Uns, der CDU, ist wichtig, dass man die Menschen in dem Bemühen begleitet, die Keimzelle der Gesellschaft, nämlich die Familie, zu stärken, und es den Familien ermöglicht, ihre Mitglieder mit Liebe, Zuwendung und Pflege von der Wiege bis zur Bahre zu begleiten – so es ihr Wunsch ist.
Ich sage deutlich: Für uns, die CDU, ist es unverzichtbar, dass die Menschen die Wahlfreiheit für ihren Lebensentwurf ha ben.
Wir haben Respekt vor Frauen und Männern, die ganztägig ihre Kleinkinder versorgen; sie müssen zu mehr gesellschaft licher Anerkennung gelangen. Unserer Meinung nach muss sich ihre Arbeit auch nachhaltig in der Rente widerspiegeln.
Um Kindern die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben zu geben, muss in den Betreuungs- und Erziehungseinrich tungen der bis jetzt eher geschlechterspezifische Blick in der Erziehung geweitet werden. Nach wie vor sind die Berufs wünsche von Kindern und Jugendlichen schon sehr früh ze mentiert; sie konzentrieren sich auf die berühmten fünf Beru fe und folgen damit geschlechtsspezifischen Mustern. Daher haben wir die im März 2010 ausgearbeitete Initiative „Frau en in MINT-Berufen“ weiterhin im Blick und werden sie vo rantreiben.
Wer in der Ganztagsschule einen Lebensraum für viele Kin der und Jugendliche sieht, muss dafür sorgen, dass dort auch Alltagskompetenzen vermittelt werden, Alltagskompetenzen, bei denen auch die Wirtschaft nicht ausgenommen werden kann. Wir müssen dafür sorgen, dass die Wirtschaft mehr und mehr zum Bildungspartner wird.
Gleichstellung, sehr geehrte Damen und Herren, wird nur er reicht werden, wenn sich alle Beteiligten einbringen: die Frau en selbst, indem sie ganz einfach ihrer Situation besser ge wahr werden, indem sie solidarisch sind, indem sie weiterhin kämpferisch sind – da sehe ich bei der jungen Generation manchmal eine Selbstzufriedenheit, die mir Sorge bereitet –, aber auch die Männer, indem sie den Zugewinn für sich und die Familie erkennen, weil Frauen, die berufstätig sind, auch ausgeglichener sind. Vor allem ist jedoch die Wirtschaft ge fordert. Die Wirtschaft muss sich hier angesichts des Fach kräftepotenzials, das fehlt, stärker einbringen.
Es darf hier nicht bei Appellen bleiben; das möchte ich auch deutlich sagen. Meine Kollegin wird das nachher noch weiter ausführen. Wir brauchen hie und da auch Instrumentarien, um die Leute zu ihrem Glück zu zwingen.
Sehr ge ehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Für uns Grüne ist jeder Plenartag ein Frauen plenartag, und es gibt ihn nicht nur einmal im Jahr.
Dies sehen wir auch daran, dass unter Grün-Rot das Kabinett deutlich weiblicher geworden ist. Mit fünf Ministerinnen, ei ner Staatssekretärin und einer Staatsrätin stellen wir Frauen immerhin 40 % des Kabinetts. Davon war vorher im Landtag nie die Rede.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich spreche heute nicht nur als frauenpolitische Sprecherin meiner Fraktion, sondern auch
stellvertretend für alle Frauen, die wegen der bestehenden Lohnlücke durchschnittlich knapp drei Monate länger arbei ten müssten, um auf das gleiche Jahresgehalt wie ihre männ lichen Kollegen zu kommen. Das Gehalt oder der Lohn von Frauen liegt um ein Viertel unter dem von Männern. Das ist auch im reichen Baden-Württemberg die Realität.
Als Frauen vor mehr als einem Jahrhundert erstmals in Deutschland auf die Straße gingen, um für ihre Rechte zu kämpfen, war die Durchsetzung des Frauenwahlrechts ihr wichtigstes Anliegen. Dieses Recht ist heute selbstverständ licher Bestandteil unserer Demokratie.
Aber die Frauen kämpften nicht nur für Gleichberechtigung, sondern als Staatsbürgerinnen auch für ihr Wahlrecht und als Arbeitnehmerinnen für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit. Auch diese Forderung ist durch gesetzliche Verbote der Lohn diskriminierung sowohl auf europäischer als auch auf bundes deutscher, als auch auf Landesebene längst verbrieft.
Doch trotz des gesetzlich verbrieften Rechts erhalten Frauen auch heute noch keinen gerechten Lohn. In der Bundesrepu blik insgesamt liegt der durchschnittliche Entgeltunterschied zwischen Frauen und Männern bei 23 %. Damit liegen wir im europäischen Vergleich an einer unerfreulichen Spitze.
In den einzelnen Bundesländern variiert diese Differenz zwi schen 5 % und 28 %, und Baden-Württemberg liegt hier mit 28 % im obersten Feld. „Wir können alles. Nur Frauen nicht gleich bezahlen“? Selbst bei sogenannten statistischen Zwil lingen – das heißt, wenn Frauen und Männer mit gleichem Bildungsniveau in den gleichen Branchen und Berufen und derselben Beschäftigungsform miteinander verglichen wer den – liegt die Entgeltdifferenz bei 12 %.
Insbesondere in Branchen wie beispielsweise Einzelhandel, Gastronomie, Sozial- und Gesundheitsberufen, in denen über wiegend Frauen arbeiten, werden geringere Gehälter bezahlt. Die von uns geforderte gesetzliche Regelung für einen flä chendeckenden Mindestlohn würde auch hier viele Frauen vor prekärer Beschäftigung schützen.
Prämie bei Porsche und Pleite bei Schlecker: Deutlicher kann uns nicht vor Augen geführt werden, wer die Gewinner und wer die Verliererinnen auf dem Arbeitsmarkt sind. Dazu braucht frau noch nicht einmal einen Taschenrechner.
Auch die gestiegene Erwerbstätigenquote von Frauen hat nicht zu einer Umverteilung der unbezahlten Fürsorgearbeiten ge führt. Frauen sind noch immer in erster Linie für die unbe zahlte Arbeit in der Familie und für die Familie zuständig. Wollen oder müssen sie Familie und Erwerbsarbeit miteinan der vereinbaren, besteht für sie die Lösung bzw. der Kompro miss vielfach in einer Form der Teilzeitarbeit.
Knapp 50 % der erwerbstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit. So gewinnen Frauen Zeit und Raum für die Familie. Sie ver lieren aber gleichzeitig Lohn und Gehalt und damit auch Ren tenansprüche.
Die Differenz zwischen den Renten für Frauen und Männer beträgt im bundesweiten Schnitt 42 %. Frauen haben also nicht nur heute weniger im Portemonnaie als Männer; sie ha ben auch eine schlechtere Altersversorgung und haben im Al ter ein erhöhtes Armutsrisiko.
Schon bei der Einstellung ziehen gerade auch junge Frauen häufig die schlechteren Karten. Arbeitgeber federn die Mög lichkeit von Schwangerschaft, Elternzeit und nachfolgender Teilzeit ab, indem sie Frauen nicht auf Positionen setzen, die sie als besonders hochwertig einstufen und deren Besetzung als unabkömmlich gilt. So werden tradierte Rollenbilder und daraus resultierende vermeintliche Familienpflichten, auch wenn sie noch gar nicht existieren, schon zu Beginn des Be rufswegs zum Hindernis.
Das traditionelle Frauenbild wirkt nicht nur für diejenigen dis kriminierend, die den schwierigen Spagat zwischen Familie und Beruf tatsächlich bewältigen. Es wirkt auch negativ auf jene Frauen, die eine andere Lebens-, Berufs- und Familien planung haben.
Teilzeit ist ein Hemmschuh für die berufliche Weiterentwick lung. Hier ist ein Umdenken vonnöten. Eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen familiärer Aufgaben darf nicht als Karrierehindernis und Bruch in der Erwerbsbiografie angese hen und bewertet werden.
Nicht nur Teilzeit, auch die sogenannte geringfügige Beschäf tigung ist weiblich. 70 % aller ausschließlich geringfügig Be schäftigten in Baden-Württemberg sind Frauen. In keinem an deren Bereich des Arbeitslebens wirkt das alte Rollenbild der Ehefrau als kleiner Hinzuverdienerin stärker nach als bei der geringfügigen Beschäftigung. Falsche fiskalische Anreize wie z. B. das Ehegattensplitting und die abgeleitete Sozialversi cherung tun ihr Übriges dazu. Wir wollen keine strukturellen Instrumente, die ausgewählte Lebensformen steuerlich för dern und andere benachteiligen.
Frauen sollen sich entscheiden können für Kinder und Ange hörige einerseits und Erwerbsarbeit andererseits. Aber sie dür fen nicht in Teilzeitfamilie und Teilzeiterwerbstätigkeit ge zwungen werden. Die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Für sorgearbeit in allen Lebenslagen ist nach wie vor der Schlüs sel zur Gleichberechtigung. Dafür brauchen wir eine geeigne te Infrastruktur mit einem flächendeckenden Betreuungsan gebot, Ganztagsschulen und einem wohnortnahen und flexi blen Pflegeangebot für ältere Angehörige, wie sie die grün-ro te Landesregierung umsetzt.
Frauen und Mädchen sind heute bestens ausgebildet und qua lifiziert. Doch im Berufsleben wird die Arbeit von Männern besser bezahlt als die von Frauen. Viele Frauen werden unter ihrem Qualifikationsniveau beschäftigt.
Die Kehrseite dieser negativen Strukturmedaille kennen wir auch. Es ist der Mangel an Frauen in Führungspositionen. Trotz der vor zehn Jahren zwischen Wirtschaft und Bundes regierung geschlossenen freiwilligen Vereinbarung, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, hat sich an dem ge
ringen Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen deutscher Unternehmen so gut wie nichts verändert.
Verbindliche Quoten, wie sie nicht nur von uns Grünen gefor dert werden, machen nicht nur im Hinblick auf Geschlechter gerechtigkeit Sinn, sondern auch in ökonomischer Hinsicht. Studien zeigen, dass Unternehmen mit einer höheren Frauen quote bessere wirtschaftliche Ergebnisse, eine höhere Moti vation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine krea tivere Unternehmenspolitik vorweisen können.
Es ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch der Vernunft, dass sich die Potenziale von Frauen und Männern gleichmäßig entfalten können. Frauen wollen und können häu fig längst nicht mehr nur Hinzuverdienerin sein. In 19 % der baden-württembergischen Haushalte ist die Frau inzwischen die Haupteinkommensbezieherin. Für alle Lebenslagen gilt die Forderung nach gerechter und existenzsichernder Entloh nung.
Im An schluss bitte. – Deshalb startet die Landesregierung eine Bun desratsinitiative zur Entgeltgleichheit von Frauen und Män nern, mit der regelmäßige und transparente Entgeltchecks in Unternehmen, Entgeltberichte für Tarifvertragsparteien, re gelmäßige Überprüfungen durch Lohnmessverfahren, die Ein richtung einer Schiedsstelle und – besonders wichtig – ein Verbandsklagerecht eingefordert werden.
Für uns ist die Entgeltungleichheit ein gesellschaftlicher, po litischer und ökonomischer Anachronismus. Frauen verdie nen mehr, als sie erhalten. Sie wollen keine Privilegien, sie wollen gleichbehandelt werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Dass die CDU nach 58 Jahren Regierung jetzt in der Opposi tion das Jahr 2012 endlich zu ihrem Jahr der Frau ausgerufen hat, begrüße ich sehr.