Weil wir vonseiten des Landes eine Vorbildfunktion haben, werden wir auch in den Landesanstalten auf GVO-freies Fut ter umstellen, weil klar ist, dass wir, das Land, den Qualitäts anspruch auch in den eigenen Einrichtungen umsetzen wol len und müssen.
Das Thema Qualitätszeichen ist auch deshalb wichtig, weil es derzeit keine analytischen Möglichkeiten gibt, in den Lebens mitteln, insbesondere was Eier, Milch und Fleisch angeht, zu kontrollieren, ob gentechnisch veränderte Organismen in der Fütterung eingesetzt wurden. Deshalb wollen und müssen wir an der Prozesskontrolle ansetzen. Das ist – ähnlich wie beim ökologischen Landbau – dann beim Qualitätszeichen der Fall. Darüber hinaus wird unsere amtliche Futter- und Lebensmit telüberwachung die Wirksamkeit der Eigenkontrollsysteme des QZBW und die korrekte Verwendung des Logos „Ohne Gentechnik“ weiterhin intensiv prüfen.
Erlauben Sie mir zum Schluss ein paar Worte zum Bund und zur EU. Wir haben im Moment die Situation, dass auf euro päischer Ebene ein guter Vorschlag des Europäischen Parla ments vorliegt, der aber von den Nationalstaaten blockiert wird. Deutschland spielt dabei, obwohl es in der Situation wä re, als Zünglein an der Waage zwischen den Mehrheiten rich tig etwas zu bewegen, im Moment eine unrühmliche Rolle. Frau Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner wie auch Herr Umweltminister Röttgen blockieren jeglichen Fortschritt durch sinnvolle Regelungen mit dem Hinweis auf die WTO und die Handelspolitik. Ich halte dies für ein vorgeschobenes Argu ment, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil deutlich ist: Wenn Deutschland sich bewegen würde – sowohl in der Frage der Haftungslinien als auch hinsichtlich der nationalen Möglichkeiten zur Zulassung –, wären große Schritte erreich bar.
Die Landesregierung wird weiter Druck machen. Wir werden gemeinsam mit Vertretern der baden-württembergischen Er nährungsindustrie im September in Brüssel einen weiteren Vorstoß unternehmen. Wenn wir uns hier in dieser Position zur Gentechnikfreiheit einig sind, fordere ich Sie von CDU und FDP/DVP auf: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Bundesregie rung, Ihre Mehrheitsfraktionen im Bundestag ihre Obstrukti onspolitik einstellen und endlich vernünftige Regelungen im Europäischen Parlament und im Europäischen Rat herbeifüh ren, damit wir hier im Land die Regelungen treffen können,
die unsere Verbraucherinnen und Verbraucher von uns erwar ten. Sie wollen keine Gentechnik auf dem Teller und auch nicht auf dem Acker. Es liegt an uns, Druck auf die Bundes regierung zu machen, und auch an Ihnen, meine sehr verehr ten Damen und Herren in der Opposition, Ihre Bundespartei en auf Linie zu bringen.
Herr Minister Bonde, ich hätte noch eine kurze Frage: Wenn die Regelungen auf EU-Ebene leider scheitern, weil sie durch die Bundesregierung nicht un terstützt werden, welchen Handlungsspielraum gibt es dann für Regelungen, die man in Baden-Württemberg erlassen kann?
Herzlichen Dank für die Frage. Unser Pro blem in Baden-Württemberg ist genau das, dass die aktuellen Regelungen in Brüssel wie auf Bundesebene uns sehr wenig Handlungsspielräume geben. Deshalb muss es auf der euro päischen Ebene gerade jetzt darum gehen, sowohl bei der Fra ge des Anbaurechts als auch bei verschiedenen anderen Fra gestellungen endlich eine sinnvolle Lösung hinzubekommen. Wir haben die ungute Situation, dass nach den aktuellen Re gelungen in einem blockierten Rat, in dem sich die europäi schen Nationen gegenseitig blockieren, Deutschland Teil der Blockade ist.
Zum Schluss werden die Entscheidungen darüber, was an Zu lassungen ausgesprochen wird, innerhalb der Europäischen Kommission auf Beamtenebene getroffen, und das entspricht nicht unserem Anspruch bezüglich der Kontrollverfahren. Wir haben ferner die Situation, dass durch den Lissabon-Vertrag unsere Möglichkeiten als Nationalstaaten noch geringer wer den. Die für Baden-Württemberg als Land bestehenden Mög lichkeiten hängen davon ab, wie die Bundesregierung die eu ropäischen Möglichkeiten umsetzt. Deshalb liegt der für uns entscheidende Schlüssel im Moment in Brüssel. Deshalb ist diese Debatte brandaktuell. Ich will Sie deshalb auffordern: Wir brauchen jetzt jeden Druck nach Brüssel, den wir gemein sam mobilisieren können.
Herr Minister Bon de, ich wollte einfach noch einmal nachfragen: Genau in der Zeit, in der Sie Bundestagsabgeordneter waren und die Grü nen die Ministerin, Frau Künast, stellten, wurden ja diese Be schlüsse gefasst, die uns jetzt teilweise behindern. Könnten Sie einmal ganz konkret sagen, welche der damaligen falschen Beschlüsse man korrigieren müsste?
Sehr geehrter Herr Bullinger, ich erinne re mich, wenn ich an meine Zeit im Bundestag zurückdenke, tatsächlich an viele Debatten zum Thema Gentechnik. Ich er innere mich allerdings hauptsächlich an Frau Happach-Kasan von der FDP,
eine der intensivsten Gentechniklobbyistinnen, die diese Re publik kennt. Ich erinnere mich auch gut an Herrn Goldmann, der dazu eine ähnliche Linie vertritt. Ich erinnere mich vor al lem daran, dass Frau Künast in der ganzen Diskussion über die Frage einer Verschärfung der Positionen in Brüssel kei nerlei Unterstützung aus Ihrer Fraktion bekommen hat und Sie unter der Überschrift der Freiheit der Wissenschaft und der Freiheit des Handels immer Vorposten der Gentechnikin dustrie waren.
Insofern, mit Verlaub: Wer hier jahrelang den Bettvorleger von Monsanto gegeben hat, ist vielleicht in dieser Debatte nicht der richtige Ratgeber.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Juhu! Sehr gut!)
Sehr geehrter Herr Präsi dent, meine werten Kolleginnen und Kollegen und insbeson dere Kollege Rombach! Ich glaube, Sie haben verschlafen, dass die Wende schon lange begonnen hat. Sie monieren, wir würden nichts tun.
Herr Minister Bonde hat mitgeteilt, dass wir beim Qualitäts zeichen dabei sind, die Richtlinien zu ändern, dass die Lan desanstalten sich entsprechend Futtermittel besorgen. Es gibt eine lange Latte von Maßnahmen, die wir bereits durchfüh ren, aber das scheint bei Ihnen, wie gesagt, leider noch nicht angekommen zu sein.
Wir wollen darüber hinaus nicht nur sauber, sondern auch fair bleiben. Im Jahr 2010, also vor zwei Jahren, sind in BadenWürttemberg 28 600 t gentechnisch veränderte Sojabohnen eingeführt worden. Wir wollen eben nicht, dass unsere Kühe am Rio de la Plata weiden. Wir werden uns deswegen – das haben Sie angesprochen – für einen verstärkten Anbau von Soja hier im Land einsetzen. Natürlich steht das auf der Mat te. Wir werden das auch im Rahmen der Debatte um MEKA 2014 einbringen und werden überlegen, in welcher Form wir dort eine verstärkte Eiweißstrategie fahren können. Sie selbst wissen, dass das die beste Möglichkeit ist, grundlegende Än derungen und eine Wende herbeizuführen.
Ich möchte aber noch einmal auf die Frage der Mitgliedschaft im Netzwerk gentechnikfreier Regionen Europas eingehen.
Das hätte man schon vor Jahren machen können. Das hätten Sie auch schon vor zwei oder vier Jahren machen können; das haben Sie aber nicht gemacht. Wir werden dort jetzt Mitglied. Wir befinden uns in guter Gesellschaft: Nicht nur das CDUgeführte Thüringen ist dort mit dabei, sondern auch alle neun österreichischen Bundesländer und italienische und französi sche Genießerregionen wie die Auvergne oder die Bourgog ne, die Toskana oder Umbrien sind dabei. Last, but not least, insbesondere meine Damen und Herren von der CDU: Mit glied sind auch die Bretagne und die Normandie,
also die Regionen, die nach Aussagen eines ehemaligen CDUMinisterpräsidenten westlich von Paris liegen, wo gar keine Leute wohnen, sondern nur Kühe weiden.
Selbst all diese Regionen sind mit dabei. Kurz: Unser Land wird sich in Bälde dank Grün-Rot in allerbester Genießerge sellschaft befinden. Daran hat es unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung leider allzu lange gemangelt.
Das werden wir auch deshalb tun – das sei noch angemerkt –, weil gentechnisch veränderte Pflanzen zu höherem Pestizidein satz führen. Ich muss sagen, ich bin froh, dass jetzt auch von der FDP andere Signale kommen als bisher.
Jetzt komme ich noch einmal auf die Aktuelle Debatte über die EU zu sprechen. Wir brauchen im Augenblick –
der Minister hat es ausformuliert – alle Unterstützung unse rer Bundestagsfraktionen, das heißt, der Fraktion der CDU/ CSU, auf die Sie von der CDU einwirken müssten, und der Fraktion der FDP, auf die Sie von der FDP/DVP einwirken müssten – Grün und Rot machen es sowieso –, um im Euro päischen Parlament eine andere Position herbeizuführen, um dort die Mehrheit für eine Variante zu finden, die das Europä ische Parlament im Juli 2011 beschlossen hat. Es gibt die Möglichkeit – es war sogar eine Kollegin der Liberalen, die auf Artikel 192 der EU-Verfassung hingewiesen hat; das sind Umweltregelungen –,
zuzulassen, dass unterhalb der EU-Ebene ein Verbot von gen technisch veränderten Produktionen in einzelnen Ländern be schlossen wird. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie, wenn Sie hier hinstehen und sagen: „Keine Gentechnik“, dann auch in Ihrer Bundestagsfraktion dafür werben, sich dafür einsetzen, dass seitens der EU-Ebene diese Möglichkeiten eröffnet werden.
Das brauchen wir. Wenn Sie sich da auf Bundesebene mit der Mehrheit von Schwarz-Gelb nicht bewegen, dann tut sich da auch wenig, weil Deutschland in der EU noch immer mit der wichtigste Partner ist.
Es sei dann noch angemerkt, Herr Kollege Rombach: Der Er folg hat immer viele Väter. Es freut mich, wenn Sie, auch als Vertreter des BLHV, sagen, der Besuch des Ministers in Kehl gehe auf Ihre Idee zurück. Wenn Sie die Kollegen von Bio land fragen, dann sagen sie genau das Gleiche. Der Erfolg hat viele Väter.
In diesem Sinn kann ich nur sagen: Es freut uns sehr wohl, wenn die CDU jetzt nicht nur beim Thema Energie bei der Energiewende angekommen ist, sondern auch beim Thema Agrar bei der Agrarwende angekommen ist. Ein Land ohne Gentechnik hilft den Verbrauchern, hilft auch unserer lebens mittelverarbeitenden Industrie und hilft den Landwirten. Ich hoffe, dass es unser gemeinsames Anliegen ist,
dass wir uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die Landwirte hier im Land gentechnikfrei produzieren werden.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen. Die vorgenannten Punkte sind benannt. Die Wende schreitet in diesem Punkt vo ran. Baden-Württemberg wird dauerhaft gentechnikfrei blei ben und werden.
Das ist grün-rote Politik. Dafür steht unser Minister Bonde, dafür stehen die Kollegen von den Sozialdemokraten, dafür stehen wir Grünen, dass Baden-Württemberg dauerhaft gen technikfrei bleibt.