Protocol of the Session on November 10, 2011

Und zweitens: In der Volksabstimmung wird gar nicht danach gefragt, ob wir aussteigen sollen, sondern es wird gefragt, ob wir von einem Kündigungsrecht Gebrauch machen sollen, das es möglicherweise geben könnte. Die Volksabstimmung schafft also kein eigenes Kündigungsrecht; sie fragt nur nach ihm.

(Zuruf von der CDU: Genial! Brillant!)

Meine Damen und Herren, die Schlussfolgerung für den Bür ger – das alles ist ein bisschen kompliziert – ist:

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was soll der Bürger ma chen? – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Mit Nein stimmen!)

Der Bürger muss wissen, was eigentlich zur Abstimmung steht, nämlich die Gefahr eines Vertragsbruchs mit gewalti gen Schadensersatzforderungen für das Land. Ja oder nein? Wir sind für nein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ein komplizierter Mäander für eine einfache Aus sage!)

Meine Damen und Herren, der Verkehrsminister dieses Lan des versucht mit vielen falschen Behauptungen auf das Ergeb nis der Volksabstimmung einzuwirken. Es wird behauptet, es würde alles teurer, es entstünden Mehrkosten in Milliarden höhe.

(Zuruf der Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE)

Dazu werden u. a. alte, überholte Papiere aus den Tresoren der Ministerien gezogen. Ich war ja jetzt auch „Gegenstand“ dieser bemerkenswerten Strategie.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Schon „Stuttgar ter Zeitung“ gelesen, Herr Müller?)

Es hieß, es würde eine Kannibalisierung geben. Dazu will ich Ihnen nur einmal zitieren, was Verkehrsminister Hermann zu der Frage, inwieweit es zu Belastungen an anderen Stellen in Baden-Württemberg kommen könnte, selbst gesagt hat. Ich zitiere aus Drucksache 15/367:

Es können daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Schienen infrastrukturprojekte konkret genannt werden, die sich durch den Mitteleinsatz für Stuttgart 21 verzögern wer den.

So viel dazu.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Aha!)

Im September 2011, meine Damen und Herren, gab es zum x-ten Mal eine Überprüfung der Kostenentwicklung. 25 % der Vergaben sind erfolgt. Die Vergaben sind noch dazu zu Fest preisen erfolgt. Wir haben noch immer einen Kostenpuffer von 370 Millionen €. Von Mehrkosten in Milliardenhöhe kann nicht die Rede sein.

Zweitens werden von Minister Hermann die Ausstiegskosten – Stichwort Schadensersatz – kleingerechnet. Der Justizmi nister warnt den Verkehrsminister. Die SPD kommentiert Her manns Erzählungen mit „Schlechtachten“ und „unseriöser Stimmungsmache“.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Der Staatssekretär im Finanzministerium antwortet, er fühle sich verpflichtet, auf die Milliardenrisiken für den Landes haushalt hinzuweisen. Selbst Ministerpräsident Kretschmann hat vor einigen Wochen in der „Ludwigsburger Kreiszeitung“ davon gesprochen, dass man mit Schadensersatzkosten von 1,5 bis 2 Milliarden € rechnen müsse – Geld für den Nicht bau, wohlgemerkt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Der Schlichter hat es doch ausgerechnet!)

Drittens ist die These Hermanns, dass die Neubaustrecke von Stuttgart 21 im engeren Sinn zu trennen wäre, natürlich ge nauso falsch, und zwar aus mehreren Gründen: Erstens wür de die Neubaustrecke von Ulm her auf dem Acker enden,

(Zuruf von den Grünen: Ach, Quatsch!)

zweitens geht es rechtlich nicht, drittens wollen Bund und Bahn als Bauherr und Hauptfinanzierer das nicht, und vier tens steht im S-21-Vertrag die Einheit dieser beiden Projekte.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Insofern: Wer die Neubaustrecke nicht haben will, indem er Stuttgart 21 abschneidet, der bekommt beides nicht, und wer etwas anderes sagt, der lügt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Ihre Täuschungsmanöver, Herr Minister Hermann, nehmen mittlerweile schon Größenordnungen an, die auch noch eine rechtliche Relevanz bekommen können; das nur so nebenbei.

(Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Haltlose Drohung!)

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Was geschieht am 27. November abends, und was geschieht am 28. November morgens? Am 27. November abends wird das Abstimmungs ergebnis gedeutet. Dabei ist die Lage ganz einfach, nämlich: Stimmt weniger als ein Drittel der Wahlberechtigten BadenWürttembergs den Grünen und ihren Verbündeten zu, so ist die Abstimmung ungültig.

(Widerspruch bei den Grünen)

Wie die Stimmen bei einer ungültigen Abstimmung im Übri gen verteilt sind, ist eine Frage, die für die Statistik interes sant ist.

(Unruhe bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Ich darf Sie um Aufmerksamkeit bit ten.

Sie, Herr Müller, darf ich bitten, langsam zum Abschluss zu kommen.

Langsam. Jawohl.

(Vereinzelt Heiterkeit – Unruhe)

Im Lager der Grünen, meine Damen und Herren, wird jetzt reihenweise die Aussage getätigt, dass die Volksabstimmung von ihnen nicht anerkannt würde, sei es dass sie an der Mehr heit oder am Quorum scheitert. Hier, Herr Ministerpräsident, wäre ein Machtwort von Ihrer Seite aus schon erforderlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Dass es bei einer ungültigen oder einer durch Mehrheit anders entschiedenen Abstimmung nicht nur kein Kündigungsrecht gibt, sondern dann logischerweise der Vertrag gilt und dieser zu erfüllen ist, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Eine Volksabstimmung, die von den Unterlegenen nicht akzeptiert wird, ist überflüssig.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich hielte auch noch ein weiteres Wort aus Ihrem Munde, Herr Ministerpräsident, für angebracht. Sie haben vor zwei Tagen gesagt, Sie hielten für den Abend des 27. November ein gro ßes Polizeiaufgebot für erforderlich. In welchem Land leben wir, dass die Bekanntgabe von Abstimmungsergebnissen nur noch unter Polizeischutz stattfinden kann?

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Hier wäre ein klares Wort der Ermahnung an diejenigen, ge gen die die Polizei offensichtlich eingesetzt werden muss, er forderlich, ein klares Wort an Ihre falschen Freunde. Oder sind es vielleicht sogar Ihre richtigen?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Müller, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Wil helm Halder GRÜNE: Oh ja! – Zuruf des Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU)

Okay. Lassen Sie mich mit zwei Sätzen schließen, meine Damen und Herren.

Ab dem 28. November kann weitergebaut werden – entweder weil der Volksentscheid gescheitert ist oder weil nur ein mög liches Kündigungsrecht geschaffen worden ist. Deswegen war Kollege Schmiedel daran interessiert, dass eine entsprechen de Bestimmung, wonach dann der Vertrag umzusetzen ist, in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird. Der Ministerprä sident hat eine neue Hürde errichtet. Ich glaube, Herr Minis terpräsident, Sie sollten das klarstellen. Denn Sie haben in Ih rem Amtseid geschworen, dass Sie Verfassung und Recht wah ren und verteidigen wollen.

(Zurufe von den Grünen)

Erklären Sie den Bürgern, dass bei einer gescheiterten Volks abstimmung im Sinne von Artikel 60 der Landesverfassung

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wir brauchen von Ihnen keinen Nachhilfeunterricht! Von Ihnen ganz bestimmt nicht! – Gegenruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Aber dringend!)

die letzte Hürde genommen ist und damit die vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten sind.