Protocol of the Session on March 14, 2012

Nun zum Sachverhalt selbst, zur neuen Förderrichtlinie: Kern problem ist doch die neue Euro-6-Norm, die Gesetz wird. Der Bus, der diese Norm erfüllt, ist nicht auf dem Markt. Das ist das Dilemma. Darüber, dass wir eine Förderung für einen Bus einsetzen, den es noch gar nicht gibt, sind auch wir von der SPD nicht glücklich. Das ist ungefähr so, wie wenn jemand fordert: 1 000 € Kindergeld ab dem zehnten Kind.

(Heiterkeit der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Das heißt, wir haben keine reale Situation, auf die das Instru ment zutrifft.

(Beifall der Abg. Nicole Razavi CDU)

Das ist das Dilemma, in dem wir stecken. Wir setzen darauf, Herr Verkehrsminister, dass Sie vielleicht mit etwas Flexibi lität im Dialog mit den Unternehmen und den Herstellern noch eine Lösung finden –

(Beifall der Abg. Winfried Mack CDU und Jochen Haußmann FDP/DVP)

auch bei den Herstellern, meine Damen und Herren und Herr Minister. Daimler hat erklärt, das Unternehmen baue Stellen in der Busproduktion ab. Dann ergibt es keinen Sinn, jetzt praktisch kaum Busse anzuschaffen und dann im nächsten und im übernächsten Jahr wieder in die Vollen zu gehen. Wir brau chen eine Verstetigung und Gewissheit in der Anschaffung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da setzten wir auf Sie, Herr Minister, dass das MVI – das ist ja das Epizentrum der globalen nachhaltigen Verkehrspolitik – modellhaft Vorschläge macht,

(Vereinzelt Heiterkeit)

wie wir die etwas missliche Situation zum Wohle aller im Di alog mit den Betroffenen bereinigen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Für die Landesregierung spricht Herr Verkehrsminister Hermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Wenn man als unvoreingenommener Zuhörer diese De batte und die Reden von CDU und FDP/DVP verfolgt, dann muss man annehmen, dass der Untergang des Busverkehrs im Abendland kurz bevorsteht. Denn so, wie Sie in Ihren Reden und in Ihrer Kritik überzogen haben,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Sonst verstehen Sie es ja nicht!)

hat das wirklich nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun, was wir im Bereich der Busförderung tun.

(Beifall des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Woher wissen Sie, was ein unvoreingenommener Zuhörer denkt? – Zu ruf von der CDU: Die SPD hat auch überzogen!)

Das werde ich Ihnen jetzt auch systematisch aufzeigen.

Zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen zum Busver kehr, damit auch da überhaupt kein Zweifel besteht: Es ist für die Landesregierung völlig klar, dass neben dem Schienen verkehr die Busverkehre im öffentlichen Verkehr eine ganz große Rolle spielen, vor allem im ländlichen Raum. Das ist unbestritten. Den Busverkehr wollen wir weiterhin fördern und entwickeln, weil wir wissen, dass wir den ÖPNV im länd lichen Raum nur so aufrechterhalten können. Der Busverkehr ist vor allem als Alternative zum Individualverkehr die öko logische Variante. Deswegen wollen wir den Busverkehr wei ter fördern.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, im Un terschied zu Ihnen kann ich etwas anerkennen. Ich erkenne an, dass die Förderpolitik der Landesregierung in den letzten Jahren tatsächlich dazu geführt hat, dass der mittelständische Busverkehr im Land Baden-Württemberg noch immer mög lich ist

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das wollen Sie jetzt ändern!)

und dass er gut funktioniert. Das will ich ausdrücklich aner kennen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP sowie des Abg. Andreas Stoch SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das wollen Sie jetzt ändern, oder was?)

Weil wir das anerkennen, hat die Landesregierung in den Etat für 2012 10 Millionen € für die Förderung des Busverkehrs eingestellt. Sie aber tun so, als hätten wir die Förderung ge strichen. Nein, wir haben das hier verabschiedet. Sie waren sogar dabei. Sie tun jetzt so, als hätten wir die Mittel gestri chen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Dabei will ich einmal darauf hinweisen: Wer so großartig re det wie Sie, muss sich zumindest vorhalten lassen – ich hätte es Ihnen vielleicht gar nicht vorgehalten, wenn Sie nicht so

dahergeredet hätten –: Nach den Plänen der Abteilung Ver kehr – Ihrer Abteilung in der Vorgängerregierung – war es so – –

(Abg. Nicole Razavi CDU: Haben Sie da noch eine Abteilung? – Abg. Winfried Mack CDU: Wir dürfen noch nicht einmal mit den Abteilungsleitern reden!)

Das Landesinfrastrukturprogramm ist auf Pump finanziert worden. Geplant war, die Busförderung – wenn es nach Ihnen gegangen wäre – in diesem Jahr auf 5 Millionen € zu senken. Das haben wir verhindert und haben 10 Millionen € in den Haushalt eingestellt. Das ist die Wahrheit. Da würde ich an Ihrer Stelle einmal schweigen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Aha! – Zurufe der Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP und Winfried Mack CDU)

Das ist eigentlich peinlich. Das ist wirklich peinlich für Sie.

(Abg. Winfried Mack CDU: Nein!)

Wenn man so große Sprüche klopft, finde ich, müsste man wirklich eine andere Geschichte haben.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Belege! Das ist bloß ei ne Behauptung!)

Das haben Sie aber leider nicht.

Das Einzige, was wir wirklich ändern, ist, dass wir die För derpolitik noch stringenter an Innovation, an ökologischer In novation orientieren – aber nicht an der Kürzung.

Jetzt haben Sie gehört, es gäbe keinen Euro-6-Bus, und tun so, als würde die ganze Förderung zusammenbrechen. Das ist leider ein bisschen einfach gedacht. Denn unser Programm richtet sich gar nicht nur auf die Förderung von Euro-6-Bus sen. Wir wissen, dass erst gegen Ende dieses Jahres neue Fahr zeuge auf dem Markt erhältlich sind, die die Euro-6-Norm er füllen. Herr Schwarz hat deutlich gemacht: Es ist eine Inno vation. Die ersten Busse sind vorgestellt. Übrigens hat Mer cedes uns gesagt: Gegen Ende des Jahres sind wir so weit. Wir wissen von ausländischen Herstellern, die gesagt haben: Ge gen Ende des Jahres sind wir so weit. Darauf setzen wir. Des wegen haben wir gesagt: Wir setzen den Anreiz, dass sie dran bleiben, es nicht auf das nächste oder das übernächste Jahr verschieben, sondern dass sie möglichst zum Ende dieses Jah res die ersten Busse dieser Art auf den Markt bringen.

Gleichwohl – weil wir das wissen und weil wir auch keine Förderung anbieten wollen, die vielleicht schwierig ist – ha ben wir gesagt: Wir fördern auch Euro-5-Busse mit EEV-Stan dard, der etwas höher ist, also etwa zwischen Euro 5 und Eu ro 6 liegt. Sie sagen: „Reden Sie doch einmal mit Busunternehmern.“ Das haben wir getan. Wir hatten ursprünglich 30 000 € angesetzt. Jetzt sagen wir: Wir fördern das mit 35 000 €.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Reicht nicht!)

Man kann auf jeden Fall 35 000 € statt 45 000 € bekommen.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Da kauft kein Unterneh men den Bus!)

Das ist aber nicht die einzige Förderung, sondern wir fördern z. B. auch Sicherheitsstandards, wir fördern z. B. eine besse re Ausstattung bei der Fahrgastinformation in den Bussen, wir fördern z. B. auch die Möglichkeit zur Mitnahme von Fahr rädern.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sehr gut!)

Wir fördern auch die Möglichkeit zur Mitnahme von Fahrrä dern über Fahrradanhänger. Das sind eine ganze Reihe von Punkten. Das zusammen macht ein Förderprogramm mit ei nem Volumen von 10 Millionen € aus, das klar ausgerichtet ist.

Wer heute behauptet, das könne nicht angenommen werden, man habe keine Anträge stellen können – – Lieber Herr Hauß mann, als Sie Ihren Antrag gestellt haben, war der Haushalt des Landes Baden-Württemberg für 2012 noch gar nicht ver abschiedet. Er ist erst im Februar verabschiedet worden. Die Verabschiedung des Haushalts ist die Voraussetzung für die Nutzung eines Förderprogramms. Gerade ist das Förderpro gramm als solches von mir unterzeichnet worden. Es wird in den nächsten Tagen „rausgehen“. Dann kann man sich mel den, sagen, wofür man eine Förderung haben möchte. Sie wer den sehen, die Busunternehmerinnen und -unternehmer wer den das Programm annehmen, weil sie darauf bauen, dass sie diese Förderung bekommen, und weil sie auch Ideen haben, was sie alles machen wollen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der Summe muss ich sagen: Von Ihren Vorwürfen und An griffen bleibt nichts, aber auch gar nichts übrig. Sie schreien ziemlich laut gegen etwas an, was gar nicht stattfindet. Wir kürzen nicht, sondern wir bleiben dabei: Wir haben diese 10 Millionen € bereitgestellt. Ich sage Ihnen eines: Das war nicht einfach. Denn Sie selbst wissen aus der eigenen Finanz planung, dass das Mittel sind, die man auch kürzen kann, wenn man sparen muss. Insofern bin ich dankbar, dass mir der Landtag von Baden-Württemberg diese Mittel zur Verfügung gestellt hat, sodass wir auf diese Art und Weise den Busver kehr im ländlichen Raum so vorantreiben können, dass er öko logisch und auf dem modernsten Stand stattfindet.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht nochmals Herr Kollege Haußmann.