Protocol of the Session on February 17, 2016

Gestatten Sie sie?

Aber sicher.

Kollege Schmiedel, bitte.

Herr Kollege Rülke, vielen Dank. – Wenn jemand in einem normalen Job für weniger als 8,50 € arbeitet, macht er denen Konkurrenz, die den Mindest lohn oder den Tariflohn bekommen. Diese Schmutzkonkur renz wollen wir nicht. Wenn jemand einen Ein-Euro-Job macht, dann darf das nur eine Beschäftigung sein, die gemein nützig ist und mit der keinem Gewerbe Konkurrenz gemacht wird. So ist das definiert.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist das eine sinnvolle Beschäftigung, und das andere ist Lohndumping-Konkurrenz. Stimmen Sie dem zu?

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Schmie del, ich stimme Ihrer Auffassung ausdrücklich nicht zu. Denn Sie haben gerade erläutert, warum der allgemeine flächende ckende Mindestlohn für alle Branchen und alle Regionen in diesem Land Quatsch ist. Dabei bleibt es, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Denn auf diese Art und Weise wird verhindert, dass Leute in Arbeit kommen. Das ist das Problem bei diesem allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn: gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das ist überhaupt ein Prinzip dieser Landesregie rung. Auch Herr Minister Schmid hat über vieles geredet, was vielleicht gut gemeint war, aber nicht gut gemacht ist. Im Üb rigen haben Sie, Herr Minister Schmid, sich im Wesentlichen mit fremden Federn geschmückt. Sie haben erklärt: „Viele Menschen sind beschäftigt.“ Sie haben verschämt hinterher gesagt: wie zuvor.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mehr als zuvor!)

Sie haben erklärt: „Es gibt eine außerordentlich niedrige Ju gendarbeitslosigkeit.“ Es kam verschämt hinterher: wie zuvor.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Weniger als zuvor!)

Nicht weniger als zuvor.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch!)

Dann kam: „Wir sind nach wie vor Innovationseuropameister.“

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Richtig!)

All das, was bei Ihnen gut läuft, war vorher schon so.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Heiterkeit der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Das Einzige, was Sie sich zugutehalten können, ist, dass Sie es in fünf Jahren nicht geschafft haben, das kaputt zu machen – trotz erheblicher Anstrengungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Denn die Weichen, die Sie gestellt haben, führen alle in die falsche Richtung. Im Moment wird das noch durch einen wirt schaftlichen Aufschwung und durch massivste Steuereinnah men aufgefangen. Sie tun ja alles, um das Geld unter die Leu te zu bringen. Schauen Sie sich doch einmal an, wie sich die Steuereinnahmen in diesen fünf Jahren entwickelt haben. Sie haben fast 10 Milliarden € mehr zur Verfügung, als wir da mals hatten, und um ebendiese Summe haben Sie die Haus halte ausgeweitet.

Dann rühmt sich dieser Finanzminister einer soliden Haus haltspolitik. Er hat noch Milliarden an neuen Schulden ge macht und hat dieses Geld gebunkert, um dann am Schluss Schulden zu verstecken. Das ist doch Ihre Haushaltspolitik, die Sie in fünf Jahren gemacht haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Unsinn!)

Da kann man sich doch nicht rühmen. Das Problem ist viel mehr: Irgendwann kommt die nächste Krise, und diese wird uns dann massiv erfassen. Dann wird man den Preis bezahlen für die Politik, die Sie jahrelang gemacht haben, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Sie haben groß Spitzabrechnung angekündigt. Setzen Sie es doch um! Setzen Sie die Spitzabrechnung noch vor der Wahl um, und geben Sie den Kommunen das Geld, das die Kom munen für die Flüchtlingspolitik verausgaben müssen.

Wenn Sie sich – ein Letztes noch – für Ihre Mietwohnraum politik rühmen, kann ich Ihnen eines sagen: Der Ministerprä sident hat hier im Landtag von Baden-Württemberg einmal erklärt: „Wir brauchen privates Kapital, um Wohnraum in Ba den-Württemberg zu schaffen.“ Wenn dem so ist, würde ich Ihnen schon empfehlen, davon abzusehen, politische Maßnah men in die Wege zu leiten, um dieses private Kapital abzu schrecken. Das ist doch das, was aus Berlin und aus Stuttgart ständig kommt –

(Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Quatsch!)

mit Zweckentfremdungsverboten, Mietpreisbremsen und der sagenhaften und inzwischen weltbekannten Landesbauord

nung von Herrn Hermann. Das ist doch alles andere als ein Programm, um privates Kapital zu mobilisieren.

Auch hier ist festzustellen: eine völlig falsche, eine verfehlte Politik. Deshalb werden Sie am 13. März auch zu Recht ab gewählt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Erhalten, was uns erhält: Politik für eine gesunde Natur und eine lebenswerte Heimat – bean tragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Ich darf für die Fraktion GRÜNE Frau Fraktionsvorsitzender Sitzmann das Wort erteilen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ich habe ge dacht, es kommt ein Fachmann!)

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit war und ist für uns Grü ne die Leitlinie unserer Politik. Das heißt, wir machen Politik für heute, aber immer auch für morgen und übermorgen, und wir tun alles, damit wir unseren Kindern eine gesunde Natur hinterlassen. Das heißt, wir tun alles, um das zu erhalten, was uns erhält. Wir bewahren die Schöpfung, wir achten die na türlichen Lebensgrundlagen.

Dazu gehört, dass wir die Bewahrung der biologischen Viel falt als wichtiges Handlungsfeld unserer Landespolitik und unserer Regierung im Koalitionsvertrag festgeschrieben ha ben. Denn der Rückgang der Artenvielfalt ist kein abstraktes Problem, kein Problem, das nur im tropischen Regenwald oder in den Weltmeeren vorkommt, sondern die biologische Viel falt brauchen wir hier vor unserer Haustür, in unserem Land, in unserer Heimat.

(Beifall bei den Grünen)

Wir sind auf die biologische Vielfalt angewiesen. Sie sichert unsere fundamentalen Lebensgrundlagen, etwa durch die Be reitstellung nachwachsender Rohstoffe, z. B. für die Reinhal tung der Luft. Wir brauchen biologische Vielfalt für fruchtba re Böden und für sauberes Wasser. Der Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt geht uns wirklich alle an. Arten schutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine Ge nerationenaufgabe, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Auch bei uns in Baden-Württemberg schreitet der Verlust der Artenvielfalt leider voran. Wir haben erfreulicherweise zum ersten Mal einen Bericht zur Lage der Natur in Baden-Würt temberg erhalten. Dieser Bericht, den es künftig einmal pro Legislaturperiode geben wird, beschreibt unter den verschie densten Aspekten die Lage der Natur und zeigt Handlungs empfehlungen und -konzepte auf.

40 % der Fauna und der Flora im Land – das sind immerhin 20 000 Tier- und Pflanzenarten – sind als gefährdet eingestuft. Das heißt, meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun.

Was haben wir bereits getan? Wir haben für unsere Natur schutzpolitik einen Dreiklang aus Naturschutzfinanzen, Na turschutzstrategie und Naturschutzgesetz festgelegt.

Seit 2011 haben wir, SPD und Grüne, die Finanzausstattung für den Naturschutz Jahr für Jahr erhöht und auf aktuell 60 Mil lionen € pro Jahr verdoppelt. Das ist eine wichtige Investiti on in die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zweitens haben wir 2013 eine bundesweit vorbildliche inno vative Naturschutzstrategie verabschiedet, die auch ein wich tiges neues Element beinhaltet: Auch der Rohstoffabbau und die Abbaustandorte werden in den Biotopverbund integriert. Wir haben damit, meine Damen und Herren, auch in diesem Bereich getan, was längst überfällig war, nämlich Ökonomie und Ökologie, Wirtschaft und Naturschutz miteinander ver knüpft. Das ist der richtige Weg, um unsere Natur zu bewah ren und zu erhalten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)