Protocol of the Session on October 13, 2011

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ohne Nati onalpark! – Gegenruf des Abg. Alexander Schoch GRÜNE: Auch da kann es möglich sein!)

Wenn Sie dann weiter schauen, werden Sie feststellen: Diese roten Flächen sind erheblich größer als das, was wir tatsäch lich brauchen, um die angestrebten 10 % in Baden-Württem berg zu erreichen.

Herr Kollege Nemeth, vorhin habe ich mich schon gefragt: Warum schicken wir Ihnen eigentlich Stellungnahmen zu Ih ren Anträgen, wenn Sie anschließend die Zahlen, die darin ste hen, schlicht nicht zur Kenntnis nehmen wollen?

(Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Vorhin erzählten Sie hier, wir würden bei verstärkter Nutzung der Windenergie den Flächenverbrauch erhöhen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Denken Sie mal ein halbes Jahr zurück! – Abg. Paul Nemeth CDU: Soll ich keine Anträge mehr stellen?)

und dann zitierten Sie „18 000 ha“. Wahnsinn!

(Abg. Paul Nemeth CDU: Steht drin! Lesen Sie es vor! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Steht aber drin! – Abg. Paul Nemeth CDU: Steht in Ihrer Antwort!)

Wenn man das so hört, denkt man wirklich: Wahnsinn!

Jetzt lese ich Ihnen einmal vor, was tatsächlich hier steht:

Der eigentlich bedeutsame Bedarf

(Abg. Paul Nemeth CDU: Nein, der Satz davor!)

an be- und verbauter Fläche liegt dagegen in einer Grö ßenordnung von etwa 100 m2 pro Anlage. Bei 1 200 Stan dardanlagen beträgt die Summe der versiegelten Fläche somit

man höre und staune –

12 ha.

Wenn man dann weiß, dass in diesem Land pro Tag 6 ha – was noch immer zu viel ist – versiegelt werden, dann sollte man doch annehmen dürfen, dass 12 ha, um 10 % Bruttostromer zeugung über Windenergie zu erreichen, auch in einer CDUFraktion als ein akzeptabler ökologischer Fußabdruck gese hen werden, um die erneuerbaren Energien in Baden-Würt temberg auszubauen. So viel Verständnis muss ich doch bei Ihnen voraussetzen können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Minister Unter steller, gestatten Sie Zwischenfragen?

Ich würde sie gern zum Schluss zulassen. Ich mache es gern anschließend.

Zum Schluss.

Jetzt kommen wir zum Landesplanungsgesetz. Das Landesplanungsgesetz haben wir Ende September im Ka binett verabschiedet, und es ist jetzt in der Anhörungsphase. Was machen wir? Wir wollen weg von dieser von Ihnen so viel gelobten Schwarz-Weiß-Regelung, die uns dazu gebracht hat, dass wir heute Schlusslicht unter den Flächenstaaten sind. Wir wollen hin zu einer Lösung, die es uns ermöglicht, die Potenziale, die ich eben dargelegt habe und die im Windatlas deutlich werden, tatsächlich auch zu erschließen.

Nach eingehenden Beratungen über drei Ministerien hinweg kamen wir zu dem Ergebnis, dass die sinnvollste Herange hensweise die Festlegung auf eine sogenannte Weiß-Grau-Lö sung ist. Was heißt das? Ich möchte den Regionalverbänden weiterhin die Möglichkeit geben, Vorranggebiete auszuwei sen, und zwar mehr Vorranggebiete. Ich will also, dass sie steuern können, aber ich möchte nicht, dass sie blockieren

können. Aus diesem Grund haben wir gesagt: Zusätzlich zur Möglichkeit, dass die Regionalverbände Vorranggebiete aus weisen können, geben wir der kommunalen Ebene die Mög lichkeit, ebenfalls Standorte auszuweisen.

Uns vorzuwerfen, wir würden dadurch das Subsidiaritätsprin zip verletzen, das klingt schon abenteuerlich. Wir haben für das künftige Gesetz vorgesehen, dass die Kommunen, wenn sie zusätzliche Potenziale sehen, die von den Regionalverbän den nicht erfasst sind, im Rahmen der Bauleitplanung selbst Windkraftstandorte ausweisen können.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wildwuchs!)

Das heißt unter dem Strich: Wir initiieren einen positiven Wettbewerb zwischen den Regionalverbänden und den Kom munen bei der Ausweisung von Standorten für Windkraftan lagen.

Ich habe keine Angst, dass wir hier einen Wildwuchs bekom men werden. Auch in der Übergangsphase werden wir keinen Wildwuchs bekommen. Ich will auch sagen, warum – das kann man im Land übrigens auch besichtigen –: Wir haben derzeit zwei Regionalverbände im Land, die nicht SchwarzWeiß zur Grundlage haben. Bei dem einen war das noch nie der Fall, und bei dem anderen trifft dies seit rund zweieinhalb Jahren zu.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Welche?)

In diesen beiden Regionalverbänden gilt nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau. Das heißt, es gelten die Regelungen von § 35 des Bundesbaugesetzes.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Welche sind das?)

Dazu komme ich gleich. – Ein Investor kann hier insgesamt auf der Fläche beplanen.

Der eine ist der Regionalverband Heilbronn-Franken. Vor zweieinhalb Jahren wurde der dortige Teilplan Windenergie vom Verwaltungsgericht in Stuttgart für nichtig erklärt. Seit her haben wir dort Grau.

Der andere ist der Regionalverband Neckar-Alb. Er hat in der Regionalplanung bis heute keine Planung für die Windener gie vorgelegt. In beiden Regionalverbänden haben wir also Grau.

Wenn wir jetzt die Ängste derjenigen ernst nehmen wollten, die sagen: „Das alles führt jetzt zu einer Verspargelung; das ist alles nicht richtig angelegt“, dann müssten wir dort doch eigentlich besichtigen können, wie das aussieht. Das ist aber nicht so.

Die Regionalverbände sollen – ich kann nur dazu ermuntern und habe das auch mehrfach getan – bereits jetzt damit anfan gen, die neuen Vorranggebiete auszuweisen, sodass dann, wenn wir das neue Landesplanungsgesetz in Kraft setzen, möglichst zügig diese neue Flächen feststehen. Auch da wird es in der Übergangsphase nicht zu einer „Verspargelung“ kom men. Denn eines ist doch deutlich: Diese Planungen, sowohl auf der Regionalverbandsebene als auch auf kommunaler Ebe

ne – dann, wenn die Bebauungsplanverfahren vorangetrieben werden –, haben sowohl eine wirtschaftliche Sogwirkung – ein Investor geht doch eher dorthin, wo er, weil bestimmte Planungen schon durchgeführt wurden, möglichst große Rechtssicherheit hat, als dahin, wo es unsicher ist – als auch eine rechtliche Sogwirkung. Denn wenn man Vorranggebiete und Bebauungspläne hat, in denen Windkraftanlagen ausge wiesen sind, dann wird die restliche Fläche, die bislang noch grau ist, ziemlich dunkelgrau werden – um es einmal einfach zu sagen.

Für einen Investor wird es dann schwierig werden, außerhalb von Vorranggebieten und außerhalb von Gebieten, die zukünf tig von der kommunalen Ebene als Windkraftstandorte aus gewiesen werden, noch Anlagen zu errichten. Das ist nicht ausgeschlossen, aber die Investoren werden sich dies sehr wohl überlegen.

Zweitens werden wir noch zum Ende des Jahres einen Wind energieerlass herausbringen, der auch für die Genehmigungs behörden mehr Planungssicherheit bringt und der klare Vor gaben und klare Leitplanken enthält.

Zum Dritten werde ich in den nächsten Wochen gemeinsam mit den Planungsträgern vier Regionalkonferenzen im Land durchführen, an denen ich persönlich teilnehme und auf de nen wir das, was ich hier vorgetragen habe, noch einmal in tensiver diskutieren. Dabei wird es darum gehen, wie wir das Landesplanungsgesetz angelegt haben und wie wir uns auch in den anderen Bereichen den weiteren Ausbau vorstellen.

Sie sehen: Die Politik des Gehörtwerdens findet auch hier statt. Wir werden intensiv mit den Betroffenen diskutieren. Wenn dabei noch der eine oder andere Vorschlag kommt, der sinnvoll in das Landesplanungsgesetz integriert werden kann, dann bin ich offen. Aber an der Grundstruktur – weg von Schwarz-Weiß, hin zu Weiß-Grau – werden wir festhalten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich bin fest davon überzeugt, dass das letztendlich die richti ge Linie bei dieser Frage ist und dass wir damit in BadenWürttemberg vorankommen.

Im Übrigen empfehle ich Ihnen, auch mit Vertretern der In dustrie, etwa der Industrie- und Handelskammer, zu reden. Ich habe das in den letzten Wochen häufig getan. Dabei habe ich den Eindruck gewonnen, dass ich hier breite Unterstützung finde. Übrigens habe ich auch den Eindruck, dass ich eine breite Unterstützung in der Landesforstverwaltung habe. Dort sieht man durchaus Chancen, angesichts dessen, dass die An lagen größer werden, zukünftig auch auf Flächen zu gehen, die dem Land gehören. 30 % des Waldes befinden sich im Be sitz des Landes. Daher werden wir selbst viele Flächen stel len.

Drittens werden wir natürlich auch alles daransetzen – das ist auch eine Frage der Akzeptanzsteigerung –, dass nicht nur an onyme Investoren aus Hamburg, Berlin oder von sonst woher kommen, sondern dass wir in erster Linie schauen, dass hier im Land die Stadtwerke oder eine EnBW zum Zuge kommen und dass auch Bürgerwindkraftanlagen vorangetrieben wer den.

(Zuruf von der FDP/DVP)

Ich glaube, auch das wird erheblich zur Verbesserung der Ak zeptanz in Baden-Württemberg beitragen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Minister, es gibt noch viele Fragen.

Bevor diese Fragen alle gestellt werden, möchte ich gleich einmal sagen, dass wir jetzt schon eine Stunde im Verzug sind. Wir sollten deshalb die Beratung des Tagesordnungspunkts 5 auf den Nachmittag verschieben. Wenn es mit den Wortmel dungen so weitergeht, werden wir auch noch den Tagesord nungspunkt 4 auf den Nachmittag verschieben müssen. Ich sage dies nur, damit niemand um 17:00 Uhr geht.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Warum sollten wir gehen? – Heiterkeit)