Protocol of the Session on January 27, 2016

Insgesamt unterstützen wir das Vorhaben zwecks erleichter ter Kooperation zwischen staatlichen Schulen und Sonder schulen in freier Trägerschaft. Es zeigt, dass das Personal und die Kompetenz der Sonderschulen insgesamt für die Inklusi on unverzichtbar sind. Wir erneuern deshalb unsere Forde rung, die Sonderschulen nicht ausbluten zu lassen. Sie sollten nicht nur wieder Sonderschulen heißen – nachdem Grün-Rot ihnen den Namen schon einmal weggenommen hat –, sondern die Kompetenzzentren sein, von denen aus die Inklusion ko ordiniert und fachlich betreut wird.

Unterstützen wird die FDP/DVP-Landtagsfraktion auch die Erhöhung der Zuschüsse für die Schulen in freier Träger schaft. Insbesondere bei den freien Gymnasien waren die De ckungsgrade stark eingebrochen, wie der letzte Privatschul bericht gezeigt hat. Also verdanken wir diese Erhöhung we niger der grün-roten Landesregierung als vielmehr dem Brut tokostenmodell. Indem es die gestiegenen Deckungslücken transparent macht, ist es aus Sicht der FDP/DVP ein Warnsys tem, das es zu bewahren gilt. 80 % Deckungsgrad sind schließ lich das Ziel aller im Landtag vertretenen Fraktionen. Erreicht werden mit dieser Erhöhung aber lediglich 78,1 %.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Wie viel war es bei Ihnen?)

Also bleibt noch einiges zu tun, zumal nach wie vor Kosten blöcke wie die Ganztagsbetreuung aus der Bruttokostenrech nung ausgeklammert werden. Dafür hat die Landesregierung den freien Schulen aber einseitig eine Versorgungsabgabe auf gebrummt, rund 12 000 € pro neu eingestelltem verbeamte ten Lehrer – das ist keine Kleinigkeit.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)

Wenn die hieraus resultierenden Kosten der freien Schulen gegengerechnet werden, ist dies für Grün-Rot ein Spiel – lin ke Tasche, rechte Tasche –, für manche freien Schulen aber ein existenzbedrohliches Verlustgeschäft.

Was sollen die freien Schulen in solch einer Situation auch anderes machen als gute Miene zum bösen Spiel, bei dem sich Grüne und SPD kurz vor der Wahl als Helden der Privatschul finanzierung feiern wollen?

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wäre Grün-Rot auch zukünftig an freien Schulen in sozialer Verantwortung gelegen, hätten Grüne und SPD gemeinsam mit den Privatschulverbänden ein Modell zur Bezuschussung von Ganztagsschulen entwickelt – so, wie CDU und FDP/ DVP seinerzeit das Bruttokostenmodell gemeinsam mit den Privatschulverbänden entwickelt haben.

Damit ist die Zukunftsaufgabe beschrieben, zu der Grün-Rot der Wille und auch der Mut fehlen.

Positiv ist die Aufnahme der Berufsschulen in die Privatschul bezuschussung. Allerdings geschah dies nur auf Druck eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs, wie das Kultusministe rium im Entwurf auch zähneknirschend berichtet.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Dabei ist die Berufsschule eine im Schulgesetz verankerte Schulart, sodass eine Bezuschussung freier Berufsschulen ei gentlich keine Frage sein sollte.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ausspra che ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7957 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Da mit ist es so beschlossen.

Punkt 3 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum 3. DIBt-Änderungsabkommen und zur Än derung von Vorschriften mit Bezug auf das Deutsche In stitut für Bautechnik – Drucksache 15/7931

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat festgelegt, dass in der Ersten Beratung keine Aussprache geführt wird. Die Landesregierung verzichtet auf eine mündliche Begründung des Gesetzentwurfs.

Somit schlage ich vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7931 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 4 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Unabhängigkeit der Landesregulie rungsbehörde (LRegBG) – Drucksache 15/7932

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat festgelegt, dass in der Ersten Beratung keine Aussprache geführt wird. Die Landesregierung verzichtet auf eine mündliche Begründung des Gesetzentwurfs.

Somit schlage ich vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7932 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Bericht und Empfehlungen der Enquetekommission „Pfle ge in Baden-Württemberg zukunftsorientiert und genera tionengerecht gestalten“ – Drucksache 15/7980

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Einbrin gung und Vorstellung des Berichts durch den Vorsitzenden der Enquetekommission eine Redezeit von zehn Minuten und für die Aussprache über den Bericht und die Empfehlungen der Enquetekommission eine Redezeit von zehn Minuten je Frak tion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Bevor ich dem Vorsitzenden der Enquetekommission, Herrn Abg. Rüeck, das Wort erteile, möchte ich es nicht versäumen, im Zuhörerbereich auch einige der ordentlichen und stellver tretenden externen Mitglieder der Enquetekommission, die engagiert an den Beratungen mitgewirkt haben, herzlich zu begrüßen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Zur Einbringung und Vorstellung des Berichts erteile ich zu nächst dem Vorsitzenden, Herrn Abg. Rüeck, das Wort.

Frau Präsidentin, ge schätzte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Da men und Herren! Heute kann ein guter Tag für die Pflege in Baden-Württemberg werden. Ich freue mich, Ihnen heute den Bericht der Enquetekommission „Pflege“ vorlegen zu können.

(Der Redner hebt den Bericht hoch und stößt dabei an ein Mikrofon. – Abg. Peter Hauk CDU: Sabota ge!)

Er ist die fundierte Basis und der politische Kompass für ei ne zukunftsorientierte und generationengerechte Gestaltung der Pflege in Baden-Württemberg. Aber es wird nur dann ein guter Tag für die Pflege, wenn die Handlungsempfehlungen auch umgesetzt werden, meine Damen und Herren.

Lassen Sie mich rückblickend die Arbeit der Enquetekommis sion etwas skizzieren, Ihnen das Erreichte in den Kernpunk ten vorstellen und vielleicht auch einen Blick in die Zukunft wagen.

Der Landtag hat am 27. März 2014 – auf Initiative der CDU und auf Antrag aller vier Fraktionen – die Enquetekommissi on „Pflege“ einstimmig eingesetzt. Die Enquetekommission hat insgesamt 21 Monate gearbeitet, eine kurze Zeit für ein umfassendes Thema. In dieser Zeitspanne haben die Enquete mitglieder 16 Sitzungen, darunter ein öffentliches Fachge spräch und zwölf – oft ganztägige – Anhörungen, bewältigt. Dabei haben 57 Sachverständige mit insgesamt 60 Vorträgen beeindruckende inhaltliche Impulse gegeben. Wie bedeutsam das Thema Pflege für unsere Gesellschaft ist, hat das große Interesse an unseren Anhörungen hier im Plenarsaal auch ge

zeigt. Insgesamt konnte ich als Vorsitzender nahezu 2 000 Be sucherinnen und Besucher zählen.

Der Enquetekommission war es wichtig, verlässliche Daten basen zu erhalten und zu beraten. Mit dem Antrag Nr. 1 – Be standsaufnahme der „Pflege“ in Baden-Württemberg – haben wir die Landesregierung in 27 Fragestellungen ersucht, die Entwicklung seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 dar zustellen und Prognosen bis 2030 aufzuzeigen.

Ergänzend hat die Enquetekommission ein externes Gutach ten in Auftrag gegeben. Das Team um Frau Professorin Kri cheldorff von der Katholischen Hochschule Freiburg hat u. a. die unterschiedlichen Auswirkungen des demografischen Wandels im Stadt-Land-Vergleich herausgearbeitet. Das Gut achten hat uns neue und entscheidende Entwicklungen, Da ten und Erkenntnisse aufgezeigt.

Nach der Auswertungsphase wurden Herausforderungen und Handlungsempfehlungen aus den Anregungen aller Fraktio nen zusammengetragen, erneut beraten und schließlich im Ab schlussbericht ausformuliert. Heute sind hierin über 600 Handlungsempfehlungen dokumentiert, daneben die gesam te Arbeit der Enquetekommission einschließlich der Anhörun gen und der externen Stellungnahmen.

Meine Damen und Herren, heute leben in Baden-Württem berg etwa 300 000 Menschen mit Pflegedarf. Im Jahr 2030 – das ist nicht irgendwann in ferner Zukunft; das ist morgen – werden es bereits 400 000 sein.

Während im Jahr 2013 noch 122 000 Menschen in der Pflege arbeiteten, müssen wir bis 2030 gut 46 000 Menschen zusätz lich für den Pflegeberuf gewinnen –

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das stimmt!)

nur um mit der demografischen Entwicklung Schritt halten zu können.

Bei ihrer Arbeit hatte die Enquetekommission stets zuerst die Menschen im Blick – Menschen, die Pflege zu ihrem Beruf gemacht haben, Menschen, die selbst Pflegebedarf haben, Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, und Menschen, die sich in der Pflege bürgerschaftlich engagieren. Jede dieser Gruppen findet sich in unserem Abschlussbericht wieder.

Lassen Sie mich mit den Pflegenden beginnen: Die Attrakti vität des Pflegeberufs muss insgesamt gesteigert werden, um mehr Menschen für diesen Beruf zu begeistern und diejeni gen, die ihn bereits ausüben, auch langfristig darin zu halten. Das kann nur durch eine Kombination unterschiedlicher Handlungsansätze wie z. B. der Verbesserung der Arbeitsbe dingungen und Veränderungen in der Aus- und Weiterbildung erreicht werden.

Derzeit verbleiben Pflegekräfte im Durchschnitt nur 8,4 Jah re in diesem Berufsfeld, und das vor dem Hintergrund, dass in diesem Bereich – laut Arbeitsverwaltung – auf 1 000 freie Stellen 128 Bewerbungen kommen. Ein langfristiger Verbleib in der Pflege kann nur durch eine Senkung der Arbeitsbelas tung und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen erreicht werden. Auch muss es uns gelingen, verstärkt Pflegende mit Migrationshintergrund für einen Ausbildungsberuf in der Pfle ge zu gewinnen.

Die Enquetekommission empfiehlt, sich beim Bundesgesetz geber für die Aufhebung der Trennung in „ambulant“ und „sta tionär“ im Pflegebereich einzusetzen. Dies ist wichtig, da Sek torengrenzen Versorgungsbrüche, Bürokratie und unnötige Kosten verursachen.