Die CDU-Landtagsfraktion hat daher ernsthafte Bedenken an gesichts einiger grundsätzlicher Aussagen, die aus der Stel lungnahme der Landesregierung zu dem Antrag der Fraktion der FDP/DVP klar, teilweise aber auch verklausuliert heraus zulesen sind.
Aussagen aus dem Lager der Fraktion GRÜNE zur Debatte über den Doppelhaushalt 2010/2011 – also vor etwas weniger als einem Jahr – passen damit zusammen. Dabei wurde die Halbierung der Sachmittel für die Flurneuordnung um insge samt 13 Millionen € gefordert. Als eine der Begründungen wurde angeführt, dass der land- und forstwirtschaftliche We gebau in Bezug auf etwa 60 % der Ausführungskosten keine Landesaufgabe, sondern eine kommunale Aufgabe sei.
In den Ausschussprotokollen sind auch Äußerungen der Grü nen dahin gehend zu finden – es geht um Aussagen von vor einem Jahr; das sage ich noch einmal, damit es auch jeder be greift; vielleicht sitzen die Kollegen, die sich damals so geäu ßert haben, sogar hier –, dass es nicht zu den Kernaufgaben des Landes gehöre, den Bauern die Äcker zu sortieren. Zu dem ist vorhin hier gesagt worden, die agrarstrukturelle Flur neuordnung sei keine Landesaufgabe.
Dazu hat am 24. Oktober 2010 der damalige Minister Rudolf Köberle klar und ohne Umschweife betont, dass die Flurneu ordnung sehr wohl immer eine wichtige Aufgabe des Landes war und auch in der Zukunft bleiben soll. Ich zitiere den da maligen Landwirtschaftsminister mit seiner Aussage von vor einem Jahr:
Dieser Aussage schließt sich unsere Fraktion auch heute oh ne Abstriche an. Wir fordern deshalb, dass es keine Reduzie rung der Mittel geben darf. Im Gegenteil: Wegen der auch weiterhin bestehenden Bedeutung und wegen der Wichtigkeit der Aufgaben fordern wir, die veranschlagten Ansätze fortzu schreiben und bei zusätzlicher Aufgabenübertragung anzupas sen, auch wegen der vielen Flurneuordnungsverfahren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Und gleich zeitig fordern Sie Steuersenkungen!)
Im Zuge der Verwaltungsreform wurde die Flurneuordnung auf der unteren und mittleren Ebene ganz neu aufgestellt und für die Zukunft absolut fit gemacht. Das ist Dienstleistung für die Bürger. Damit ist die Flurneuordnung ein zentrales Inst rument, um den voranschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft zu begleiten. Die nachteiligen topografischen und klimatischen Bedingungen und die aufgrund der Realtei lung bestehenden Strukturen mit ihren kleinteiligen Parzellen können damit ausgeglichen werden. Es geht dabei auch und vor allem um den ländlichen Wegebau. Hier ist es dringend notwendig, dem Trend zu großen Maschinen zu entsprechen; das ist Stand der Technik. Dies und vieles mehr ist hierbei be sonders zu beachten.
In der Flurneuordnung war der ökologische Aspekt – vielen Bauern ging das sogar ein klein wenig zu weit – schon bis lang besonders im Blick. Längst ist eine ökologische Ressour cenanalyse vorgeschrieben, die regelmäßig zur Beurteilung im Sinne von Natur und Landschaft gehört hat.
Die Flurneuordnung hat auch einen weiteren wesentlichen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Ich möchte diesen As pekt nicht weiter vertiefen, weil meine Redezeit, Herr Präsi dent, offenbar abgelaufen ist.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber man könnte ihm noch länger zuhören! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das wird aber nicht besser! – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)
Ich würde zum Schluss gern noch auf Folgendes hinweisen: Wenn wir vonseiten des Landes die Mittel für die Flurneuord nung reduzieren würden, wären die Bundes- und EU-Mittel ebenfalls verloren.
Klares Fazit: Die Flurneuordnung ist und bleibt Aufgabe des Landes. Wenn man hier kürzen würde, würde man dem länd lichen Raum in Baden-Württemberg einen schlechten Dienst erweisen.
Herr Minister, ich fordere Sie auf: Engagieren Sie sich ana log dazu, wie Sie es vorhin beim Thema Breitbandförderung dargestellt haben, auch bei diesem Thema bei den nächsten Haushaltberatungen so, wie wir dies wünschen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fin de es äußerst sympathisch, dass ich einen Teil meiner Rede gar nicht erst halten muss, weil meine beiden Vorredner inten
siv aus dem Programm der Grünen aus den vergangenen Jah ren und insbesondere aus dem letzten Jahr zitiert haben.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Outen Sie sich jetzt als Flurbereiniger? – Zuruf des Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP)
Es geht doch gar nicht um die Frage der Ideologie, lieber Kol lege Bullinger. Es geht schlichtweg um die Frage: Wollen wir Flurneuordnung neu definieren? Wollen wir kritisch darange hen? Wollen wir die Frage der Effizienz bei der Flurneuord nung angehen, oder wollen wir das einfach so wie bisher wei ter zementieren? Es kommt nicht gut an, es ist viel zu kurz ge griffen, wenn man hier nur sagt: Weiter wie bisher.
Es geht sicherlich auch nicht darum, solche Begrifflichkeiten wie DDR-Flurbereinigung in den Raum zu stellen. Wir sind davon weit entfernt.
Wir haben ganz klar ein Bekenntnis zur Flurneuordnung ab gegeben. Aber wir wollen definieren, welche Typen von Flur neuordnung wir angehen und wo wir Geld effektiv hineinste cken können. Die Kritik aus der Vergangenheit – Verlust von Biodiversität, Zerschneidung, Zersiedlung, Wegebau – war keine spezifisch baden-württembergische Angelegenheit, son dern eine bundesweite Sache und hatte auch den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Aussage, dass zwei Drittel der Mit tel, die da drinstecken, für den Wegebau eingesetzt werden, trifft eben zu. Wir wollen eine andere Finanzierung. Wir wol len neue Schwerpunkte setzen.
Dass es in der Realität genau so ist, wie ich gerade ausgeführt habe, wird aus Folgendem klar. Ich möchte einmal kurz einen Bürgermeister aus meinem Kreis, in dem ich mich ganz gut auskenne, zitieren. Auf der entsprechenden Mitteilung aus die sem Jahr ist ein Foto zu sehen, auf dem alle Beteiligten strah len. Die Überschrift lautet:
Es wird festgestellt, dass das Flurneuordnungsverfahren im Jahr 2009 begonnen hat und schon im Januar 2011 beendet wurde.
Aus E. Sicht kann das Verfahren... als rundum gelungen und für unsere Gemeinde als lohnenswert bewertet wer den. Wenngleich das oftmals umstrittene Instrumentari um „Flurbereinigungsverfahren“ Ängste, Befürchtungen und Kritik unter den Betroffenen hervorruft, war es nun im abgeschlossen Verfahren deutlich anders. Eine kom munale Sanierung eines Feldwegs mit einem Landeszu schuss von 75 % ist ein rundum gelungenes Projekt, und auch mir ist es ein Anliegen, allen Beteiligten herzlich zu danken.
Es geht darum, die Evaluierungen, die stattgefunden haben, auch ernst zu nehmen. Alle Studien, alle Evaluierungen, z. B. das Gutachten aus Triesdorf, besagen, die agrarstrukturellen Ziele, die immer hochgehalten werden – die Landwirtschaft muss unterstützt werden; Wegebau brauchen wir, damit wir auch zukünftig eine moderne Landwirtschaft betreiben kön nen; das erreichen wir nur mit der Flurneuordnung –, lassen sich auf diese Weise gerade nicht am effizientesten erreichen. Es gibt eine ganz klare Priorität, und diese möchte ich kurz darstellen.
Wir stehen zur Unternehmensflurbereinigung. Dieser Bereich kann nicht privat organisiert werden. Da brauchen wir eine staatliche Unterstützung.
Wir haben als zweite Priorität Flurbereinigungen, die mit an deren Zielen als nur mit der Agrarstruktur zu tun haben, also wenn z. B. Klimaschutz, Bodenschutz, Naturschutz, Fließge wässer im Vordergrund stehen.
Allerletzte Priorität haben für uns die Maßnahmen, die einen rein landwirtschaftlichen Schwerpunkt haben. Wir stützen uns da auf die Evaluierungen, die sagen: Die Ziele, die dort ver folgt werden, können mit anderen Mitteln effizienter und bes ser erreicht werden.
Zum Schluss: Was heißt das jetzt eigentlich? Wo soll es denn hingehen? Es muss in die Richtung gehen, dass eine Überprü fung der Höhe der Teilnehmerbeiträge stattfinden muss. Ich glaube, das kam auch in dem Beitrag des Ministers oder auch in Aussagen von Kolleginnen und Kollegen hier deutlich zum Ausdruck. Die Frage der Privatnützigkeit und die Frage, wel chen wirtschaftlichen Erfolg man durch eine Flurbereinigung hat, muss stärker berücksichtigt werden. Im Grunde geht es darum, dass die Teilnehmer nur bei Privatnützigkeit einen Ei genbeitrag leisten sollen. Bei allen anderen Maßnahmen soll ten die Kosten anderweitig getragen werden.
Meine Damen und Herren, es gibt derzeit landesweit 49 an geordnete strukturelle Verfahren, für die noch keine Förder mittel bewilligt wurden, deren Kosten auf 50 Millionen € ge schätzt werden. Das Land trägt davon 40 %. Zu diesen Ver fahren stehen wir. Diese wollen wir weiter durchführen.
Wir wollen aber – damit komme ich zum Schluss – die zu künftigen Verfahren – das sind sechs agrarstrukturelle Verfah ren im Arbeitsprogramm 2011 mit einem Kostenumfang von 2 Millionen € und 73 weitere Flurneuordnungsverfahren mit rund 25 000 ha in der Vorschau 2012 und 2013 – hinsichtlich der Kriterien, die ich gerade genannt habe, einer kritischen Überprüfung unterziehen.
Wir können dem Antrag der FDP/DVP leider nicht zustim men, Herr Bullinger. Wenn wir so, wie in dem Antrag vorge sehen, verfahren würden, brauchten wir keine Haushaltsde batten mehr zu führen. Wenn wir zuerst mehr Geld für die Breitbandförderung fordern und sagen, auch für die Flurneu ordnung müsse mehr Geld her, brauchen wir im nächsten Jahr gar keine Haushaltsdebatten mehr zu führen, weil wir das al les schon erledigt haben. Deshalb müssen wir den Antrag ab lehnen. Denn wir müssen uns die Möglichkeit erhalten, hier im Wege von Haushaltsdebatten auch noch strukturelle Ent scheidungen zu treffen und ernsthafte Gespräche zu führen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP/DVP aus der Abteilung harmlos ist ebenso harmlos beantwortet worden.
Es geht nämlich, glaube ich, nicht, einen Antrag dieser Art zum Thema Finanzen zu stellen, der auf einen Bereich zielt – das muss die Opposition vielleicht noch lernen –, den man vollständig selbst zu verantworten hat.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer im Flurbereinigungs bereich beträgt noch immer 17 Jahre. Sie hinterlassen uns 17 Jahre Verfahrensdauer. Sie hinterlassen uns ungefähr 430, 450 Verfahren. Sie hinterlassen uns 40 % Personalabbau im Flur bereinigungsbereich in 20 Jahren. Allein in den letzten 17 Jah ren waren es 27 %. Sie hinterlassen uns eine Verwaltungsre form, die die Flurbereinigung gerupft, auf die Landkreise auf gesplittert, atomisiert hat. Dann ging ein Teil wieder zurück auf die Ebene der Regierungsbezirke. Das hinterlassen Sie uns.