Meine Damen und Herren, ich will noch einmal auf die Dis kussion eingehen, die in den letzten Tagen in Bezug auf die privaten Hochschulen und eine Kompensation für sie auch an uns herangetragen worden ist. Die Ministerin hat freundlicher weise schon darauf hingewiesen, dass wir da an einer Lösung arbeiten werden. Wir sehen das Problem, dass jetzt sicher auch auf dem Bildungsmarkt eine gewisse Ungerechtigkeit entsteht. Die Frau Ministerin hat darauf hingewiesen, dass wir nicht einfach auch privaten Hochschulen Kompensationsmittel zah len können. Aber ich möchte all denen, die dort studieren, die dort an vorderster Front arbeiten, gerade in den kirchlichen Hochschulen, zusichern, dass sich auch die SPD-Fraktion um dieses Problem kümmern wird, dass wir uns dieses Problems annehmen werden. Wir werden versuchen, eine für alle Be teiligten vernünftige Lösung in diesem Bereich zu finden.
Ich fasse zusammen: Ich bekam in den letzten Tagen, nach dem das Thema „Abschaffung der Studiengebühren“ auf die Tagesordnung gesetzt worden war, einige E-Mails. Tenor die ser E-Mails aus den Hochschulen heraus war: Allein wegen dieses Gesetzes habe es sich schon gelohnt, die damalige Re gierung abzuwählen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu Beginn, bevor ich zum Thema spreche, eine persönliche Bemerkung. Ich be obachte in letzter Zeit immer wieder einmal, wenn Politiker der Opposition hier ans Rednerpult gehen, dass es – im Chor – gewisse despektierliche Zurufe gibt. Ich möchte Sie von den Regierungsfraktionen bitten: Bitte lassen Sie das. Die Ausei nandersetzung sollte beginnen, wenn jemand hier vorn steht. Dann Feuer frei! Dann können wir unterschiedlicher Auffas sung sein.
Heute nicht und auch nicht bei mir – ich kriege es nicht ab –, aber insbesondere dann, wenn Fraktionsvorsitzende ans Rednerpult gehen.
Es mag sein, dass das vielleicht früher so war. Aber dann fanden Sie es bestimmt auch nicht gut. Ich bitte Sie auch mit Blick auf die Zuhörertribüne, das zu unterlassen. Das ist nicht gut. – Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Kin derstube und Anstand!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob Bildungspolitik oder Hochschulpolitik, die grün-rote Landesregierung scheint sich in erster Linie zunächst immer die Frage zu stellen: Was kommt an?
So überrascht es kaum, dass Sie mit Ihrer in diesem Fall po pulistischen Entscheidung, die Studiengebühren in BadenWürttemberg ersatzlos abzuschaffen, bei vielen Studierenden entsprechenden Applaus einfahren. Den gleichen Applaus würden Sie im Übrigen auch bekommen, wenn Sie einen kos tenlosen Museumseintritt,
Ich will mich aber an dieser Stelle ausdrücklich einmal auf Ih re Argumentation einlassen. Aus welchen Gründen schaffen Sie die Studiengebühren ab? Im Wesentlichen wollen Sie von Grün-Rot erreichen, dass jeder Abiturient, unabhängig von Herkunft und finanzieller Situation, die Möglichkeit haben soll, in Baden-Württemberg zu studieren.
Studiengebühren dagegen würden nach Ihrer Auffassung die Gefahr bergen, dass junge Menschen aufgrund der finanziel len Belastung von einem Studium abgeschreckt würden.
Die FDP/DVP-Fraktion teilt ganz ausdrücklich Ihre Zielset zung. Es ist doch selbstverständlich, dass die Aufnahme und der Abschluss eines Studiums niemals von den finanziellen Möglichkeiten eines jungen Menschen abhängen dürfen.
Diese Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Schließ lich gibt es Bundesländer, in denen es Studiengebühren gibt, und andere, in denen es diese nicht gibt.
Hierzu gibt es nun eine aktuelle stichhaltige Studie. In der Wo chenzeitung „Die Zeit“ wurde am 11. Oktober dieses Jahres unter der Überschrift „Gebühren schrecken nicht von Studi um ab“ Folgendes festgestellt:
Eine Studie widerlegt eines der wichtigsten Argumente gegen Studiengebühren: Trotz der Kosten entscheiden sich immer mehr Abiturienten für ein Studium.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Noch immer zu wenig! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es gibt doch bloß zwei Bundesländer mit Stu diengebühren! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Drei!) )
Die Studiengebühren haben die Studierneigung in Deutsch land nicht gemindert, auch nicht von Abiturienten aus nicht akademischen Elternhäusern – zu diesem Schluss kommen Tina Baier und Marcel Helbig, Forscher am Wis senschaftszentrum Berlin... „In keiner unserer Analysen war ein signifikanter Rückgang in der Studierneigung durch Studiengebühren zu beobachten“, schreiben die Forscher in ihrem Aufsatz.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Weil 13 Bundeslän der keine haben! – Gegenruf des Abg. Alexander Sa lomon GRÜNE: Bald 14!)
„War all die Aufregung umsonst?“... Die Antwort der Forscher, „Ja, die Aufregung war umsonst!“, gießt Was ser auf die Mühlen der Befürworter von Gebühren. Erst recht, da die Forscher zur „Projektgruppe bei der Präsi dentin“ des WZB, der Sozialdemokratin Jutta Allmendin ger gehören...
Die „WZB-Briefe“ zur Bildung stehen sonst kaum in Kon flikt mit linken bildungspolitischen Überzeugungen. Um so mehr Gewicht scheint Baiers und Helbigs Studie zu ha ben...
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine aktuelle wis senschaftliche Studie aus sozialdemokratischem Umfeld be weist es eindeutig:
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: 13 Länder ha ben doch gar keine! Das ist doch Unsinn!)
Bemerkenswert war auch für mich, dass die Studierneigung in den Bundesländern mit Studiengebühren im gleichen Zeit raum, nämlich von 1999 bis 2005, sogar um 2,7 Prozentpunk te anstieg, wohingegen in den Bundesländern, in denen es kei ne Gebühren gab, die Studierneigung nur um 0,8 Prozentpunk te zunahm. Erklären Sie mir einmal, wie es dazu kommen konnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Grün-Rot, Ihr erstes Ar gument für die Abschaffung von Studiengebühren ist hiermit als das entlarvt, was es ist: reine Ideologie. Mit der Wirklich keit an deutschen Hochschulen hat Ihre Argumentation nichts zu tun.
Ein zweites Argument, das von Ihnen gern angeführt wird, ist, Studiengebühren seien sozial ungerecht, da sie Kinder aus wohlhabenden Familien bevorzugen würden. Schließlich fal le es diesen jungen Erwachsenen leichter,
Auch dieses Argument sticht nur scheinbar. Das Gegenteil ist richtig. Der Verzicht auf Studiengebühren begünstigt eine Um verteilung von unten nach oben.
Unbestritten in diesem Haus wird die Analyse sein, dass wir im deutschen Hochschulwesen insgesamt eine hohe soziale Selektionswirkung haben. Es studieren in erster Linie Kinder aus finanziell bessergestellten Familien. Nun meinen Sie von den Regierungsfraktionen, dieses Problem der sozialen Selek tion ließe sich vor allem dadurch lösen, dass man Studienplät ze gebührenfrei anböte. Auf den ersten Blick ist das Argument natürlich auch nicht falsch, dass die Gebührenfreiheit finan ziell schwächeren Studenten hilft. Bei dieser Argumentation unterschlagen Sie aber, dass die Gebührenfreiheit eben nicht nur die finanziell Schwachen subventioniert, sondern auch diejenigen, die die Studiengebühren problemlos tragen könn ten.