Protocol of the Session on December 8, 2011

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ein sehr guter und treffender Vergleich! – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Die gesamte Landesregierung muss jetzt einen Weg finden, das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm zu einem Gewinn für das gan ze Land zu machen. Ihre Glaubwürdigkeit steht jetzt auf dem Spiel, und wir werden Sie daran messen, wie Sie dem Bürger willen folgen.

Bereits Anfang dieser Woche haben wir unsere Erwartungen mit einem Achtpunkteplan zu Stuttgart 21 deutlich gemacht. Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, sagen, Sie werden Stutt gart 21 statt „ablehnend kritisch“ jetzt „konstruktiv-kritisch“ begleiten, dann ist das zu wenig und riecht nach Hintertür. Sie sind nicht nur Zuschussgeber, wie Sie sagen, und damit Zaun gast. Das Land ist Projektpartner und hat die Pflicht, Stuttgart 21 umzusetzen und aktiv zu fördern. Der Politik des Gehört werdens müssen jetzt Taten folgen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie müssen beweisen, dass Sie verstanden haben. Wir erwar ten, dass Sie, Herr Ministerpräsident, Ihre Partei und Frakti on sich jetzt unmissverständlich von jedem Widerstand gegen das Bahnprojekt distanzieren. Die Grünen sind prominent in das Bündnis gegen Stuttgart 21 eingestiegen. Ebenso promi nent müssen sie jetzt wieder aussteigen. Wir erwarten, dass Sie Ihre Kontakte zu den Gegnern nutzen, zur Deeskalation aufrufen und dafür sorgen, dass Behinderungen beim Projekt endlich ein Ende haben. Wir erwarten, dass Sie den Rechts staat schützen und das Projekt mit Entschlossenheit voran bringen.

Diese Verpflichtung, meine Damen und Herren, gilt natürlich insbesondere für den Verkehrsminister. Am 27. November ha ben Sie, Herr Minister Hermann, endlich einmal einen wah ren Satz gesagt – ich zitiere –: „Die Volksabstimmung gibt keine Legitimation mehr, gegen das Projekt zu kämpfen.“ Da ran werden wir Sie messen, solange Sie im Amt sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Dass ausgerechnet Sie dieses Projekt umsetzen müssen, ist Ihr Schicksal. Ihre 180-Grad-Wende vom Saulus zum Paulus ist beachtlich. Ob Sie das schaffen, ist aber fraglich.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Andere müssen den Atomausstieg machen! – Heiterkeit bei den Grünen)

Wir werden genau hinsehen, ob Sie es als opportunistischer Springer zwischen Fundamentalismus und Macht, wie ein Par teifreund Sie einmal genannt hat, ernst meinen. Hören Sie auf, den Protest zu schüren, und vor allem lösen Sie das gesamte Widerstandsnetzwerk und Ihre Taskforce im Ministerium auf. Schicken Sie die Leute dahin, wo sie hergekommen sind. Ih nen fehlt nicht nur der Wille, sondern auch jede Eignung, Stuttgart 21 voranzutreiben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Jür gen Filius GRÜNE: Das ist eine Stilfrage! – Abg. Manfred Kern GRÜNE: Politischer Stil!)

Die „Frankfurter Allgemeine“ bemerkt zu Recht – ich zitiere –:

Wie diese ministerialen Bahnhofsgegner jetzt für ein ein vernehmliches Verhältnis mit der Bahn sorgen sollen, bleibt Hermanns Geheimnis.

Eines ist klar: Wer nach der Volksabstimmung weiter die Leis tungsfähigkeit von Stuttgart 21 in Zweifel zieht, über Alter nativen nachdenkt, dafür weiter Gutachten bezahlt, weiter Per sonal auf Staatskosten beschäftigt, um das Ganze zu hinter treiben,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Stellt sich gegen das Volk!)

der ist ein Fall für den Rechnungshof. Dafür tragen Sie, Herr Minister, die Verantwortung. Wir werden das nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Es ist jetzt Sache der Landesregierung, zu versöhnen, Gräben zuzuschütten, Brücken zu bauen, Befürworter und Gegner in die städtebauliche Umsetzung einzubeziehen, vor Ort zusam men mit der Bahn Möglichkeiten zum Dialog und zur Infor mation zu schaffen. Wir erwarten von Ihnen ganz im Sinne von Offenheit und Transparenz, dass Sie diesem Parlament vierteljährlich einen Bericht über den Baufortschritt vorlegen.

(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Weihnachten! – Gegenruf von den Grünen: Täglich!)

Im Namen der Bürgerinnen und Bürger werden wir darauf drängen, dass ihr Votum glaubwürdig umgesetzt wird. Sonst droht statt Kultur der Beteiligung umso tiefere Demokratie verdrossenheit. Jede offene oder verdeckte Behinderung wer

den wir entschlossen bekämpfen. Allen, die guten Willens sind, reichen wir die Hand.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Herr Kollege Schwarz.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt liest er die Unterlagen vor, die ihm der Ministerpräsident gera de gebracht hat! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Herr Präsident, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Kon sequenzen ziehen wir Grünen aus der Volksabstimmung. Ers tens: Wir akzeptieren den Ausgang der Volksabstimmung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Peter Hauk CDU: Bei allem anderen dürften Sie gar nicht mehr da sein! – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Bravo!)

Wir akzeptieren die Volksabstimmung – im Gegensatz zu dem, was Sie vor der Volksabstimmung gesagt haben. Vor der Volks abstimmung haben Sie gesagt, Frau Kollegin Razavi, der Stimmzettel sei ein Täuschungsmanöver.

(Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a.: Das war er auch!)

Das haben Sie in der Plenarsitzung im November gesagt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nach 60 Jahren Bildungspolitik haben Sie es geblickt!)

Jetzt kommen Sie daher und sagen: „Wir sind stolz auf die Volksabstimmung.“ Das, was Sie hier vorführen, ist doch per vers.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Da hat er recht!)

Wir werden Stuttgart 21 konstruktiv und kritisch begleiten.

(Zurufe von der CDU)

Wir werden darauf achten, dass das Projekt im verbindlich festgelegten Kostenrahmen bleibt.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Zweitens: Wir nehmen die Volksabstimmung zum Anlass, um die Bürgerbeteiligung im Land und in den Kommunen weiter auszubauen.

Drittens: Wir starten die Verkehrsoffensive für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und für den Schienenverkehr in Baden-Württemberg

(Abg. Winfried Mack CDU: Ihr müsst einmal aus schreiben! Da seid ihr in Verzug! Das ist ja ein Witz!)

und werden im Haushalt 2012 die ersten Akzente hierzu set zen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Wir werden unseren Teil dazu beitragen, Stuttgart 21 inner halb des Kostenrahmens zusammen mit unseren Partnern und gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG zu einem guten En de zu führen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Gutes Ende! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wer sind denn Ihre Part ner?)

Die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 war ein historisches Er eignis.

(Zuruf von den Grünen: So ist es! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Eine Watschen war’s!)

Unter einer grün-roten Landesregierung hat es in Baden-Würt temberg zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben, dass die Bürgerinnen und Bürger über eine wesentliche Sachfrage ab stimmen konnten. Die große Beteiligung – darüber freuen wir uns – war im Vorfeld nicht vorherzusehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die sich aus dem Er gebnis der Volksabstimmung ergibt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist jetzt die Passage aus dem Staatsministerium! – Heiterkeit bei Abge ordneten der CDU)

Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Projekt in nerhalb des Kostenrahmens bleibt. – Herr Kollege, ich kann meine Reden sehr wohl selbst schreiben. Ich weiß nicht, wer für Sie die Reden schreibt. Ich schreibe sie selbst.