarden € einnehmen. Heraus kam ein Viertel – 1,4 Milliarden € –, für Baden-Württemberg waren es 222 Millionen €.

Ich glaube, eines sollte man dann schon machen: Man sollte aus Erfahrung lernen und aus Schaden klug werden. Deshalb bin ich sehr vorsichtig bei diesen Abschätzungen, die kursie ren, wonach insgesamt 10 Milliarden € kämen und BadenWürttemberg dann über 1 Milliarde € erhalten würde. Die Re alität ist eine andere. Das, was garantiert ist, sind 2 Milliar den Schweizer Franken, also 1,6 Milliarden €. Das ergibt für Baden-Württemberg – wir haben das noch einmal genau er rechnet –: 34 Millionen € für die Kommunen und 123 Milli onen € für das Land. Das ist eine Summe, die nicht vernach lässigbar ist.

Aber ich will einmal ganz deutlich sagen: Wenn gleichzeitig die von CDU/CSU und FDP geführte Bundesregierung einen

Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression in den Bun desrat einbringen, der das Land Baden-Württemberg – Land und Kommunen zusammengerechnet – über 300 Millionen € kosten würde, dann sind wir doch diejenigen, die auf die Be rücksichtigung der Einnahmen für das Land Baden-Württem berg achten. Sie wollen dem Land durch Steuersenkungen, denen Sie im Bundesrat zustimmen wollen, schaden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Deshalb wäre ich da sehr vorsichtig.

Wir werden zwei Punkte im Auge haben. Das eine sind die Interessen des Landes – wie immer bei der Finanzpolitik; des halb auch unsere Absage an allgemeine Steuersenkungsplä ne. Das andere ist Steuergerechtigkeit. Ich jedenfalls will nicht, dass sich bewahrheitet, was der Schweizer Banker Kon rad Hummler einmal voller Arroganz behauptet hat, nämlich – ich zitiere –: „Wer Steuern zahlt, ist dumm.“

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Mit dieser Kultur müssen wir in Deutschland, in Europa und auch in der Schweiz brechen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Willi Stächele CDU)

In der zweiten Runde hat sich für die CDU-Fraktion Kollege Herrmann zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Schmid, ich bin Ihnen für Ihre Aus führungen in einem Teil Ihrer Rede sehr dankbar. Sie haben nämlich gesagt: Sie warten ab, Sie stellen heute einmal For derungen auf, werden das dann bewerten und schließlich ent scheiden. Das heißt, wenn am Sonntag die Wahl in NordrheinWestfalen vorbei ist, brauchen Sie nicht mehr Wahlkampf zu machen, dann können Sie die Dinge wieder sachlich bewer ten und entscheiden. Das ist der wahre Grund, warum Sie das jetzt noch verzögern.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Herr Minister, mich wundert nicht, dass Sie von Verhand lungspartnern nicht ernst genommen werden,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was?)

wenn Sie sich hier hinstellen und vier Finanzminister als „Vie rerbande“ bezeichnen. Das ist unerhört, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Sehr gut! – Abg. Claus Schmie del SPD: Mein Gott!)

Ich will jetzt noch auf einen Punkt hinweisen, der in dieser Debatte ein bisschen untergeht. Wir alle sind uns einig, dass für die Zukunft eine Regelung gefunden ist, die akzeptiert wird. Frau Aras ist nicht darauf eingegangen. Der Finanzmi nister ist in einem Nebensatz darauf eingegangen; auch Herr Rülke hat es angesprochen. Hier herrscht Einigkeit. Es ist wichtig, dass wir für die Zukunft endlich Klarheit haben.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das habe ich doch gesagt!)

Sie, Herr Minister, fordern europäische Verhandlungen. Es wäre sicherlich wünschenswert, hier eine europäische Rege lung zu finden. Aber wenn wir darauf warten, dann dauert es noch einmal viele Jahre. Das ist eine Vertagung auf den SanktNimmerleins-Tag. Wir halten es für den falschen Weg, darauf zu warten.

Ein weiterer Punkt: Mehrfach wurde von Ihnen, Frau Aras, und von Ihnen, Herr Minister, angesprochen, dass es beim Mindeststeuersatz für die Altfälle, bei der Pauschalsteuer, Ver besserungen geben müsste. Ich will noch einmal daran erin nern: Unter Rot-Grün wurde 2003 ein Steuersatz von 15 % festgelegt. Bundesfinanzminister Eichel sagte damals:

15 % auf X ist besser als mehr auf nix.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Nur, was kam dabei heraus? Im Bundestag hat vor Kurzem der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen gesagt:

Das hat nicht das gebracht, was wir uns erhofft haben.

Jetzt hat man verhandelt und im September 2011 ein Ergeb nis vorgelegt, bei dem der Steuersatz zwischen 19 % und 34 % liegt. Es wurde nachverhandelt. Jetzt liegt der Steuersatz bei 21 % bis 41 %. Nun legen Sie das Stöckchen noch ein biss chen höher. So kann man auch Verhandlungen führen, dass man bei jeder Gelegenheit sagt: „Wir wollen mehr.“ Hätten SPD-Finanzminister in der Vergangenheit bereits so gehan delt, wie es Bundesfinanzminister Schäuble heute getan hat, dann gäbe es schon lange ein vernünftiges Steuerabkommen mit der Schweiz.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Dass die Verhandlungsergebnisse nicht so schlecht sein kön nen, sehen Sie daran, dass sich Großbritannien Deutschland zum Vorbild genommen hat und ebenfalls ein Abkommen mit der Schweiz anstrebt bzw. abgeschlossen hat. Auch Österreich hat ein Abkommen mit der Schweiz abgeschlossen, das aller dings deutlich ungünstiger für Österreich ist, als das Abkom men, das Bundesfinanzminister Schäuble abgeschlossen hat, für Deutschland ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die in Österreich ha ben auch keinen Nils Schmid! Das ist das Problem! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich kann Sie nur auffordern, ab nächster Woche Ihre Verzö gerungstaktik einzustellen. Denn Verzögern heißt, dass es wei terhin keine Lösung gibt, die der Steuergerechtigkeit näher kommt. Das wäre nicht in Ordnung und nicht der richtige Weg. Dann wären Sie die Schuldigen, diejenigen, die verhin dern, dass wir ein vernünftiges Abkommen zwischen Deutsch land und der Schweiz schließen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Aras.

Lieber Kollege Herrmann, zum einen habe ich bezüglich der zukünftigen Besteuerung der Kapitaleinkünfte ganz klar gesagt, dass das Abkommen

positiv ist und der Besteuerung in Deutschland gleichkommt. Dies nur, damit klar ist: Ich habe es positiv hervorgehoben.

Zum anderen dürfen Sie bei der Steueramnestie, die der SPDBundesfinanzminister seinerzeit eingeführt hat und die Sie ständig anführen, nicht vergessen: Der Steuersatz war – zu gegeben – relativ niedrig. Aber damals gab es die Steueram nestie nicht unter Wahrung der Anonymität.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Das ist ein wesentlicher Unterschied zur jetzigen Steueram nestie, über die der Bundesfinanzminister bisher verhandelt hat.

Dann dazu, wie ernst der Finanzminister eines Bundeslandes, wie ernst Herr Schmid genommen wird. Hier stellt sich die Frage: Welche Rolle schreiben wir uns, den Landesparlamen ten und den Ländern, zu? Wenn wir schon heute sagen: „Haupt sache, wir haben überhaupt ein Abkommen“ und nicht berück sichtigen, welche Aspekte die Steuergerechtigkeit – nicht nur monetäre Aspekte – beinhaltet, dann lässt sich feststellen, dass das Verhandlungsergebnis schon einmal durch Druck der Län der verbessert wurde. Es ist gut, dass sich die Länder einge bracht und erreicht haben, dass der Mindeststeuersatz von ur sprünglich 19 % auf 21 % gestiegen ist. Das haben wir den einzelnen Ländern – –