Das ist ein finanzieller Kraftakt – ganz klar –, aber wir räu men damit auch ein großes Hemmnis für den Aufstieg durch Bildung im Land aus dem Weg.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: So ein Quatsch! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dabei steigen die Studierendenzahlen! Keine Geschenke auf Kosten des Landes!)
Wir entlasten die Studierenden, und wir kompensieren den Hochschulen den Ausfall vollständig. Das heißt, wir sorgen für mehr Gerechtigkeit und für mehr Qualität. Es hieß immer: „Das geht nicht.“ Wir haben es hinbekommen.
Wir verbessern sogar die Studienbedingungen, indem wir die Investitionsförderung für die Studentenwerke um 2,5 Mil lionen € aufstocken, damit in unserem Land gerade auch für Studenten erschwinglicher Wohnraum geschaffen werden kann.
Zudem setzen wir Akzente für mehr Nachhaltigkeit, indem wir den Naturschutz mit 6 Millionen € zusätzlich stärken und indem wir die Mittel für den Verbraucherschutz und die Le bensmittelsicherheit um rund 3 Millionen € aufstocken.
Damit ist klar: Lebensqualität, Naturschutz, das Miteinander von Mensch und Natur sind dieser Landesregierung wichtig. Wir steigen nun in die Umsetzung der Schwerpunkte des Ko alitionsvertrags in diesem für uns besonders wichtigen Be reich ein.
Die Energiewende ist schon seit vielen Jahren ein Wunsch der die Regierung tragenden Fraktionen. Wir nehmen die Ener giewende auch in Baden-Württemberg ernst. Im Jahr 2012 werden zusätzlich 11 Millionen € zur Verfügung gestellt werden, um durch konkrete Projekte auch in Baden-Württem berg auf dem Weg zur nachhaltigen Energieversorgung und zur Förderung der erneuerbaren Energien voranzukommen.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Baden-Württemberg als starkes Industrieland vorn zu halten, es gleichzeitig aber auch zum Musterland für gute Arbeit für die Beschäftigten in un seren Betrieben zu machen. Deshalb werden wir den gesetzli chen Mindestlohn unterstützen und ein Tariftreuegesetz auf den Weg bringen. Aber unsere Anstrengung wird schon im Haushalt 2012 deutlich, indem wir 5 Millionen € für ein Lan desarbeitsmarktprogramm einstellen.
Wir wollen uns um die Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt bemühen und dafür, in Abgrenzung zur Zuständigkeit der Bundesagentur, zielgruppenspezifische Programme auflegen. Denn wir wollen niemanden abschrei ben, und wir wollen auch jenen, die viele schon abgeschrieben haben, neue Chancen geben.
Aber im Einzelplan des Sozialministeriums geht es noch um mehr. Beispielsweise setzen wir die Unterstützung der Kran kenhausförderung im FAG mit einem zusätzlichen Programm volumen in Höhe von 45 Millionen € für die Krankenhäuser im Land fort.
Wir geben zudem rund 10 Millionen € mehr für anerkannte Schulen an Heimen und finanzieren den runden Tisch „Heimerziehung“. Dahinter steht ein trauriges, aber umso wichtigeres Thema, das hier nicht unerwähnt bleiben soll.
Als wir im Mai angetreten sind, haben wir ein Zeichen ge setzt. Mit einem eigenen Ministerium für Integration machen wir deutlich, für wie wichtig wir das Thema Integration für
den Zusammenhalt unserer Gesellschaft halten. Dabei müs sen wir dort dicke Bretter bohren. Der Erfolg kommt nicht über Nacht, und selbstverständlich sind die Haushaltsmittel begrenzt. Aber wir sind überzeugt, dass sich der Einsatz lohnt, und wir unterstützen deshalb die projektgestützte Förderar beit des Ministeriums mit zusätzlichen 5 Millionen €. Das ist gut angelegtes Geld für ein modernes und weltoffenes BadenWürttemberg.
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein erster wich tiger Meilenstein. Nach den Jahren 2011 und 2012 werden wir in schwierigeres Fahrwasser kommen. Deshalb ist es wichtig, dass wir für diese beiden Jahre einen ausgeglichenen Haus halt erreicht haben. Aber wir wollen mit dem Dreiklang aus Konsolidieren, Sanieren und Investieren den Weg einer soli den und intelligenten Finanzpolitik konsequent weitergehen.
Eines ist aber auch klar: Die Nullneuverschuldung 2012 soll uns nicht trügen. Denn es gibt gute Gründe, für die nächsten Haushaltsjahre nicht ganz so optimistisch zu sein. Zum einen zeigt ein Blick auf das europäische und internationale Umfeld ein gemischtes Bild. Unser Haushaltsentwurf 2012 basiert auf den Ergebnissen der Steuerschätzung vom November 2011. Diese orientieren sich wiederum am Herbstgutachten der Bundesregierung, das von einem realen Wirtschaftswachstum von 1 % für 2012 ausging.
Baden-Württemberg hat zwar gute Chancen, dieses Wachs tum wiederum zu übertreffen; vor Euphorie will ich allerdings warnen. Denn aus dem internationalen Umfeld kommen we niger Impulse als im Jahr 2011. Zudem sorgen die noch nicht gelösten Probleme auf europäischer Ebene dafür, dass es Un sicherheiten und Risiken für die Konjunktur gibt und dass die Möglichkeit besteht, dass es auch wieder schlechter gehen könnte. Ich kann nur hoffen, dass die Bemühungen der eu ropäischen Regierungen endlich von Erfolg gekrönt sein wer den. Sie haben schon zu viel Zeit ins Land gehen lassen.
Für die Konjunkturentwicklung im Land sind der Export und das Geschäft mit Investitionsgütern ausschlaggebend. Da hat unsere Industrie ihre großen Stärken. Auch hier gibt es gegen läufige Trends. Im nächsten Jahr wird sich der Anstieg des Welthandels mit einem realen Plus von rund 5 % zwar fortset zen, allerdings mit verringerten Zuwachsraten gegenüber den Jahren 2010 und 2011. Für Europa werden allerdings schwächere Entwicklungen erwartet. Dennoch dürfte der Be darf der weiterhin dynamisch wachsenden Schwellenländer an hochwertigen Industriegütern unserer Exportwirtschaft auch in den Folgejahren ein günstiges Marktumfeld bieten. Man prognostiziert für Deutschland ein Exportwachstum von 3,5 %. In diesem Jahr waren es übrigens 7,5 %. Getragen wird dieses Wachstum im nächsten Jahr vor allem von Ausrüstungs investitionen mit einem realen Plus von 4 %.
Auch wenn der Aufholeffekt für die Konjunktur in Deutsch land aus dem weltweiten Aufschwung etwas nachlässt, werden diese Effekte der Industrie unseres Landes auch im nächsten Jahr einen positiven Schub geben, auch wenn dieser Schub nicht mehr so stark sein wird.
Auch die privaten Konsumausgaben werden dank der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt und bei den Einkommen eine
Konjunkturstütze sein – vorausgesetzt allerdings auch hier, dass die Unsicherheiten nicht durchschlagen.
Insgesamt zeigt sich also ein gemischtes Bild. Es gibt weder Anlass zur Panik noch Anlass zur Euphorie. Vielmehr müs sen wir diese Entwicklungen genau im Auge behalten und uns gegen die Unsicherheiten wappnen.
Ein zweiter Punkt, der die Haushaltspolitik in den nächsten Jahren schwierig macht, ist die massive Erblast, die uns Schwarz-Gelb hinterlassen hat. Sie bleibt auch in Zukunft eine große Belastung für den Landeshaushalt.
Wir haben einen Schuldenberg von über 43 Milliarden €, Löcher in der mittelfristigen Finanzplanung, eine schwierige Situation bei der EnBW. Aber auch diese Aufgaben gehen wir mutig und entschlossen an. Denn eines – um auf das Thema EnBW zurückzukommen – ist klar: Wir wollen eine zukunfts fähige, eine erfolgreiche EnBW mit ihren Beschäftigten hier in Baden-Württemberg.
Deshalb hat sich die Landesregierung nach reiflicher Überle gung bereit erklärt, eine Kapitalerhöhung bei der EnBW zu unterstützen. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, gerade weil die Vorgängerregierung mit ihrem Vorgehen viel Vertrauen zerstört hat. Aber wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass diese Kapitalspritze notwen dig und sinnvoll ist, um die anstehenden Schritte hin zu einer strukturellen Stabilisierung und zu Investitionen in die Ener giewende möglich zu machen.
Aus meiner Sicht macht es Sinn, diese Kapitalerhöhung über die Neckarpri GmbH zu finanzieren, um die Finanzierung dort zu bündeln. Dafür müsste das Land dann im Haushaltsgesetz 2012 eine Garantie abgeben. Denn wir wollen, dass diese Frage der Kapitalerhöhung rechtzeitig bis zur Hauptversamm lung, die auf den 26. April 2012 terminiert ist, bei beiden Hauptanteilseignern – OEW und Land – im Gleichschritt entschieden ist.
Aber eines steht auch fest – das will ich gerade vor dem Hin tergrund des Verfassungsbruchs beim EnBW-Deal vor einem Jahr in aller Klarheit und Deutlichkeit sagen –: Am Ende ent scheiden Sie und entscheiden wir alle im Landtag allein und selbst, wie und in welcher Höhe diese Kapitalerhöhung vorgenommen wird. Wir werden alles daransetzen, dass Sie transparent und fundiert informiert werden, so, wie es vor dem EnBW-Deal guter Brauch in diesem Haus war, beispielsweise bei Kapitalspritzen für die LBBW. Das letzte Wort hat der Landtag.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Beim Kassensturz waren das doch noch „Schattenhaushalte“!)
Auch bei der LBBW stehen wir vor Herausforderungen. Die regulatorischen Anforderungen an Banken haben sich seit der EU-Entscheidung zur Umstrukturierung der LBBW vor gut zwei Jahren erheblich verschärft. Hier sei nur an die Banken abgabe und an Basel II mit seinen verschiedenen Facetten er
innert. Für die Einführung von Basel III waren ursprünglich lange Übergangsfristen vorgesehen. Die Stresstests der eu ropäischen Bankenaufsicht haben die Fristen faktisch verkürzt und die Anforderungen verschärft. Dennoch hat die LBBW den jüngsten EBA-Stresstest bestanden, und das, obwohl da bei die stillen Einlagen nicht als hartes Kernkapital berück sichtigt wurden.
Allerdings werden die deutschen Banken bei der Kapitalbe rechnung zukünftig von HGB-Zahlen auf IFRS-Zahlen um stellen; sie werden weitere Verschärfungen aus Basel III durch Vorschriften im Hinblick auf höheres Kapital verkraften müs sen und damit im Ergebnis in kurzer Frist deutlich mehr hartes Kernkapital vorhalten müssen.
Für die LBBW bedeutet das: Aktuell benötigt sie kein zusätz liches Kapital. Aus den genannten Gründen wird es jedoch er forderlich werden, dass die stillen Einlagen der Träger der LBBW umgewandelt oder so gehärtet werden, dass sie die Anforderungen an hartes Kernkapital in Zukunft erfüllen. Dies ist ein Prozess, der ebenfalls im nächsten Jahr im Gespräch mit den Trägern vorangebracht werden wird. Auch da gilt, dass die Landesregierung im ersten Quartal des Jahres 2012 auf den Landtag zugehen wird und dafür ebenfalls gemein sam mit dem Landtag die haushaltsrechtlichen Voraussetzun gen beschließen wird.
Meine Damen und Herren, die Aufgaben, die vor uns liegen, sind nicht leicht, aber wir gehen sie an. Unser klares Ziel ist es, das strukturelle Defizit, das wir geerbt haben, so weit zurückzuführen, bis die Schuldenbremse, wie sie im Grund gesetz vorgesehen ist, greifen kann.
An diesem zentralen Ziel werden wir deshalb alle haus haltswirtschaftlichen Grundsatzentscheidungen ausrichten.
In einem weiteren Schritt werden wir mit dem „Finanzplan 2020“ und einem verbindlichen Orientierungsplan für einzelne Haushaltsbudgets einen klaren Abbaupfad für das strukturel le Defizit auf der Zeitschiene bis 2020 aufzeigen. Dazu wird auch das Haushaltscontrolling in der Landesregierung etab liert werden.
Damit ist klar: Wir denken nicht nur an die Nullneuverschul dung in einem Jahr, also 2011/2012; uns geht es nicht um den schnellen Effekt einer Punktlandung. Das war jetzt nötig und richtig, weil es bei sprudelnden Steuereinnahmen selbstver ständlich ist, dass ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt wird. Uns geht es jedoch um die lange Linie, um eine nachhaltige Finanzpolitik für Baden-Württemberg. Denn, wie ich eingangs gesagt habe: Solide Finanzen sind nicht alles, aber ohne so lide Finanzen ist alles nichts.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was machen Sie in diesem Zusammenhang mit der Versorgungsrück lage? Bis jetzt gar nichts!)