Protocol of the Session on December 8, 2011

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sollten Sie so lange gemeinsam regieren, werden wir Sie am Ende Ihrer Regierungszeit auch daran messen, ob es Ihnen mit Ihren Maßnahmen gelungen ist, diesen Anteil von 20 % zu verdoppeln.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Unruhe bei den Grünen und der SPD – Zuruf: Das machen wir!)

Meine Damen und Herren, uns geht es dabei nicht um Ideo logie.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich bitte Sie, ruhiger zu sein. Herr Abg. Hauk hat das Wort.

Beim Ausbau der Kinderbetreuung ging und geht es uns nicht um Ideologie, sondern es geht uns darum, die Wahlfreiheit von Familien bzw. Paaren mit Kin dern zu sichern, nämlich die Wahlfreiheit, entweder die Be treuung der Kinder selbst zu übernehmen oder berufstätig zu sein und die Kinder betreuen zu lassen, weil man sich aus frei en Stücken so entscheidet.

Diese Wahlfreiheit ist das Kernstück. Diese Wahlfreiheit muss für die Bürgerinnen und Bürger gegeben sein,

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Die gibt es doch!)

damit insbesondere Akademikerfamilien bzw. Akademikerin nen, bei denen es in dieser Hinsicht ein besonders großes De fizit gibt, ein Ja zum Kind deutlich leichter fällt. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Um diesen zentralen Kern geht es. Deshalb haben CDU und FDP/DVP vor sechs Jahren gemeinsam beschlossen, den Aus bau der Betreuung von unter Dreijährigen deutlich zu verstär ken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stimmen des halb dem Ergebnis –

(Zuruf von den Grünen: Zu!)

nicht dem Weg, aber dem Verhandlungsergebnis – zu. Das ist doch überhaupt keine Frage.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Claus Schmiedel SPD: Na also! Geht doch!)

Wir hinterfragen allerdings, wie Sie Ihr Finanzierungskonzept – nicht nur für diesen Teil der Verhandlungen, sondern vor al lem auch für den zukünftigen Teil, der noch auf Sie zukommt – präsentieren. Wenn Sie schon in Zeiten sprudelnder Steuer einnahmen den Grunderwerbsteuersatz erhöhen müssen – die einzige Steuer, die das Land Baden-Württemberg selbst ge stalten kann –, dann frage ich mich, was Sie machen, wenn Sie den Orientierungsplan für verbindlich erklären. Woher soll denn dann das Geld kommen?

(Beifall bei der CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie tun so, als hätten Sie das so tun müssen, weil ansonsten am Ende nicht die Nettonull erreich

bar gewesen wäre. Mit Verlaub: So kann man es natürlich auch anstellen. Zunächst einmal erhöhen Sie strukturell die Ausga ben, nämlich im Bereich der Bildungsexperimente, die Sie vorhaben. Dies betrifft die Gesamtschule und die Einheits schule.

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

Entschuldigung. Das ist doch so. Sie bunkern Personal und damit Kosten in dreistelliger Millionenhöhe. Dann schaffen Sie die Studiengebühren ab, womit Sie strukturelle Einnah medefizite erzeugen. Danach blähen Sie Ihre Ministerien auf und schaffen neue Beamtenstellen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so kann man es na türlich auch machen: Man kann sagen, dass am Ende nichts mehr übrig sei und man deshalb die Steuern erhöhen müsse, nachdem man zuvor kräftig – und zwar strukturell – in die Ausgabenkiste gegriffen hat. Herr Ministerpräsident, für die sen Weg ernten Sie nicht unsere Zustimmung.

Vor der Wahl waren wir uns darin einig, dass wir den Ausbau der Kinderbetreuung im Bereich der unter Dreijährigen wol len. Das findet sich auch in unseren Wahlprogrammen so wie der. Hinsichtlich der Zielsetzung gibt es überhaupt keinen Zweifel. Auch in anderen Bereichen waren wir uns einig. Auch in unserem Wahlprogramm haben wir ein verpflichten des drittes Kindergartenjahr gefordert. Dieses Thema gehen Sie schon gar nicht mehr an.

(Zurufe von den Grünen)

Der Ausbau der Kindertagesbetreuung muss vorangetrieben werden. Bei dieser Schwerpunktsetzung sind wir uns einig. Sie legen den Schwerpunkt aber nicht auf die frühkindliche Bildung. Doch dort liegt letztlich der Hase im Pfeffer. Sie ste cken alles in Ihre Experimente ab der ersten Schulklasse. Im Bereich der frühkindlichen Bildung aber, in dem wir die Grund lagen dafür legen können, dass Kinder mit den gleichen Start chancen in die Schule kommen, zerstören Sie sämtliche vor handenen Grundlagen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Und was ist mit der Sprachförderung? – Zuruf von den Grünen: Oh Gott!)

Es stimmt, was der Finanzminister gestern gesagt hat, näm lich dass die Politik des Gehörtwerdens bei Ihnen mit Sicher heit nicht bedeutet, dass „erhört“ wird. Wenn Sie in die Ge meinden, in denen das Programm „Singen – Bewegen – Spre chen“ läuft, gingen und dort hören würden, wie die Resonanz und die Akzeptanz dieses Programms ist,

(Zuruf von der SPD: Sie haben es doch gar nicht fi nanziert!)

dann würden sie feststellen, dass dieses Programm nicht ab geschafft werden darf.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie in die Gemeinden, in denen es eine Verzahnung zwi schen Bildungshäusern und Kindergärten bzw. Grundschulen

gibt, hineinhören würden, dann würden Sie diese Modelle nicht abschaffen, sondern Sie würden das tun, was wir vorge habt haben, nämlich die Bildungshäuser konsequent ausbau en. Das ist das Gebot der Stunde.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Ministerpräsident, in einem Nebensatz haben Sie unter schwellig eingeräumt, dass die Kommunen in einer guten Ver fassung seien. Das kommt nicht von ungefähr. Wir bestärken Sie auch darin, das partnerschaftliche Verhältnis von Land und Kommunen fortzusetzen – unbedingt. In diesem Fall muss man aber auch den Kommunen gratulieren; denn sie haben ei nen tollen Verhandlungserfolg erzielt. Sie haben einen tollen Verhandlungserfolg erzielt, weil Sie ein Stück weit auch am Aufgabenkanon mit seiner klaren Aufgabenverteilung zwi schen Land und Kommunen gerüttelt haben. Das war Ihr Wil le. Wir kritisieren das, und ich merke an: Die Schulsozialar beit ist eine kommunale Aufgabe.

(Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der SPD: War es noch nie!)

Aber natürlich. – Sie werden bei den Haushaltsberatungen mit einer Mehrheit entscheiden, dass das so laufen wird. Das ist Ihr gutes Recht. Sie haben die hierfür erforderliche Mehr heit. Es ist aber gleichwohl eine kommunale Aufgabe.

(Zuruf von der SPD: Nie gewesen!)

Wenn man beim partnerschaftlichen Verhältnis ständig das Schmiermittel verwendet, das Land weiterhin strukturell zu belasten, damit die Kommunen strukturell entlastet werden, dann funktioniert ein partnerschaftliches Verhältnis immer. Das ist überhaupt keine Frage.

(Beifall bei der CDU)

Sie sollten aber beides tun, nämlich einerseits ein partner schaftliches Verhältnis aufbauen und andererseits an die struk turelle Sanierung bzw. an die Struktur des Haushalts denken. Das misslingt Ihnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Minister präsident hat darauf hingewiesen, dass auch ich einmal die Grundsteuererhöhung ins Spiel gebracht habe. Das stimmt.

(Zuruf: Grunderwerbsteuer!)

Aber für Kürzungen stehe ich nicht zur Verfügung. Wir haben uns nämlich vor etwa einem Jahr darüber unterhalten, wie wir den Landeshaushalt strukturell für die nächsten Jahre um 500 Millionen € entlasten können, das heißt sparen, strukturell ver bessern. In diesem Zusammenhang habe ich gesagt: Die Er höhung des Grunderwerbsteuersatzes mag zu einem Einspar ziel beitragen, vorausgesetzt, es gelingt, dass man den jungen Familien beim erstmaligen Erwerb von Wohneigentum eine Rückzahlung gewährt.

Gegenüber der damaligen Situation gibt es heute einen gewal tigen Unterschied: Sie sind hier in einer Situation, die vor ei nem Jahr gar nicht denkbar gewesen wäre, nämlich in der Si tuation, sprudelnde Steuereinnahmen zu haben. Trotzdem müssen Sie ergänzend eine Erhöhung des Grunderwerbsteu

ersatzes vornehmen, nur, damit Sie Ihren Verpflichtungen hin sichtlich des Ausbaus der Kinderbetreuung nachkommen kön nen.

(Beifall bei der CDU)

Das Thema Haushalt geht ja relativ leicht. Sie sagen: „Die Landeshaushaltsordnung und damit die Schuldenbremse im Land gilt für uns nicht.“

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Stimmt doch gar nicht!)

Sie verstoßen gegen geltendes Recht. – Ich zitiere nur den Rechnungshof.