Herr Minister, ich woll te eine andere Thematik im Zusammenhang mit Stuttgart 21 ansprechen. Sie wissen, wir haben viele Jahre dafür gekämpft, dass Baden-Württemberg von den TEN-Mitteln der EU, die 450 Millionen € betragen, den größten Anteil zugesagt bekam, nämlich 215 Millionen €. Der Koordinator war Balázs. Er hat zum einen schon damals, im Jahr 2007, klar dargelegt, dass er das Projekt als eine Einheit sieht, als Gesamtprojekt be trachtet, weil eine Teilrealisierung aus seiner Sicht uneffizient wäre.
Natürlich bis Bratislava. Wir haben übrigens den Landesan teil damals nach oben gedeckelt, was die Kostenrisiken für das Land angeht.
Die Frage in diesem Zusammenhang ist: Glauben Sie, dass, wenn eine Kündigung der Landesbeteiligung erfolgt und da durch Bauverzögerungen eintreten, sichergestellt ist, dass der Anteil der EU an diesem Projekt von 215 Millionen € den noch nicht gefährdet wird, oder sehen Sie eine Gefährdung der EU-Mittel in dem beträchtlichen Ausmaß der zugesagten 215 Millionen €?
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Verwunderlich! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wenn man kei ne Kartoffeln hat, kann man sie nicht schälen! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Dann geben sie kein Geld!)
Sie glauben, es hänge von mir als Gegner dieses Projekts ab. So ist es aber nicht. Vielmehr hängt es davon ab, wofür diese Mittel vorgesehen sind. Auch wenn Sie gesagt haben, beide Projektbestandteile würden von der EU im Zusammenhang gesehen, muss man klar sagen: Es gibt keine TEN-Mittel für Bahnhöfe. Es gibt TEN-Mittel nur für Strecken –
nicht für Bahnhöfe, auch nicht für unterirdische, sondern nur für Strecken. Diese Mittel gibt es auch nur, wenn die Strecken gebaut werden, wenn sie rechtzeitig gebaut werden, wenn sie in einem bestimmten Zeitfenster, in dem die Mittel fließen können, gebaut werden.
Dass wir auf den Fildern noch nicht in der Bauphase sind, liegt nicht an mir. Sie und die Bahn hatten zehn Jahre Zeit, das Planfeststellungsverfahren einzuleiten.
Warum haben Sie das nicht gemacht? Noch immer sind mehr als die Hälfte der Streckenabschnitte nach Ulm nicht planfest gestellt. Liegt das an mir? Bin ich schon zehn Jahre Minister? Habe ich mich also getäuscht, dass ich erst sechs Monate im Amt bin? Es ist jedenfalls nicht so, dass es an der jetzigen Re gierung liegen würde, wenn es da nicht vorangeht. Wir haben immer gesagt, dass Planfeststellungsverfahren bei uns nach Recht und Gesetz abgewickelt werden. Aber dazu müssen sei tens der Bahn und der anderen an der Bahnplanung Beteilig ten die Voraussetzungen geschaffen werden; auch das EBA muss seinen Beitrag leisten.
Herr Minister, es gibt auch eine Bahnstrecke Rhein-Main–Rhein-Neckar, die durch zwei Bundesländer verläuft. Ist Ihnen bekannt, ob sich das Land Hessen an dieser Strecke beteiligt? Baden-Württemberg tut es offenbar nicht. Oder sind Ihnen noch Beispiele aus anderen Bundesländern bekannt, bei denen Bundesländer über ihren Landeshaushalt Einfluss auf eine zügigere Realisierung von Bahnstrecken nehmen?
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Tatsächlich ist es so, dass wir natürlich in verschiedenen Bereichen die neue Ent wicklung haben, dass Länder den Bund dazu bringen, Stre cken zu bauen, weil die Länder sagen: „Die wollen wir aber – obwohl der Bund klamm ist – unbedingt haben.“
Ja, das machen auch andere Länder. Übrigens haben auch Sie das gemacht. Beispielsweise bei der Südbahn, die der Bund eigentlich ausbauen müsste, dies aber lange nicht getan hat, haben Sie als Land gesagt: „Wir sind bereit, auch da die Hälfte zu finanzieren“, obwohl man sagen könnte: Das muss eigentlich der Bund machen. – Abg. Köberle nickt; auch er hat dafür gekämpft, dass diese Strecke realisiert wird, doch er war nicht erfolgreich, jedenfalls nicht, solange er in Amt und Würden war. Diese Strecke ist nicht realisiert worden, obwohl er sich über Jahre dafür eingesetzt hat. In dieser Situation ha ben Sie – hat die damalige Landesregierung – gesagt: Wir sind bereit, den Ausbau der Strecke zur Hälfte zu finanzieren.
Also auch hier sagen wir: Wir beteiligen uns, obwohl uns das schmerzt. Ich sage Ihnen das ganz offen. Es ist auch schwie rig, das zu finanzieren. Aber im Unterschied zu Ihnen stellen wir dazu die Mittel zur Anfinanzierung im nächsten Haushalt ein. Das ist ein Unterschied.
Die Frage lautete: Sehen Sie die Zuschüsse der Europäischen Union gefährdet? Dass die Zuschüsse nur für die Strecke ge währt werden, ist wohl bekannt. Auch dass die Europäische Union sehr wohl die Gesamtmaßnahmen – nicht nur den Bahn hof in Stuttgart, sondern auch den Bahnknoten Stuttgart und Filder gemeinsam mit der Strecke Wendlingen–Ulm – in ei nen Zusammenhang bringt, ist sehr wohl bekannt. Die Gefahr ist objektiv, dass die EU-Mittel verloren gehen. Teilen Sie die se Einschätzung?
Noch einmal: Wenn diese Strecke nicht rechtzeitig planfestgestellt wird, und zwar in ihrer Gänze, und wenn die Baumaßnahmen dann nicht in dem Zeitfenster erfolgen kön nen, in dem die Zuwendungen fließen – die sind ja immer an bestimmte Zeitfenster gebunden –, dann sind die Zuwendun gen in dieser Tranche in der Tat gefährdet. Dann müssen wir sozusagen in das nächste Zeitfenster kommen.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Und wenn das der Fall ist, aber der Bahnhof nicht gebaut wird? Das war die Frage!)
(Abg. Volker Schebesta CDU: Was ist, wenn der Bahnhof nicht gebaut wird, aber sonst alles gemacht wird? Sind die Mittel dann weg? Das war doch die Frage! – Unruhe)
Nein. Wenn S 21 nicht gebaut wird, wir mit Vehemenz an die Neubaustrecke gehen und das Zeitfenster schaffen, dann können wir auch die TEN-Mittel abrufen.
Herr Minister, wir alle konnten jetzt dem Entwurf des Investitionsrahmenplans ent nehmen, dass die Gäubahn im Investitionsrahmenplan 2011 bis 2015 mit null Euro eingestellt ist.
Ich habe gesagt, im Entwurf sind null Euro eingestellt. – In der Vergangenheit wurde auch von der früheren Umweltmi nisterin Gönner immer gesagt, das Projekt Stuttgart 21 und die Gäubahn hingen zusammen und beides werde finanziert. Wie schätzen Sie die Situation ein? Wird man sowohl die Süd bahn-Elektrifizierung als auch die Gäubahn noch in den In vestitionsrahmenplan 2011 bis 2015 hineinbekommen oder nicht?
Das ist eine gute Frage, aber auch eine schwierige Fra ge. Seit ich Minister bin – und übrigens auch schon als Abge ordneter –, habe ich mich beim Bund für beide Projekte ein gesetzt. Leider musste ich feststellen, dass man seitens der Bundesregierung diese Strecken, obwohl sie im Vordringli chen Bedarf sind, gewissermaßen als randständig ansieht nach dem Motto: Da ist ja schon fast die Schweiz, was geht das uns in Berlin an?
Sie müssen einmal mit Beamten reden und feststellen, wie die über das Netzwerk und über die Schiene reden. Da war ich schon entsetzt, weil ich gemerkt habe, dass sie nicht die Wich tigkeit dieser Streckenprojekte anerkennen, wie wir sie sehen. Deswegen habe ich auch an den Bundesverkehrsminister ge schrieben. Bisher habe ich noch keine Zusage bekommen, dass man in die Finanzierung der Südbahn einsteigt, und ich habe auch keine schriftliche Zusage, was die Gäubahn anbe langt. In der Tat hat mich schwer beunruhigt, dass im Entwurf des Investitionsrahmenplans – wobei es sich um ein internes Papier handelt – –
Sie haben darüber vor einiger Zeit etwas in der Zeitung lesen können. Ich habe heute keine Kopie dabei, denn das sind Ar beitspapiere – wenn Sie mich ausreden lassen, kann ich es er klären –, die auf der Arbeitsebene erarbeitet und die weiter gereicht wurden. Aus diesen wurde zitiert. Es ist ein Entwurf. Das muss man anerkennen. Wir haben das auf der Bundesver kehrsministerkonferenz angesprochen, und der Bundesver kehrsminister hat gesagt: Nein, das ist nicht endgültig.
Deswegen sage ich eindeutig: Das ist nicht endgültig. Deswe gen kämpfen alle darum, da hineinzukommen. Es wäre doch blöd, wenn wir nur schimpfen würden. Wir müssen etwas tun, dass wir hineinkommen. Das machen wir auch.
Allerdings muss ich sagen: Wenn von der Ebene der Verwal tung solche Papiere an die Öffentlichkeit gelangen, dann ist das ernst zu nehmen. Denn in der Regel ist es nicht so, dass die Vorlagen oben im Ministerium erfunden werden, sondern sie werden auf Arbeitsebene erarbeitet und dann dem Minis ter vorgelegt.
Deswegen: Aufpassen, kämpfen! Deswegen liefern wir unse ren Beitrag bei der Südbahn, damit der Bund nicht sagen kann,
er hätte den Bau veranlasst, wenn das Land geliefert hätte. Im Unterschied zu Ihnen liefern wir hinsichtlich des Haushalts; das können Sie nachvollziehen.