Schauen wir uns einmal den Bund an. Im Gesetzentwurf zum Bundesgleichstellungsgesetz der jetzigen Bundesregierung – bestehend aus CDU, CSU und SPD – steht ganz klar drin: Es ist gesellschaftspolitisch nicht zu erklären, dass Frauen, die über 50 % der Bevölkerung Deutschlands ausmachen, nach einer gut abgeschlossenen Ausbildung nur zu einem sehr ge ringen Teil in Führungspositionen der deutschen Wirtschaft und Verwaltung vertreten sind.
Vor diesem Hintergrund besteht zwingender politischer Hand lungsbedarf, wenn der verfassungsrechtliche Auftrag zur gleich berechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungs positionen erfüllt werden soll.
Ich möchte an dieser Stelle unserer Sozialministerin Katrin Altpeter danken. Ich weiß, dass die Novellierung des Chan cengleichheitsgesetzes das Bohren dicker Bretter war. Sie ist hartnäckig geblieben. Wir wissen, es liegt noch eine Wegstre cke vor uns. Sie hat eben auch gesagt: Wir sind noch nicht am Ende, sondern erst in der Mitte des Weges. Der Bund geht hier vor allem mit dem SPD-geführten Teil der Bundesregierung voran. Wir, die Länder, werden und müssen diesem Beispiel folgen. Wir sollten es vor allem aus voller Überzeugung tun.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor Kur zem im Sozialausschuss den Bilanzbericht 2015 zum Chan cengleichheitsgesetz behandelt, der im September vorgestellt wurde und die Jahre der Geltung des Chancengleichheitsge setzes bis 2013 bewertet. Wenn man die Zusammenfassung
anschaut, kann man sehen, dass einiges erreicht wurde, was meine Vorrednerinnen angesprochen haben, dass wir aber durchaus noch nicht da sind, wo man hinkommen muss.
In der Landesverwaltung Baden-Württemberg sind mehr Frauen als Männer beschäftigt.... Auch in den Kommu nalverwaltungen ist nach den Gesamtzahlen Geschlech terparität gegeben. Der Frauenanteil ist angestiegen von 61,3 %... auf nunmehr 63,7 %.
Die Gesamtsituation von Frauen in der öffentlichen Ver waltung Baden-Württembergs hat sich im Berichtszeit raum weiter verbessert. So hat sich in sämtlichen Lauf bahngruppen der Beamtinnen und Beamten der Frauen anteil im Berichtszeitraum erhöht.
Im höheren Dienst beträgt er 48,2 %, hier ist der deut lichste Anstieg um knapp 5 Prozentpunkte zu verzeichnen. Im gehobenen Dienst liegt der Frauenanteil bei 63,9 %. Demgegenüber ist bei den vergleichbaren Angestellten des höheren Dienstes der Frauenanteil mit 49,7 % nahe zu gleich geblieben.
Wenn Sie jetzt die Zahlen vortragen, wie hoch der prozentu ale Anteil der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist, haben Sie doch mit Sicherheit auch die statistischen Zah len vorliegen, wie viele von den Frauen in Teilzeit und wie viele in Vollzeit arbeiten.
Das müssten wir jetzt aus dem Bilanzbericht herausziehen, weil ich das in der Zu sammenfassung nicht habe. Wir können das aber gern nach her einmal durchschauen; es steht im Bilanzbericht drin.
In der Zusammenfassung steht noch drin – da will ich ab schließend aus dem Bilanzbericht berichten –, dass Frauen im höheren Dienst in den obersten Landesbehörden nach wie vor unterrepräsentiert sind: Bei den Beamtinnen und Beamten liegt der Frauenanteil bei 33 %, bei vergleichbaren Angestell ten liegt er bei 49,4 %. Das sind die Zahlenangaben, bei de nen man im Bilanzbericht sieht, dass es eben noch Hausauf gaben gibt. Das ist auch der Anlass für die grün-rote Landes regierung, das Gesetz zu novellieren.
Ich erinnere mich auch noch an die Diskussionen zu Beginn der Legislaturperiode, als man gesagt hat, es sollte eigentlich ab 8 000 oder 9 000 Einwohnern mit Hauptamtlichen losge
hen. Dann haben Sie gerechnet und gemerkt, dass das unheim lich viel Geld kostet. Man ist dann irgendwann bei 50 000 ge landet. Vielleicht hätten Sie die Zahl bei 500 000 festlegen sollen; dann wäre es noch günstiger gewesen.
Die Kollegin Gurr-Hirsch hat darauf hingewiesen: 19 der 22 Städte mit über 50 000 Einwohnern haben Chancengleich heitsbeauftragte. Darüber hinaus gibt es aber auch Kommu nen mit weniger Einwohnern, die hervorragende Mitarbeite rinnen haben, die diese Aufgabe sehr verantwortungsvoll übernehmen. Insofern stellt sich schon die Frage: Erreichen Sie die Effekte, die Sie sich wünschen?
Ich will noch einen anderen Punkt in die Diskussion einbrin gen. Letztendlich geht es immer um Steuergelder. Steuergel der müssen erwirtschaftet werden. Ich frage mich, ob wir nicht die Gemeinden und Kreise privilegieren; denn finanzieren müssen das die Frauen und Männer aus der privaten Wirt schaft, die diese Möglichkeiten nicht haben, bzw. die Unter nehmen, die das selbst machen, wofür es beste Beispiele gibt. Deswegen diskriminieren Sie mit diesem Gesetz die Privat wirtschaft.
Wenn Sie einmal zu uns in das Dachgeschoss kommen, sehen Sie: Da hängt die Schuldenuhr, die auf meine Initiative hin aufgehängt wurde. Heute Morgen zeigte sie an: Wir haben Schulden in Höhe von 48 936 Millionen €.
Das ist kein Plakat, Herr Präsident. Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass das ei ne Schuldenuhr vom Bund der Steuerzahler ist, die sich im Dachgeschoss befindet. Ich finde es nämlich nicht so lustig, dass der Bund der Steuerzahler zu diesem Gesetzentwurf nicht angehört wurde. Wir haben 48 936 Millionen € Schulden. Aus diesem Blick heraus sollte man auch eine Verantwortung für die nachfolgenden Generationen entwickeln.
Aus diesem Grund haben wir, weil wir entsprechende Kosten produziert hätten, damals auch der Installierung eines haupt amtlichen Landes-Behindertenbeauftragten nicht zugestimmt. Denn wir haben auch Verantwortung für die nachfolgenden Generationen.
Deswegen glaube ich, dass wir mit diesen Ausgaben in Höhe von 2,4 Millionen € plus Dynamisierung in den nächsten Jah ren nicht die Effekte erreichen, die wir anstreben, sondern Sie erfüllen damit Wünsche von Verbänden, die das gern umge setzt hätten. Deswegen stehen wir da auch in entsprechender Verantwortung. Über die Details können wir noch im Aus schuss reden.
Wenn ich die §§ 10 und 11 anschaue, sehe ich: Dort stehen Dinge drin, die ohnehin vom Allgemeinen Gleichbehand lungsgesetz abgedeckt sind. Fragen nach einer Schwanger schaft stellt man bei Bewerbungen schon lange nicht mehr; das gehört da nicht hinein.
Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leis tung können Frauenförderung und Behinderteneigen schaft als zusätzliche Hilfskriterien berücksichtigt wer den.
Das heißt, da werden Frauen auf der einen Seite und Männer mit Behinderung auf der anderen Seite gegeneinander ausge spielt. Ich bin gespannt, wie in der Praxis die Bewertung ab läuft.
Sie schütteln den Kopf, aber so steht es drin. So ist es wahr scheinlich nicht gedacht, aber so steht es im Gesetz. Da gibt es also auch einige handwerkliche Dinge, die man überarbei ten kann.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7844 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Sozial ordnung, Familie, Frauen und Senioren zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Bauberufsrechts und anderer Gesetze – Drucksache 15/7857
Vielen Dank. – Sehr geehr ter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer der Grundgedanken der Europäischen Union ist es, die Dinge durch Harmonisie rung einfacher zu machen und so Hindernisse für die Verwirk lichung eines freien Binnenmarkts und der Grundfreiheiten abzubauen.
Man kann sich in diesen Tagen sicherlich fragen, wie gut es der Europäischen Union gelingt, die großen Fragen unserer Zeit zu lösen. Aber gleichzeitig muss man – gerade aus Sicht eines starken Exportlands wie unseres Landes Baden-Würt temberg und des internationalen Standards unseres Landes – anerkennen, dass uns die europäische Harmonisierung bereits enorme Vorteile verschafft hat.
Genau um eine solche Harmonisierung geht es letztlich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf. Denn wir setzen damit im Kern die geänderte Europäische Berufsanerkennungsrichtli nie in das Architekten- und Ingenieurrecht um, was bis Ende Januar 2016 erfolgt sein muss.
Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist eine we sentliche Grundlage, um die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit Auslandsqualifikation zu verbessern und für den baden-württembergischen Arbeitsmarkt zu nutzen. In vie len Bereichen besteht heute, wie wir wissen, ein Mangel an Fachkräften, der sich durch die demografische Entwicklung noch verstärken wird. Vor diesem Hintergrund können wir es uns nicht leisten, vorhandene Potenziale ungenutzt zu lassen.