Protocol of the Session on March 7, 2012

Denn es geht darum: Wenn wir von DAX-Unternehmen spre chen, dann handelt es sich dabei um Unternehmen, die viele Tochtergesellschaften haben. Deshalb muss es eine sinnvolle Regelung sein, und dies kann durchaus ein Vorteil für die Un ternehmensführung sein.

(Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Herr Haußmann, darf ich noch einmal nachfragen?)

Es gibt eine Nachfrage von Frau Kol legin Schneidewind-Hartnagel.

Ich ha be noch eine Nachfrage: Was verstehen Sie konkret unter ei ner „leicht handhabbaren Quote“?

(Abg. Winfried Mack CDU: Das hat er doch gerade gesagt!)

Eine leicht handhabba re Quote bedeutet, dass die Regelung sinnvoll und umsetzbar ist und dass sie auch für DAX-Unternehmen und deren Toch tergesellschaften anwendbar ist, sodass diese Quote auch wirk lich Sinn machen kann.

Ich will keine Zahlen nennen, aber sie läge deutlich unter 50 %.

(Glocke des Präsidenten)

Ich möchte Sie zunächst fragen, ob Sie auch diese Nachfrage noch beantworten möchten, Herr Abg. Haußmann.

Ich will es nur noch er gänzen: Im Sinne des allgemeinen Gleichbehandlungsgrund satzes müssen Sie das eigentlich ohnehin – auch wenn das für Männer wohl noch kein Thema ist – für beide Geschlechter regeln, denn sonst würde es dem Diskriminierungsverbot wi dersprechen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe: Sehr gut!)

In der zweiten Runde hat die Kolle gin Wölfle von der SPD-Fraktion noch Redezeit. – Ich ertei le Ihnen das Wort.

Sehr geehrte Frau Kollegin GurrHirsch, Sie haben soeben gesagt, Sie wollten Wahlfreiheit er möglichen. Das ist unstrittig. Die Wahlfreiheit für die eigene Lebensplanung will niemand beschneiden. Aber der Weg, der dabei gewählt wird, darf nicht in eine Benachteiligung füh ren. Genau darum geht es auch in dieser Debatte.

(Abg. Peter Hauk CDU: Man muss das auch ausfüh ren! Das ist der entscheidende Punkt!)

Sie haben ein paar Zahlen genannt. Aus dem Justizministeri um kann ich Ihnen ein paar gute Zahlen nennen. So liegt der Frauenanteil im Bereich der Richterinnen und Richter deut lich über 40 % und bei den Rechtspflegerinnen und Rechts pflegern bei 64 %. Auch bei den Einstellungen im Bereich der Richterinnen und Richter sowie von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten liegt der Frauenanteil inzwischen bei über 50 %.

(Abg. Winfried Mack CDU: Aber nicht erst seit dem Regierungswechsel! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Auch schon bei Schwarz-Gelb! – Abg. Peter Hauk CDU: Aber nicht erst im letzten Dreivierteljahr!)

Das hat auch niemand behauptet. Aber die schlechten Zah len, die wir verzeichnen, stammen auch noch aus Ihrer Zeit.

(Unruhe bei der CDU und der FDP/DVP)

Es ist ja nicht so, dass die schlechten Zahlen aus unserer Zeit stammten und die guten aus Ihrer Zeit.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE zu CDU und FDP/ DVP: Sie haben auch einmal etwas Gutes gemacht!)

Frauen in der Arbeitswelt: Dass der berufliche Aufstieg und auch die gleiche, gerechte Bezahlung noch nicht überall ge währleistet werden, ist Folge einer tief verwurzelten gesell

schaftlichen Entwicklung, die über Jahrzehnte hinweg ein Wertesystem geformt hat, das Frauen einfach von Grund auf benachteiligt.

Im Übrigen gibt es auch eine aktuelle OECD-Studie, die Deutsch land insgesamt ein sehr schlechtes Zeugnis ausstellt.

Der Mann als Haupternährer und die Frau zu Hause oder bes tenfalls als Zuverdienerin – das ist heute noch immer ein stark verbreitetes Bild. Sie haben es zu Recht angeführt: Vor allem im Bereich der Teilzeitbeschäftigung sind überwiegend Frau en zu finden.

Die Realität aber ist, dass Frauen partnerschaftlich verdienen wollen und hierzu auch die Rahmenbedingungen für ein ge rechtes Verteilen der Rollen geschaffen werden müssen. Ein Stichwort dazu, das heute mehrfach angesprochen wurde, ist die Kinderbetreuung, die sich jedoch noch stärker an der Ar beitswirklichkeit und an den Berufsbildern orientieren muss.

Sehr wichtig ist auch, dass die extreme Doppelbelastung, die Frauen zu tragen haben, zu gesundheitlichen Schäden führt. Hierauf werden wir heute noch bei einem weiteren Tagesord nungspunkt zu sprechen kommen.

Es gab gerade aktuell eine dpa-Meldung, nach der viele Män ner auf die Frage, wie sie zur Berufstätigkeit von Frauen ste hen, gesagt haben, für sie sei es kein Problem, wenn eine Frau berufstätig sei. Im Umkehrschluss gibt es aber dann anschei nend genauso viele Männer, für die es noch ein Problem ist; denn es war nicht die Rede davon, dass die Männer mehrheit lich dafür seien.

Erfreulich ist aber trotzdem, dass sich immer mehr junge Paa re vom klassischen Rollenbild des Haupternährers und der Zu verdienerin verabschieden. Gerade junge Paare haben zuneh mend kein Problem damit. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Rahmenbedingungen wirklich deutlich verbessern, damit diese jungen Frauen, die jetzt vielleicht auch stärker in die Fa milien- und Berufsrolle hineinwachsen, andere Voraussetzun gen bekommen, als sie jetzt haben.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Altpeter.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man dieser Tage den Blick nach Hannover zur CeBIT richtet, dann kann man dank Smartphones und Ultra books das Gefühl bekommen, wir seien schon fast im 22. Jahr hundert angekommen. Schaut man aber aus Anlass des mor gigen Weltfrauentags wieder einmal auf die Lohnzettel, so müssen wir feststellen, dass wir doch eher noch im 19. Jahr hundert gefangen sind. Denn noch immer verdienen Frauen wesentlich weniger als Männer.

Wenn wir uns diesen Gender Pay Gap ansehen, die Lohnlü cke, die entsteht, dann müssen wir feststellen, dass die berei nigte Lohnlücke, das heißt, die Entgeltunterschiede von Frau en und Männern mit denselben Merkmalen, 8 bis 12 % be

trägt und die unbereinigte Lohnlücke, in der sich noch viele andere Faktoren wie z. B. Berufswahl, Teilzeit, Erwerbsun terbrechungen und Ähnliches auswirken, in der Bundesrepu blik Deutschland bei 23 % liegt und damit einen der höchsten Werte in der EU aufweist. In der EU beträgt die unbereinigte Lohnlücke im Durchschnitt 17 %, und in Baden-Württemberg müssen wir auf eine unbereinigte Lohnlücke von 28 % schau en.

Ich denke, das kann man nicht länger so hinnehmen. Deshalb sind wir auch tätig geworden und haben eine Bundesratsini tiative auf den Weg gebracht, um schnellstmöglich einen Ge setzentwurf zur Entgeltgleichheit einzubringen. Denn nur so wird sichergestellt, dass die nach wie vor bestehenden, aus schließlich auf Diskriminierung von Frauen beruhenden Ent geltungleichheiten im Arbeitsleben beseitigt und künftig ver hindert werden können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der heutigen Dis kussion war schon viel die Rede davon, dass wir die bestaus gebildete Frauengeneration haben, dass die Mädchen – das wissen wir – oft höher qualifiziert sind als die Jungen, dass sich das aber anschließend im Arbeitsleben nicht in Führungs positionen auswirkt. Heute Morgen wurde auch schon viel fach die Frage gestellt, wie dies zustande kommt. Ich gehe da von aus, dass es dadurch zustande kommt, dass in einem Frau enerwerbsleben häufig die Lücken zu groß sind, nämlich dann, wenn es eine Pause zwischen der Geburt von Kindern und den anschließenden Erziehungszeiten und dem Wiedereinstieg in den Beruf gibt. Ich finde, an dieser Lücke wird sehr deutlich, was es zu tun gilt, nämlich dass in Zukunft nicht nur Frauen für Familie zuständig sind, sondern dass wir zu einem ausge glichenen Familienbild kommen müssen, indem Männer und Frauen gleichermaßen arbeiten, genauso aber auch gleicher maßen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verantwortlich sind.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Die Differenz beim Entgelt für Frauen und Männer ist nicht gottgegeben. Für uns, die Landesregierung, heißt das, dass wir etwas dagegen tun können und etwas dagegen tun werden. Über dieses Thema wird in diesem Haus heute nicht zum ers ten Mal diskutiert. Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir vor einem Jahr fast genau dasselbe Thema auf der Tages ordnung hatten; wir mussten feststellen, dass außer schönen Reden wieder einmal nicht viel gewesen ist.

Auch wir machen unsere Hausaufgaben. Wir setzen den Rechts anspruch bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren um. Das bedeutet für Frauen und Männer gleichermaßen, dass ih re Kinder betreut werden können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir werden dafür sorgen, dass eine geschlechtergerechte Er ziehung in Kindergärten und Kindertagesstätten, in Schulen und anderen Einrichtungen keine bloße Worthülse bleibt, son dern wirklich stattfindet.

Bei der Berufswahl werden Frauen noch viel zu oft in die Sackgasse geführt. Wir werden die bestehenden Programme intensivieren und noch weiter ausbauen. Wir führen Mädchen

mit Projekten wie dem Girls’ Day in das gesamte Spektrum der Berufe ein. Vor dem Hintergrund der Arbeitsentwicklung in unserem Bundesland werden sie natürlich auch an MINT-Be rufe herangeführt. Wir sensibilisieren die Mädchen damit auch für dieses Thema.

Frauen an Universitäten sollen gezielt gefördert werden, da mit Frauen nicht nur bei den Studienanfängerzahlen mit ihren männlichen Kollegen gleichziehen, sondern auch bei den Stel len als Professorinnen und den Stellen für Lehrstuhlinhabe rinnen.

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang: Wir werden das Chancengleichheitsgesetz novellieren und an die heutigen Gegebenheiten anpassen. Damit werden wir auch noch ein mal die Chancen von Frauen und den Zugang von Frauen in Führungspositionen stärken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Entgeltungleich heit zwischen Männern und Frauen ist nicht nur im Arbeitsle ben ein Problem. Denn wer wenig verdient, bekommt später auch wenig Rente. Der sogenannte Gender Pension Gap ist eine direkte Folge der Lohnungleichheit bei Männern und Frauen.

Auch dies gilt es in Zukunft auszugleichen, denn der Gender Pension Gap beträgt sage und schreibe fast 60 %. Wenn wir uns die Zahlen hinsichtlich der Grundsicherung anschauen, dann wissen wir – wer von Ihnen Abgeordneter in einem Kreistag ist, der weiß, wie diese Zahlen in die Höhe gehen –, dass die Grundsicherung im Alter weiblich ist.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Richtig!)